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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Beschluss verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: B 11 AL 87/08 B
Rechtsgebiete: SGG


Vorschriften:

SGG § 160 Abs 2 Nr 3
SGG § 160a Abs 2 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Beschluss

in dem Rechtsstreit

Az: B 11 AL 87/08 B

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat am 17. November 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Wetzel-Steinwedel sowie den Richter Dr. Leitherer und die Richterin Dr. Roos

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Mai 2008 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.

"Bezeichnet" iS des § 160a Abs 2 Satz 3 letzter Halbsatz SGG ist ein Verfahrensmangel nur dann, wenn er in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird. Dazu gehört auch die Darlegung, inwiefern das Berufungsurteil auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 31; § 160a Nr 36; SozR 3-1500 § 160a Nr 4; stRspr).

1. Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung nicht schlüssig dargetan, dass die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG "beruhen kann". Er hat zwar vorgetragen, das LSG habe in seinem Beschluss nach § 153 Abs 2 SGG auf die Begründung des Sozialgerichts (SG) verwiesen, ohne auf seine Ausführungen in der Berufungsbegründung vom 10. Januar 2008 einzugehen. Er habe dort im einzelnen ausgeführt, dass die Rechtsansicht des SG, wonach die Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X gewahrt sei, weil die Beklagte erst im September 2003 über den wahren Umfang der Tätigkeit des Klägers informiert gewesen sei, im Widerspruch zu ihrem eigenen Vortrag im Klageverfahren (Schriftsatz vom 4. Oktober 2005) stehe. Aus diesem Vorbringen ergibt sich indes nicht, dass und inwiefern es auf dieses Vorbringen des Klägers nach der - für die Beurteilung eines Verfahrensmangels zu Grunde zu legenden - Rechtsauffassung des LSG auch ankam. Hierzu hätte sich die Beschwerdebegründung insbesondere mit dem Wortlaut des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X auseinandersetzen müssen, der auf die Kenntnis der für die Rücknahme zuständigen Behörde abstellt. Ferner hätte sie sich mit der zu diesem Tatbestandsmerkmal vorliegenden, näher differenzierenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) befassen müssen. Danach ist im Rahmen des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X nicht auf die Kenntnis des Außendienstmitarbeiters, sondern auf die Kenntnis des für die Rücknahme zuständigen Sachbearbeiters der Beklagten abzustellen (vgl BSGE 77, 295, 298 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27; vgl zum Ganzen Schütze, in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl, § 45 RdNr 85 mwN). Es besteht kein Anhalt dafür, dass das LSG im Fall einer Auseinandersetzung mit dem Einwand der Verfristung nach § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X zu einer anderen, für den Kläger günstigen Entscheidung gekommen wäre.

2. Der außerdem vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel einer ermessensfehlerhaften Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG ist ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Nach dieser Vorschrift kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Sein Vorbringen, das LSG habe sich hinsichtlich der streitentscheidenden Frage, ob er in der Zeit ab April 1996 im Geschäft seiner Ehefrau mehr als kurzzeitig tätig gewesen sei, ein eigenes Bild im Rahmen einer mündlichen Verhandlung machen müssen und nicht kurzerhand auf die vom SG eingeholten Zeugenaussagen über zum Teil zehn Jahre zurückliegende Vorgänge zurückgreifen dürfen, ergibt keinen Anhalt für eine ermessensfehlerhafte Entscheidung des LSG. Denn einem Berufungskläger steht es frei, für den Fall einer aus seiner Sicht notwendigen weiteren Beweiserhebung entsprechende Beweisanträge vor dem LSG zu stellen und sich damit auch rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22; stRspr). Von dieser rechtlichen Möglichkeit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach dem Beschwerdevorbringen offenbar keinen Gebrauch gemacht. Selbst wenn der Kläger, wie vorgetragen, in der mündlichen Verhandlung vor dem SG einen weiteren Zeugen benannt hat, hätte ihn dies von der erforderlichen Stellung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags im Berufungsverfahren nicht entbunden. Auch das weitere Vorbringen, insbesondere zur Höhe des von der Beklagten geltend gemachten Rückforderungsbetrages und zur zeitlichen Reichweite des Verfahrens, lässt nicht den Schluss zu, die Entscheidung des LSG ohne mündliche Verhandlung beruhe auf sachfremden Erwägungen oder einer groben Fehleinschätzung (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19; BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 1; Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl, § 153 RdNr 15, 16).

Da die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, ist sie als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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