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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 21.10.1999
Aktenzeichen: B 11 AL 5/99 R
Rechtsgebiete: AFG


Vorschriften:

AFG § 249c
AFG § 249c Abs 13 Satz 2
AFG § 112a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

Az: B 11 AL 5/99 R

Klägerin und Revisionsbeklagte,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsklägerin.

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 21. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter Sattler, die Richter Lüdtke und Voelzke, den ehrenamtlichen Richter Zähringer und die ehrenamtliche Richterin Pakmor

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 13. November 1998 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft die Zahlung höheren Arbeitslosengeldes (Alg) für die Zeit vom 3. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1996.

Die in Berlin-Lichtenrade wohnhafte Klägerin war vom 1. Januar 1989 bis 30. Juni 1994 als Gruppenleiterin bei der V. beschäftigt, die bis Juni 1993 im Westen Berlins ansässig war und seitdem in Teltow (Brandenburg) tätig ist. Danach arbeitete die Klägerin vom 1. Juli 1994 bis 31. Dezember 1995 als Abteilungsleiterin bei der S. . Der Arbeitgeber verlegte seinen Betriebssitz zum 1. November 1995 von Berlin-Tiergarten nach Berlin-Lichtenberg. Die Klägerin erzielte von Juli 1995 bis zu ihrem Ausscheiden bei einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden monatlich 7.544,-- DM brutto.

Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit bewilligte ihr auf entsprechenden Antrag Alg nach der Leistungsgruppe B (Steuerklasse II), dem erhöhten Leistungssatz und - unter Berufung auf die Leistungsbemessungsgrenze Ost - einem Bemessungsentgelt von 1.590,-- DM in Höhe von 589,90 DM (Bescheid vom 16. Februar 1996; Widerspruchsbescheid vom 28. August 1996). Nachdem die Beklagte zunächst ab 1. Juli 1996 die wöchentliche Leistung in Höhe von lediglich 498,60 DM (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz) gewährt hatte (Bescheid vom 17. Juli 1996), bewilligte sie der Klägerin Alg für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 1996 wiederum in Höhe von 589,90 DM wöchentlich (Bescheid vom 22. Oktober 1998) und für die Zeit vom 1. November bis zum 31. Dezember 1996 in Höhe von 556,80 DM wöchentlich (Leistungsgruppe A, erhöhter Leistungssatz; Bescheid vom 7. Mai 1997).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alg auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 1.690,-- DM nach der Leistungsgruppe B und dem erhöhten Leistungssatz zu gewähren. Das SG hat ausgeführt, eine wortgetreue Anwendung des § 249c Abs 9 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) führe dazu, daß die Klägerin Leistungen nur bis zur Leistungsbemessungsgrenze Ost beanspruchen könne. Damit blieben Beitragsanteile unberücksichtigt, die die Klägerin in den Monaten Juli bis Oktober 1995 für das aufgrund ihrer Arbeit im westlichen Teil Berlins erzielte Gehalt entrichtet habe. Dies erscheine aus den gleichen Gründen verfassungsrechtlich bedenklich, aus denen das Bundesverfassungsgericht Vorschriften der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung für verfassungswidrig gehalten habe, nach denen sogenannte Einmalzahlungen ebenfalls zuvor beitragspflichtig gewesen seien, aber die Leistungshöhe nicht beeinflußt hätten. Es sei von einer nicht gewollten Regelungslücke auszugehen, die im Wege einer verfassungskonformen Auslegung zu schließen sei. Für jeden Lohnabrechnungszeitraum sei das erzielte Gehalt bis zu der Höhe zu berücksichtigen, die der jeweiligen Bemessungsgrenze entspreche.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Klägerin die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alg ab 3. Januar 1996 entsprechend einem Bemessungsentgelt von 1.740,-- DM nach einem wöchentlichen Leistungssatz von 631,80 DM zu gewähren. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es sei ausschließlich die Leistungsbemessungsgrenze West zugrunde zu legen, die für 1996 monatlich 8.000,-- DM betragen habe. Die Auslegung des § 249c Abs 9 AFG durch die Beklagte werde weder dem Sinn der Vorschrift noch dem Gesetzeszusammenhang gerecht. Sie bedeute in letzter Konsequenz, daß die Leistungsbemessungsgrenze Ost bereits dann zugrunde zu legen sei, wenn der Arbeitslose vor Entstehung des Anspruchs zuletzt nur einen Tag im Beitrittsgebiet beitragspflichtig beschäftigt gewesen sei. Sinn der Orientierung der Leistungsbemessungsgrenze am Gebiet der letzten beitragspflichtigen Beschäftigung sei indes, eine Entsprechung zwischen Beitragspflicht und Leistungsbezug herzustellen. Es dränge sich auf, die zuletzt ausgeübte beitragspflichtige Beschäftigung mit der für die Bemessung des Alg maßgeblichen letzten Beschäftigung im Bemessungszeitraum in Beziehung zu setzen. Dann sei unter "zuletzt" nicht ein Zeitpunkt zu verstehen, sondern der letzte Zeitraum, der für die Leistungsbemessung maßgeblich gewesen sei. Dies führe dazu, unter dem Gebiet iS des § 249c Abs 9 AFG, in dem der Arbeitslose zuletzt in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe, dasjenige Gebiet zu verstehen, das für den Bemessungszeitraum prägend gewesen sei. Dieses Ergebnis trage zugleich verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung. Dem auf erste Sicht durchaus einleuchtenden Lösungsvorschlag des SG sei nicht zu folgen, weil das Gesetz keinen Anhalt dafür biete, daß es zulässig sein könne, auf denselben Leistungsfall mehrere Leistungsbemessungsgrenzen anzuwenden. Dem stehe auch entgegen, daß sich im Zuge der Anpassung des Arbeitsentgelts wiederum die Frage nach der maßgeblichen Leistungsbemessungsgrenze stelle.

Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 249c AFG. Entgegen der Auffassung des LSG sei unter "zuletzt" nicht der Zeitraum zu verstehen, der für die Bemessung maßgeblich sei, sondern der Zeitpunkt der letzten beitragspflichtigen Beschäftigung. Es komme nicht darauf an, welches Gebiet für den Bemessungszeitraum prägend gewesen sei. Derartige Überlegungen spielten gemäß § 249c Abs 13 Satz 2 AFG lediglich im Zusammenhang mit der Anpassung des Arbeitsentgelts nach § 112a AFG eine Rolle.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 13. November 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. April 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die Klägerin hat Anspruch auf Leistungen in der ihr vom LSG zuerkannten Höhe.

Nach § 111 Abs 1 AFG (idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms - 1. SKWPG - vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353) beträgt das Alg für Arbeitslose, die mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 Einkommenssteuergesetz haben, 67 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmer gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112). Die Leistungssätze des Alg werden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung jeweils für ein Kalenderjahr durch Rechtsverordnung festgelegt, wobei das Bundesministerium ua als Leistungsbemessungsgrenze die nach § 175 Abs 1 Nr 1 AFG für den Beitrag zur Bundesanstalt geltende Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen hat (§ 111 Abs 2 Satz 2 Nr 5 AFG).

Das Arbeitsentgelt iS des § 112 AFG, auf das die Beklagte ebenso wie das LSG abgestellt haben, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 112 Abs 1 Satz 1 AFG ist Arbeitsentgelt das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfaßt die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs (§ 112 Abs 2 Satz 1 AFG idF des 1. SKWPG). Da die Klägerin bei einer tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden im maßgeblichen Bemessungszeitraum (Juli - Dezember 1995) ein gleichbleibendes monatliches Arbeitsentgelt von 7.544,-- DM erzielt hat, ergibt sich unter Heranziehung der Berechnungsweise des § 112 Abs 3 AFG ein gerundetes durchschnittliches wöchentliches Arbeitsentgelt von 1.740,-- DM.

Da die übrigen Faktoren der Leistungsbemessung (Leistungsgruppe B, erhöhter Leistungssatz) aufgrund der Feststellung des LSG keinen Zweifeln unterliegen, kommt es entscheidend darauf an, welche Leistungsbemessungsgrenze bei der Leistungsgewährung zu berücksichtigen ist. Denn ist gemäß § 111 Abs 2 Nr 8, § 175 Abs 1 Nr 1 AFG die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten des Beitrittsgebiets als Leistungsbemessungsgrenze heranzuziehen, hat die Beklagte zutreffend das Alg nicht nach dem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.740,-- DM bewilligt. Die Beitragsbemessungsgrenze betrug im Jahre 1996 in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten im Osten nämlich 81.600,-- DM jährlich und 6.800,-- DM monatlich, während sie sich im übrigen Bundesgebiet auf 96.000,-- DM/8.000,-- DM belief (§ 3 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 1996 vom 4. Dezember 1995, BGBl I 1577).

Welche der unterschiedlichen Beitrags- und damit Leistungsbemessungsgrenzen Anwendung findet, richtet sich nach § 249c Abs 9 AFG. Nach dieser Vorschrift ist für die Höhe des Alg diejenige Leistungsbemessungsgrenze maßgebend, die in dem Gebiet gilt, in dem der Arbeitslose vor Entstehung des Anspruchs "zuletzt" in einem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Der Senat hat im Urteil vom 21. September 1995 - 11 RAr 17/95 - (SozR 3-4100 § 249c Nr 6; vgl auch das Urteil des 7. Senats vom 25. Juni 1999 - B 7 AL 86/98 R - zur Veröffentlichung vorgesehen) offengelassen, ob das Tatbestandsmerkmal "zuletzt" in dem Sinne zu verstehen ist, daß von der Regelung ein Arbeitsloser erfaßt wird, (1.) der zuletzt - und sei es nur für einen Tag - in einem Beschäftigungsverhältnis im Beitrittsgebiet gestanden hat oder (2.) ob auf die gesamte Beschäftigung während des Bemessungszeitraumes abzustellen ist oder (3.) ob die Rahmenfrist für die Erfüllung der Anwartschaftszeit heranzuziehen ist. Alle genannten Auslegungsvarianten werden vom Wortlaut des § 249c Abs 9 AFG gedeckt. Der 7. Senat hat wegen der Konzeption der Berechnung des Alg aus dem Regelentgelt dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, ob die Erfüllung der Anwartschaft für den Alg-Anspruch nicht allein auf im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung beruht (Urteil vom 25. Juni 1999 aaO). Die vom 7. Senat aufgezeigten Grundsätze des AFG zur Bestimmung des Regelentgelts sprechen für die Auslegung des § 249c Abs 9 AFG iS der zweiten der genannten Auslegungsvarianten.

Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung als Leitprinzip für die Berechnung von Alg nach dem AFG herausgestellt, daß sich die Höhe der Leistung nach dem Entgelt richten soll, das der Arbeitslose in einem künftigen Beschäftigungsverhältnis erzielen könnte (sog Entgeltausfallprinzip; vgl BSGE 62, 43, 47 = SozR 4100 § 112 Nr 31; BSG SozR 3-4100 § 44 Nr 15). Dem Bezug von Alg, das an die Stelle des Arbeitsentgelts tritt, das der Arbeitslose wegen Fehlens geeigneter freier Arbeitsstellen nicht verdienen kann, liegt deshalb die Überlegung zugrunde, daß der Arbeitslose das "zuletzt" verdiente durchschnittliche Arbeitsentgelt in der Regel auch in der Zukunft verdienen kann (BT-Drucks 11/890 S 21 zu Nr 29 Buchst a). Diese Konzeption trägt dem Versicherungsprinzip Rechnung und gewährleistet zugleich die wegen des Lohnersatzcharakters des Alg gebotene zeitliche Nähe zum aktuell erzielbaren Entgelt (BSGE 72, 177, 180 = SozR 3-4100 § 112 Nr 13; SozR 3-4100 § 112 Nr 17).

Welches Arbeitsentgelt der Arbeitslose aktuell (zuletzt) vor Eintritt des Versicherungsfalles erzielt hat, wird durch den Bemessungszeitraum konkretisiert, denn Berücksichtigung findet das Arbeitsentgelt, das im Bemessungszeitraum erzielt wurde. Hierbei ist die Leistungsbemessung nicht auf die zuletzt ausgeübte Beschäftigung beschränkt, sondern es werden alle Tage einbezogen, an denen beitragspflichtige Beschäftigungen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgeübt wurden. Der Umfang des Bemessungszeitraums wurde seit der Neufassung des § 112 AFG durch das Achte AFG-Änderungsgesetz vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602; zur Rechtsentwicklung vor dem 1. Januar 1988 vgl Valgolio in: Hauck/Noftz, Drittes Buch Sozialgesetzbuch <SGB III>, § 130 RdNr 8) durch das 1. SKWPG (vgl die Übergangsregelung in § 242q Abs 7 AFG) von drei auf sechs Monate und durch das Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung vom 6. März 1997 (BGBl I 594) nochmals auf die letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 SGB III) erweitert. Beide Gesetzesänderungen verfolgten das Ziel, Zufälligkeiten bei der Leistungsbemessung zu vermeiden, die durch die Ausnutzung von Manipulationsmöglichkeiten (BT-Drucks 12/5502 S 33) oder die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeit (BT-Drucks 13/4941 S 177) entstehen können. Die geschilderte Konzeption der Leistungsbemessung des Alg legt es nahe, auch das Merkmal "zuletzt" iSd § 249c Abs 9 AFG in der Weise zu verstehen, daß auf den im Einzelfall maßgebenden Bemessungszeitraum abgestellt wird. Allein diese Auslegung gewährleistet zugleich, daß dem Bestreben des Gesetzgebers Rechnung getragen wird, Zufälligkeiten bei der Leistungsgewährung möglichst zu vermeiden. Da hier für die Leistungsbemessung ein Bemessungszeitraum von sechs Monaten zur Anwendung kommt, werden Zufälligkeiten in ausreichender Weise ausgegrenzt.

Nichts anderes ergibt sich daraus, daß das Alg einen Ausgleich für das aktuell ausfallende Arbeitsentgelt bieten soll, denn die Verhältnisse am letzten Tag der Beschäftigung lassen keinen sichereren Schluß als die Gesamtbetrachtung während des Bemessungszeitraums darauf zu, ob der Arbeitslose voraussichtlich eine Beschäftigung unter der Geltung der Beitragsbemessungsgrenze West oder Ost aufnehmen wird. Eine Vermutung des Inhalts, daß sich gerade aus den Verhältnissen am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses Folgerungen auf den Ort einer zukünftigen Beschäftigung ableiten ließen, wäre unter keinem sachlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt.

Der vorgenannten Auslegung des Tatbestandsmerkmales "zuletzt" steht schließlich nicht entgegen, daß § 249c Abs 13 Satz 2 AFG (idF des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993, BGBl I 944) hinsichtlich der unterschiedlichen Anpassungsfaktoren iS des § 112a AFG ausdrücklich vorsieht, daß der Anpassungsfaktor des Beitrittsgebietes anzuwenden ist, wenn das Arbeitsentgelt überwiegend auf Zeiten mit Arbeitsentgelten aus diesem Gebiet beruht, im übrigen der Anpassungsfaktor des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vor dem 3. Oktober 1990 anzuwenden ist. Trotz des abweichenden Wortlautes kann der Regelung des § 249c Abs 13 AFG nicht im Umkehrschluß entnommen werden, daß es bei der Anwendung des § 249c Abs 9 AFG nicht darauf ankommt, ob das Arbeitsentgelt überwiegend auf Zeiten mit Arbeitsentgelten iS des § 112 AFG aus dem Beitrittsgebiet beruht. Denn damit würde dem Gesetzgeber unterstellt, daß er in Einzelfällen bewußt in Kauf nehme, daß Anpassungsfaktor und Leistungsbemessungsgrenze hinsichtlich des maßgebenden Gebiets auseinanderfallen. In der Konsequenz der Auffassung der Beklagten läge es nämlich, daß bestimmte Leistungsempfänger - wie die Klägerin - Alg nach den für sie jeweils ungünstigen Faktoren Anpassungsfaktor West und Leistungsbemessungsgrenze Ost erhielten, während andere Leistungsempfänger durch eine Kombination der Faktoren Anpassungsfaktor Ost und Leistungsbemessungsgrenze West ungerechtfertigt begünstigt würden. Derartig sinnwidrige Ergebnisse werden nur durch eine übereinstimmende Auslegung beider Vorschriften vermieden.

Folgt damit bereits aus der Anwendung des einfachen Rechts, daß für die heranzuziehende Leistungsbemessungsgrenze die Verhältnisse maßgeblich sind, die im Bemessungszeitraum überwogen haben, so kann dahinstehen, ob auch verfassungsrechtliche Erwägungen diese Auslegung nahelegen. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin während des Bemessungszeitraums lediglich zwei Monate im Beitrittsgebiet beschäftigt war, bedarf die Gestaltung keiner Entscheidung, daß beide zu betrachtende Beschäftigungszeiträume gleich lang sind. Es dürfte allerdings angezeigt sein, entsprechend der Regelung in § 249c Abs 13 AFG auf die Leistungsbemessungsgrenze Ost als Ausnahme vom Regelfall nur dann abzustellen, wenn die entsprechenden Zeiten überwiegen.

Da die Entscheidung des LSG nicht auf einer Rechtsverletzung beruht, ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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