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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Beschluss verkündet am 22.12.2008
Aktenzeichen: B 12 KR 51/07 B
Rechtsgebiete: SGG


Vorschriften:

SGG § 169 Satz 2
SGG § 169 Satz 3
SGG § 160a Abs 2 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Beschluss

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 KR 51/07 B

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 22. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Balzer sowie den Richter Dr. Bernsdorff und die Richterin Hüttmann-Stoll

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. Mai 2007 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, in welche Beitragsklasse der Kläger einzustufen ist.

Der Kläger war als selbstständiger Versicherungsvermittler bei der beklagten Krankenkasse freiwillig versichert. Diese stufte den Kläger in die Beitragsklasse F12 0 ohne Krankengeldanspruch ein und setzte den Beitrag auf 459 Euro fest. Widerspruch und Klage gegen die Beitragseinstufung waren erfolglos. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe keine nachprüfbaren Nachweise hinsichtlich seiner behaupteten selbstständigen Tätigkeit für den hier streitigen Zeitraum vorgelegt. Deshalb seien die Voraussetzungen für die von ihm begehrte Einstufung in die Beitragsklasse F11 4 mit Krankengeldanspruch nicht nachweisbar.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 10.5.2007.

II

Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Dagegen ist die behauptete inhaltliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung kein Revisionszulassungsgrund.

Der Kläger macht Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend. Wird die Beschwerde auf einen Verfahrensmangel gestützt, muss gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dieser in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bezeichnet werden. Eine ordnungsgemäße Bezeichnung setzt voraus, dass die verletzte Verfahrensnorm und die die Verletzung vermeintlich begründenden Tatsachen substanziiert dargelegt werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, SozR 3-1500 § 73 Nr 10). Dieser Anforderung genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger rügt einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs, weil er darauf hätte hingewiesen werden müssen, dass an der Entscheidung des LSG ein Richter mitwirken werde, bei dem Gründe vorgelegen hätten, die Anlass zur Besorgnis gaben, dass dieser nicht unparteiisch sei, sodass er bei Kenntnis diesen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hätte. Die grundrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters umfasst das Recht auf ein unparteiisches Gericht. Dessen Unparteilichkeit wird ua durch das Recht eines Beteiligten gesichert, Rechtspersonen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen (§ 60 Abs 1 SGG iVm §§ 42 ff ZPO). Damit ein Beteiligter von diesem Recht Gebrauch machen kann, muss das Gericht ihn auf einen ihm als Außenstehenden verborgenen Sachverhalt hinweisen, der aus der Sicht einer objektiv und vernünftig urteilenden Partei Anlass für einen - begründeten - Befangenheitsantrag sein kann. Der 9. Senat des BSG hat daraus den Schluss gezogen, dass ein Gericht gegen das Gebot, die Beteiligten rechtlich zu hören, verstößt, wenn es sie über einen verborgenen, dem Gericht aber bekannten möglichen Ablehnungsgrund gegen einen Richter nicht informiert (BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 2).

Hinsichtlich der Umstände, die einen Ablehnungsgrund ergeben könnten, verweist der Kläger darauf, dass er vor Erhebung seiner Klage von der beim Sozialverband Deutschland tätigen Ehefrau des Richters in einem gut einstündigen Gespräch beraten worden sei, eine Prozessvertretung dann jedoch nicht erfolgt sei. Der vormals am Sozialgericht (SG) tätige Richter habe ihn als möglichen Beteiligten in einem Gerichtssaal des SG angesprochen, in dem er als Zuhörer anwesend gewesen sei. Er habe sich mit seinem Familiennamen vorgestellt und dem Richter gegenüber geäußert, dass er von seiner Ehefrau beraten worden sei und es sich dabei um einen Rechtsstreit bezüglich Krankengeld gegen die DAK gehandelt habe. Ob damit überhaupt ein verborgener, dh vor der Entscheidung für den Kläger nicht erkennbarer Sachverhalt aufgezeigt ist, erscheint zweifelhaft. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nimmt jedenfalls an, die Verfahrensbeteiligten könnten und müssten sich über die Person der entscheidenden Richter durch Einblick in den Geschäftsverteilungsplan informieren. Es liegt nahe, dann auch den Beteiligten zu verwehren, sich auf die fehlende Kenntnis der Person eines an der Entscheidung beteiligten Richters zu berufen (vgl zu einer solchen Informationsobliegenheit etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.9.1997, 1 BvR 116/94, NJW 1998, 369). Jedenfalls dann, wenn wie hier alle sonstigen Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit begründen sollen, dem Kläger vor der Entscheidung bekannt waren, wäre danach schon deshalb kein verfahrensrelevanter Verstoß gegen die Pflicht zum rechtlichen Gehör dargelegt, weil der Kläger bei Wahrnehmung seiner prozessualen Befugnisse - Erkundigung nach den Namen der beteiligten Richter - den Ablehnungsantrag vor der Entscheidung hätte stellen können. Darüber hinaus bestand aber auch unter Zugrundelegung des mitgeteilten Sachverhalts keine Hinweispflicht des Richters, weil kein Ablehnungsgrund bestand. Allein eine Beratung eines Klägers vor Erhebung der Klage gegen einen Verwaltungsakt durch die Ehefrau eines Richters, die ihrerseits insoweit als Angestellte eines Verbandes tätig geworden ist, stellt keinen Grund dar, bei dem Richter die Besorgnis der Befangenheit anzunehmen. Ein Tätigwerden der Ehefrau gegenüber Verwaltung oder Gericht im Namen des Klägers ist nicht erfolgt. Selbst wenn dem Richter im vorliegenden Fall aufgefallen sein sollte, dass dies der Rechtsstreit war, von dem der Kläger ihm gegenüber gesprochen hatte, musste er deshalb dies nicht dem Kläger gegenüber anzeigen.

Darüber hinaus rügt der Kläger die Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil das Gericht seine Berufungsbegründung nicht zur Kenntnis genommen und sich nicht nochmals bei ihm erkundigt habe, ob er sich ergänzend äußern wolle. Wird eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht, ist darzulegen, welche Äußerung verhindert worden ist und inwieweit deren Kenntnisnahme zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BSGE 69, 280 = SozR 3-4100 § 128a Nr 5). Diese Anforderung erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

Zwar macht der Kläger geltend, er habe eine dreiseitige Berufungsbegründung vom 27.3.2007 an das LSG übersandt, diese sei dort nicht angekommen, befinde sich jedenfalls nicht in den Akten und habe deshalb durch das LSG nicht berücksichtigt werden können. Das LSG hätte nochmals anfragen müssen, ob er sich im Berufungsverfahren ergänzend äußern wolle. Auch sei ihm das Protokoll über den Erörterungstermin vom 29.6.2006 trotz mehrfacher Bitte nicht übersandt worden. Darüber hinaus hätte das LSG im Hinblick auf seine aktenkundige Mitteilung über das Fortbestehen von Unfallfolgen Zweifel haben müssen, ob er den ihm erteilten Hinweis vom 15.3.2007 tatsächlich habe zur Kenntnis nehmen und sachgerecht darauf hätte reagieren können. Selbst wenn damit Umstände dargelegt würden, die bei der Prüfung der Verletzung des rechtlichen Gehörs in Betracht gezogen werden können, fehlt es dennoch an der erforderlichen weiteren Darlegung, was der Kläger vorgetragen hätte bzw welche Unterlagen er vorgelegt hätte und inwieweit das LSG dann eine andere Entscheidung hätte treffen können, wenn ein Hinweis des Gerichts erfolgt, das Protokoll übersandt und die Berufungsbegründung zu den Akten gelangt wäre.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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