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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 27.01.1999
Aktenzeichen: XII ZR 89/97
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1579 Nr. 1
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 89/97

Verkündet am: 27. Januar 1999

Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in der Familiensache

BGB § 1579 Nr. 1

Zu den Voraussetzungen einer Ehe von kurzer Dauer (Fortführung der Senatsurteile vom 26. November 1980 - IVb ZR 542/80 = FamRZ 1981, 140 ff. und vom 23. Dezember 1981 - IVb ZR 639/80 = FamRZ 1982, 254 ff.).

BGH, Urteil vom 27. Januar 1999 - XII ZR 89/97 - OLG Frankfurt/M.-Kassel AG Kassel


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Zysk, Dr. Hahne und Gerber

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung des Beklagten für die Zeit nach dem 31. Dezember 1999 zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den nachehelichen Unterhalt der Ehefrau.

Die 1938 geborene Klägerin und der 1940 geborene Beklagte waren seit dem 21. Dezember 1988 - kinderlos - verheiratet; seit März 1993 lebten sie getrennt. Auf den am 8. März 1994 zugestellten Scheidungsantrag des Beklagten wurde ihre Ehe durch (rechtskräftiges) Urteil vom 8. November 1994 geschieden.

Die Klägerin war seit Mitte 1983 bis Mitte 1989 nahezu durchgehend arbeitslos gemeldet. Während des Zusammenlebens mit dem Beklagten arbeitete sie gelegentlich in zeitlich geringem Umfang als Reinigungskraft und verdiente zuletzt monatlich durchschnittlich etwas mehr als 700 DM netto. Die letzte Beschäftigung wurde ihr Ende September 1993 wegen Krankheit gekündigt. Nach einem vorgelegten ärztlichen Attest vom 29. September 1993 war die Klägerin auf nicht absehbare Zeit arbeitsunfähig. Sie bezieht seit November 1993 Sozialhilfe. Das Sozialamt hat ihr durch Vertrag vom 8. Februar 1995 die auf die Stadt übergegangenen Unterhaltsansprüche treuhänderisch zurückübertragen.

Der Beklagte war VW-Arbeiter. Er verdiente nach der Trennung der Parteien durchschnittlich monatlich etwa 3.300 DM netto.

In dem von der Klägerin angestrengten Verfahren über den Trennungsunterhalt verpflichtete sich der Beklagte in einem am 8. März 1994 geschlossenen Vergleich, ab April 1994 monatlich 1.260 DM Unterhalt an die Klägerin zu zahlen. Zum 1. Januar 1996 wurde der Beklagte in den Vorruhestand versetzt. Sein Einkommen beträgt seither monatlich rund 2.720 DM netto.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf nachehelichen Unterhalt in der für die Trennungszeit vereinbarten Höhe von monatlich 1.260 DM ab 1. Dezember 1994 in Anspruch.

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Mit der hiergegen eingelegten Berufung hat der Beklagte auf die Verringerung seiner Einkünfte infolge der Versetzung in den Vorruhestand hingewiesen. Außerdem hat er die Auffassung vertreten, seine Heranziehung zu nachehelichem Unterhalt sei im Hinblick auf die Kürze der Ehe grob unbillig.

Das Oberlandesgericht hat das amtsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten - unter Abweisung der weitergehenden Klage und Zurückweisung der weitergehenden Berufung - verurteilt, an die Klägerin ab 1. Dezember 1994 monatlich 1.260 DM und ab 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999 monatlich 920 DM Unterhalt zu zahlen.

Gegen die zeitliche Beschränkung der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten bis Ende 1999 wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision, mit der sie ihr Zahlungsbegehren - in Höhe von monatlich 920 DM - für die Zeit ab 1. Januar 2000 weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch der Klägerin wegen Krankheit nach § 1572 BGB bejaht. Die Klägerin sei nach einem eingeholten amtsärztlichen Gutachten auf Dauer erwerbsunfähig. Angesichts ihrer bereits für das Jahr 1991 attestierten 70%igen Schwerbehinderung und Arbeitsunfähigkeit sei davon auszugehen, daß schon im Zeitpunkt der Scheidung aus Krankheitsgründen keine Erwerbstätigkeit von ihr habe erwartet werden können.

Zur Höhe des geltend gemachten Unterhalts hat das Gericht den im Trennungsverfahren vereinbarten Betrag von monatlich 1.260 DM als den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Bedarf der Klägerin beurteilt. Es ist jedoch davon ausgegangen, daß der Beklagte diesen Betrag seit dem Zeitpunkt seiner vorzeitigen Zurruhesetzung - im Hinblick auf den ihm selbst zu belassenden sogenannten angemessenen Mindestbedarf (großer Selbstbehalt) von monatlich 1.800 DM - nicht mehr aufbringen könne, sondern daß von Januar 1996 an nur noch monatlich 920 DM für den Unterhalt der Klägerin zur Verfügung ständen.

Eine zeitlich unbegrenzte Inanspruchnahme des Beklagten auf den Unterhalt hat das Berufungsgericht indessen für grob unbillig i.S. von § 1579 BGB gehalten und dazu ausgeführt: Es habe zunächst in Erwägung gezogen, die zeitliche Begrenzung aus § 1579 Nr. 7 BGB herzuleiten, habe sich hieran jedoch durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehindert gesehen, nach welcher Umstände, die die Voraussetzungen für eine Anwendung von Nr. 1 des § 1579 BGB (Ehe von kurzer Dauer) nicht erfüllten, nicht im Rahmen des § 1579 Nr. 7 BGB Berücksichtigung finden könnten. Deshalb leite es die Begrenzung aus § 1579 Nr. 1 BGB her, weil es die Ehe der Parteien als "von kurzer Dauer" im Sinne dieser Vorschrift ansehe. Zwar halte der Bundesgerichtshof eine Ehe, die, wie hier, von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags fünf Jahre und 2 1/2 Monate gedauert habe, in ständiger Rechtsprechung regelmäßig für nicht mehr kurz i.S. des § 1579 Nr. 1 BGB. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach das verschuldensunabhängige eheliche und nacheheliche Unterhaltsrecht in der vorliegenden Form letztlich nur deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich sei, weil der Gesetzgeber durch die Regelungen des § 1579 BGB die Möglichkeit geschaffen habe, grob unbillige und dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG widersprechende Ergebnisse zu vermeiden (BVerfG NJW 1981, 1771 = BVerfGE 57, 361 ff. und NJW 1989, 2807 = BVerfGE 80, 286 ff.), erscheine die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Begrenzung der kurzen Ehe i.S. von § 1579 Nr. 1 BGB auf einen Zeitraum von - im Regelfall - bis zu drei Jahren als nicht sachgerecht. Da § 1579 BGB Fälle regele, in denen eine Unterhaltsverpflichtung als grob unbillig erscheinen könne, und als einen der Sachverhalte, bei deren Vorliegen dies zu prüfen sei, die kurze Ehe anführe, könne ein richtiges Ergebnis nur gefunden werden, wenn die "Kürze" der Ehe auch in Relation gesetzt werde zu der Dauer und Höhe der daraus resultierenden Unterhaltsbelastung. Dabei möge es Grenzen geben, bei deren Überschreitung schon nach dem Wortsinn nicht mehr von einer Ehe von kurzer Dauer gesprochen werden könne. Diese Grenze sei im vorliegenden Fall jedoch nicht überschritten. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränke die Anwendung der Vorschrift im Ergebnis auf Ehen von "sehr kurzer" oder "besonders kurzer" Dauer, lasse aber überzeugende Argumente dafür vermissen, warum bei vom Grundsatz her lebenslanger Ehedauer eine Dauer von fünf Jahren nicht mehr als kurz i.S. des § 1579 Nr. 1 BGB gelten solle. Dies werde auch von anderen Oberlandesgerichten als zu eng empfunden.

Im vorliegenden Fall könne angesichts des Lebensalters der Klägerin bei Ehescheidung (56 Jahre) und der heutigen allgemeinen Lebenserwartung aus der rund fünfjährigen Ehe der Parteien eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten von 30 Jahren und länger erwachsen. Eine derartig lange Unterhaltsbelastung erscheine als Folge einer rund fünfjährigen kinderlosen Ehe (die zudem zumindest in der letzten Zeit des Zusammenlebens der Parteien von erheblichen Zwistigkeiten geprägt gewesen sei) nach heutigem Eheverständnis schlechthin nicht mehr hinnehmbar. Sie zwinge geradezu zur Anwendung des § 1579 Nr. 1 BGB, um ein Ergebnis zu erreichen, das sich noch mit den vom Bundesverfassungsgericht genannten Maßstäben vereinbaren lasse. Die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten sei deshalb auf eine Dauer von rund fünf Jahren zu begrenzen, also einen Zeitraum, der etwa der Dauer der Ehe entspreche. Jede darüber hinausgehende Inanspruchnahme des Beklagten auf nachehelichen Unterhalt wäre auch bei den sonst hier vorliegenden Verhältnissen grob unbillig.

2. Gegen diese Ausführungen erhebt die Revision zu Recht Bedenken; sie halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht kommt als Ergebnis seiner Überlegungen zu dem Schluß, das Verfassungsrecht zwinge zu der Annahme, daß die hier zu beurteilende Ehe von knapp über fünf Jahren - vor dem Hintergrund einer andernfalls lebenslangen Unterhaltsverpflichtung des Beklagten - als kurze Ehe i.S. von § 1579 Nr. 1 BGB beurteilt werden müsse. Diese Annahme ist nicht gerechtfertigt.

Das Bundesverfassungsgericht sieht das geltende Unterhaltsrecht, auch in seiner Ausgestaltung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung an (vgl. BVerfGE 57, 361, 378 ff.), und zwar einschließlich der Regelung des § 1579 Nr. 1 BGB (vgl. BVerfG 1. Kammer des 1. Senats, Beschluß vom 28. August 1992 - 1 BvR 928/92 = FamRZ 1992, 1283, 1284). Dabei leitet es die Rechtfertigung für die Beschränkung der an sich durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten - finanziellen - Handlungsfreiheit des Verpflichteten als Folge der Unterhaltsansprüche des bedürftigen Ehegatten aus der fortwirkenden nachehelichen Solidarität her, deren verfassungsrechtliche Grundlage sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergibt (vgl. BVerfGE 57 aaO S. 378 ff., 389). Als Folge der fortwirkenden nachehelichen Verantwortung für den bedürftigen Partner muß sich der wirtschaftlich stärkere Ehegatte bei Erfüllung eines der Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff. BGB bis zur Grenze des Zumutbaren mit der finanziellen Unterhaltsbelastung abfinden (BVerfGE 57 aaO, 380, 381). Diese löst bei entsprechender Bedürftigkeit des Berechtigten (und bestehender Leistungsfähigkeit des Verpflichteten) grundsätzlich eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung aus, soweit nicht im Einzelfall gesetzlich vorgesehene Beschränkungen eingreifen, wie sie etwa durch das Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften (UÄndG vom 20. Februar 1986, BGBl I 301, 302) in §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB und in der Neufassung des § 1579 Satz 1 BGB eingeführt worden sind. Eine zeitliche Begrenzung der Unterhaltsverpflichtung in Anlehnung an die Dauer der Ehe sieht das Gesetz indessen nicht vor. Eine (automatische) Bindung der Dauer der Unterhaltspflicht an die Dauer der Ehe ist im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich abgelehnt worden (vgl. BT-Drucks. 10/2888 S. 18, dort zu § 1573 Abs. 5 BGB; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 3. Aufl. IV Rdn. 302). Sie entspricht daher grundsätzlich nicht der gesetzlichen Regelung des Unterhaltsrechts. Diese geht vielmehr, wie dargelegt, - abgesehen von den genannten Ausnahmebestimmungen - allgemein von lebenslanger Unterhaltsverpflichtung aus (ggf. zeitlich und der Höhe nach begrenzt durch den Beginn des, auch auf dem Versorgungsausgleich beruhenden, Altersruhegeldes des Berechtigten, vgl. Erman/Dieckmann, BGB 9. Aufl. § 1579 Rdn. 6). Danach verbietet es sich, den Härtegrund des § 1579 Nr. 1 BGB mit Rücksicht auf die sonst eingreifende lebenslange Unterhaltsbelastung des Verpflichteten aus Billigkeitserwägungen über seinen vorgegebenen Anwendungsbereich hinaus auszudehnen und damit den entsprechenden Unterhaltstatbestand, hier nach § 1572 Nr. 1 BGB, in einer gesetzlich nicht vorgesehenen Weise einzuschränken. Das Gesetz knüpft, wie auch das Bundesverfassungsgericht betont hat (vgl. Beschluß vom 28. August 1992 aaO S. 1284), an die Härtetatbestände als solche, einschließlich den des § 1579 Nr. 1 BGB, noch keine bestimmten Rechtsfolgen. Es setzt vielmehr zunächst die Prüfung der Voraussetzungen des jeweiligen Härtetatbestandes (ohne Billigkeitserwägungen) voraus, bevor unter Beachtung der Kriterien des § 1579 Satz 1 Halbs. 1 BGB zu entscheiden ist, inwieweit eine Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre (vgl. BVerfG aaO). Ob der Härtegrund des § 1579 Nr. 1 BGB vorliegt, d.h. ob eine Ehe von kurzer Dauer i.S. dieser Vorschrift anzunehmen ist, bestimmt sich demgemäß nicht danach, ob eine lebenslange Unterhaltsbelastung des verpflichteten Ehegatten als Folge der Ehe angemessen erschiene, sondern nach allgemein verbindlichen, objektiven Kriterien.

Insoweit stellt der erkennende Senat grundsätzlich auf das Maß der Verflechtung der beiderseitigen Lebensdispositionen und auf den Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit des unterhaltsbedürftigen von dem anderen Ehegatten ab. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die Lebenssituation der Partner in der Ehe durch den gemeinschaftlichen Lebensplan entscheidend geprägt wird und mit der Zunahme der Ehedauer auch eine zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Lebensdispositionen sowie im allgemeinen eine wachsende wirtschaftliche Abhängigkeit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten einhergeht, gegenüber der sich dieser Ehegatte durch die unterhaltsrechtliche Solidarität des Ehepartners abgesichert zu fühlen pflegt (vgl. Senatsurteile vom 26. November 1980 - IVb ZR 542/80 = FamRZ 1981, 140, 142; vom 15. Juni 1983 - IVb ZR 381/81; auch BVerfGE 80, 286, 293 mit Hinweis auf BGH FamRZ 1986, 886, 887 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Von einer entsprechenden ehelichen und unterhaltsrechtlichen Situation kann allerdings im allgemeinen erst nach einer gewissen Ehedauer ausgegangen werden. Dabei lassen sich für die Bemessung dieser Ehedauer im Grunde keine festen abstrakten Maßstäbe anlegen. Gleichwohl hat der Senat im Interesse der praktischen Handhabung des § 1579 Nr. 1 BGB die zeitlichen Bereiche, innerhalb derer eine Ehe in der Regel von kurzer oder nicht mehr von kurzer Dauer ist, dahin konkretisiert, daß eine nicht mehr als zwei Jahre betragende Ehedauer in der Regel als kurz, eine solche von mehr als drei Jahren hingegen nicht mehr als kurz zu bezeichnen sei (vgl. Senatsurteile vom 26. November 1980 aaO; vom 23. Dezember 1981 - IVb ZR 639/80 = FamRZ 1982, 254). Hierbei hat der Senat jedoch ausdrücklich betont, daß dieser Grundsatz nur für den Regelfall gelten solle und Ausnahmen nicht ausschließe, sofern sie wegen besonderer Umstände eines Einzelfalls eine andere Beurteilung der kurzen Ehedauer gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB geboten erscheinen ließen (vgl. Senatsurteile aaO). Daran ist festzuhalten. Die Voraussetzungen für die Annahme einer kurzen Ehedauer und damit die Möglichkeit zur Herabsetzung oder Begrenzung des Unterhalts nach § 1579 Nr. 1 BGB generell auszuweiten, erscheint umso weniger veranlaßt, als das Gesetz inzwischen durch die bereits erwähnte Einführung der §§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB weitere Möglichkeiten der Unterhaltsbegrenzung geschaffen hat, bei der die Dauer der Ehe berücksichtigt werden kann.

In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sind, vornehmlich in jüngerer Zeit, Ehen von bis zu vier Jahren Dauer und darüber hinaus wegen besonderer Einzelumstände noch als kurz i.S. des § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB angesehen worden (vgl. etwa OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 1139, 1140; OLG Frankfurt am Main FamRZ 1989, 630; OLG Hamm FamRZ 1992, 326 - bei höherem Alter der Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung; OLG Köln FamRZ 1992, 65, 67). Der erkennende Senat selbst hat in dem bereits erwähnten Urteil vom 15. Juni 1983 sowie in einer weiteren Entscheidung (vom 28. Januar 1987 - IVb ZR 10/86 = FamRZ 1987, 463, 466) die Möglichkeit bejaht, eine Ehe von (jeweils) drei Jahren und vier Monaten noch als kurz zu beurteilen; in dem Urteil vom 25. Januar 1995 (XII ZR 195/93 = FamRZ 1995, 1405, 1407) hat er bei einer Ehedauer von knapp fünf Jahren Erwägungen zu § 1579 Nr. 1 BGB nicht von vorneherein mit dem Hinweis auf den Zeitablauf verworfen, sondern ausgeführt, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß aufgrund besonderer Umstände des Falles "dennoch von einer kurzen Ehedauer" auszugehen sei.

So liegt der Fall auch hier.

Die Gründe, auf die das Berufungsgericht seine abweichende Auffassung gestützt hat, tragen diese Ansicht nicht. Weder die Tatsache, daß aus der Ehe der Parteien keine Kinder hervorgegangen sind, noch der Umstand, daß ihr Zusammenleben zeitweise durch erhebliche Zwistigkeiten geprägt war, noch schließlich die Erwägung, daß andernfalls unter Umständen eine mehr als 30-jährige Unterhaltsbelastung des Beklagten in Betracht käme, lassen Rückschlüsse darauf zu, inwieweit sie ihre Lebensführung in der Ehe aufeinander eingestellt und in wechselseitiger Abhängigkeit auf ein gemeinschaftliches Lebensziel ausgerichtet haben. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht hervorhebt, keine Gesichtspunkte festgestellt, die eine Abweichung von dem allgemeinen Erfahrungssatz begründen könnten, daß die Verflechtung der beiderseitigen Lebensdispositionen in aller Regel nach einer Ehedauer von drei Jahren einen Grad erreicht hat, der die Beurteilung der Ehe als nicht mehr kurz i.S. von § 1579 Nr. 1 BGB rechtfertigt. Weitere, ggf. abweichende tatrichterliche Feststellungen hierzu sind, da der Verlauf der Ehe in den insoweit maßgeblichen Beziehungen feststeht, auch nicht mehr zu erwarten.

Nachdem die bei Eheschließung knapp 51 Jahre alte Klägerin - die zuvor seit etwa 5 1/2 Jahren arbeitslos gemeldet gewesen war - in der Ehezeit von Mitte 1989 bis Ende September 1993 nur gelegentlich Reinigungsarbeiten in geringem Umfang und ohne nennenswerte Begründung von Versorgungsanwartschaften ausgeübt hat, während der Beklagte über regelmäßige Einkünfte von durchschnittlich monatlich 3.300 DM netto mit entsprechender Alterssicherung verfügte, deuten diese Umstände auf eine Gestaltung der Ehe hin, bei der die Ehegatten - wie weitgehend üblich - ihre beiderseitigen Lebensdispositionen zunehmend aufeinander eingestellt haben und die wirtschaftliche Abhängigkeit der - sozial schwächeren - Klägerin von dem Beklagten sich entsprechend verfestigt hat. Hieraus folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß die Ehe der Parteien bei einer maßgeblichen Dauer von knapp 5 1/4 Jahren nicht mehr als kurz im rechtlichen Sinn angesehen werden kann.

Damit scheidet eine Anwendung der Härteklausel des § 1579 Nr. 1 BGB mit der Möglichkeit der Versagung, Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten aus. Eine Anwendung der Auffangregelung des § 1579 Nr. 7 BGB kommt, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend dargelegt hat, unter den hier gegebenen Umständen aus Rechtsgründen nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1995 aaO S. 1407).

Nach alledem kann das angefochtene Urteil, soweit es den Unterhaltsanspruch der Klägerin bis zum 31. Dezember 1999 zeitlich begrenzt hat, nicht bestehen bleiben.

3. Es kann nach den bisher getroffenen Feststellungen auch nicht mit anderer Begründung gehalten werden. Denn für den Unterhaltsanspruch aus § 1572 BGB sieht das Gesetz außer den in § 1579 BGB genannten Härtetatbeständen keine weiteren Gründe für eine zeitliche Begrenzung der Unterhaltslast des Verpflichteten vor.

Soweit es um das Maß des geschuldeten Unterhalts geht, kommt zwar nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB bei allen Unterhaltstatbeständen der §§ 1570 ff. BGB unter bestimmten Billigkeitsvoraussetzungen eine zeitlich abgestufte Unterhaltsbemessung in Betracht in der Weise, daß der zunächst nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmte Unterhalt nach einer gewissen zeitlichen Grenze auf den dem "angemessenen Lebensbedarf" entsprechenden Unterhalt ermäßigt werden kann. Den vollen Wegfall, auch des herabgesetzten Unterhalts, erlaubt diese Regelung indessen nicht.

Damit fehlt es unter den vorliegenden Umständen an einer Rechtsgrundlage für die zeitliche Begrenzung der mit monatlich 920 DM angenommenen Unterhaltspflicht des Beklagten bis zum 31. Dezember 1999. Das angefochtene Urteil ist daher im Umfang dieser zeitlichen Begrenzung aufzuheben.

4. Zu einer eigenen abschließenden Entscheidung ist der Senat nicht in der Lage. Denn die bisher getroffenen Feststellungen lassen keine verläßliche Beurteilung der Frage zu, in welcher Höhe Unterhaltsansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten - gegebenenfalls unter Beachtung von § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - in der Zeit nach dem 1. Januar 2000 begründet sein werden. Da die Klägerin im Februar 1998 das 60. Lebensjahr vollendet hat, dürfte sie nach der geltenden Gesetzeslage (vgl. § 39 Nr. 1 SGB VI) seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf Altersrente haben, was das Berufungsgericht im übrigen bereits in der angefochtenen Entscheidung vorausschauend hätte berücksichtigen müssen (vgl. Senatsurteil vom 16. April 1997 - XII ZR 293/95 = FamRZ 1997, 873, 875, 876 m.w.N.). In Höhe der ihr zustehenden Rente dürfte die Bedürftigkeit der Klägerin entfallen. Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß ihr vom 1. Januar 2000 an mit Rücksicht auf den Bezug einer Altersrente nur noch Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten zustehen werden, die unter dem Betrag von monatlich 920 DM liegen können.

Da diese Frage weiterer Prüfung bedarf, ist die Sache zur Nachholung der gebotenen Feststellungen und zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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