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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 26.03.1998
Aktenzeichen: B 12 KR 14/97 R
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 5 Abs 1 Nr 6
SGB V § 251 Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 26. März 1998

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 KR 14/97 R

Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern, Lindenspürstraße 39, 70176 Stuttgart,

Kläger und Revisionskläger,

gegen

AOK Baden-Württemberg, Heilbronner Straße 184, 70191 Stuttgart,

Beklagte und Revisionsbeklagte,

beigeladen:

1.

2.

3.

4.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Peters, die Richter Thiele und Balzer sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Dufner und Jungwirth

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts BadenWürttemberg vom 18. April 1997, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. September 1994 sowie die Bescheide der Allgemeinen Ortskrankenkasse Ravensburg vom 15. Oktober 1992 und 12. Februar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1993 aufgehoben.

Im übrigen wird die Revision des Klägers als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat den Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist, ob der Kläger als Rehabilitationsträger für die Beigeladenen zu 1) bis 3) Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten hatte. Die Stiftung des Körperbehindertenzentrums Oberschwaben (KBZO - Beigeladene zu 4) ist Träger einer Sonderberufsfachschule, an der Ausbildungsmaßnahmen für Behinderte mit dem Ziel durchgeführt werden, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Sonderberufsfachschule wird als private Heimsonderschule geführt, deren Betrieb vom Oberschulamt genehmigt ist. Das Land Baden-Württemberg kommt im Rahmen schulrechtlicher Regelungen für die Personalkosten der Schule und einen Teil der Investitionskosten auf. Der Heimbereich wird über einen Pflegesatz finanziert. In die Schule werden nur Schüler aufgenommen, die nach dem Eingliederungsvorschlag des Beraters der Bundesanstalt für Arbeit (BA) aufgrund der Schwere ihrer Behinderung ein Berufsbildungswerk oder einen Förderlehrgang nicht besuchen können. In der Sonderberufsfachschule können nach einem Berufsvorbereitungsjahr und einer dreijährigen Ausbildung die Qualifikationen für verschiedene staatlich anerkannte Ausbildungsberufe erworben werden.

Die Sonderberufsfachschule des KBZO besuchten die im März 1968 geborene A. D. (Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Januar bis 5. Juni 1989, die im September 1970 geborene S. O. (Beigeladene zu 2) in der Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 26. Juni 1992 und der im April 1971 geborene H. S. (Beigeladener zu 3) in der Zeit vom 21. August 1989 bis März 1993. Der Kläger ist überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Er gewährte den Beigeladenen zu 1) bis 3) wegen ihrer Behinderungen Eingliederungshilfe nach den §§ 39 ff des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und zahlte für die Zeit, in der die Beigeladenen zu 1) bis 3) die Sonderberufsfachschule besuchten, dem KBZO den vereinbarten Pflegesatz.

Die Allgemeine Ortskrankenkasse Ravensburg (AOK), die Rechtsvorgängerin der Beklagten, forderte vom Kläger für die Beigeladenen zu 1) bis 3) und die Dauer des Schulbesuchs Krankenversicherungsbeiträge (Bescheide vom 15. Oktober 1992 und 12. Februar 1993, Widerspruchsbescheid vom 28. April 1993). Die Schüler der Sonderberufsfachschule des KBZO unterlägen als Teilnehmer einer berufsfördernden Maßnahme nach § 5 Abs 1 Nr 6 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) der Versicherungspflicht. Die Beiträge habe nach § 251 Abs 1 Halbsatz 1 SGB V der Kläger als Rehabilitationsträger zu tragen.

Der Kläger hat mit der Klage geltend gemacht, die Schüler, für die er im Rahmen der Eingliederungshilfe Leistungen erbringe, seien keine Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation iS des § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V. Er sei auch nicht Rehabilitationsträger iS des § 251 Abs 1 SGB V. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. September 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 18. April 1997). Die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien während des Besuchs der Sonderberufsfachschule nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V versicherungspflichtig gewesen und der Kläger als Rehabilitationsträger nach § 251 Abs 1 SGB V verpflichtet, die Beiträge zu tragen.

Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des § 5 Abs 1 Nr 6 und des § 251 Abs 1 SGB V.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18. April 1997, das Urteil des SG Stuttgart vom 26. September 1994 sowie die Bescheide der AOK Ravensburg vom 15. Oktober 1992 und 12. Februar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1993 aufzuheben sowie festzustellen, daß er die Krankenversicherungsbeiträge für die Schüler der Sonderberufsfachschule des Beigeladenen zu 4) nicht zu übernehmen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) sind im Revisionsverfahren nicht durch einen beim Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.

II

Die Revision des Klägers ist im wesentlichen zulässig und begründet. In den Vorinstanzen ist die Aufhebungsklage zu Unrecht abgewiesen worden.

Die angefochtenen Bescheide regeln nur die Pflicht des Klägers, Beiträge zur Krankenversicherung für die Beigeladenen zu 1) bis 3) zu tragen und zu zahlen. Über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Krankenversicherung ist dabei nur als Vorfrage für die Beitragspflicht des Klägers entschieden worden. Selbst die Versicherungspflicht ist von der AOK lediglich nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V angenommen worden, weil nur bei diesem Versicherungspflicht-Tatbestand eine Beitragspflicht des Klägers in Betracht kommt. Nicht entschieden worden ist von der AOK demgegenüber, ob die Beigeladenen zu 1) bis 3) von anderen Versicherungspflicht-Tatbeständen erfaßt werden, bei denen ein anderer als der Kläger beitragspflichtig ist. Über derartige Versicherungspflichten ist auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu entscheiden. Umstritten ist hier schließlich nicht, ob Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung bestand und wen in diesen Versicherungszweigen die Beitragslast traf.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Der Kläger ist nicht verpflichtet, für die Beigeladenen zu 1) bis 3) Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten. Die Ansicht der Beklagten, der Kläger sei nach § 251 Abs 1 iVm § 252 SGB V als Rehabilitationsträger hierzu verpflichtet, ist unzutreffend. Nach § 251 Abs 1 SGB V trägt der Rehabilitationsträger "die auf Grund der Teilnahme an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation sowie an Berufsfindung und Arbeitserprobung (§ 5 Abs 1 Nr 6)" zu zahlenden Beiträge. Die Vorschrift regelt die Beitragslast und weist sie für die nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V Versicherungspflichtigen dem Rehabilitationsträger zu. Nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V sind versicherungspflichtig "Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation sowie an Berufsfindung und Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht". Die Beigeladenen zu 1) bis 3) gehörten während des Besuchs der Sonderberufsfachschule nicht zu diesem Teilnehmerkreis.

Berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation iS des § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V sind nur Maßnahmen nach den §§ 1 und 11 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) und damit nur Maßnahmen, die von einem der Rehabilitationsträger iS des RehaAnglG als Rehabilitationsleistungen erbracht werden. Rehabilitationsträger sind nur die in § 2 RehaAnglG genannten Träger, zu denen der Kläger als Träger der Sozialhilfe nicht gehört. Für die Auslegung des Gesetzes ist die Einfügung der Worte "sowie an Berufsfindung und Arbeitserprobung" in § 5 Abs 1 Nr 6 und § 251 Abs 1 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 1992 durch Art 4 Nrn 1 und 19 Buchst a des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) insoweit ohne Bedeutung. Mit dieser Ergänzung ist das Gesetz an die Rehabilitationsvorschriften des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) angepaßt worden, die in § 16 Abs 2 Satz 2 SGB VI Berufsfindung und Arbeitserprobung als Teil des Verwaltungsverfahrens zur Erbringung von Rehabilitationsleistungen behandeln und nicht mehr wie bisher zu den berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation rechnen (vgl dazu den Gesetzentwurf zum RRG 1992 BT-Drucks 11/4124 S 156 und BT-Drucks 11/5490 S 23, 206, 208 sowie BT-Drucks 11/5530 S 41, 60, 62). Die Teilnahme an Berufsfindung und Arbeitserprobung kann deshalb nur zur Versicherungspflicht führen, wenn diese Leistungen vom Rentenversicherungsträger im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erbracht werden. Dieses traf hier nicht zu.

Die Beschränkung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V auf die Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen eines Rehabilitationsträgers iS des RehaAngIG folgt aus der Entwicklung der Vorschriften über die Versicherungspflicht der Rehabilitanden und der Behinderten sowie der dazu jeweils geltenden befreiungs-, melde- und beitragsrechtlichen Folgeregelungen.

Vor dem Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 waren nach § 165 Abs 1 Nr 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des § 21 Nr 1 Buchst a RehaAnglG Personen versicherungspflichtig, die wegen berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation Übergangsgeld (Übg) bezogen, es sei denn, das Übg wurde nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) berechnet. Diese Versicherten konnten sich nach Maßgabe des § 173c RVO (eingefügt durch § 21 Nr 2 RehaAnglG) von der Versicherungspflicht befreien lassen. Der Rehabilitationsträger, der das Übg gewährte, hatte nach § 165 Abs 7 RVO (angefügt durch § 21 Nr 1 Buchst c RehaAnglG) die Pflichten des Arbeitgebers zu erfüllen. Er hatte nach Maßgabe des § 381 Abs 3a Nr 1 RVO (eingefügt durch § 21 Nr 28 Buchst c RehaAnglG) vom Beginn der Mitgliedschaft an die Beiträge zu tragen, die nach dem Grundlohn des § 180 Abs 3a RVO (eingefügt durch § 21 Nr 4 RehaAnglG) berechnet wurden. Die Vorschriften setzten voraus, daß für die nach § 165 Abs 1 Nr 4 RVO Versicherten jeweils ein Rehabilitationsträger vorhanden war. Dieses traf ausnahmslos zu, weil das Gesetz für diese Versicherungspflicht auch den Bezug von Übg verlangte, das nur von den in § 2 RehaAnglG genannten Rehabilitationsträgern geleistet wurde. Versicherungspflicht nach § 165 Abs 1 Nr 4 RVO konnte deshalb nur bei Teilnahme an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation entstehen, für die einer dieser Träger (außer der Versorgungsverwaltung) Rehabilitationsleistungen erbrachte. Die beitragsrechtlichen Vorschriften schlossen an die Trennung des RehaAnglG zwischen der Maßnahme einerseits und dem Träger der Rehabilitation andererseits an. Nach dem Sprachgebrauch des RehaAnglG wird zwischen den - medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden - Maßnahmen zur Rehabilitation und den Rehabilitationsleistungen unterschieden. Mit Maßnahme sind die Veranstaltungen gemeint, an denen der Behinderte teilnimmt, mit Rehabilitationsleistungen die Dienst-, Sach- und Geldleistungen, die im Zusammenhang mit einer Rehabilitationsmaßnahme gewährt werden (vgl zum Sprachgebrauch den Entwurf zum RehaAnglG BT-Drucks 7/1237 S 54).

Neben der Versicherungspflicht der Rehabilitanden wurde mit dem Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter (SVBG) vom 7. Mai 1975 (BGBl I 1061) für Behinderte, die an berufsfördernden Maßnahmen teilnahmen, ein eigener Versicherungspflicht-Tatbestand geschaffen. Nach § 165 Abs 1 Nr 2a RVO (eingefügt durch Art 2 § 1 Nr 1 Buchst a SVBG) waren versichert Personen, die a) in Einrichtungen der Jugendhilfe durch Beschäftigung für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen oder b) in Einrichtungen für Behinderte, insbesondere in Berufsbildungswerken, an einer berufsfördernden Maßnahme teilnehmen,- sofern sie nicht nach Nrn 1, 2 oder 4 versichert sind. Die Regelung über den Vorrang der Versicherungspflicht nach Nr 4 ist während des damaligen Gesetzgebungsverfahrens vom Bundestags-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung eingefügt worden (BT-Drucks 7/3237 S 14). Ein dem § 173c RVO entsprechendes Befreiungsrecht bestand für diese Versicherungspflichtigen nicht. Für sie hatte nach § 165 Abs 7 RVO (idF des Art 2 § 1 Nr 1 Buchst c SVBG) der Träger der Einrichtung die Pflichten des Arbeitgebers zu erfüllen. Er hatte gemäß § 381 Abs 1 Satz 2 RVO (mit der Ergänzung durch Art 2 § 1 Nr 9 SVBG) die Beiträge allein zu tragen, die nach dem Grundlohn des § 180 Abs 1a RVO berechnet wurden (eingefügt durch Art 2 § 1 Nr 3 SVBG). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Befragen erklärt, daß Behinderte wie die Beigeladenen zu 1) bis 3) unter die Geltung der RVO als versicherungspflichtig nach § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO angesehen worden sind. Dann hatte damals die Beigeladene zu 4) als Träger der Einrichtung die Beiträge aufzubringen.

Die Versicherungspflicht-Tatbestände der Nrn 2a und 4 des § 165 Abs 1 RVO sind unter Änderungen in das SGB V übernommen worden. Bei der Versicherungspflicht der Rehabilitanden (früher § 165 Abs 1 Nr 4 RVO) ist nach § 5 Abs 1 Nr 6 das Erfordernis des Bezuges von Übg entfallen. Von § 165 Abs 1 Nr 2a RVO ist in § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V nur die Versicherungspflicht für Personen übernommen worden, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen (vgl früher § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst a RVO). Nicht übernommen worden ist die Versicherungspflicht für die Personen, die in Einrichtungen für Behinderte, insbesondere in Berufsbildungswerken, an berufsfördernden Maßnahmen teilnehmen (früher § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO). Eine Konkurrenz- oder Vorrangregelung zwischen § 5 Abs 1 Nrn 5 und 6 SGB V besteht nicht mehr. Ein Befreiungsrecht haben nach § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V nur die nach Nr 6, nicht die nach Nr 5 des § 5 Abs 1 SGB V Versicherten. Inhaltlich im wesentlichen unverändert geblieben sind bei beiden Versicherungspflicht-Tatbeständen (§ 5 Abs 1 Nrn 5 und 6 SGB V) die jeweiligen melde- und beitragsrechtlichen Folgeregelungen. Für die nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V Versicherungspflichtigen wird weiterhin vorausgesetzt, daß ein Rehabilitationsträger vorhanden ist. Dieser hat die Meldungen zu erstatten (§ 200 Abs 1 Salz 1 Nr 2 SGB V), die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des § 235 Abs 1 SGB V zu tragen (§ 251 Abs 1 SGB V) und zu zahlen (§ 252 SGB V). Für die nach § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V Versicherungspflichtigen ist demgegenüber der Träger der Einrichtung meldepflichtig (§ 200 Abs 1 Nr 1 SGB V). Er hat auch die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des § 235 Abs 1 Satz 3 aF, Satz 4 nF zu tragen (§ 251 Abs 2 Nr 1 SGB V) und zu zahlen (§ 252 SGB V), dh die Pflichten zu erfüllen, die ihn nach der RVO als Arbeitgeber trafen.

Der Vergleich der Vorschriften des neuen mit denen des früheren Rechts zeigt, daß der Gesetzgeber weiterhin als versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V nur diejenigen ansieht, die an einer berufsfördernden Maßnahme eines Rehabilitationsträgers iS des § 2 RehaAnglG (außer an Maßnahmen der Versorgungsverwaltung) teilnehmen. Nenn er gewollt hätte, daß allein die Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme, die als solche bei beliebigen Einrichtungen durchgeführt werden könnte, Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V begründen sollte, hätte es der Worte "zur Rehabilitation" in dieser Vorschrift nicht bedurft. Die Unterscheidung zwischen den Versicherungspflicht-Tatbeständen in § 5 Abs 1 Nrn 5 und 6 SGB V wäre dann nicht notwendig gewesen. Selbst die Befähigung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in den in § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V genannten Einrichtungen der Jugendhilfe könnte als berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation iS des § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V verstanden werden und würde nach dieser Vorschrift Versicherungspflicht begründen. Nur wenn der Kreis der Rehabilitationsträger, die Rehabilitationsmaßnahmen iS des § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V erbringen, gegenüber dem früheren Recht unverändert ist, wird auch der Wegfall der bisherigen Vorrangregelung in § 165 Abs 1 Nr 2a letzter Satzteil RVO verständlich. Während die in § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V aufgeführte Befähigung für eine Erwerbstätigkeit in Einrichtungen der Jugendhilfe nicht als berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation von einem der in § 2 RehaAnglG genannten Rehabilitationsträger zu erbringen war und ist, konnte die Teilnahme an berufsfördernden Maßnahmen in Einrichtungen für Behinderte (§ 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO) auch von einem Rehabilitationsträger als Rehabilitationsleistung erbracht werden. Nur hinsichtlich des zuletzt genannten Tatbestandes konnte deshalb eine Konkurrenz zur Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 4 RVO auftreten. Ein Zusammentreffen von § 5 Abs 1 Nr 5 und § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V ist dagegen nicht mehr möglich und dementsprechend eine Konkurrenz in § 5 Abs 5 bis 8 SGB V nicht geregelt. Ferner wäre die unveränderte Übernahme der melde- und beitragsrechtlichen Folgeregelungen, die für die Versicherung nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V weiterhin einen Rehabilitationsträger voraussetzen, unverständlich, wenn über eine Versicherung nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V alle Kostenträger von berufsfördernden Maßnahmen zu beitragspflichtigen Rehabilitationsträgern iS des § 251 Abs 1 SGB V geworden sein sollten. Dies könnten bei einer von Behinderten oder ihren Eltern finanzierten Maßnahme sogar die Behinderten selbst oder ihre Eltern sein. Das erscheint ausgeschlossen.

Der Gesetzgeber mag davon ausgegangen sein, daß die bisher nach § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO Versicherten durch die geänderte Fassung des § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V im wesentlichen miterfaßt wurden. Diese Annahme liegt nahe, weil durch § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO eine Lücke im Versicherungsschutz der Rehabilitanden geschlossen worden war, die darauf beruhte, daß Übg nicht an alle Empfänger von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation zu zahlen war (vgl zB bei den berufsfördernden Leistungen nach den §§ 56 ff AFG die besonderen Voraussetzungen für den Anspruch auf Übg nach § 59 Abs 1 Sätze 3 bis 5 AFG idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 <BGBl I S 1497>). Da die BA nach den §§ 56 ff AFG auch bei Behinderten, die vorher nicht versicherungs- oder beitragspflichtig waren, zur beruflichen Rehabilitation verpflichtet war, konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß in der Regel die so Geförderten, die bisher nach § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO versicherungspflichtig waren, mit dem Wegfall der Voraussetzung des Übg-Bezugs nunmehr nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V versichert sein würden. Dabei wäre allerdings nicht berücksichtigt worden, daß § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO nicht nur Personen erfassen konnte, bei denen die Anwendung des § 165 Abs 1 Nr 4 RVO am Bezug von Übg scheiterte, sondern auch solche, bei denen zusätzlich eine Maßnahme nicht von einem Rehabilitationsträger durchgeführt wurde. So bestand und besteht etwa mit der Sonderberufsfachschule des Beigeladenen zu 4) eine Einrichtung, die ausschließlich Teilnehmer aufnimmt, welche nach Einschätzung der BA nicht ausreichend rehabilitationsfähig sind und für die sie bereits deshalb keine Rehabilitationsleistungen erbringt.

Die Gesetzesmaterialien zum SGB V sprechen nicht entscheidend dafür, daß nunmehr die berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation in einem weiteren Sinne verstanden werden und damit alle früher nach § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO Versicherten unter § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V fallen sollen. Zwar läßt die Begründung zum Entwurf, der hinsichtlich der Versicherungspflicht-Tatbestände in § 5 Abs 1 Nrn 5 und 6 SGB V sowie der Befreiungsregelung in § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V unverändert Gesetz geworden ist, nicht erkennen, daß im vorliegenden Zusammenhang der Kreis der Versicherungspflichtigen eingeschränkt werden sollte. Dieses erklärt sich jedoch möglicherweise aus der erwähnten Annahme, § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V werde alle früher nach § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO Versicherten erfassen. Dem entsprechen jedoch weder der Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V, der weiterhin eine Rehabilitationsmaßnahme verlangt, noch der Inhalt der Folgeregelungen. Die Vorschrift über die Meldepflicht (§ 200 SGB V) erhielt ihre Fassung durch den Bundestags- Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (Beschluß BT-Drucks 11/3320 S 116; Bericht BT-Drucks 11/3480 S 63 zu § 191 des Entwurfs). Im Bericht heißt es dazu, der Personenkreis der Rehabilitanden sei neu umschrieben worden. Es werde nicht mehr unterschieden, ob diese Übg beziehen oder nicht. Dementsprechend werde auch im Rahmen der Regelung über die Meldepflicht nicht mehr zwischen Rehabilitanden mit und ohne Übg unterschieden. Dies spricht dafür, daß der Ausschuß von einem unveränderten Kreis der Meldepflichtigen ausging. Lediglich in der Begründung zu der Vorschrift über die Berechnung der beitragspflichtigen Einnahmen (§ 244 des Entwurfs, § 235 SGB V) heißt es, bei Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollten oder die in Einrichtungen für Behinderte, insbesondere in Berufsbildungswerken, an einer berufsfördernden Maßnahme teilnähmen und die kein Entgelt erhielten, sei auch künftig ein Fiktiventgelt zugrunde zu legen (BT-Drucks 11/2237 S 224). In dem gegenüber dem Entwurf unveränderten Wortlaut von § 235 Abs 1 Satz 3 SGB V (heute § 235 Abs 1 Satz 4 SGB V) findet diese besondere Erwähnung der Einrichtungen für Behinderte jedoch keinen Niederschlag. Der Wortlaut regelt die Berechnung der beitragspflichtigen Einnahmen einerseits für die Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation, die kein Übg erhalten, und andererseits für die nach § 5 Abs 1 Nr 5 Versicherungspflichtigen. Hinsichtlich der Beitragstragung war in § 260 des Entwurfs allerdings eine Regelung vorgesehen, die davon ausging, daß nach § 5 Abs 1 Nr 6 sowohl Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation versicherungspflichtig werden sollten, bei denen der Rehabilitationsträger die Beiträge trug (§ 260 Abs 1), als auch Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen, bei denen, wie bei den nach § 5 Abs 1 Nr 5 versicherungspflichtigen Jugendlichen, der Träger der Einrichtung beitragstragungspflichtig sein sollte (§ 260 Abs 2 Nr 1). Diese Regelung ist jedoch vom Ausschuß dahin geändert worden, daß in § 251 Abs 2 Nr 1 SGB V nur noch die Versicherungspflichtigen nach § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V aufgeführt sind und damit für alle nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V Versicherten die Beitragslast nach § 251 Abs 1 SGB V beim Rehabilitationsträger liegt. Auch dieses bestätigt, daß die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr G SGB V nur für die echten Rehabilitanden gelten soll, dh für diejenigen, die Leistungen von einem Rehabilitationsträger iS des § 2 RehaAnglG erhalten.

Die Ansicht der Beklagten, daß unabhängig vom Träger alle berufsfördernde Maßnahmen für Behinderte als berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V auslösten, würde die bereits in der RVO enthaltene Struktur der Versicherungspflicht-Tatbestände aufgeben. In § 165 Abs 1 Nr 2a RVO und jetzt in § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V ist die Versicherungspflicht dadurch begrenzt, daß sie auf die Teilnahme an Maßnahmen in besonderen Einrichtungen beschränkt ist. Eine solche institutionelle Beschränkung der Versicherungspflicht war in § 165 Abs 1 Nr 4 RVO und ist in § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V nicht enthalten. Sie ist hier auch nicht notwendig, weil nur solche berufsfördernde Maßnahmen Versicherungspflicht auslösen, die von einem Rehabilitationsträger erbracht werden. Dadurch ist eine ähnlich klare Abgrenzung dieses Versicherungspflicht-Tatbestandes gewährleistet, wie ihn die institutionelle Abgrenzung bei der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V herbeiführt. Nur auf diese Weise ist sichergestellt, daß nicht jede Maßnahme, die von einem beliebigen Träger angeboten wird, als berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V auslöst.

Eine Einbeziehung der bisher nach § 165 Abs 1 Nr 2a Buchst b RVO Versicherungspflichtigen in die nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V Versicherungspflichtigen würde darüber hinaus zu einer systemwidrigen Trennung von melde- und beitragsrechtlichen Pflichten in der Krankenversicherung und in anderen Versicherungszweigen führen. Für diejenigen, die in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für Behinderte für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, bestanden und bestehen in der Rentenversicherung (§ 1227 Abs 1 Satz 1 Nr 3a RVO; § 2 Abs 1 Nr 2a des Angestelltenversicherungsgesetzes; § 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung (§ 168 Abs 1 Satz 2 AFG; § 26 Abs 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuchs - Arbeitsförderung <SGB III>) Versicherungspflicht-Tatbestände, bei denen jeweils den Träger der Einrichtung die Meldepflicht sowie die Beitragstragungs- und -zahlungspflicht traf und trifft. Dementsprechend geht die Beklagte auch für den vorliegenden Sachverhalt davon aus, daß für die Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung die Beigeladene zu 4) und nicht der Kläger die Beiträge zu tragen und zu zahlen hat. Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber nur in der Krankenversicherung eine Versicherungspflicht gewollt hat, bei der nicht der Träger der Einrichtung, sondern ein Geldgeber für die Maßnahme als "Rehabilitationsträger" die Melde- und Beitragspflichten zu erfüllen hat.

Der Senat hat hier nicht zu entscheiden, ob in der Krankenversicherung möglicherweise Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V und deshalb die Beigeladene zu 4) zur Beitragstragung auch in der Krankenversicherung verpflichtet war (vgl für die Zeit seit 1995 in der Pflegeversicherung § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 59 Abs 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Soziale Pflegeversicherung - SGB XI). Auch wenn man davon ausgeht, daß der Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 5 SGB V insoweit nicht auslegungsfähig ist und eine Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift bei einem Sachverhalt wie hier nicht in Betracht kommt, kann dies nicht zu der Annahme einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V führen. Die Regelung in anderen Versicherungszweigen läßt sich im Wege der Rechtsanwendung nicht auf die Krankenversicherung übertragen, weil eine versicherungszweigübergreifende einheitliche Regelung für denselben Personenkreis nicht zwingend geboten ist und die notwendigen Folgeregelungen in den einzelnen Zweigen von unterschiedlichem Umfang sind. In der Krankenversicherung mag ein Versehen des Gesetzgebers vorliegen, der möglicherweise davon ausging, daß bei allen Behinderten in berufsfördernden Maßnahmen typischerweise Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V besteht. Dem Senat ist es jedoch verwehrt, möglicherweise bestehende Lücken im Versicherungsschutz, die im übrigen vielfach durch eine Familienversicherung nach § 10 SGB V geschlossen werden, durch eine entsprechende ausdehnende Anwendung von Versicherungspflicht- Tatbeständen und der Folgeregelungen im Befreiungs-, Melde- und Beitragsrecht auszufüllen. Dieses ist vielmehr Angelegenheit des Gesetzgebers.

Hiernach waren auf die Revision des Klägers die Urteile der Vorinstanzen und die angefochtenen Bescheide aufzuheben, weil der Kläger nicht beitragspflichtig ist. Soweit der Kläger letzteres mit einem Feststellungsantrag allgemein für die Schüler der Sonderberufsfachschule gesondert festgestellt haben will, war seine Revision jedoch als unzulässig zu verwerfen. Denn insoweit ist der Kläger durch das angefochtene Urteil nicht beschwert, weil er beim LSG einen solchen Antrag nicht gestellt und das LSG hierüber nicht entschieden hat. Eine Klageerweiterung, die eine Klageänderung darstellt, ist nach § 168 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Revisionsverfahren unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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