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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 06.11.1997
Aktenzeichen: 11 RAr 39/97
Rechtsgebiete: AFG


Vorschriften:

AFG § 115 Abs 1 und 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

Az: 11 RAr 39/97

Kläger und Revisionsbeklagter,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsklägerin.

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 6. November 1997 durch den Vorsitzenden Richter Sattler, die Richter Lüdtke und Voelzke sowie den ehrenamtlichen Richter Brüning und die ehrenamtliche Richterin Pakmor für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagen gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 1997 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 1. Oktober 1991 und die Rückforderung von 1.115,50 DM wegen anrechenbaren Nebeneinkommens.

Der Kläger war bis September 1991 als Schweißer versicherungspflichtig beschäftigt. In seinem Leistungsantrag gab er an, er übe keine Nebenbeschäftigung aus und helfe auch keinem Familienangehörigen bei einer selbständigen Tätigkeit. Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) bewilligte ihm ab 1. Oktober 1991 Alg für 312 Tage in Höhe von 373,20 DM wöchentlich (Bescheid vom 21. Oktober 1991).

Seit Juni 1991 betreibt die Ehefrau des Klägers eine Gaststätte. Bei einer Betriebsprüfung durch die BA im April 1992 gab der Kläger an, er helfe in der Gaststätte seiner Ehefrau durchschnittlich 10 Stunden in der Woche. Ein Entgelt erhalte er hierfür nicht. Seine Tätigkeit sehe er als Familienmithilfe an.

Nach Anhörung des Klägers hob die BA die Bewilligung von Alg wegen anrechenbaren Nebeneinkommens in Höhe von 124,13 DM wöchentlich auf und forderte 5.089,33 DM zurück. Bei der Berechnung der Rückforderung ging sie vom Bemessungsentgelt des Klägers aus.

Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, seine Mithilfe in der Gaststätte seiner Ehefrau entspreche lediglich der ehelichen Beistandspflicht. Im Widerspruchsverfahren ermäßigte die BA den Anrechnungsbetrag auf 23,00 DM in der Woche und den Rückforderungsbetrag auf 1.115,50 DM, weil sie für die Anrechnung nunmehr den Tariflohn einer Küchenhilfe von 1.880,00 DM monatlich zugrunde legte. Die Anrechnung begründete sie damit, der Kläger habe seine Arbeitskraft in der Gaststätte der Ehefrau unter Verzicht auf ihm zustehendes Einkommen eingesetzt. Es sei fiktives Einkommen in analoger Anwendung des § 850h Abs 2 Satz 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) anzurechnen. Der Hinweis des Klägers auf § 1356 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei nicht entscheidungserheblich, weil es weder um Haushaltsführung noch um Rücksicht auf die Erwerbstätigkeit eines Ehegatten gehe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, weil er die unmißverständliche Frage nach der Mithilfe im Gewerbebetrieb eines Familienangehörigen wahrheitswidrig beantwortet habe. Unter diesen Umständen sei auch nicht im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens von der teilweisen Rücknahme der Leistungsbewilligung abzusehen (Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1992).

Mit der Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe auch schon während seiner Erwerbstätigkeit bis September 1991 nach Arbeitsende in der Gaststätte ebenso wie andere Familienangehörige mitgeholfen. Seit seiner Arbeitslosigkeit sei er auch tagsüber zu unregelmäßigen Zeiten in der Gaststätte gewesen und habe bei Bedarf Gläser gespült, in der Küche mitgeholfen oder auch einmal bedient bzw hinter dem Tresen gestanden. Es sei auch vorgekommen, daß er abends bis zur Schließung der Gaststätte dort geblieben sei, während seine Ehefrau mit dem Kind nach Hause gegangen sei. Art und Umfang seiner Mithilfe sei für ihn und seine Familienangehörigen selbstverständlich. Keiner habe dafür Lohn bekommen. Zu den Essenszeiten sei er regelmäßig im Lokal gewesen; die Mahlzeiten seien gemeinsam eingenommen worden.

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nicht in den Betrieb seiner Ehefrau mit festen Arbeitszeiten eingegliedert gewesen. Durch seine Mithilfe seien andere Hilfskräfte nicht überflüssig geworden. Es habe sich lediglich um eine unter Eheleuten übliche Mithilfe gehandelt (Urteil vom 22. März 1994).

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der BA zurückgewiesen. Nach Anhörung des Klägers und Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe vom 1. Oktober 1991 bis zum 13. Juli 1992 lediglich unentgeltliche familiäre Mithilfe in der Gaststätte seiner Ehefrau geleistet, die eine Anrechnung von Arbeitseinkommen nicht rechtfertige. Entscheidend sei, daß der Kläger nur gelegentlich tätig geworden und seine Tätigkeit nicht im voraus nach Art und Umfang bestimmt gewesen sei. Entgegen der Ansicht der BA könne ein fiktiver Lohnanteil nicht auf das Alg angerechnet werden. Eine Anrechnung komme vielmehr nur bei tatsächlichem Zufluß von Arbeitsentgelt in Betracht.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die BA die Verletzung des § 115 Abs 1 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei es nicht gerechtfertigt, die Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger bei der Anrechnung von Nebeneinkommen außer acht zu lassen. Lasse man die Arbeitskraft eines Arbeitslosen, die er im Betrieb eines Familienangehörigen einsetze, außer Betracht, so verschaffe man diesem Personenkreis wirtschaftliche Vorteile zu Lasten der Gemeinschaft aller Beitragszahler. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG ließen Zweifel aufkommen, ob es sich tatsächlich um eine familiäre Mithilfe gehandelt habe. Nachdem die BA Leistungen nicht mehr erbracht habe, sei der Kläger im Betrieb seiner Ehefrau als Angestellter tätig geworden. Damit werde der nach Ansicht der BA wahrscheinliche Zusammenhang deutlich. Zweifel seien angesichts der Öffnungszeiten der Gaststätte und der Angaben zum zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers an seiner Arbeitslosigkeit angebracht. Da der Kläger eingeräumt habe, schon während seiner Beschäftigung als Schweißer "mitbedient" zu haben, sei von einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 35 Stunden auszugehen. Auch wenn angeblich ein Entgelt nicht gezahlt worden sei, sei von einer Anrechnung des Nebeneinkommens nicht abzusehen. Da die Ehefrau aus der Arbeitskraft des Klägers wirtschaftliche Vorteile gezogen habe, sei es weder norm- noch sachgerecht der Angaben der Eheleute zugrundezulegen, es sei kein Arbeitsentgelt geflossen. Es gehe nicht an; die Gemeinschaft der Beitragszahler zur nicht gerechtfertigten gleichzeitigen Auszahlung von Alg und Arbeitsentgelt bzw Arbeitseinkommen zu zwingen. Dies geschehe aber, wenn unbesehen Angaben zu Entgelten übernommen würden, die nur schwer widerlegbar, im Vergleich zu den bei gleichartigen Tätigkeiten bekannten Löhnen bzw Einkommen aber nicht glaubhaft seien. Daß der Gesetzgeber derartige Manipulationsmöglichkeiten grundsätzlich nicht toleriere, zeige die Bemessungsvorschrift des § 112 Abs 5 Nr 3 AFG. Der Grundgedanke jener Vorschrift müsse auch im Rahmen des § 115 AFG zum Tragen kommen, wenn es gelte, Einkommen festzustellen. Da die Ehefrau des Klägers wirtschaftliche Vorteile durch die Arbeitskraft des Klägers erzielt habe und die Eheleute "aus einem Topf" mit einem höheren Familieneinkommen gewirtschaftet hätten, sei auf das Alg des Klägers der Lohn anzurechnen, der üblicherweise für seine Arbeitsleistung aufgebracht worden wäre. Hilfsweise sei der fiktive Anteil am Gewinn aus der Gaststätte der Klägerin zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 1997 sowie das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 22. März 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

II

Die Revision ist unbegründet, denn die Entscheidung des LSG beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung (§ 162 SGG). Die Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Alg ab 1. Oktober 1991 sind nicht gegeben.

Als gesetzliche Grundlage für die Verwaltungsentscheidung kommt hier nur § 45 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) in Betracht, der zur Rücknahme rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakte ermächtigt. Diese Rücknahmevoraussetzung ist nicht erfüllt. Die Rechtswidrigkeit der bewilligten Leistung der Höhe nach läßt sich nicht damit begründen, der Kläger habe eine Mitarbeit in der Gaststätte seiner Ehefrau nicht angegeben und deshalb sei es nicht zur Anrechnung von Arbeitsentgelt bei der Feststellung der Leistung gekommen. Nach § 115 Abs 1 Satz 1 AFG in der hier anzuwendenden Fassung des Art 1 Nr 25 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) mindert sich das Alg, das sich nach § 111 AFG für die Kalenderwoche, in der eine Beschäftigung ausgeübt wird, ergibt, um die Hälfte des Nettoarbeitsentgelts, soweit dieses 30,00 DM übersteigt, wenn der Arbeitslose während einer Zeit, in der ihm Alg zusteht, eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt. Diese Voraussetzungen für die Anrechnung von Arbeitsentgelt sind nicht erfüllt. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG, die damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), hat der Kläger in der Gaststätte seiner Ehefrau unregelmäßig etwa 10 Stunden in der Woche gearbeitet, ohne dafür ein Entgelt zu erhalten. Nach der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes kommt es für die Anrechnung von Arbeitsentgelt nicht mehr darauf an, daß eine Abrechnung für die Zeit des Leistungsbezuges stattgefunden hat (vgl dazu: BSG SozR 4100 § 115 Nr 1). Geldbeträge für seine Mithilfe hat der Kläger nicht erhalten; auch die in der Gaststätte mit der Familie eingenommenen Mahlzeiten können nicht als Sachbezug im Sinne der Sachbezugsverordnung 1991 idF vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 2913) aufgefaßt werden: Ein möglicherweise im Rahmen der Anrechnung zu berücksichtigender Anspruch auf Arbeitsentgelt bestand nicht. Nach der Schilderung der Mitarbeit des Klägers, die das LSG für uneingeschränkt glaubhaft erachtet hat, ist diese Ausdruck der familiären Beziehung und der gegenseitigen Unterhaltspflichten nach § 1360 BGB. Ihr lag "kein Erwerbswille und kein Erwerbszweck" (BGHZ 46, 385, 390) im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten zugrunde. Die Eheleute haben eine ausdrückliche Regelung über die Mitarbeit des Klägers und über eine Vergütung auf arbeits- oder gesellschaftsvertraglicher Basis nach den Feststellungen des LSG nicht getroffen. Auch für eine Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten und eine stillschweigende Vereinbarung nach den festgestellten Umständen (§ 612 Abs 1 BGB) bestehen keine Anhaltspunkte (zu den verschiedenen Formen der Vereinbarung von Vergütungen: Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger - Grenzbereiche des Familien-, Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrechts, 1970, 370 ff, 411 ff, 447 ff). Die familienrechtliche Rechtsprechung geht davon aus, daß die Mitarbeit im Geschäft des Ehepartners selbst dann unentgeltlich im Rahmen der Pflicht zur gegenseitigen persönlichen Hilfeleistung nach § 1353 BGB erfolgt, wenn sie "nach Zeitaufwand und wirtschaftlicher Bedeutung über wenig bedeutungsvolle Hilfsarbeiten hinausgeht, aber sich noch im Rahmen des Üblichen hält" (BGHZ 46, 385, 389 ff). Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Maßstab der Üblichkeit um "die Restauration beseitigten Rechtsgutes" (nämlich des § 1356 Abs 2 BGB aF) handelt (so Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, 3. Aufl, 1980, § 20 III = S 217). Das LSG hat die Mitarbeit des Klägers als den Rahmen des Üblichen wahrend erachtet. Der im wesentlichen auf der Würdigung der Einlassung des Klägers und der Bekundungen seiner Ehefrau beruhenden tatsächlichen Würdigung des LSG läßt sich nicht entgegenhalten, der Kläger habe auf Arbeitsentgelt verzichtet. Der Verzicht setzte einen Anspruch auf Arbeitsentgelt voraus, für den eine Grundlage nicht ersichtlich ist.

Abgesehen von diesem Umstand kommt eine Fiktion von Arbeitsentgelt oder Einkommen im Rahmen des § 115 Abs 1 AFG nicht in Betracht. Gerade bei der Mitarbeit im Geschäft eines Ehegatten ist zu bedenken, daß sie wegen geringer Ertragslage zur Minimierung von Betriebskosten erfolgen kann. Die Minderung des Anspruchs auf Alg erscheint nur gerechtfertigt, wenn dem Arbeitslosen zumindest ein Entgeltanspruch zusteht. Mißbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen kann die BA gleichwohl entgegentreten. Nimmt die Mitarbeit einen Umfang an, der über die Kurzzeitigkeit (§ 102 AFG) hinausgeht, so entfällt die Anspruchsvoraussetzung "Arbeitslosigkeit". Das trifft bei Mitarbeit von rd 10 Stunden nicht zu. Sind mit der Mitarbeit tatsächliche oder rechtliche Bindungen des Arbeitslosen verbunden, so steht einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Leistungen mangelnde Verfügbarkeit (§ 103 AFG) des Arbeitslosen entgegen (vgl BSGE 73, 263, 269 = SozR 3-4100 § 112 Nr 16). Auch diese rechtliche Würdigung ist nach den Feststellungen des LSG ausgeschlossen, denn der Kläger ist nur unregelmäßig in der Gaststätte - abgesehen von der Einnahme von Mahlzeiten - erschienen und unterlag somit keinerlei Bindungen, die seine Verfügbarkeit hätten einschränken können.

Die Vorschriften, auf die sich die BA zur Anrechnung fiktiven Einkommens im Rahmen des § 115 Abs 1 AFG stützt, geben für ihre Ansicht nichts her. Insofern kann dahinstehen, ob solche Vorschriften zur Legitimation von Eingriffen in subjektive Rechte von Arbeitslosen überhaupt der Analogie zugänglich sind (vgl dazu: BVerfG NJW 1996, 3146 und Konzak NVwZ 1997, 872 f).

Die Berechnungsvorschrift des § 112 Abs 5 Nr 3 AFG zieht für Beschäftigungen zwischen Ehegatten oder Verwandten gerader Linie das bei familienfremden Arbeitnehmern gleichartiger Beschäftigung gewöhnliche Arbeitsentgelt heran. Sie mindert für die Feststellung der Leistung das tatsächlich geflossene Arbeitsentgelt; nicht aber fingiert sie Arbeitsentgelt, das mit dem Arbeitslosen weder vereinbart noch ihm zugeflossen ist.

Auch die vollstreckungsrechtliche Vorschrift des § 850h Abs 2 ZPO, auf die die BA im Widerspruchsbescheid Bezug genommen hat, kann im vorliegenden Zusammenhang den Rückgriff auf fiktives Einkommen nicht rechtfertigen. Die Vorschrift dient dem Schutz von Gläubigern des Arbeitnehmers und fingiert eine angemessene Vergütung "im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen" - das ist der Arbeitgeber - als geschuldet. Im Rahmen der Lohnpfändung wird der Arbeitgeber also mit einem höheren Betrag als nach dem vereinbarten Arbeitsentgelt an sich zulässig in Anspruch genommen. Er steht dem Gläubiger bei der Lohnpfändung mit einer höheren Forderung ein, weil er Dienstleistungen des Schuldners in entsprechender Höhe erhalten hat. Im Rahmen des § 115 Abs 1 AFG geht die BA aber nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen den Arbeitnehmer vor. Gerade dieses rechtfertigt § 850h Abs 2 ZPO nicht. Im übrigen paßt diese Vorschrift im vorliegenden Zusammenhang ohnehin nicht, weil die Mitarbeit des Klägers im Betrieb seiner Ehefrau - wie ausgeführt - Ausdruck familienrechtlicher Bindungen war.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann offenbleiben, ob die Bemessung des Alg ab 1. Oktober 1991 sich unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als der Anrechnung von Arbeitseinkommen als rechtswidrig erweist. Selbst wenn ein Berechnungsfehler zugunsten des Klägers bestehen sollte, ist nicht ersichtlich, welches Verhalten des Klägers insoweit einen Vertrauensschutz aus § 45 Abs 2 SGB X vereiteln sollte. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, daß dem Urteil des LSG für die Überprüfung der Bemessung des Alg unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt die tatsächlichen Feststellungen nicht zu entnehmen sind.

Da die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht gegeben sind, entfällt auch nach § 50 Abs 1 SGB X die Rückforderung von 1.115,50 DM.

Die Revision der BA erweist sich damit als unbegründet; sie ist zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.



Ende der Entscheidung

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