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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.06.2006
Aktenzeichen: XII ZR 80/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 712
ZPO § 714
ZPO § 719 Abs. 2
Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht kommt im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 22. April 2004 - XII ZR 16/04 - GuT 2004, 129). Bei einem solchen Schutzantrag des Schuldners nach § 712 ZPO handelt es sich um einen Sachantrag, der in der mündlichen Verhandlung gestellt werden muss. Ein im Berufungsverfahren gestellter Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil einstweilen einzustellen, ersetzt einen Schutzantrag nach § 712 ZPO nicht (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 173/02 - FamRZ 2003, 598).
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZR 80/06

vom 6. Juni 2006

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juni 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. April 2006 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 € einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beklagte ist durch Urteil des Landgerichts Potsdam vom 27. Juni 2005 zur Zahlung rückständiger Miete und zur Räumung und Herausgabe der gemieteten Gewerberäume in der K.-straße 76 in F. verurteilt worden. Das Landgericht hat sein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und der Beklagten eingeräumt, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 48.000 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Während des Berufungsverfahrens hat das Oberlandesgericht auf Antrag der Beklagten die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts vorläufig bis zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gegen Sicherheit in Höhe von 15.000 € eingestellt.

Das Berufungsgericht hat die gegen den Räumungs- und Herausgabeanspruch gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat sein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und den Parteien nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der zu zahlenden Beträge durch Sicherheitsleistungen abzuwenden. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.

Nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und innerhalb verlängerter Begründungsfrist beantragt die Beklagte, die Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 € einstweilen einzustellen. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei nicht in der Lage, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 48.000 € aufzubringen. Im Falle einer späteren Abweisung des Räumungs- und Herausgabeantrags seien Schadensersatzansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO gegen die Klägerin nicht beizutreiben.

II.

Der Einstellungsantrag der Beklagten ist nicht begründet.

Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und wenn nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 719 Abs. 2 ZPO). Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde gilt dies entsprechend (§ 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine solche Einstellung nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 4. September 2002 - XII ZR 173/02 - NJW-RR 2002, 1650).

An diesen Voraussetzungen für die Einstellung der Zwangsvollstreckung fehlt es hier. Die Beklagten haben im Berufungsrechtszug lediglich beantragt, den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird. Über diesen Antrag hat das Berufungsgericht gemäß §§ 719, 707 ZPO entschieden und die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 € bis zur mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren eingestellt. Dieser Antrag, der nur für die Dauer des Berufungsverfahrens gilt und nicht über den Erlass des Berufungsurteils hinaus wirkt, ersetzt jedoch nicht den erforderlichen Antrag nach §§ 712, 714 ZPO dahin, dass das Berufungsgericht der Beklagten auch bei seiner Entscheidung Vollstreckungsschutz gewähren sollte (Senatsbeschlüsse vom 4. September 2002 aaO, vom 22. April 2004 - XII ZR 16/04 - GuT 2004, 129 f. und vom 21. September 2005 - XII ZR 126/05 - Grundeigentum 2005, 1347).

Dem Antrag der Beklagten auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem landgerichtlichen Urteil ohne Sicherheitsleistung ist nicht zugleich ein Antrag nach §§ 712, 714 ZPO zu entnehmen. Das folgt schon aus dem Wortlaut und der Begründung des Einstellungsantrags vom 12. September 2005 in Verbindung mit dem Inhalt des weiteren Schriftsatzes vom 19. September 2005. Denn danach begehrte die Beklagte lediglich die Einstellung der Zwangsvollstreckung während des Berufungsverfahrens, um die für den 28. September 2005 anberaumte Räumung zu verhindern. Einen weiteren Schutzantrag nach § 712 ZPO hat die Beklagte auch in der Folgezeit weder ausdrücklich noch nach dem Inhalt ihrer Schriftsätze im Berufungsverfahren angekündigt. Bei dem Schutzantrag nach § 712 ZPO handelt es sich um einen Sachantrag, der in der mündlichen Verhandlung gestellt werden muss (Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 173/02 - FamRZ 2003, 598). Die Beklagte hat einen solchen Antrag auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht gestellt.

Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass es ihr im Berufungsrechtszug aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei, einen entsprechenden Schutzantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergangen ist (§ 714 Abs. 1 ZPO), zu stellen (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Juli 1991 - XII ZR 262/90 - FamRZ 1991, 1176, 1177).

Ende der Entscheidung

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