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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 29.01.2002
Aktenzeichen: B 10/14 EG 11/99 R
Rechtsgebiete: BErzGG


Vorschriften:

BErzGG § 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 29. Januar 2002

Az: B 10/14 EG 11/99 R

Der 10. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Kummer, die Richter Dau und Masuch sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Stemmer und Braun

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. April 1999 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Anspruches auf Bundeserziehungsgeld (BErzG) nach dem Wechsel des Berechtigten für den 8. bis 12. Lebensmonat des am 23. April 1997 geborenen Kindes B. streitig.

Auf den am 6. Mai 1997 gestellten Antrag der Ehefrau des Klägers entschied der Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 1997 über den geltend gemachten Anspruch für den 1. bis einschließlich den 7. Lebensmonat des Kindes und gewährte - teils unter Anrechnung anderer Einkünfte - BErzG. Für den 7. Lebensmonat (ab dem 23. Oktober 1997) erhielt die Ehefrau des Klägers 600 DM. Dabei legte der Beklagte das voraussichtliche Einkommen des Klägers im Kalenderjahr der Geburt des Kindes in Höhe von 43.218 DM zu Grunde, zog aber eine Werbungskostenpauschale in Höhe von 2.000 DM sowie einen Pauschalbetrag in Höhe von 22 vH (9.067,96 DM) ab, sodass die Einkommensgrenze von 33.600 DM nicht überschritten wurde. Bei der Ehefrau wurde kein Einkommen angerechnet. Sie ging von der Geburt des Kindes an bis zum 31. Oktober 1997 keiner Erwerbstätigkeit nach.

Ab 1. November 1997 reduzierte der Kläger seine Arbeitszeit auf 19 Wochenstunden. Seine Frau nahm von diesem Zeitpunkt an eine Teilzeittätigkeit von 19,5 Stunden wöchentlich auf. Beide Eheleute teilten sich den Arbeitsplatz eines Sachbearbeiters in Besoldungsgruppe A 10. Am 12. Dezember 1997 machte der Kläger für den 8. bis 12. Lebensmonat des Kindes den Wechsel der Anspruchsberechtigung auf sich geltend. Mit Bescheid vom 15. Januar 1998 bewilligte der Beklagte für den maßgeblichen Zeitraum vom 23. November 1997 bis 22. April 1998 je Lebensmonat des Kindes 291 DM. Das anzurechnende Einkommen wurde mit monatlich 309 DM festgesetzt. Hinsichtlich des Einkommens der Ehefrau wurde deren Bruttoarbeitslohn für das Jahr 1997, dem Kalenderjahr der Geburt, in Höhe von 18.567 DM angesetzt, von denen Werbungskosten in Höhe von 2.000 DM und pauschale Absetzungen in Höhe von 22 vH (3.644,74 DM) abgezogen wurden. Der voraussichtliche Bruttoarbeitslohn des Klägers wurde in Höhe von 40.388 DM abzüglich Werbungskosten in Höhe von 2.000 DM und Absetzungen in Höhe von 22 vH (8.445,36 DM) zugrundegelegt. Dabei wurden nicht die Einkünfte im Kalenderjahr der Geburt, sondern die im Vergleich dazu geringeren Einkünfte im ersten Lebensjahr des Kindes herangezogen. Das Weihnachtsgeld wurde nicht angerechnet. Insgesamt wurde ein Einkommen in Höhe von 42.864,90 DM berücksichtigt, welches die maßgebliche Einkommensgrenze von 33.600 DM um 9.264,90 DM überschritt. Der daraus anzurechende Anteil von 40 vH ergab eine jährliche Anrechnung in Höhe von 3.705,96 DM, monatlich 309 DM.

Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18. März 1998, Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13. Juli 1998 und Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts <LSG> vom 29. April 1999). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ua ausgeführt: Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs 3 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) sei zwar eine bestehende Einverdiener-Ehe. Das maßgebliche Haushaltseinkommen habe der Beklagte jedoch rechnerisch richtig berücksichtigt. Es gebe auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familie zutreffend wieder.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 BErzGG und macht hilfsweise die Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift geltend. Beim Berechtigtenwechsel müsse berücksichtigt werden, dass der zunächst berechtigte Ehegatte seine Erwerbstätigkeit für die Kindererziehung reduziert habe. Bei diesem dürfe der Beklagte das Einkommen im Kalenderjahr der Geburt nur insoweit berücksichtigen, als es im Bezugszeitraum erzielt worden sei. Nach der Herabsetzung seiner Arbeitszeit seien die bisherigen Einkünfte aus seiner Vollzeittätigkeit im Bezugszeitraum nur bis zur Höhe einer entsprechenden Teilzeitbeschäftigung zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. April 1999 und das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13. Juli 1998 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15. Januar 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1998 zu verurteilen, dem Kläger Erziehungsgeld für den 8. bis einschließlich 12. Lebensmonat des am 23. April 1997 geborenen Kindes B. in voller Höhe zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Er hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf höheres BErzG.

Da der Sohn des Klägers am 23. April 1997 geboren wurde, ist das BErzGG in der ab 1. Januar 1994 geltenden Fassung ("aF") der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl I, 180) anzuwenden (vgl § 24 Abs 1 BErzGG idF des Gesetzes vom 12. Oktober 2000, BGBl I 1426). Der Beklagte hat das dem Kläger nach dem Berechtigtenwechsel (vgl § 3 Abs 2, 4 BErzGG aF) dem Grunde nach zustehende BErzG unter Berücksichtigung der §§ 5, 6 BErzGG aF jedenfalls nicht zu niedrig berechnet.

Gemäß § 5 Abs 2 Satz 2 BErzGG aF wird das BErzG von Beginn des 7. Lebensmonats an gemindert, wenn das Einkommen iS von § 6 BErzGG aF bei Verheirateten 29.400 DM übersteigt. Die Einkommensgrenze erhöht sich um 4.200 DM für jedes weitere Kind des Berechtigten, für welches Kindergeld gewährt wird. Im Fall des Klägers war demnach die Einkommensgrenze von 33.600 DM maßgebend. Nach § 6 Abs 2 Satz 1, Abs 3 Satz 1 BErzGG ist für die Minderung des Anspruches grundsätzlich das voraussichtliche Einkommen des Berechtigten und seines Ehepartners im Kalenderjahr der Geburt des Kindes heranzuziehen. Davon enthält § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG für den Berechtigten eine (privilegierende) Ausnahme: Dessen vorher erzielte Einkünfte aus Erwerbstätigkeit werden nicht berücksichtigt, wenn er in der Zeit des Erziehungsgeldbezuges nicht erwerbstätig ist; gemeint sind damit die zwar im Kalenderjahr der Geburt des Kindes, jedoch vor dem Bezug des BErzG erzielten Einkünfte. Die Einkünfte werden aber, soweit sie im Bescheid noch nicht berücksichtigt sind, nach § 6 Abs 6 Satz 2 BErzGG aF neu ermittelt, wenn der Berechtigte eine Teilzeittätigkeit aufnimmt. Ein Berechtigter, wie hier der Kläger, der nach der Geburt seine Erwerbstätigkeit nicht aufgibt, sondern (korrespondierend mit seinem Ehegatten) lediglich reduziert, kann sich nach dem klaren Wortlaut des § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG nicht darauf berufen, seine Einkünfte vor dem Bezug von BErzG seien nicht zu berücksichtigen.

1. Vor dem Bezug von BErzG erzielte Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sind beim zunächst Berechtigten, der seine Erwerbstätigkeit aufgibt, auch dann nicht anzurechnen, wenn die Ehepartner - wie hier - den Berechtigten wechseln.

a) Das vorstehend umschriebene Anrechnungsmodell trägt den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung, die durch die Aufgabe der Erwerbstätigkeit wegen der Kindererziehung eintreten ("Einkommensknick"). Der Beklagte hat dem gemäß nicht das vor dem Bezug von BErzG erzielte Einkommen der Ehefrau des Klägers berücksichtigt. Denn auf sie als Berechtigte war § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG anzuwenden. Soweit aber auch das bereits bei Antragstellung absehbare Einkommen aus ihrer im November 1997 wieder aufgenommenen Teilzeittätigkeit unberücksichtigt blieb, ist dem allerdings nicht zu folgen (vgl dazu näher unten e).

b) Nach dem Berechtigtenwechsel - hier ab dem 8. Lebensmonat des Kindes - hat der Beklagte das Einkommen der Ehefrau im Kalenderjahr der Geburt des Kindes aus der vor dem Bezug von BErzG und dann wieder ab 1. November 1997 ausgeübten Teilzeittätigkeit (vgl zur Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit § 2 Abs 1 Nr 1 BErzGG aF) angerechnet. Beim Kläger als Berechtigten hat der Beklagte eine "Vergleichsberechnung" mit dem Einkommen im ersten Lebensjahr des Kindes vorgenommen und zu seinen Gunsten dieses zugrundegelegt; das Weihnachtsgeld hat er dabei indessen - zu Unrecht - nicht berücksichtigt (vgl dazu unten f).

c) Die Berücksichtigung der Einkünfte im ersten Lebensjahr des Kindes (Bezugszeitraum) statt jener im Kalenderjahr der Geburt ist allerdings beim Berechtigtenwechsel nicht nur beim Kläger, sondern auch bei seiner Ehefrau als bisher Berechtigter geboten.

Dem umschriebenen Anrechnungsmodell liegt die Konstellation zu Grunde, dass der (nicht berechtigte) Ehegatte seine Erwerbstätigkeit im bisherigen Umfang fortsetzt, während der Berechtigte seine Arbeitszeit auf Grund der Geburt des Kindes aufgibt. Reduzieren aber beide Ehegatten - wie hier nacheinander im Bezugszeitraum - ihre Arbeitszeit, um sich der Kindererziehung zu widmen, ist dies nach Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung entsprechend zu würdigen. Die privilegierende Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG lässt bei der Einkommensermittlung die wegen der Kindererziehung vollständig weggefallenen Einkünfte des Berechtigten aus Erwerbstätigkeit außer Betracht und rückt damit das Einkommen beider Ehegatten während des BErzG-Bezugs in den Blick. Bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens wird so beachtet, dass beide Ehegatten ihre Erwerbstätigkeit auf Grund der Kindererziehung verändern, und gleichzeitig gewährleistet, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ehegatten während des Bezugs des BErzG zutreffend wieder gegeben wird. Dies entspricht der Rechtsprechung, wonach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Familie während des Bezugszeitraums bei der Anrechnung des Einkommens Rechnung getragen werden soll (vgl BSGE 73, 47 = SozR 3-7833 § 6 Nr 6; SozR 3-7833 § 6 Nr 9).

d) Eine Rückkehr zur Anrechnung der Einkünfte des Klägers im Geburtskalenderjahr entsprechend § 6 Abs 2 BErzGG verbietet sich. Zwar gilt für ihn nicht § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG ("wenn er in der Zeit des Erziehungsgeldbezugs nicht erwerbstätig ist"), sodass man vertreten könnte, im Falle des Berechtigtenwechsels wie hier beim Kläger auch dessen Einkünfte vor der Geburt des Kindes anzurechnen. Dagegen spricht allerdings, allein wegen des Berechtigtenwechsels davon abzusehen, dass in Fällen wie hier die Voraussetzungen des § 6 Abs 6 BErzGG tatsächlich eingetreten waren. Was aber für den einen Ehegatten als ersten Berechtigten galt, ist aus Gründen der Gleichbehandlung der Ehepartner dann auch beim zweiten Ehegatten zu beachten. Daran, dass der zunächst berechtigte Ehegatte seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hatte und damit der Bezugszeitraum zum Anrechnungsmaßstab geworden ist, ändert der Berechtigtenwechsel nichts. § 6 Abs 6 BErzGG bietet mit dem Bezugszeitraum dann weiterhin den zutreffenden Maßstab.

e) Bei einem - bei Antragstellung bestimmten - Berechtigtenwechsel ist somit § 6 Abs 6 BErzGG für beide Ehepartner bereits bei der Bewilligung anzuwenden. Dies hat allerdings auch zur Folge, dass die - vom Beklagten ausgeblendeten - (voraussichtlichen) Einkünfte der Ehefrau auch auf ihren BErzG-Anspruch (ab dem 7. Lebensmonat, § 5 Abs 2 Satz 2 BErzGG) anzurechnen wären. Mit anderen Worten: Wählen die Eheleute ein job-sharing-Modell mit einem Berechtigtenwechsel, so sind vom Beginn des 7. Lebensmonats an auch die prospektiven Einkünfte beider Eheleute anzurechnen, und nicht erst - wie hier geschehen - ab dem Beginn der Teilzeitbeschäftigung durch die Ehefrau des Klägers. Entgegen der Auffassung des LSG werden damit eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit und dementsprechend korrespondierende Erwerbseinkünfte beider Ehegatten berücksichtigt. Dann aber zieht der Wechsel der Anspruchsberechtigung bei der Einkommensanrechnung auch keine Schlechterstellung eines der Berechtigten nach sich. Vielmehr wird bei einem Berechtigtenwechsel stets das gleiche Einkommen im Bezugszeitraum angerechnet.

f) Durch einen Rückgriff auf die Einkommensverhältnisse im Kalenderjahr der Geburt im Wege der "Vergleichsberechnung" (vgl zur Vergleichsberechnung bereits BSGE 73, 47 = SozR 3-7833 § 6 Nr 6, Leitsatz 2 und BT-Drucks 14/3553, S 19) gewönne der Kläger nichts. Vielmehr verlöre seine Ehefrau, weil die Anrechnung von Erwerbseinkommen bereits ihren Anspruch ab dem Beginn des 7. Lebensmonats des Kindes träfe, was indessen nicht Streitgegenstand ist. Hinsichtlich der Höhe des BErzG ergäbe sich keine Besserstellung: Während in der Berechnung des Beklagten noch auf die Einkünfte der Ehefrau im Zeitraum vom 1. Januar bis 22. April 1997 abgestellt wurde, wären bei Anrechnung der Einkünfte im 1. Lebensjahr des Kindes ihre Einkünfte im entsprechenden Zeitraum des Jahres 1998 zu berücksichtigen. Dort waren ihre Bezüge schon deshalb höher, weil sie nun nicht mehr 19,25 Wochenstunden, sondern 19,5 Wochenstunden - bei ansonsten vergleichbaren Verhältnissen - beschäftigt war. Damit erhöhte sich auch die Bemessungsgrundlage ihrer Einkünfte im Bezugszeitraum im Vergleich zu jenen im Kalenderjahr. Im Übrigen aber könnte sich auch deshalb kein Anspruch auf ein höheres BErzG infolge der anderen Bemessung durch den Senat ergeben, weil beim Kläger dessen (hier unangerechnet gebliebenes) Weihnachtsgeld 1997 in jedem Falle hätte angerechnet werden müssen; entgegen der Ansicht des Beklagten war dieses allein nach den im Dezember maßgebenden Bezügen - hier aus der Teilzeitbeschäftigung - zu zahlen (vgl dazu den einschlägigen § 6 Abs 1 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 23. Mai 1975, BGBl I S 1238).

2. Allerdings wird durch die privilegierende Ausnahmevorschrift in § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG - Ausblendung der Einkünfte im Kalenderjahr vor der Geburt - auch kein Prinzip einer Meistbegünstigung verfolgt. Es entspricht der Wertung des Gesetzgebers, ein vor der Geburt erzieltes Erwerbseinkommen, das nach der Geburt nicht mehr erzielt wird, unberücksichtigt zu lassen (vgl BSG aaO). Eine weiter gehende Einschränkung der Anrechnung des Einkommens - Ausblendung der Einkünfte nach der Geburt und vor dem Berechtigtenwechsel - kommt im Fall eines Berechtigtenwechsels nicht in Betracht. Insbesondere erlaubt der Wortlaut von § 6 Abs 6 BErzGG aF nicht, den Kläger mit einem Berechtigten gleichzustellen, der nach der Geburt eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt hatte und eine Teilzeittätigkeit aufnimmt.

a) Wenn im vorliegenden Fall nach dem Berechtigtenwechsel eine Reduzierung des BErzG von 600 DM auf 291 DM erfolgte, ohne dass sich das während des Bezugszeitraums voraussichtlich zur Verfügung stehende Einkommen änderte, beruhte dies auf der vom Beklagten vorgenommenen zusätzlichen Privilegierung bei der Ehefrau als Berechtigter: Ausschlaggebend war die Nichtanrechnung des zwar angestrebten und vorauszusehenden, aber eben vor der Aufnahme der Teilzeittätigkeit auch noch nicht erzielten Einkommens. Damit wurde das tatsächlich zur Verfügung stehende Jahreseinkommen der Ehegatten nicht vollumfänglich berücksichtigt. Es ist jedoch Ziel des Gesetzes, das BErzG ab dem 7. Lebensmonat des Kindes nach den tatsächlichen Einkommensverhältnissen der Ehegatten zu gewähren.

b) Dazu sind bei einem Berechtigtenwechsel die bei beiden Ehegatten veränderten Einkünfte zu Grunde zu legen, mithin sind aktuell noch nicht zugeflossene oder nicht mehr erzielte Einkünfte des jeweils Berechtigten während des Bezugszeitraumes nach Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschriften zu berücksichtigen. Auch wenn bei der Einordnung der Sozialleistung Erziehungsgeld die familienpolitische Zielsetzung im Vordergrund steht, indem die Erziehungsleistung gestärkt und anerkannt werden sollte (vgl BSG SozR 3-7833 § 6 Nr 4 S 24 f; BT-Drucks 10/3792, S 13), ist zu beachten, dass die Gewährung auch von der Bedürftigkeit abhängt (Buchner/Becker, MuSchG/BErzGG, 6. Aufl 1998, vor §§ 1 - 14 BErzGG RdNr 7; vgl auch BSG aaO). Die Anrechnungsvorschriften dienen in erster Linie der Durchsetzung dieses Bedürfnisprinzips.

d) Mit der Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehegatten ab dem 7. Lebensmonat des Kindes ist nicht vereinbar, im Falle des beabsichtigten Berechtigtenwechsels im Bezugszeitraum zufließende Einkünfte auszublenden. Dies geschieht aber dann, wenn für jeden der beiden Berechtigten die mit § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG eingeräumte Begünstigung wirken dürfte. Eine solche Meistbegünstigung (vgl zu deren Unzulässigkeit bereits BSG SozR 3-7833 § 6 Nr 21 S 131 mwN) entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers. Es ergäbe sich eine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber jenen Ehegatten die - wie zB bei der Alleinverdienerehe - die Möglichkeit eines Berechtigtenwechsels nicht haben, deren Einkünfte aber den aufgeteilten Einkünften im vorliegenden Falle entsprechen.

e) Der Kläger kann daher nicht verlangen, dass bei ihm - wie zuvor bei seiner Ehefrau - eine Privilegierung erfolgt und eine Anrechnung des - im Erziehungsgeldbezugszeitraum - in den Monaten Juli bis Oktober 1997 erzielten Vollzeiteinkommens lediglich in Höhe des ab dem Berechtigtenwechsel bestehenden Teilzeiteinkommens vorgenommen wird. Dies würde dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG widersprechen und auch den Grundsatz außer Acht lassen, dass die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familie zu berücksichtigen ist.

Die Anrechnung seiner Einkünfte aus der Vollzeittätigkeit führt nicht - wie der Kläger in seiner Revisionsbegründung offenbar meint - zu einer Bemessung nach dem Eineinhalbfachen der tatsächlichen Einkünfte. Bei dieser Konstellation würde vielmehr durch die Außerachtlassung von Einkünften während des Bezugszeitraums beim Kläger als dem neuen Berechtigten eine Besserstellung gegenüber dem Fall eintreten, dass die Ehefrau Berechtigte geblieben wäre. Einem Berechtigtenwechsel zur Umgehung der Anrechnung bei Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung des Berechtigten wird somit durch die gesetzliche Regelung in der Auslegung des Senats entgegengewirkt. Die Behauptung des Klägers, eine andere als die von ihm vertretene Auslegung von § 6 Abs 6 BErzGG verletze Art 3 und 6 Grundgesetz, beruht auf dem vorgenannten Irrtum. Ihr ist deshalb nicht weiter nachzugehen. Gerade die vom Senat vertretene Auslegung beachtet die Verfassungsgebote der Gleichbehandlung und Familienförderung. Dann kann auch die vom Kläger vertretene Berechnung beim Berechtigtenwechsel, die hinsichtlich der Einkünfte des Ehegatten und früheren Berechtigten auf die Verhältnisse im Kalenderjahr der Geburt zurückgreift, dabei aber lediglich die Einkünfte während der Tätigkeit im Bezugszeitraum, vorliegend November und Dezember 1997, berücksichtigt, nicht erfolgen.

Nach allem ergibt sich: Auf der Grundlage der in den Anrechnungsvorschriften des BErzGG getroffenen Wertungen ist bei einem Berechtigtenwechsel bei beiden Ehegatten das bereits bei der Bewilligung zu prognostizierende (durch die Kindererziehung während des Bezugszeitraums veränderte) Erwerbseinkommen vom 7. Lebensmonat des Kindes an zu berücksichtigen. Das vor der Geburt erzielte Erwerbseinkommen hat auf Grund der Regelung des § 6 Abs 6 BErzGG und des darin enthaltenen Rechtsgedankens außer Betracht zu bleiben. Eine Schonung der im Bezugszeitraum erzielten Einkünfte lässt das Anrechnungsmodell nach einem Berechtigtenwechsel nicht zu. Die Einkünfte aus der von Juli bis Oktober 1997 ausgeübten Vollzeittätigkeit des Klägers sind in jedem Fall anzurechnen. Für ihn ergibt sich jedoch auch unter Zugrundelegung dieser Vorgehensweise bei der Einkommensanrechnung für den streitigen Zeitraum kein höheres BErzG als es vom Beklagten bewilligt wurde.

Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Ende der Entscheidung

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