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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: B 1 KR 15/99 R
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 38
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 7. November 2000

Az: B 1 KR 15/99 R

Klägerin und Revisionsklägerin,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Techniker-Krankenkasse, Bramfelder Straße 140, 22305 Hamburg,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2000 durch den Präsidenten von Wulffen, die Richter Steege und Dr. Dreher sowie die ehrenamtliche Richterin Bröckers und den ehrenamtlichen Richter Bartsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. März 1999 wird zurückgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beklagte bestreitet den Anspruch der Klägerin auf Haushaltshilfe für die Zeit eines mehrmonatigen Krankenhausaufenthalts im Jahre 1998, während dessen der Ehemann den gemeinsamen Haushalt geführt hat.

Die bei der beklagten Ersatzkasse über ihren Ehemann familienversicherte Klägerin befand sich wegen einer Psychose ab März 1997 in zwei größeren Zeitabschnitten in stationärer Behandlung - zunächst bis Anfang Februar 1998 und sodann vom 8. April 1998 bis 8. März 1999. Die Eheleute haben drei Kinder, die im fraglichen Zeitraum nicht älter als 7 Jahre waren. Vor der Erkrankung der Klägerin war der Ehemann als Heilpraktiker selbständig erwerbstätig; seit Beginn der stationären Behandlung führt er den Haushalt. Für die Zeit bis zur vorläufigen Entlassung im Februar 1998 zahlte die Beklagte einen Ausgleich für den Verdienstausfall des Ehemanns in Höhe der auf 990 DM pro Woche bezifferten Kosten für eine Haushaltshilfe. Den bei der stationären Wiederaufnahme am 8. April 1998 gestellten Antrag auf Weitergewährung dieser Leistung lehnte sie jedoch ab (Bescheid vom 15. April 1998, Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1998).

Unter Aufhebung dieser Bescheide hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 3. August 1998 verurteilt, der Klägerin für die Dauer des stationären Krankenhausaufenthalts Haushaltshilfe zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat diese Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. März 1999). Ähnlich wie bereits die Beklagte hat es den Anspruch deshalb verneint, weil die Klägerin auch schon vor dem erneuten Krankenhausaufenthalt nicht in der Lage gewesen war, den Haushalt zu führen, so daß die stationäre Aufnahme im April 1998 die Situation in der Haushaltsführung der Familie nicht geändert habe. Auf die frühere Krankenhausaufnahme könne der Anspruch nicht bezogen werden, weil im April 1998 ein neuer Leistungsfall eingetreten sei.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 38 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Ihre Erkrankung sei als einheitliches Krankheitsgeschehen bei unveränderter Krankheitsursache aufzufassen, so daß der im Februar 1997 eingetretene Versicherungsfall über die zwischenzeitliche Entlassung hinaus fortgewirkt habe. Mit dieser habe die Behandlungsbedürftigkeit nicht geendet; vielmehr habe es sich um einen Rehabilitationsversuch im familiären Umfeld gehandelt, bei dem jederzeit mit einer erneuten stationären Aufnahme habe gerechnet werden müssen.

Die Klägerin beantragt

die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Wiederherstellung des Gerichtsbescheids erster Instanz für die Zeit bis zum 15. September 1998.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Zweck der Haushaltshilfe müsse auf das Ziel der medizinischen Behandlung bezogen bleiben, deren Unterstützung sie diene. Die Erstattung des Verdienstausfalls des Ehemanns der Klägerin führe im praktischen Ergebnis dazu, daß die Krankenkasse den Lebensunterhalt der Familie sicherstelle. Das sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung.

II

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß der Klägerin kein Ausgleich für den ihrem Ehemann durch die Haushaltsführung entstandenen Verdienstausfall zusteht.

Anspruch auf Haushaltshilfe hat ein Versicherter nach § 38 Abs 1 SGB V, wenn ihm wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer - hier nicht in Betracht kommenden - anderen Leistung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist und im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das wegen Behinderung auf Hilfe angewiesen ist. Voraussetzung ist ferner, daß eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann (§ 38 Abs 3 SGB V). Wird die Haushaltshilfe durch einen Verwandten oder, wie im Fall der Klägerin, durch den Ehegatten (dazu: Senatsurteil vom 16. November 1999 - SozR 3-2500 § 38 Nr 2) geleistet, können dem Versicherten dessen Verdienstausfall und Fahrkosten erstattet werden, wenn die Erstattung in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für eine Ersatzkraft entstehenden Kosten steht (§ 38 Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V).

Ob die Klägerin iS des § 38 Abs 1 SGB V an der "Weiterführung" des Haushalts gehindert war und ob insoweit in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung an die erste Krankenhausaufnahme angeknüpft werden könnte, läßt der Senat offen. Die Leistungspflicht der Krankenkasse muß entgegen der Auffassung des LSG nicht zwangsläufig daran scheitern, daß die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen auch schon vor der zweiten stationären Aufnahme im April 1998 den Haushalt nicht führen konnte und der neuerliche Krankenhausaufenthalt deshalb an der Situation im Haushalt der Familie nichts geändert hat. Den Anforderungen des § 38 Abs 1 SGB V ist zunächst dadurch genügt, daß die Klägerin wegen der stationären Behandlung an der Haushaltsführung gehindert war. Eine vorherige Haushaltsführung durch die Person, die sich in Behandlung begeben muß, wird nach Auffassung des erkennenden Senats vom Gesetz mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift nicht in jedem Fall verlangt. Vordergründig scheint allerdings bei einem Versicherten, der bis dahin keine Haushaltstätigkeiten verrichtet hatte, ein Ursachenzusammenhang zwischen der stationären Behandlung und der Notwendigkeit einer Haushaltshilfe ausgeschlossen zu sein. Auch scheint das Gesetz die vorherige Haushaltstätigkeit durch den Begriff der "Weiterführung" vorauszusetzen. Schließlich ist kaum zu bestreiten, daß die Vorschrift zumindest im Kern gerade Vorsorge für den behandlungsbedingten Ausfall derjenigen Person treffen soll, die vorher für den Haushalt verantwortlich war. Der Gesetzeswortlaut schließt andererseits ein "weites" Verständnis nicht aus, wonach lediglich vorausgesetzt wird, daß eine der im Gesetz genannten Hauptleistungen erbracht wird und dem Behandelten deshalb eine Haushaltsführung nicht möglich ist. In dieser Lesart ist der Begriff der "Weiterführung" nicht auf die für den Haushalt verantwortliche Person, sondern auf den zu führenden Haushalt zu beziehen: Eine Weiterführung ist wegen einer Behandlungsmaßnahme auch dann iS von § 38 Abs 1 SGB V unmöglich, wenn der Versicherte wegen Ausfalls der übrigen Haushaltsmitglieder den Haushalt eigentlich übernehmen müßte, daran aber durch die beginnende oder bereits laufende Behandlung gehindert ist.

Nur die weite Auslegung vermeidet Wertungswidersprüche im Gesamtzusammenhang der Vorschrift. Deren Zweck ist allerdings weder aus dem Text noch aus der Entstehungsgeschichte ohne weiteres zu erschließen. Bei der Verabschiedung des früheren § 185b Reichsversicherungsordnung (RVO) wurde als wesentlicher Nutzen hervorgehoben, daß der Versicherte und sein Ehegatte durch die Sorge um die Weiterführung des Haushalts nicht mehr gehindert seien, Kur- oder Krankenhausbehandlungen anzutreten (Abgeordnete Schlei am 5. Oktober 1973 - BT Stenographische Berichte 7/3169; im entsprechenden Sinne auch Senatsurteil vom 23. November 1995 - BSGE 77, 102, 105 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 4). Es liegt indessen auf der Hand, daß dies die Funktion der Haushaltshilfe nicht abschließend beschreibt und daß unaufschiebbare Krankenhausbehandlungen oder Zeiten der häuslichen Krankenpflege, bei denen der Gesichtspunkt der Förderung der Therapiebereitschaft keine Rolle spielt, von der Regelung ebenfalls erfaßt werden (vgl etwa BSGE 43, 236 = SozR 2200 § 185b Nr 2; BSG USK 7770, wo dies als selbstverständlich vorausgesetzt wird). Da die Haushaltshilfe eine zweckgerichtete Leistung ist, die den Versicherten in einer spezifischen Bedarfssituation entlasten soll (so BSGE 47, 88, 91 = SozR 2200 § 185b Nr 5 S 17 f), muß darauf abgestellt werden, ob durch die Inanspruchnahme der Hauptleistung eine solche Bedarfssituation entstanden ist. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn die Haushaltsführung schon vorher dauerhaft anders organisiert war und sich daran durch den Krankenhausaufenthalt nichts geändert hat. War hingegen der Versicherte ursprünglich im Haushalt tätig, so kann es wertungsmäßig keinen Unterschied machen, ob sich der Bedarf erst durch die Krankenhauseinweisung ergeben hat oder ob er sich bei einer allmählich fortschreitenden Krankheit schon einige Zeit vorher eingestellt hatte, ohne daß für die Haushaltsführung bereits eine endgültige Lösung gefunden worden war. Wie dies im einzelnen abzugrenzen ist und ob der Senat mit dieser Auffassung möglicherweise von der Rechtsprechung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zur Parallelvorschrift in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSGE 51, 78, 80 = SozR 2200 § 569a Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2200 § 569a Nr 1 S 3 f) abweicht, braucht nicht entschieden zu werden, weil das Klagebegehren im vorliegenden Fall aus anderen Gründen scheitert.

Die Leistungspflicht der Krankenkasse ist gegenüber der Haushaltsführung durch einen anderen Hausgenossen subsidiär. Da der im Haushalt lebende Ehemann der Klägerin die Haushaltsführung nicht nur vorübergehend übernommen hat, ist der Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 38 Abs 3 SGB V ausgeschlossen. Zur ursprünglichen Fassung der Vorschrift über die Haushaltshilfe (§ 185b RVO) hatte das BSG beiläufig festgestellt, ein Haushaltsmitglied könne keine selbstbeschaffte Ersatzkraft sein, denn wenn schon die Möglichkeit des Einsatzes von Haushaltsmitgliedern den Sachleistungsanspruch ausschließe, könne bei tatsächlicher Haushaltsfortführung durch Haushaltsmitglieder keine Kostenerstattung gewährt werden (BSG USK 77105 S 418). An der grundsätzlichen Unvereinbarkeit der Tätigkeit eines Hausgenossen mit dem Kostenerstattungsanspruch nach dem jetzigen § 38 Abs 4 SGB V hat sich bis heute nichts geändert. § 38 Abs 3 SGB V kann dem Versicherten allerdings nur entgegengehalten werden, wenn der anderen Person ein Einsatz im Haushalt nicht nur möglich, sondern unter Berücksichtigung ihrer sonstigen, insbesondere beruflichen Verpflichtungen auch zumutbar ist. So braucht er sich nicht auf die Aushilfe durch ein Haushaltsmitglied verweisen zu lassen, das eine Berufstätigkeit oder Schulausbildung aufgeben oder einschränken müßte, um die Weiterführung des Haushalts sicherstellen zu können. Eine Verpflichtung des Hausgenossen, sich zu diesem Zweck beurlauben zu lassen, besteht nicht (grundlegend: BSGE 43, 170 = SozR 2200 § 185b Nr 1). Umgekehrt hat das BSG aber die Übernahme der Haushaltsführung während der ohnehin arbeitsfreien Zeit oder während eines regulären Tarifurlaubs als zumutbar angesehen (BSGE 43, 236, 237 = SozR 2200 § 185b Nr 2 S 6; BSG USK 7770). Die Fallgestaltung, daß der im selben Haushalt lebende Ehe- oder Lebenspartner wegen der Krankenhausbehandlung des Versicherten unbezahlten Urlaub genommen hatte, hat es in späteren Entscheidungen wieder anders beurteilt (BSGE 51, 78 = SozR 2200 § 569a Nr 1; BSG SozR 3-2200 § 569a Nr 1; BSGE 77, 102 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1). Ob dem die bewußte Abgrenzung von der anderslautenden Bewertung der Zumutbarkeit während eines tatsächlich genommenen Tarifurlaubs oder die Zustimmung zu den hiergegen in der Literatur erhobenen Bedenken (Moritz, BlStSozArbR 1978, 138) zugrunde liegt, ist den Gründen der einschlägigen Urteile nicht zu entnehmen. Der Fall der Klägerin bietet keinen Anlaß, hierzu oder zur möglichen Differenzierung zwischen bezahltem und unbezahlten Urlaub abschließend Stellung zu beziehen; festzuhalten ist lediglich, daß die bisherige Entscheidungspraxis nicht auf die schlichte Faustregel eines grundsätzlichen Vorrangs aller aus einer Erwerbstätigkeit abzuleitenden Hinderungsgründe reduziert werden darf und das vielschichtige Spannungsverhältnis zwischen tatsächlichem Einsatz im Haushalt und rechtlich gebotener Freistellung damit nicht als gelöst gelten kann. Das erkennt auch die Literaturmeinung an, die beim bezahlten Urlaub weitergehen möchte als die frühere Rechtsprechung. Denn sie hält den berufstätigen Hausgenossen bei Sonderurlaub und an den Wochenenden für verfügbar und schränkt seine Freistellung auch während des Tarifurlaubs für den Fall ein, daß ihn die Versorgung des Haushalts wegen Automatisierung oder überwiegender Abwesenheit der zu Betreuenden nicht voll in Anspruch nimmt (Moritz, BlStSozArbR 1978, 140).

Unter diesen Umständen kann der Hinweis auf die berufliche Stellung des Ehemanns der Klägerin als selbständiger Heilpraktiker keinesfalls genügen, um den hier streitigen Anspruch entgegen § 38 Abs 3 SGB V zu begründen. Zweck der Vorschrift ist die Beschränkung des Anspruchs auf Situationen, in denen der Versicherte auf die Kassenleistung tatsächlich angewiesen ist (Notwendigkeit iS von § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V); infolgedessen ist der Haushalt als Ganzes in die Betrachtung mit einzubeziehen, indem die Verpflichtungen im Haushalt und sonstige Aktivitäten der für die Haushaltsführung in Betracht kommenden Hausgenossen auf ihre tatsächliche Unvereinbarkeit geprüft und in ihrer rechtlichen Bedeutung gegeneinander abgewogen werden. Neben der Qualität und dem Umfang der rechtlichen Bindungen außerhalb des Haushalts können dabei insbesondere die Herkunft des Haushaltseinkommens und der Grad der Verwandtschaft zum Erkrankten bzw zu den Kindern eine Rolle spielen. Ein Element dieser Abwägung ist selbstverständlich auch die Frage, von wem der Haushalt vor der jetzigen Behandlungsmaßnahme geführt wurde. Anders als nach der vom LSG vertretenen Auffassung geht es aber bei alledem in erster Linie nicht um die Verhinderung des Versicherten an der Haushaltsführung durch die Behandlung (Kausalitätsprüfung), sondern um die Beurteilung, ob die Überbrückung des Ausfalls des Versicherten ohne zusätzliche Hilfe zumutbar ist (Bedarfsprüfung).

Die Abhängigkeit des Anspruchs auf Haushaltshilfe von einer Gesamtabwägung der tatsächlichen Situation in dem von einer Erkrankung betroffenen Haushalt wird durch § 38 Abs 4 SGB V bestätigt. Satz 1 der Vorschrift eröffnet dem Versicherten einen Kostenerstattungsanspruch für eine selbstbeschaffte Leistung anders als § 13 Abs 3 SGB V nicht nur beim Unvermögen der Krankenkasse, sondern auch aus anderen Gründen. Schon diese Wendung zeigt, daß bei der Bedarfsprüfung die Besonderheiten des jeweiligen Haushalts zu beachten sind, denn mit dem anderen Grund iS dieser Regelung können nur die konkreten Bedürfnisse und Bindungen der betreuten Kinder und der möglichen Betreuungspersonen gemeint sein. Die Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung bringt auch § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V zum Ausdruck, indem er eine mögliche Mithilfe von außerhalb des Haushalts in die Bewertung mit einbezieht, soweit sie von Verwandten oder Verschwägerten erbracht wird.

Welchen rechtlichen und tatsächlichen Bindungen der Ehemann der Klägerin durch die Fortsetzung oder Wiederaufnahme seiner früheren selbständigen Erwerbstätigkeit unterworfen wäre, hat das LSG nicht festgestellt. Ebensowenig ist erörtert worden, inwiefern eine reduzierte Erwerbstätigkeit mit der erforderlichen Haushaltstätigkeit vereinbar gewesen wäre. Dazu kann deshalb Anlaß bestehen, weil ein selbständig tätiger Heilpraktiker in Bezug auf Ort und Zeit der Arbeitsleistung regelmäßig freier sein dürfte als ein abhängiger Arbeitnehmer. Andererseits liegt auf der Hand, daß Alter und Zahl der hier zu betreuenden Kinder jeglicher Berufsausübung enge Grenzen setzten. Wenn das Haushaltseinkommen im wesentlichen durch die Erwerbstätigkeit des Ehemanns erwirtschaftet werden mußte, was ebenfalls nicht festgestellt ist, aber naheliegt, wird in der Tat mehr dafür sprechen, daß dem Ehemann die Haushaltsführung und der Verzicht auf eine damit unvereinbare Erwerbstätigkeit nicht zumutbar war.

Dennoch brauchen die erwähnten weiteren Ermittlungen nicht angestellt zu werden. Wie bereits angedeutet, kann die Sperre des § 38 Abs 3 SGB V im Rahmen eines Anspruchs nach § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V durch den Hinweis auf berufliche Verpflichtungen nur vorübergehend aufgehoben werden. Geht es um einen längeren Zeitraum, bleibt es bei dem vom BSG von Anfang an aufgestellten Grundsatz, daß ein Hausgenosse als selbstbeschaffte Ersatzkraft nicht zu berücksichtigen ist. Daß eine tatsächliche Aushilfe durch einen Dritten selbst dann den Anspruch auf Haushaltshilfe ausschließen kann, wenn dem Dritten der Einsatz eigentlich nicht zuzumuten ist, macht das Gesetz vor allem in § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V deutlich; dementsprechend kann sich der Versicherte auch im Zusammenhang mit § 38 Abs 3 SGB V nicht auf die Unzumutbarkeit einer über längere Zeit tatsächlich geleisteten Aushilfe berufen.

Nach Halbsatz 1 des § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V werden keine Kosten erstattet, wenn ein Verwandter oder Verschwägerter bis zum zweiten Grade als selbstbeschaffte Haushaltshilfe eingesetzt wird; Halbsatz 2 ermöglicht den Ersatz von Verdienstausfall und Fahrkosten nach Ermessen. In diesen Bestimmungen ist die Annahme enthalten, von Verwandten sei die Tätigkeit im fremden Haushalt nicht in dem Sinne zu erwarten, daß der Versicherte auf diese Möglichkeit verwiesen werden könne; das Vorhandensein von Verwandten schließt den Anspruch nicht aus, ähnlich wie bei § 38 Abs 3 SGB V das Vorhandensein von berufstätigen Hausgenossen den Anspruch nicht ausschließt. Dennoch wird eine Leistungspflicht der Kasse im Grundsatz verneint, wenn ein Verwandter die Haushaltsführung tatsächlich übernimmt (Halbsatz 1); letztlich wird dem Versicherten die Aushilfe durch den Verwandten also doch entgegengehalten. Das Gesetz knüpft an die tatsächliche Haushaltsübernahme die weitere Annahme, der Verwandte leiste seine Dienste unentgeltlich bzw der Versicherte nehme sie unentgeltlich in Anspruch, denn Halbsatz 2 beschränkt die Ermessensleistung auf Verdienstausfall und Fahrkosten. Die Gesetzesbegründung unterstellt, der Verwandte handele in einem solchen Fall aufgrund einer "aus der familienhaften Bindung bestehenden sittlichen Verpflichtung" (BT-Drucks 8/166 S 26 zur Neufassung des § 185b RVO durch Art 1 § 1 Nr 12 Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz vom 27. Juni 1977, BGBl I 1069). Mit den aufgezeigten Annahmen belegt § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V, daß ein tatsächlicher Einsatz im Haushalt zu rechtlichen Schlußfolgerungen zwingen kann, die den Anspruch auf Haushaltshilfe modifizieren.

Im Rahmen von § 38 Abs 3 SGB V gilt das erst recht. Denn hier steht die tatsächliche Haushaltsführung in direktem Widerspruch zur angeblichen Verhinderung des Hausgenossen und im Einklang mit seiner vom Gesetz unterstellten Verpflichtung, im Bedarfsfall einzuspringen. Mit der gesetzlichen Gesamtkonzeption. ist ein Erstattungsanspruch für die Dienste eines Hausgenossen als selbstbeschaffte Ersatzkraft demgegenüber nicht zu rechtfertigen. Daß dieser Fall im Gesetz im Grunde nicht vorgesehen ist, ergibt sich zum einen aus der fehlenden Erwähnung des Ehegatten bei dem für den Erstattungsanspruch ausgeschlossenen Personenkreis der Verwandten und Verschwägerten. Daneben ist darauf hinzuweisen, daß § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V bei einer Anwendung auf Haushaltsmitglieder entgegen seiner Intention nicht anspruchsbegrenzend, sondern anspruchsbegründend wirkt.

Bei den bisher von der Rechtsprechung zu beurteilenden Zeiträumen von acht Tagen bzw von vier Wochen (BSG SozR 3-2200 § 569a Nr 1; BSGE 77, 102 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1; BSGE 51, 78 = SozR 2200 § 569a Nr 1) bedeutet ein Erstattungsanspruch für den Einsatz eines Hausgenossen keinen unerträglichen Widerspruch zum Grundgedanken des § 38 SGB V. In Anbetracht der vom Gesetz geforderten Gesamtabwägung dürfen dabei die Umstellungsschwierigkeiten berücksichtigt werden, die eine fremde Ersatzkraft für den Gesamthaushalt mit sich bringt, insbesondere wenn kleine Kinder zu betreuen sind. Selbst wenn das Ende der Behandlung nicht festliegt, ist ein derart überschaubarer Zeitraum in Bezug auf die Haushaltsführung als Übergangsphase zu charakterisieren, in der aus der tatsächlichen Aufgabenverteilung noch keine endgültigen Schlüsse hinsichtlich der Zumutbarkeit gezogen werden dürfen. Das ist bei einem kurzen unbezahlten Urlaub ebensowenig der Fall wie beispielsweise bei einem jeweils kurzfristigen Einsatz verschiedener Verwandter und der Haushaltsübernahme durch den Hausgenossen zur Überbrückung der dabei entstehenden Lücken. Auch aus einer vorübergehenden Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit, um - eventuell zusammen mit anderweitiger Aushilfe - die Abwesenheit des Versicherten während der Krankenbehandlung aufzufangen, kann die fehlende Notwendigkeit einer von der Krankenkasse zu gewährenden Haushaltshilfe nicht unbedingt abgeleitet werden. In allen diesen Fällen muß die Abwägung der näheren Umstände ergeben, ob mehr für einen vorläufigen Notbehelf in einer als absehbar einzuschätzenden kritischen Situation spricht oder ob es sich eher um eine grundsätzliche Hinwendung zur Haushaltstätigkeit unter völliger oder teilweiser Abkehr von einer damit unvereinbaren Berufsausübung handelt.

Auf längere Dauer kann der prinzipielle Widerspruch zwischen einem tatsächlichen Einsatz im Haushalt und der Berufung auf dessen rechtliche Unzumutbarkeit jedoch nicht ignoriert werden: Eine Tätigkeit im Haushalt ist um so weniger als unzumutbar anzusehen, je länger der Betroffene sie tatsächlich ausübt. Erzwingt die durch länger dauernde Krankheit geprägte neue familiäre Situation eine dauernde Neuverteilung der Aufgaben im Haushalt, muß der Anspruch auf Haushaltshilfe - wie auch sonst - an die Verhältnisse anknüpfen, wie sie sich tatsächlich entwickeln; es kann nicht seine Funktion sein, der betroffenen Familie über den Ersatz für den Verdienstausfall des Hauptverdieners ein Einkommen ohne Erwerbstätigkeit zu garantieren. Wird in der tatsächlichen Haushaltsübernahme der Entschluß eines Haushaltsmitglieds erkennbar, seine Berufstätigkeit für eine längere Phase aufzugeben, so wird damit der Anspruch auf Haushaltshilfe hinfällig, auch wenn der fragliche Entschluß durch die äußeren Umstände erzwungen ist. Dabei wird nicht verkannt, daß die Wahl zwischen Berufstätigkeit oder Ausbildung einerseits und Haushalt andererseits eine weitreichende Entscheidung bedeutet, bei der eine Vielzahl von Erwägungen eine Rolle spielt; für einen Rückzug aus dem Berufsleben und gegen eine Haushaltsführung durch bezahlte Hilfskräfte kann insbesondere das Interesse der Kinder an einer möglichst konstanten Betreuung durch eine bereits bekannte Bezugsperson sprechen. Bei einem Ausfall der für die Haushaltsführung in Betracht kommenden Personen aus anderen Gründen als einem Krankenhausaufenthalt oder einer Kur (Krankheit zu Hause, Tod, Behinderung, Trennung) können jedoch ähnlich schwierige Entscheidungen zu treffen sein, ohne daß sie durch die Rücksicht auf Leistungsansprüche beeinflußbar sind. In der hier erörterten Fallvariante ist deshalb die denkbare Unterstützung der für die Haushaltsgemeinschaft günstigsten Gestaltung durch den Anspruch auf Haushaltshilfe kein Argument, um eine Auslegung von § 38 SGB V zu rechtfertigen, mit der dem Hausgenossen die Ersetzung einer bisherigen Erwerbstätigkeit durch eine voll bezahlte Beschäftigung im eigenen Haushalt ermöglicht würde.

Da das rechtliche Gewicht der faktischen Übernahme der Haushaltsführung stetig zunimmt, je länger der Betroffene seine sonstigen Verpflichtungen zugunsten des Haushalts vernachlässigt, muß festgelegt werden, bis zu welcher Höchstdauer die faktische Übernahme dem Anspruch nicht schadet. An familienrechtliche Festlegungen kann dabei nicht angeknüpft werden. Abgesehen von den Schwierigkeiten ihrer Feststellung, könnten mit der Berücksichtigung von familienrechtlichen Absprachen über die Haushaltsführung nur die Verhältnisse von Ehegatten erfaßt werden, so daß der Anwendungsbereich von § 38 Abs 3 SGB V, der sämtliche Haushaltsmitglieder umfaßt, nicht abgedeckt wäre. Insofern ist bezeichnend, daß im Urteil des 2. Senats des BSG vom 1. Juli 1997, das die Haushaltsführung durch die Lebensgefährtin des Unfallverletzten betrifft, die "Rollenverteilung" innerhalb der Lebensgemeinschaft für die Zeit vor der Behandlung nicht unter rechtlichen, sondern unter rein faktischen Gesichtspunkten abgehandelt wird (BSG SozR 3-2200 § 569a Nr 1 S 4). Für Ehepaare kann insoweit nichts anderes gelten als für andere Hausgemeinschaften, zumal dem § 38 SGB V keine ausdrückliche oder aus Sinn und Zweck sich ergebende Bezugnahme auf das Familienrecht zu entnehmen ist.

Anhaltspunkte für die Grenzziehung ergeben sich aber aus den Vorschriften über das Ende des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein pflichtversicherter Arbeitnehmer kann seine entgeltliche Tätigkeit durch unbezahlten Urlaub insgesamt zwei Monate unterbrechen, ohne daß er seinen Versicherungsschutz verliert. Seine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung blieb nach § 192 Abs 1 Nr 1 SGB V in der bis 1. Januar 1999 geltenden Fassung einen Monat lang bestehen; seit diesem Stichtag wird dasselbe Ergebnis dadurch erreicht, daß § 7 Abs 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für denselben Zeitraum ein Beschäftigungsverhältnis fingiert. Danach hat der Arbeitnehmer nach § 19 Abs 2 SGB V noch einen weiteren Monat lang einen Anspruch auf die Leistungen der Krankenkasse. Dieselben Fristen gelten für seine Angehörigen, denen er nach § 10 SGB V die Familienversicherung vermittelt. In einem Haushalt, in dem ein Arbeitnehmer allein für die finanziellen Mittel aufzukommen hat, muß also regelmäßig innerhalb von zwei Monaten nach dem Ausfall des nicht selbst erwerbstätigen Haushaltsführers entschieden werden, wie der Krankenversicherungsschutz und der Finanzbedarf der Familie in Zukunft sicherzustellen ist; damit ist in der Regel auch die Entscheidung verbunden, wie die Aufgaben im Haushalt in Zukunft verteilt sein sollen. Wenn eine tatsächliche Nichtbeschäftigung bei Versicherungspflicht zum Erlöschen sämtlicher Versicherungsansprüche führt, kann der betroffene Arbeitnehmer im Rahmen von § 38 Abs 3 SGB V nicht weiter als "beschäftigt" und seine Haushaltstätigkeit deshalb als unzumutbar gelten. Deshalb ist Verdienstausfall nach § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V für eine "selbstbeschaffte Haushaltshilfe" nur für zwei Monate zu gewähren, wenn ein Hausgenosse die Weiterführung des Haushalts tatsächlich übernimmt.

Der Zeitraum von zwei Monaten greift auch dann als Obergrenze ein, wenn im betroffenen Haushalt ein längerer unbezahlter Urlaub derjenigen Person möglich wäre, die von der Erwerbstätigkeit zur Haushaltstätigkeit wechselt - sei es, weil der Ehepartner oder ein anderes Haushaltsmitglied durch eine eigenständige Versicherung ihrerseits eine Familienversicherung vermittelt, sei es weil eine freiwillige Versicherung auch bei längeren Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit nicht endet. Denn das regelmäßige Erlöschen des Versicherungsschutzes nach zwei Monaten beim Arbeitnehmer liefert lediglich einen Anhaltspunkt dafür, wie lange der Widerspruch zwischen Unzumutbarkeit der Haushaltsführung und Inanspruchnahme von Verdienstausfall wegen tatsächlicher Haushaltstätigkeit krankenversicherungsrechtlich hingenommen werden kann. Es ist kein Grund ersichtlich, freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf die Haushaltshilfe besser zu stellen als Pflichtmitglieder. Das gilt auch für selbständig Erwerbstätige, zumal deren tatsächliche Verfügbarkeit für die Haushaltsführung besonders schwer einzuschätzen ist.

Im konkreten Fall hatte der Ehemann der Klägerin den Haushalt seit Anfang März 1997 tatsächlich geführt. Damit kann die Haushaltsführung ab 8. April 1998 nicht mehr als unzumutbar angesehen werden, so daß der Anspruch nach § 38 Abs 3 SGB V ausgeschlossen ist. Da bereits das LSG in diesem Sinne entschieden hat, ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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