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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 07.12.2004
Aktenzeichen: B 1 KR 38/02 R
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 305 Abs 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 7. Dezember 2004

Az: B 1 KR 38/02 R

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2004 durch den Präsidenten von Wulffen, die Richter Dr. Kretschmer und Dr. Koloczek sowie die ehrenamtlichen Richter Gerner und Ries

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. November 2002 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Auskunft zu den anlässlich der vertragsärztlichen Behandlung eines Versicherten abgerechneten Leistungen.

Der Kläger, der Mitglied einer Ersatzkasse ist, wurde am 28. September 2000 von dem Beklagten - einem Facharzt für radiologische Diagnostik - vertragsärztlich behandelt. Im Anschluss daran forderte der Kläger den Beklagten wiederholt vergeblich auf, ihm über die insoweit abgerechneten Leistungen sowie über die von der Ersatzkasse dafür gezahlten Entgelte Auskunft zu erteilen.

Die sodann erhobene, auf die Erteilung einer Auskunft über die zu Lasten der Ersatzkasse abgerechneten Leistungen beschränkte Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen (Urteil des Sozialgerichts vom 13. November 2001; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> vom 12. November 2002). Das LSG hat in seinem die Berufung des Beklagten zurückweisenden Urteil ausgeführt, der Kläger habe gemäß § 305 Abs 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einen entsprechenden Anspruch. Der Anspruch bestehe nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Bestimmung unabhängig von der in Abs 2 Satz 3 vorgesehenen Regelung des "Näheren" in den Bundesmantelverträgen. Anders als bei verschiedenen leistungsrechtlichen Regelungen des SGB V lege § 305 Abs 2 SGB V nicht fest, dass ein Anspruch von vornherein nur nach Maßgabe bestimmter, in Richtlinien näher definierter Ausnahmefälle bestehe. Der Gesetzgeber habe vielmehr eine vom Verlangen des Versicherten unabhängige, inhaltlich auf die erbrachten Leistungen des behandelnden Arztes beschränkte Unterrichtungspflicht geschaffen. Im Unterschied zu den konkretisierungsbedürftigen Leistungsansprüchen der Versicherten auf Krankenbehandlung sei es beim Auskunftsanspruch nicht schwierig, den Leistungsinhalt (hier: abgerechnete Leistungen und Entgelte) zu konkretisieren. Zwar stehe die Höhe der Entgelts erst nach der Punktwertfestsetzung im Rahmen der vertragsärztlichen Honorarverteilung fest und nicht bereits innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Wochen nach Quartalsende. Gleichwohl könne der Arzt bei seiner Auskunft vom letzten maßgeblich gewesenen Punktwert ausgehen und dem Versicherten so eine vorläufige Entgelthöhe mitteilen. Im Fall des Klägers sei all dies ohnehin irrelevant, da er seine Klage in zulässiger Weise auf die Mitteilung der abgerechneten Leistungen beschränkt habe. Dieses Begehren sei als Minus im umfassenden gesetzlichen Auskunftsanspruch mit enthalten. Der Normzweck, eine größere Transparenz der Leistungserbringung zu schaffen, könne auch so zumindest teilweise erreicht werden. Das Problem der Kostenbelastung der Vertragsärzte durch die Auskunftspflicht schließlich sei bereits im Gesetzgebungsverfahren bekannt gewesen, habe aber der Schaffung des § 305 Abs 2 SGB V nicht entgegengestanden.

Mit seiner Revision regt der Beklagte eine von ihm für notwendig erachtete Beiladung der Vertragspartner der Bundesmantelverträge an und rügt die Verletzung des § 305 Abs 2 SGB V. Das wünschenswerte Ziel der Schaffung zusätzlicher Transparenz in der gesetzlichen Krankenversicherung werde bereits über den gegen die Krankenkasse gerichteten Auskunftsanspruch nach § 305 Abs 1 SGB V erreicht. In dessen lückenhaften Abs 2 dürfe dagegen kein Auskunftsanspruch des Versicherten gegen einen Vertragsarzt hineininterpretiert werden. Abs 2 normiere nach seinem Wortlaut im Gegensatz zu Abs 1 SGB V keine antragsgebundene Auskunftspflicht, sondern erlege den Vertragsärzten eine Regelunterrichtungspflicht der Versicherten auf. Mangels erfolgter und auch erforderlicher gesamtvertraglicher Umsetzung bestehe kein subjektiver Unterrichtungsanspruch eines Versicherten. Die Ausfüllungs- und Umsetzungsbedürftigkeit zeige sich besonders in der Mitteilung der abgerechneten Entgelte als zweitem Element des Anspruchs. Ohne Klärung der Frage, nach welchem konkreten Punktwert sich die Entgelthöhe bestimme, sei dieser Teil der Auskunft nicht realisierbar. Dieses Hindernis lasse sich durch eine Beschränkung des Auskunftsanspruchs auf die erbrachten Leistungen nicht umgehen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. November 2002 sowie das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13. November 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt die Urteile der Vorinstanzen. § 305 Abs 2 SGB V enthalte alle notwendigen Elemente eines Auskunftsanspruchs. Der Anspruch könne von den Vertragsärzten mit einem geringen Aufwand realisiert werden, da lediglich die Abrechnungsunterlagen kopiert und versandt werden müssten. Die Untätigkeit der Vertragspartner der Bundesmantelverträge bei der Regelung des "Näheren" sei nicht geeignet, den gesetzlichen Auskunftsanspruch zu blockieren.

II

Die zulässige Revision des beklagten Vertragsarztes ist unbegründet.

Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass er jedenfalls auf das hier allein streitige Verlangen des klagenden Versicherten hin verpflichtet ist, diesen entsprechend dem geltend gemachten prozessualen Begehren schriftlich über die anlässlich der Behandlung am 28. September 2000 wirtschaftlich zu Lasten der betroffenen Ersatzkasse abgerechneten vertragsärztlich erbrachten Leistungen zu unterrichten.

1. Der Senat hat mit Rücksicht auf § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz nicht zu prüfen, ob der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist.

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten mussten die Vertragspartner der Bundesmantelverträge nach § 82 SGB V nicht nach § 75 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Rechtsstreit notwendig beigeladen werden. Wie der 6. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) entschieden hat, sind diese Partner im Rahmen einer einzelnen gerichtlichen Auseinandersetzung über vertragsärztliche Honoraransprüche nicht notwendig beizuladen, wenn im Rechtsstreit nur inzident auch über die Wirksamkeit bundesmantelvertraglicher Regelungen zu befinden ist; denn eine notwendige Beiladung setzt voraus, dass die Entscheidung in die Rechtssphäre der Betroffenen unmittelbar eingreift und dessen Interessen nicht nur mittelbar berührt werden (vgl BSGE 70, 240, 241 f = SozR 3-5533 Allg Nr 1; BSGE 78, 98, 99 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 12). Ähnliches muss gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Rechtsstreit zwischen Versichertem und Vertragsarzt geführt wird und in diesem Zusammenhang die Reglungsbefugnisse der Vertragspartner der Bundesmantelverträge entscheidungserheblich mit betroffen sein können.

3. In der Sache steht dem Kläger ein subjektives Recht auf die begehrte Auskunft zu. § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier noch einschlägig gewesenen, vom 1. Juli 1997 bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520 - 2. GKV-NOG) räumt den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung einen entsprechenden Anspruch ein (ebenso: Stelzer/Hoffmann/Weber, ZfS 2002, 257 ff, 289 ff, 307; Brandts, GesR 2004, 497, 501; von einer Informationspflicht ausgehend auch: Berstermann in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung,19. Aufl, Bd 4, § 305 SGB V RdNr 27 f, Stand September 1998; Kranig in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 305 RdNr 6, Stand September 1999).

Nach der genannten Regelung "unterrichten" ua die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte "die Versicherten schriftlich über die zu Lasten der Krankenkassen abgerechneten Leistungen und die von den Krankenkassen zu zahlenden Entgelte innerhalb von vier Wochen nach Ablauf des Quartals, in dem die Leistungen in Anspruch genommen worden sind". Nach § 305 Abs 2 Satz 3 SGB V regeln die Vertragspartner nach § 82 SGB V das Nähere in den Bundesmantelverträgen. Die Bestimmung steht im Kontext zu § 305 Abs 1 Satz 1 SGB V, wonach die Krankenkassen die Versicherten auf deren Antrag über die im jeweils letzten Geschäftsjahr in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten unterrichten. Die Unterrichtungspflicht des Beklagten nach § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V korrespondiert mit einem Anspruch des Klägers auf Auskunft. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut (dazu im Folgenden unter a), der Entstehungsgeschichte (dazu unter b), sowie dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht (dazu unter c). Eine vermeintlich fehlende Erfüllbarkeit des Anspruchs zur streitigen Zeit steht der Auskunftspflicht des betroffenen Vertragsarztes ebenso wenig entgegen (dazu unter d) wie sein Grundrechtsschutz (dazu unter e).

a) Der Wortlaut des § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V enthält mit seiner Formulierung "unterrichten" einen klaren Gesetzesbefehl. Die Regelung ist insbesondere nicht als einschränkende "Kann-" oder "Soll-Vorschrift" ausgestaltet. Das Gesetz nennt dabei sowohl einen Verpflichteten, der Adressat des Tätigwerdens ist ("die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte"), als auch den Begünstigten des angeordneten Handelns ("die Versicherten"). Darüber hinaus legt es selbst den Inhalt der Handlungspflicht genauer fest. Hinweise darauf, dass der Gesetzeswortlaut lediglich einen Vorgang deskriptiv erfasst, einen bloßen Programmsatz aufstellt oder eine rechtlich nur eingeschränkte Wirkung (zB iS einer Naturalobligation) herbeiführen will, gibt es nicht. Etwas anderes als eine rechtliche Verpflichtung des Belasteten auf der einen und ein Anspruch des Begünstigten auf der anderen Seite kann dem Wortlaut nicht entnommen werden. Allein die gemeinsam von Krankenkassen und Leistungserbringern sowie teilweise in der Literatur geäußerten Zweifel an der Sinnfälligkeit der vom parlamentarischen Gesetzgeber geschaffenen Regelung (vgl zB Berstermann, ebenda sowie RdNr 4) führen nicht etwa dazu, ihrem Inhalt im Verhältnis zwischen den darin angesprochenen Rechtssubjekten Geltung abzusprechen.

b) Die Gesetzgebungsgeschichte zu § 305 Abs 2 SGB V unterstreicht die Richtigkeit dieser Auslegung.

Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. für ein 2. GKV-NOG enthielt bei § 305 Abs 2 SGB V ursprünglich noch den Passus, dass der Leistungserbringer den Versicherten "auf Verlangen" informiere. In der Gesetzesbegründung heißt es, durch die Regelung werde ein Anspruch des Versicherten begründet, vom Leistungserbringer zeitnah über die jeweils in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten unterrichtet zu werden, zB über die bei der jeweiligen Inanspruchnahme eines Vertragsarztes abgerechneten Leistungen sowie die verordneten und veranlassten Leistungen (BT-Drucks 13/6087 S 30 zu Nr 36 Buchst b). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren erhielt die Regelung in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit ihre endgültige Fassung, die dann später bis zum 31. Dezember 2003 galt. Dabei entfielen zwar die Worte "auf Verlangen" (Beschlussempfehlung und Bericht des 14. Ausschusses, BT-Drucks 13/7264 S 37), jedoch wiesen die Mehrheitsfraktionen des Deutschen Bundestages auch in den Ausschussberatungen darauf hin, dass "den Leistungserbringern mit der Neuregelung die Pflicht auferlegt werde, die Patienten über die für sie erbrachten Leistungen und deren Preise zu informieren. Dies sei ein wesentlicher Schritt zu mehr Transparenz, denn in keinem anderen Bereich würden dem Nachfrager keine Informationen über die für ihn erbrachten Leistungen gegeben". Dem schon in diesem Stadium von den Leistungserbringern vorgebrachten Argument einer dadurch verursachten Kostenlawine sei entgegen zu halten, dass die Abrechnungsdaten ohnehin zu erstellen seien und es nur um eine softwaretechnisch relativ leicht zu realisierende Umwandlung in eine für den Patienten leicht lesbare Form gehe (so BT-Drucks 13/7264 S 56). All dies lässt sich bei verständiger Würdigung nur dahin deuten, dass eine Informationspflicht der Vertragsärzte nun sogar ohne konkretes Verlangen des Versicherten geschaffen werden sollte. Dieser Pflicht stand - in der Sache im wesentlichen unverändert - als Gegenstück auch ein entsprechender Informationsanspruch iS einer Stärkung der Rechte des versicherten Patienten gegenüber.

Die Richtigkeit dieser Sichtweise wird darüber hinaus durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I 2190) bestätigt, mit dem § 305 Abs 2 SGB V zum 1. Januar 2004 geändert worden ist. So führt die Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ua aus, dass die Ärzte "schon bisher nach § 305 gesetzlich verpflichtet seien, die Versicherten über die in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten zu unterrichten" (so BT-Drucks 15/1525 S 151 zu Nr 177 Buchstabe a). Vor dem Hintergrund der bei der Umsetzung der bisherigen Verpflichtung nach Abs 2 aufgetretenen Probleme und dem hohen Umsetzungsaufwand werde mit der Neuregelung nun eine Patientenquittung eingeführt, mit der die Kenntnis der Patienten über die vom Vertragsarzt abgerechneten Leistungen und deren Kosten "praktikabler und mit vertretbarem Aufwand erreicht" werden könne. § 305 Abs 2 SGB V ist dann dahin geändert worden, dass Vertragsärzte nun verpflichtet sind, die Versicherten auf Verlangen schriftlich im Anschluss an die Behandlung oder mindestens quartalsweise spätestens vier Wochen nach Ablauf des betroffenen Quartals über die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Leistungen und deren vorläufige Kosten zu unterrichten. Auch der Gesetzgeber selbst ging daher nicht etwa davon aus, dass § 305 Abs 2 SGB V in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung keinerlei Rechtswirkungen zu Gunsten der Versicherten habe entfalten sollen oder können. Die Neuregelung reagierte vielmehr nur auf die in der Vergangenheit aufgetretenen Vollzugsdefizite, für die von Betroffenen die Unpraktikabilität der vorangegangenen Regelung verantwortlich gemacht worden war.

c) Rechtssystematische Gesichtspunkte sprechen ebenfalls für die Anerkennung eines unmittelbaren gesetzlichen Auskunftsanspruchs des Versicherten schon in der Zeit bis zum 31. Dezember 2003, dies unabhängig von der Existenz einer bundesmantelvertraglichen Ausgestaltung des "Näheren" (aA wohl: Hess in Kasseler Kommentar, § 305 SGB V RdNr 4, Stand August 2001; Waschull in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 305 SGB V RdNr 16, Stand April 2002; Roß in Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 2. Aufl 2003, § 305 RdNr 7). Zwar erteilte § 305 Abs 2 Satz 3 SGB V den Vertragspartnern nach § 82 SGB V den Auftrag, das Nähere der Information in den Bundesmantelverträgen zu regeln; diese Verträge waren trotz der bereits seit 1. Juli 1997 bestehenden Rechtslage bis zum 31. Dezember 2003 nicht zustande gekommen (vgl im gleichfalls betroffenen Krankenhausbereich insoweit erstmals den "Vertrag nach § 305 Abs 2 SGB V - Unterrichtung der Versicherten" vom 16. September 2004, geschlossen zwischen den Krankenkassen-Spitzenverbänden und der Deutschen Krankenhausgesellschaft). Daraus kann jedoch nicht entnommen werden, dass § 305 Abs 2 SGB V ohne bundesmantelvertragliche Regelung obsolet gewesen sei. Denn der Gesetzgeber des 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997 hat bei § 305 Abs 2 SGB V gerade nicht die verschiedentlich im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung praktizierte Regelungstechnik gewählt, im Gesetz einen Anspruch des Versicherten nur dem groben Rahmen nach festzulegen und den konkreten Anspruchsinhalt erst der untergesetzlichen Normgebung oder sonstigen Festlegung, zB durch Richtlinien nach §§ 92, 135 SGB V, zu überantworten (vgl zB § 25 Abs 4 Satz 2, § 28 Abs 2 Satz 9, § 29 Abs 4, § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V). § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V wurde nicht in das Dritte Kapitel des SGB V "Leistungen der Krankenversicherung" eingeordnet, sondern in das Zehnte Kapitel "Versicherungs- und Leistungsdaten, Datenschutz". Abgesehen davon, dass § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V einen Anspruch im Verhältnis Versicherter-Vertragsarzt regelt und das eigentliche krankenversicherungsrechtliche Sozialleistungsverhältnis ohnehin nicht betrifft, kann die Information des Versicherten über die vertragsärztlich abgerechneten Leistungen technisch und rechtlich auch schon ohne nähere Verfahrensregelungen nach § 305 Abs 2 Satz 3 SGB V erfolgen. Wie der Beklagte in der Revisionsschrift selbst vorträgt, wäre er durchaus in der Lage, die vom Kläger begehrte Auskunft ohne größeren Aufwand zu erteilen. Der Beklagte hat den Kläger behandelt, vertragsärztliche Leistungen erbracht, diese Leistungen in der Patientenkartei vermerkt und zum Quartalsende gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet. Wirtschaftlich erfolgte diese Abrechnung des Beklagten - wie vom Gesetz gefordert - "zu Lasten der Krankenkassen", auch wenn sie bei Betrachtung der jeweiligen Rechtsbeziehungen auf anderem Wege über die Zahlung einer Gesamtvergütung, den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen und die vertragsärztliche Honorarverteilung realisiert wird (vgl §§ 85, 87 SGB V).

d) Der Beklagte beruft sich auch zu Unrecht darauf, dass dem Begehren des Klägers bereits über den gegen seine Krankenkasse gerichteten Auskunftsanspruch nach § 305 Abs 1 SGB V Genüge getan werde. Dass sich ein Versicherter vor Geltendmachung des Anspruchs aus § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V nicht auf seine Auskunftsansprüche gegen die Krankenkasse nach Abs 1 verweisen lassen muss, ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung, wonach das Recht nach Abs 2 "hiervon unberührt" bleibt (so BT-Drucks 13/6087 S 30).

Gleiches gilt für den Vortrag des Beklagten, § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V sei ohne Klärung der Frage, nach welchem konkreten Punktwert sich die Entgelthöhe bestimme, insgesamt nicht handhabbar und vollziehbar. Auch wenn die Verpflichtung der Ärzte zur schriftlichen Unterrichtung der Versicherten über die "von den Krankenkassen zu zahlenden Entgelte" innerhalb "von vier Wochen nach Ablauf des Quartals" nicht erfüllt werden kann, weil zu diesem Zeitpunkt der konkrete, sich erst nach Abschluss der längere Zeit in Anspruch nehmenden Honorarverteilung ergebende Punktwert noch nicht feststeht, gab es gleichwohl Möglichkeiten, einem geltend gemachten Gesamtanspruch unter Hinweis auf die "vorläufigen Kosten" der erbrachten Leistungen zu entsprechen; dies hat schon das LSG zutreffend aufgezeigt und kommt auch in der zum 1. Januar 2004 geschaffenen Neuregelung des § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V zum Ausdruck. Jedenfalls konnte der Versicherte aber - wie dies der Kläger hier getan hat - in der Weise über seinen Auskunftsanspruch in rechtlich zulässiger Weise disponieren, dass er ihn auf die "zu Lasten der Krankenkasse abgerechneten Leistungen" als dem jedenfalls problemlos vom Vertragsarzt erfüllbaren Teil beschränkte. Dieser Anspruch ist als Minus in dem umfassenden Auskunftsanspruch des Abs 2 Satz 1 mit enthalten. Auch wird schon damit dem Ziel des § 305 SGB V Rechnung getragen, das Kostenbewusstsein der Versicherten zu stärken und die Transparenz der Leistungserbringung zu erhöhen (vgl insoweit BT-Drucks 11/2237, S 238 zu § 305 Abs 1 des Entwurfs). Denn mit der Auskunft kann sich der Versicherte zeitnah einen Überblick über die Einzelheiten des an ihm vollzogenen Leistungserbringungsprozesses und seine wirtschaftlichen Folgen verschaffen; zudem wird er in die Lage versetzt, in Verbindung mit seinem Auskunftsanspruch gegenüber der Krankenkasse nachträglich das von ihm verursachte Kostenvolumen einzuschätzen.

e) Die dem Beklagten als Vertragsarzt auferlegte gesetzliche Pflicht zur Auskunftserteilung beeinträchtigt ihn schließlich auch nicht in seinem Grundrecht aus Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG).

Nicht statusrelevante Beschränkungen der vertragsärztlichen Berufsausübungsfreiheit, um die es hier bei der Pflicht zur Unterrichtung der Versicherten geht, sind verfassungskonform, wenn sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt sind, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und die durch sie bewirkte Grundrechtsbeschränkung dem Betroffenen zumutbar ist (vgl BVerfGE 46, 246, 256; 78, 155, 162; 103, 1, 10). In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber einen erheblichen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum, der besonders weit reicht, wenn wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Ziele verfolgt werden (vgl BVerfGE 77, 308, 332; 81, 156, 189; 102, 197, 218). Die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ist dabei eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die es rechtfertigen kann, auch Leistungserbringer innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung in die Pflicht zu nehmen (so BVerfGE 68, 193, 218, 221). Dementsprechend hat es das Bundesverfassungsgericht zB unbeanstandet gelassen, dass den Vertragsärzten auferlegt wurde, Krankheitsdiagnosen auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und in Abrechnungsunterlagen aufzuführen und die Diagnosen mit Kennziffern zu verschlüsseln (BVerfG - Kammer - SozR 3-2500 § 295 Nr 2 = NJW 2001, 883; zum Ganzen: Clemens in: Umbach/Clemens, GG-Mitarbeiterkommentar und Handbuch, Bd 1, 2002, Anhang zu Art 12 RdNr 158). Ebenso wenig unterliegt die vorliegend streitige Informationspflicht durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Mit § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V sollte - wie dargestellt - eine Stärkung des Kostenbewusstseins und eine Erhöhung der Transparenz der Leistungserbringung erreicht werden. Die dazu dem Beklagten auferlegte Pflicht zur Auskunftserteilung an den krankenversicherten Kläger stellt sich als geeignete und erforderliche Maßnahme dar. Insbesondere kann der damit verfolgte Zweck nicht in gleicher Weise durch ein milderes Mittel wie die Einholung einer Krankenkassenauskunft nach § 305 Abs 1 Satz 1 SGB V erreicht werden, weil letztere erst nach Ablauf des Kalenderjahres greift, während Abs 2 Satz 1 zeitnähere Informationen ermöglicht. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn wird auch durch den von Leistungserbringerseite geltend gemachten Kostenaufwand nicht in Frage gestellt. Obwohl im Gesetzgebungsverfahren zum 2. GKV-NOG jährliche Kosten von 1 Mrd DM genannt wurden (vgl BT-Drucks 13/7264 S 56), ist der Gesetzgeber dieser Einschätzung nicht gefolgt und hat darin in Abwägung aller Umstände keinen Grund gesehen, von der Einführung der Auskunftspflicht abzusehen (zu Kostengesichtspunkten vgl auch Ergebnisbericht des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland vom 12. Mai 2003, "Modellversuch: Ausgabe einer vertragsärztlichen Leistungs- und Kosteninformation in der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen", im Internet recherchiert am 1. September 2004 unter www.kv-rheinhessen.de/pub/Ergebnisbericht-pdf.pdf). Schon angesichts des Umstandes, dass § 305 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung inzwischen abgelaufenes Recht darstellt, es im vorliegenden Fall nur um das Auskunftsverlangen eines einzelnen Versicherten geht und sich die Befürchtungen einer großflächigen und kostenaufwändigen Inanspruchnahme des Auskunftsrechts durch Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung jedenfalls bis zum 31. Dezember 2003 nicht bestätigt haben, ist aus Kostengesichtspunkten unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit nichts zu Gunsten des Beklagten herzuleiten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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