Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 16.12.2003
Aktenzeichen: B 12 KR 25/03 R
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 240 Abs 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 16. Dezember 2003

Az: B 12 KR 25/03 R

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Peters, die Richter Dr. Berchtold und Prof. Dr. Schlegel sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Klasen und die ehrenamtliche Richterin Gabke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. März 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darum, ob Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung berücksichtigt werden durfte.

Der 1943 geborene Kläger bezog seit 1996 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von anfangs rund 1.600 DM. Da er zunächst die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfüllte, war er freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse.

Im Oktober 1997 nahm der Kläger eine geringfügige Beschäftigung auf, in der er damals monatlich 516,20 DM verdiente. Mit Bescheid vom 16. März 1998 stufte die Beklagte den Kläger von Oktober 1997 an höher ein, weil sie neben dem Zahlbetrag der Rente auch das jeweilige Arbeitsentgelt als beitragspflichtige Einnahme berücksichtigte. Daraus ergab sich ein monatlicher Beitrag, der ab Oktober 1997 zunächst bei monatlich 297 DM lag. Der Kläger hat Widerspruch erhoben, weil er gegenüber pflichtversicherten Rentnern benachteiligt werde, bei denen solches Arbeitsentgelt nicht beitragspflichtig sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 1998 zurück.

Der Kläger hat Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte weitere, teils rückwirkende Einstufungsbescheide erlassen, darunter Bescheide vom 8. Februar 2000. Dabei hat sie weiterhin das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung berücksichtigt. Der Kläger hat vor dem SG zuletzt beantragt, die Bescheide vom 16. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 1998 sowie die weiteren Einstufungsbescheide abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den monatlichen Beitrag nur unter Zugrundelegung der Erwerbsunfähigkeitsrente zu berechnen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. Juni 2000 abgewiesen.

Der Kläger hat beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte weitere Einstufungsbescheide erlassen. Zuletzt hat sie mit Bescheid vom 6. November 2001 wegen rückwirkender Rentenneufestsetzung die Beiträge für die Zeit vom 20. Dezember 1996 bis zum 30. Juni 2001 neu berechnet und mit Bescheid vom 8. November 2001 ab Juli 2001 auf monatlich 319,50 DM festgesetzt. Auch dabei hat sie jeweils das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung herangezogen. Der Kläger hat sich vor dem LSG zuletzt darauf beschränkt geltend zu machen, dieses Arbeitsentgelt dürfe bei ihm jedenfalls ab April 1999 nicht mehr zur Beitragsbemessung herangezogen werden, weil seither der Arbeitgeber hierauf einen Pauschalbetrag von 10 vH zu entrichten habe (§ 249b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Ferner hat er die Beitragsbemessung nur noch bis März 2002 beanstandet, weil er infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. März 2000 (BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42) seit dem 1. April 2002 Pflichtmitglied in der KVdR geworden war und deshalb Beiträge vom Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung nicht mehr erhoben wurden. Dementsprechend hat der Kläger zuletzt vor dem LSG nur noch beantragt, die Bescheide für die Zeit von April 1999 bis März 2002 aufzuheben, soweit Beiträge unter Berücksichtigung des Arbeitsentgelts berechnet worden sind. Das LSG hat mit Urteil vom 26. März 2003 das Urteil des SG geändert sowie den Bescheid vom 8. Februar 2000 und die Folgebescheide aufgehoben, soweit auf den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung während der Zeit von April 1999 bis März 2002 der Beitrag des Arbeitgebers in Höhe von 10 vH nicht angerechnet worden ist. Die Beklagte habe die Beiträge des Klägers zwar zutreffend unter Berücksichtigung der Nebeneinkünfte aus seiner geringfügigen Beschäftigung festgesetzt. Zu Unrecht habe sie dabei jedoch den Pauschalbeitrag des Arbeitgebers unberücksichtigt gelassen und damit eine systemwidrige Doppelbelastung herbeigeführt. Neben dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers könne vom Versicherten der volle Beitrag nicht verlangt werden. Der Kläger müsse aber die Differenz tragen, die sich aus dem Unterschied zwischen dem Beitragssatz seiner Kasse und dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers ergebe, damit die Kasse so jedenfalls einen vollen Beitrag erhalte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V. Das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung gehöre nach Gesetz und Satzung zu den beitragspflichtigen Einnahmen, auf die der Kläger als freiwilliges Mitglied Beiträge zu entrichten habe. Daran ändere der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers nichts. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Bescheide vom 6. und 8. November 2001 die früheren Bescheide für die Zeit ab Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung im Oktober 1997 in vollem Umfang ersetzt haben und eine Entscheidung des Senats hierüber den gesamten Streit erledigt.

Im Hinblick hierauf beantragt die Beklagte,

das Urteil des LSG vom 26. März 2003 zu ändern sowie die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 28. Juni 2000 in vollem Umfang zurückzuweisen und die Klage gegen die Bescheide vom 6. und 8. November 2001 in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er äußert Bedenken gegen die Zulässigkeit der Revision, weil sich die Beklagte mit den Entscheidungsgründen des LSG nicht hinreichend auseinander gesetzt habe. In der Sache sei das Urteil des LSG zutreffend.

Die Beklagte hat dem Senat auf Anfrage die (ermäßigten) Beitragssätze mitgeteilt, die in der freiwilligen Versicherung des Klägers von April 1999 bis März 2002 galten: 13,2 vH für die Zeit von April bis August 1999, 13,0 vH für die Zeit von September 1999 bis Dezember 2001 und 13,6 vH für die Monate Januar bis März 2002.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Bescheide der Beklagten vom 6. und 8. November 2001 im ausgeurteilten Umfang aufgehoben. Die Beklagte durfte im streitigen Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 31. März 2002 das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung nach Einführung des Arbeitgeberbeitrags der Beitragsbemessung des Klägers selbst nicht mehr zu Grunde legen.

1. Die Revision der Beklagten ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt trotz der vom Kläger hiergegen geltend gemachten Bedenken noch den Erfordernissen des § 164 Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision nur gegen die teilweise Aufhebung von Folgebescheiden durch das LSG und dabei zuletzt nur noch der Bescheide vom 6. und 8. November 2001 hinsichtlich der Beitragserhebung zur Krankenversicherung für die Zeit von April 1999 bis März 2002. Die Bescheide vom 6. und 8. November 2001 haben für die genannte Zeit alle früheren Bescheide zu den Krankenversicherungsbeiträgen ersetzt und sind iS des § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Beklagte ist durch die Entscheidung des LSG nur insoweit beschwert, wie das LSG den Pauschalbeitrag des Arbeitgebers auf die Beitragsforderung gegen den Kläger für anrechenbar erklärt hat. Soweit danach die verbleibende Beitragsforderung gegen den Kläger Bestand hat, ist die Beklagte nicht beschwert. Dieses ist vielmehr nur der Kläger. Allerdings hat das LSG ihn, was verfahrensrechtlich angezeigt gewesen wäre, nicht "im Übrigen" ausdrücklich abgewiesen. Falls eine solche Entscheidung dem Urteil sinngemäß entnommen werden könnte, hat jedenfalls der Kläger selbst weder Revision noch Anschlussrevision eingelegt.

2. Der Kläger war als Rentner zunächst freiwillig bei der Beklagten versichert, weil er die erforderlichen Vorversicherungszeiten für eine Pflichtmitgliedschaft in der KVdR nicht aufzuweisen hatte. Pflichtmitglied in der KVdR wurde der Kläger infolge der Entscheidung des BVerfG vom 15. März 2000 (BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42) erst am 1. April 2002. In der KVdR konnten auf das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung vom Kläger keine Beiträge verlangt werden (unten 5.a). Dieses wird für die Zeit ab April 2002 auch von der Beklagten nicht bezweifelt. Im vorliegenden Verfahren geht es jedoch noch um die Beitragserhebung in der freiwilligen Versicherung ab April 1999. Die Änderungen im Recht der geringfügigen Beschäftigung, die durch Art 2 Nr 2a bis 4 und Art 3 Nr 8 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4621) ab 1. April 2003 gelten, sind hier noch nicht anzuwenden.

3. In der freiwilligen Versicherung des Klägers durfte die Beklagte den Beitrag ursprünglich (vor April 1999) auch auf das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung erheben. Auf der Grundlage des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V (Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) reichte nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 26 S 95/96) eine generalklauselartige Bestimmung wie in § 15 Abs 3 Satz 2 der Satzung der Beklagten (Einnahmen und Geldmittel zum Lebensunterhalt) aus, um dieses Arbeitsentgelt als beitragspflichtige Einnahme zu behandeln. Dementsprechend ist die Beklagte beim Kläger mit dessen Arbeitsentgelt und Rente von monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen von insgesamt 2.236,65 DM ausgegangen. Die Beklagte hat den Kläger mit den genannten Einnahmen in die Beitragsstufe 8 der Beitragsklasse F 12 0 eingestuft, die von 2.100,01 DM bis 2.400 DM reichte und einen Mittelwert von 2.250 DM aufwies. Hierauf hat die Beklagte in der Versicherung ohne Krankengeld den ermäßigten Beitragssatz (§ 243 SGB V) von 13,2 vH angewandt und so für März 1999 einen Monatsbeitrag von 297 DM errechnet. Ihn hatte der Kläger entsprechend den allgemeinen Regeln über die freiwillige Versicherung nach § 250 Abs 2 SGB V allein zu tragen und nach § 252 Satz 1 SGB V zu zahlen.

4. Diese Beitragserhebung war der Beklagten jedoch für die Zeit vom 1. April 1999 an verwehrt, soweit sie auf der Heranziehung des Arbeitsentgelts aus der geringfügigen Beschäftigung beruhte. Denn zu diesem Zeitpunkt ist in das Beitragsrecht des SGB V durch Art 3 Nr 4 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (im Folgenden: Neuregelungsgesetz) vom 24. März 1999 (BGBl I 388) der § 249b eingeschoben worden. Nach dessen ursprünglicher Fassung hatte der Arbeitgeber einer Beschäftigung nach § 8 Abs 1 Nr 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) für die Versicherten, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig waren, einen Beitrag in Höhe von 10 vH des Arbeitsentgelts dieser Beschäftigung zu tragen und zu zahlen. Damit enthält § 249b SGB V eine in sich vollständige Regelung für die Beitragserhebung auf Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung: Sie geht von dem Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung als beitragspflichtiger Einnahme aus. Sie bestimmt einen eigenen, bundeseinheitlichen und pauschalen Beitragssatz von 10 vH. Sie macht schließlich für diesen Pauschalbeitrag allein den Arbeitgeber tragungs- und zahlungspflichtig. Diese Regelung schließt als späteres Gesetz (lex posterior), als spezielles Gesetz (lex specialis) für das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung und als höherrangiges Recht gegenüber dem Satzungsrecht der Krankenkassen eine Beitragserhebung auf dieses Arbeitsentgelt bei den freiwilligen Mitgliedern selbst aus. Dieses Arbeitsentgelt ist keine beitragspflichtige Einnahme iS des § 240 Abs 1, 2 Satz 1 SGB V und der entsprechenden Satzungsregelungen der Kassen mehr.

5. Die Beklagte vertritt die Ansicht, sie habe neben dem vom Arbeitgeber für den Versicherten geschuldeten Pauschalbeitrag nach einem Beitragssatz von 10 vH vom Kläger als Mitglied noch einen vollen eigenen Beitrag nach einem Beitragssatz von hier 13,2 vH verlangen dürfen (Doppelbeitrags-Lösung). Dem vermag der Senat aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu folgen.

a) Das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung kennt an keiner Stelle eine mehrfache Beitragserhebung auf ein und dieselbe beitragspflichtige Einnahme wie hier das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung. Vielmehr wird auf eine einzige Einnahme durchgehend nur ein einziger Beitrag erhoben, der lediglich nach der Höhe des Beitragssatzes (§§ 241 ff SGB V) verschieden sein kann und vom Arbeitgeber, dem Mitglied oder einem Dritten ganz oder anteilig getragen wird (§§ 249 ff SGB V). Hiermit ist es unvereinbar, nur bei den freiwilligen Mitgliedern auf das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung neben dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers von 10 vH noch einen vollen Beitrag zu verlangen, der hier bei einer Versicherung ohne Krankengeld nach einem Beitragssatz von 13,2 vH berechnet worden ist. Bei allen anderen Gruppen von Versicherten sieht selbst das Neuregelungsgesetz, das der Erosion der Beitragsbemessungsgrundlage entgegenwirken sowie arbeitsmarktpolitischen Gründen und Gründen der Wettbewerbsneutralität dienen sollte (Begründung des Entwurfs BT-Drucks 14/280 S 10 f und S 13 f zu Nr 4 - § 249b SGB V), keinen Doppelbeitrag vor. Vielmehr wurde bei versicherungspflichtig Beschäftigten (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) die entgeltgeringfügige Nebenbeschäftigung nach der Änderung des § 8 Abs 2 SGB IV durch Art 1 Nr 2 Buchst b des Neuregelungsgesetzes mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und damit der Versicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Deswegen war fortan auch auf das Arbeitsentgelt aus einer solchen geringfügigen Beschäftigung ein Beitrag zu entrichten, aber nur ein einziger, der nach § 249 Abs 1 SGB V je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Mitglied zu tragen war. Soweit die entgeltgeringfügige Beschäftigung nicht in die Versicherungspflicht einbezogen und deshalb das Arbeitsentgelt nicht der allgemeinen Beitragspflicht unterworfen wurde, war nur die Erhebung eines Pauschalbeitrags beim Arbeitgeber nach § 249b SGB V vorgesehen. Dieses galt etwa für das Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen von versicherungspflichtigen Studenten (§ 5 Abs 1 Nr 9 SGB V) oder versicherungspflichtigen Rentnern (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V), bei denen dieses Arbeitsentgelt nach den §§ 236, 237 SGB V nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehört. Daran hat das Neuregelungsgesetz nichts geändert. Soweit von Arbeitgebern geringfügig beschäftigter Studenten der Pauschalbeitrag nach § 249b SGB V verlangt wird, bestehen im Übrigen Zweifel an der Vereinbarkeit einer solchen Beitragserhebung mit der Versicherungs- und Beitragsfreiheit sogar nicht geringfügiger Beschäftigungen auf Grund des Werkstudentenprivilegs des § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V (vgl Peters in Kasseler Kommentar, § 249b SGB V RdNr 13, Stand September 2003).

b) Die Doppelbeitrags-Lösung ist ferner wegen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 Grundgesetz <GG>) bedenklich. Sie belastet nur bei den freiwilligen Mitgliedern das genannte Arbeitsentgelt allein in der Krankenversicherung mit Beiträgen nach einem Beitragssatz von insgesamt mehr als 23 vH. Dafür vermag der Senat ausreichende Rechtfertigungsgründe nicht zu erkennen. Die Bedenken gegen die Gesamtbelastung des Arbeitsentgelts mit einem Doppelbeitrag können nicht dadurch ausgeräumt werden, dass dem Mitglied entgegengehalten wird, es zahle selbst nur einen vollen Beitrag und der Pauschalbeitrag, den der Arbeitgeber nach § 249b SGB V für ihn als Versicherten zu zahlen habe, gehe das Mitglied nichts an. Vielmehr muss auch die höhere Gesamtbelastung des Arbeitsentgelts mit Beiträgen des freiwilligen Mitglieds und seines Arbeitgebers zu der vergleichbaren Gesamtbelastung des Arbeitsentgelts anderer Versicherter und ihrer Arbeitgeber in einem angemessenen Verhältnis stehen. Dieses ist bei der hier vorliegenden übermäßig hohen und systemwidrigen Gesamtbelastung nicht der Fall.

c) Für die Doppelbeitrags-Lösung wird angeführt, dass der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien den Pauschalbeitrag zusätzlich zum bisherigen Beitrag der Mitglieder habe einführen wollen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass in der Begründung zum Entwurf des Neuregelungsgesetzes als Anwendungsbereich für den Pauschalbeitrag des Arbeitgebers auch die freiwillig Versicherten genannt sind (BT-Drucks 14/280 S 13 f zu Nr 4 - § 249b SGB V). Daraus ist aber nicht zu entnehmen, dass im Gesetzgebungsverfahren die Problematik einer doppelten Beitragserhebung erkannt und diese trotzdem gewollt oder wenigstens in Kauf genommen worden ist. So ist nicht erkennbar, dass die frühere Praxis, von den freiwilligen Mitgliedern volle Beiträge auf das genannte Arbeitsentgelt zu erheben (oben 3.), bekannt war und berücksichtigt worden ist. In diesem Falle wäre die Annahme unberechtigt gewesen, das Arbeitsentgelt werde der Bemessung von Beiträgen entzogen. Unklar ist nach den Gesetzesmaterialien ferner, ob nicht davon ausgegangen wurde, dass freiwillig Versicherte auch ohne einen eigenen Beitrag auf das geringfügige Arbeitsentgelt wegen der anderen bei ihnen beitragspflichtigen Einnahmen, jedenfalls aber wegen der Mindestbeiträge nach § 240 Abs 4 SGB V ohnehin einen ausreichenden Beitrag zu zahlen haben, sodass auf das Arbeitsentgelt der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers als ausreichend angesehen wurde. Soweit später die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit auf eine Anfrage im Bundestag die Doppelbeitrags-Lösung vertreten hat (BT-Drucks 14/2212 S 29 f), ist dieses für die Anwendung des Gesetzes durch die Gerichte ohne entscheidende Bedeutung. Soweit die Doppelbeitrags-Lösung in der Literatur vertreten wird, ist dort auf deren Problematik nicht eingegangen.

6. Kommt demnach bei freiwilligen Mitgliedern für die Beitragsbemessung aus dem Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung nur ein einziger Beitrag in Betracht, so ist dieses wegen des Vorrangs dieser Regelung (oben 4.) der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers für den Versicherten nach § 249b SGB V. Allerdings führt diese Ein-Beitrags-Lösung mit Vorrang des Arbeitgeberbeitrags dazu, dass die freiwilligen Mitglieder ab April 1999 anders als vorher einen eigenen Beitrag auf das genannte Arbeitsentgelt nicht mehr zu zahlen haben. Diese Mitglieder sind damit auch gegenüber den versicherungspflichtig Beschäftigten begünstigt, die nach Einbeziehung auch ihrer ersten Nebenbeschäftigung in die Versicherungs- und Beitragspflicht (anders ab 1. April 2003) auf das Arbeitsentgelt den Arbeitnehmeranteil zu tragen haben (oben 5.a). Im Gegensatz zu diesen versicherungspflichtig Beschäftigten erhalten die Krankenkassen mit dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers in Höhe von 10 vH auf das genannte Arbeitsentgelt auch keinen vollen Beitrag nach den Beitragssätzen der §§ 241 ff SGB V mehr. Diese Ungereimtheiten sind jedoch im Vergleich zu denen der Doppelbeitrags-Lösung geringer und hinzunehmen, weil das Gesetz in § 249b SGB V für alle Versicherten, die nicht in der geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig sind, die Erhebung des Pauschalbeitrags vom Arbeitgeber vorgesehen hat. Eine alleinige Beitragserhebung bei den freiwilligen Mitgliedern hätte den Arbeitgeber entgegen dem Ziel des Neuregelungsgesetzes nicht rechtlich an der Beitragslast beteiligt, um beitragsfreie geringfügige Beschäftigungen weniger erstrebenswert zu machen.

7. Um den Krankenkassen auch bei freiwilligen Mitgliedern auf das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung einen vollen Beitrag zu sichern, hat das LSG im vorliegenden Verfahren eine Anrechnungslösung vertreten. Sie besteht darin, dass der freiwillig Versicherte zwar auf das Arbeitsentgelt seinen Beitrag zu entrichten hat, hierauf aber der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers anzurechnen ist. Der Senat vermag dieser Ansicht nicht zu folgen. Sie ist im geltenden Beitragsrecht ohne Vorbild. Gegen einen so gespaltenen Beitrag spricht auch, dass der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers nach der genannten Begründung des Entwurfs zum Neuregelungsgesetz keine Leistungsansprüche auslösen soll, während das bei eigenen Beiträgen des Mitglieds jedenfalls in einer Versicherung mit Krankengeld der Fall wäre. Wegen dieser und weiterer, auch praktischer Schwierigkeiten bedürfte die genannte oder eine andere mehr systemgerechte Lösung (vgl Peters in Kasseler Kommentar, § 249b SGB V RdNr 25 ff, Stand September 2003) einer gesetzlichen Grundlage.

8. Der Senat verkennt nicht, dass die hier getroffene Entscheidung nicht in jeder Hinsicht befriedigt. Dieses ist jedoch darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber die Behandlung der geringfügigen Beschäftigungen in der Krankenversicherung durch das genannte Neuregelungsgesetz grundlegend geändert hat. Dabei ist aus politischen und wirtschaftlichen Überlegungen heraus die frühere Pauschalsteuer von 22 vH durch pauschale Beiträge des Arbeitgebers in Höhe von 10 vH in der Krankenversicherung und von 12 vH in der Rentenversicherung ersetzt worden. Der Beitragsatz von 10 vH in § 249b Satz 1 SGB V ursprünglicher Fassung ist so gesehen für das Beitragsrecht der Krankenversicherung eine gegriffene Größe, die weder einem vollen noch einem halben Beitragssatz iS der §§ 241 ff SGB V entspricht. Bei der Anwendung solcher Regelungen, die nicht in das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung eingepasst sind, kann die Rechtsprechung nicht zu Ergebnissen gelangen, die in jeder Hinsicht stimmig sind. Ob Arbeitgeber den ihnen für die Versicherten auferlegten Pauschalbeitrag aus verfassungsrechtlichen Gründen mit Erfolg angreifen könnten, war hier nicht zu entscheiden, weil sich der Kläger nur gegen den von ihm verlangten Beitrag wendet und er durch die geltende Regelung zum Arbeitgeberbeitrag nur begünstigt und nicht belastet wird.

9. Hiernach war die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

Zurück