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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 07.02.2002
Aktenzeichen: B 12 KR 6/01 R
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art 3 Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 7. Februar 2002

Az: B 12 KR 6/01 R

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Peters, die Richterin Harbeck und den Richter Dr. Schlegel sowie den ehrenamtlichen Richter Kolb und die ehrenamtliche Richterin Gabke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 2. November 2000 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Umstritten ist, ob die Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen hat.

Die Klägerin ist eine Fluggesellschaft, die ihren Arbeitnehmern freie oder verbilligte Flüge mit so genanntem Stand-by-Status anbietet. Diese Flüge sind mit einer Reservierungsbeschränkung versehen und können nur in Anspruch genommen werden, wenn der Flug nicht an einen voll zahlenden Fluggast verkauft werden kann. Die Klägerin ermittelte den geldwerten Vorteil der kostenlosen und verbilligten Stand-by-Flüge nach § 8 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und führte hierauf pauschale Lohnsteuer nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG ab, soweit der geldwerte Vorteil je Arbeitnehmer 1990 nicht über der Pauschalierungshöchstgrenze von 2.000 DM lag. Sozialversicherungsbeiträge entrichtete sie nur, soweit der geldwerte Vorteil des einzelnen Arbeitnehmers über 2.000 DM im Kalenderjahr lag; im Übrigen (bis 2.000 DM) wurden Beiträge nicht entrichtet.

Die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle stellte dies im Oktober 1991 bei einer Betriebsprüfung fest. Mit Bescheid vom 13. Februar 1992 verlangte sie von der Klägerin für 1990 Gesamtsozialversicherungsbeiträge von 3.338,10 DM für 15 im Bescheid namentlich genannte Arbeitnehmer, denen wegen ihrer Mitarbeiterflüge jeweils ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zugeordnet war. Die Klägerin widersprach mit der Begründung, der geldwerte Vorteil der Vergünstigung bei den Mitarbeiterflügen sei als laufendes Arbeitsentgelt anzusehen. Er sei daher nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen und damit beitragsfrei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 1993 zurück. Bei den Vergünstigungen handele es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das in der Sozialversicherung nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV unabhängig davon beitragspflichtig sei, ob es individuell oder pauschal versteuert werde. Die Rabatte würden nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum, sondern wegen des Arbeitsverhältnisses insgesamt gewährt.

Im anschließenden Gerichtsverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, verbilligte Mitarbeitertickets seien keine Belegschaftsrabatte, die unter § 8 Abs 3 EStG fielen, vielmehr seien hierfür Sachbezugswerte nach § 8 Abs 2 EStG festgesetzt und nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV zu behandeln. Das Sozialgericht (SG) hat die Bundesanstalt für Arbeit (BA, Beigeladene zu 1), die zuständige Landesversicherungsanstalt (LVA, Beigeladene zu 2), die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, Beigeladene zu 3) und die im Beitragsbescheid genannten 15 Arbeitnehmer beigeladen. Es hat die Klage mit Urteil vom 7. August 1997 abgewiesen. Die Vergünstigungen bei Mitarbeiterflügen seien als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt beitragspflichtig.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Beiladung der Arbeitnehmer wieder aufgehoben. Es hat die Berufung mit Urteil vom 2. November 2000 zurückgewiesen. Die Vergünstigung sei ein geldwerter Vorteil, auf den die Ausnahmeregelung des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV nicht anwendbar und der geldwerte Vorteil daher unbeschränkt und unabhängig von steuerrechtlichen Vorschriften beitragspflichtiges Entgelt sei. Es handele sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der Vorschriften über die Einmalzahlung. Kostenlose oder verbilligte Mitarbeiterflüge seien bei einer Gesamtbetrachtung ihres tatsächlichen und rechtlichen Charakters kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Im Übrigen würde ihre Bewertung als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, weil es leistungsrechtlich nicht ausreichend berücksichtigt werde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des LSG vom 2. November 2000 und das Urteil des SG vom 7. August 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 1993 aufzuheben.

Die Beklagte sowie die beigeladenen BA und BfA beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angegriffene Urteil für zutreffend. Die beigeladene LVA hat keinen Antrag gestellt, sich aber den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. Der Senat hat den Arbeitnehmer U. V. mit dessen Einverständnis zum Rechtsstreit notwendig beigeladen (Beigeladener zu 4). Dieser hat keinen Antrag gestellt. Die übrigen Arbeitnehmer waren nicht mehr erreichbar.

II

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das Urteil des SG mit Recht zurückgewiesen. Das SG hat ihre Klage zutreffend abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 1993 ist rechtmäßig. Die kostenlosen oder verbilligten Mitarbeiterflüge der versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer der Klägerin sind ein geldwerter Vorteil, der zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gehört.

1. Im Jahre 1990, um das es hier geht, wurde bei versicherungspflichtig Beschäftigten in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt (§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung <SGB V>). Gleiches galt in der Rentenversicherung der Arbeiter (vgl § 1385 Abs 3 Buchst a der Reichsversicherungsordnung <RVO>) und der Angestellten (vgl § 112 Abs 3 Buchst a des Angestelltenversicherungsgesetzes <AVG>, seit 1. Januar 1992 gilt für Arbeiter und Angestellte jeweils § 162 Nr 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung <SGB VI>) sowie im Recht der Arbeitsförderung (vgl § 175 Abs 1 Nr 1 des Arbeitsförderungsgesetzes <AFG>; seit 1. Januar 1998 ersetzt durch § 342 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung <SGB III>). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung <SGB IV>, seit 1. April 1999 § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV).

Bei den Vergünstigungen, die 1990 von den Arbeitnehmern der Klägerin in Anspruch genommen worden sind, handelt es sich um Arbeitsentgelt in diesem Sinne. Die Mitarbeiterflüge sind ein geldwerter Vorteil. Er lag darin, dass die Arbeitnehmer für den Flug nichts oder weniger als den üblichen Marktpreis zu zahlen brauchten (BFHE 84, 279, 282). Die Arbeitnehmer erlangten diesen Vorteil auf Grund ihrer Beschäftigung bei der Klägerin. Seiner Eigenschaft als Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV steht nicht entgegen, dass die Arbeitnehmer keinen einzelarbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Anspruch auf Mitarbeiterflüge hatten, sondern er sich möglicherweise nur aus einer betrieblichen Übung iVm dem Gleichbehandlungsgebot ergab (vgl Griese in Küttner, Personalbuch 2001, Geldwerter Vorteil RdNr 2) und die Klägerin jederzeit in der Lage gewesen wäre, diese Vergünstigung für die Zukunft zurückzunehmen.

2. § 17 Abs 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs, zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung durch Erlass der ArEV Gebrauch gemacht. Entgegen der Ansicht der Revision besteht keine Regelung, nach der die Vergünstigungen bei Mitarbeiterflügen bis zur Pauschalierungshöchstgrenze des § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gehören. Der geldwerte Vorteil ist weder auf Grund des § 1 ArEV noch auf Grund des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV vom Arbeitsentgelt ausgenommen.

a) Nach § 1 ArEV in seiner am 1. Januar 1990 in Kraft getretenen und hier anzuwendenden Fassung vom 12. Dezember 1989 (BGBl I 2177) sind einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 ArEV nichts anderes ergibt. - Die Vergünstigungen bei den Mitarbeiterflügen sind nicht steuerfrei. In § 3 EStG, der die steuerfreien Einnahmen auflistet, sind Vergünstigungen bei Mitarbeiterflügen nicht aufgeführt. In der systematisch zu § 3 EStG gehörenden Vorschrift des § 8 Abs 3 Satz 2 EStG (vgl Drenseck in Schmidt, EStG, 20. Aufl 2001, § 8 RdNr 75) ist die Steuerfreiheit außerdem für Leistungen iS des § 8 Abs 3 Satz 1 EStG (Personalrabatte) bis zu einem Betrag von 2.400 DM (Steuerfreibetrag) angeordnet; dies trifft bei Vergünstigungen der vorliegenden Art auf sog Produktflüge zu, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden. Die Inanspruchnahme dieses Steuerfreibetrages ist aber ausgeschlossen, wenn eine Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG stattgefunden hat (zum Wahlrecht zwischen Pauschalbesteuerung und Inanspruchnahme des Steuerfreibetrages vgl Kirchhof, EStG, KompaktKomm, 2001, § 8 RdNr 67; Drenseck, aaO, § 8 RdNr 82). Dieses hat das LSG hier festgestellt. Ebenso wenig läge Steuerfreiheit vor, wenn es sich bei den Mitarbeiterflügen um eine speziell für die Mitarbeiter der Klägerin angebotene Dienstleistung außerhalb des üblichen Geschäftsverkehrs, dh außerhalb der unternehmenstypischen Lieferungs- und Leistungspalette handelte, die nach § 8 Abs 2 EStG zu bewerten sind (so für Stand-by-Flüge Finanzgericht Düsseldorf, DStRE 2000, 897 f; und Hessisches Finanzgericht, EFG 1997, 229). Für diese ist - anders als für Produktflüge - kein Steuerfreibetrag vorgesehen.

b) Der in den Vergünstigungen bei Mitarbeiterflügen liegende geldwerte Vorteil fällt auch nicht unter diejenigen Zuwendungen, die gemäß § 2 ArEV nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind.

Nach der ursprünglichen Fassung der ArEV vom 6. Juli 1977 (BGBl I 1208) waren sonstige Bezüge nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz erhob (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ArEV aF). Zwischen laufend und einmalig gezahltem Arbeitsentgelt wurde insoweit nicht unterschieden. Danach wäre der geldwerte Vorteil kostenloser oder verbilligter Mitarbeiterflüge ursprünglich nicht dem (beitragspflichtigen) Arbeitsentgelt zuzurechnen gewesen, wenn der Arbeitgeber ihn nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG pauschal versteuerte.

Hier geht es jedoch um Mitarbeiterflüge im Jahr 1990. Insoweit hatte sich die Rechtslage gegenüber der ursprünglichen Fassung des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ArEV aF mit Wirkung vom 1. Januar 1984 geändert. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) hat der Gesetzgeber die Heranziehung und Verteilung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt neu geregelt (§ 385 Abs 1a, § 1400 Abs 2 Satz 3 RVO, § 122 Abs 2 Satz 3 AVG, § 175 Abs 1 Nr 1 AFG, später § 227 SGB V und § 164 SGB VI, seit 1997 einheitlich § 23a SGB IV). Seither ist einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach Maßgabe dieser Vorschriften auch auf zurückliegende Entgeltabrechungszeiträume zu verteilen, soweit es zusammen mit dem laufenden Arbeitsentgelt im Zeitraum seiner Auszahlung die anteilige (monatliche) Beitragsbemessungsgrenze übersteigt. Gleichzeitig wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1984 an § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ArEV dahin geändert, dass nur noch diejenigen sonstigen Bezüge nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG nicht dem Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 SGB IV zuzurechnen sind, bei denen es sich nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handelt (vgl Art 2 Nr 1 Buchst a der Verordnung zur Änderung der Sachbezugsverordnung <SachBezV> 1983 und der ArEV vom 19. Dezember 1983, BGBl I 1472). Hierbei ist es bis auf redaktionelle Änderungen der Vorschrift und ihre Überführung von Nr 4 aaO in Nr 1 aaO bis heute geblieben (vgl Art 1 Nr 2 Buchst a der Verordnung zur Änderung der ArEV und der SachBezV vom 12. Dezember 1989, BGBl I 2177).

Zur Begründung der Änderung der damaligen Nr 4 des § 2 Abs 1 Satz 1 ArEV wurde von der Bundesregierung ausgeführt, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nicht mehr zu den Bezügen nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG gerechnet werden dürfe und durch Pauschalbesteuerung seitens des Arbeitgebers zukünftig nicht mehr die Beitragsfreiheit von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt erreicht werden könne (vgl BR-Drucks 417/83 S 6). Der Verordnungsgeber hat damit Einmalzahlungen aus dem sachlichen Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung der früheren Nr 4 und späteren Nr 1 des § 2 Abs 1 Satz 1 ArEV ausgenommen und ist für sie trotz Pauschalbesteuerung zur grundsätzlichen Beitragspflicht von Arbeitsentgelt zurückgekehrt.

c) Bei dem geldwerten Vorteil, den die Klägerin ihren Mitarbeitern gewährt hat, handelt es sich um Einmalzahlungen iS des § 23a Abs 1 Satz 1 SGB IV und dessen Vorgängerregelungen. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind danach Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Das Sozialversicherungsrecht nimmt die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitsentgelt und einmalig gezahltem Arbeitsentgelt danach vor, ob die Zuwendung der konkreten Arbeitsleistung einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zugeordnet werden kann. Zwar könnte der Wortlaut der genannten Vorschriften auch auf Zuwendungen bezogen werden, die nicht für Arbeitsleistungen in einem einzelnen Abrechnungszeitraum, sondern für Arbeiten in mehreren Zeiträumen und dann auf "einmal", dh in einer Summe, gezahlt werden. Richtig muss er aber dahin verstanden werden, dass nicht der Zeitpunkt der Auszahlung - bei oder alsbald nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungszeitraums oder erst später - das entscheidende Merkmal des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob das gezahlte Entgelt Vergütung für die in einem einzelnen, dh einem bestimmten Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit ist oder ob eine solche Beziehung zu einem bestimmten einzelnen Abrechnungszeitraum nicht besteht, wie insbesondere bei den jährlich gezahlten Sonderzuwendungen. Im ersten Fall handelt es sich auch dann um laufendes Arbeitsentgelt, das zu verteilen ist, wenn es für die Arbeit in mehreren einzelnen Abrechnungszeiträumen, aber in einer Summe gezahlt und dann auf die Zeiträume zu verteilen ist, in denen es erarbeitet wurde (BSGE 66, 34, 42 = SozR 2200 § 385 Nr 22 S 115 f). Bei Zuwendungen, die nicht ausschließlich durch die Arbeit in konkreten Abrechnungszeiträumen erworben worden sind, lässt das Gesetz demgegenüber entsprechend ihrer Eigenschaft als allgemeine Zuwendung für größere Zeiträume eine Verteilung auf zurückliegende Abrechnungszeiträume zu. Typische Anwendungsfälle des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts sind zusätzliche 13. und 14. Monatsgehälter, Weihnachts- und Urlaubsgeld oder ein Jahresbonus.

Im vorliegenden Verfahren ist der geldwerte Vorteil der Vergünstigungen bei Mitarbeiterflügen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt in diesem Sinne. Er ist nicht der Arbeit in einzelnen Entgeltabrechnungszeiträumen zuzuordnen. Die Arbeitnehmer der Klägerin konnten kostenlose Flüge nur begrenzt, verbilligte Flüge in unbegrenzter Anzahl abrufen. Erforderlich war nur, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in einer Beschäftigung bei der Klägerin stand und er sich zB nicht im Erziehungsurlaub oder im Wehrdienst befand. Die Freiflüge brauchten jedoch nicht durch die Arbeitsleistung in konkreten Entgeltabrechnungszeiträumen in dem Sinne erarbeitet zu werden, dass die Höhe des geldwerten Vorteils (Wert des Fluges, Anzahl der Flüge) vom Umfang oder der Art der Arbeitsleistung abhing. Sie wurden damit nicht für die Arbeit in einzelnen Entgeltabrechnungszeiträumen gewährt. Die Tatsache allein, dass Arbeitnehmer die Option auf Mitarbeiterflüge in jedem Entgeltabrechnungszeitraum beliebig oft ausüben konnten, macht den geldwerten Vorteil nicht zu laufendem Arbeitsentgelt.

Nach allem findet die Fiktion des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV, dass es sich bei pauschalversteuerten sonstigen Bezügen ausnahmsweise nicht um Arbeitsentgelt handelt, auf die Vergünstigungen bei Mitarbeiterflügen keine Anwendung. Hieran ändert auch § 6 der SachBezV nichts. Die SachBezV ist eine ebenfalls auf Grund des § 17 Abs 1 SGB IV erlassene Rechtsverordnung, mittels derer der Wert von Sachbezügen nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus für ein Kalenderjahr bestimmt werden kann. § 6 SachBezV trifft keine Regelung darüber, welche Entgeltbestandteile dem Grunde nach zum Arbeitsentgelt gehören oder nicht. Vielmehr bestimmt er den Wert von Sachbezügen, die weder kostenlose oder verbilligte Verpflegung noch Unterkunft noch Wohnung sind.

3. Der Senat nimmt die Entscheidung zum Anlass, auf eine Ungleichbehandlung hinzuweisen, zu der § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV führen könnte. Sonstige Bezüge sind nach § 38a Abs 1 Satz 3 EStG der Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (zur steuerlichen Behandlung vgl Huber in Küttner, Personalbuch 2001, Sonstige Bezüge RdNr 2 ff). Nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG pauschalversteuerte sonstige Bezüge, die auch sozialversicherungsrechtlich Einmalzahlungen sind, gehören somit stets zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt. Hingegen werden nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG pauschalversteuerte sonstige Bezüge, die auf Grund ihrer Zahlungsweise (Voraus- oder Nachzahlung von Arbeitsentgelt) sozialversicherungsrechtlich als laufendes Arbeitsentgelt angesehen werden, nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet; sie sind damit beitragsfrei. Die Ungleichbehandlung wird allerdings nur selten auftreten, weil sonstige pauschal besteuerte Bezüge iS des § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG ausweislich der Lohnsteuerrichtlinie 115 Abs 2 zu § 39b EStG in der überwiegenden Zahl der Fälle auch Einmalzahlungen im Sinne der Sozialversicherung sind und dann zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gehören. Dennoch kann der Senat gewisse Inkongruenzen und damit die Ungleichbehandlung nicht ausschließen. So bliebe möglicherweise eine Lohnnachzahlung, wie sie den Entscheidungen BSGE 66, 34 = SozR 2200 § 385 Nr 22 und SozR 2200 § 385 Nr 9 zu Grunde lag, nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV beitragsfrei, wenn und soweit sie steuerlich als sonstiger Bezug behandelt und pauschal versteuert würde, während Einmalzahlungen niemals unter den Anwendungsbereich des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV fallen.

Wenn hiernach Ungleichbehandlungen in einer nennenswerten Zahl von Fällen verbleiben sollten, vermag der Senat rechtfertigende Gründe bisher nicht zu erkennen. Wegen der weit gehenden Übereinstimmung der sonstigen Bezüge im Sinne des Steuerrechts mit dem einmalig gezahlten Arbeitsentgelt sieht der Senat derzeit keinen Anlass, die Regelungen aus Gründen der Ungleichbehandlung zu beanstanden. Er gibt jedoch zu bedenken, ob § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ArEV nicht im Sinne einer Vereinheitlichung aufgehoben oder geändert werden sollte.

4. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beitragspflicht der Einmalzahlungen gegen Art 3 Abs 1 GG verstoße, weil Einmalzahlungen leistungsrechtlich nicht ausreichend berücksichtigt würden, greift dieses nicht durch. Es geht hier um Einmalzahlungen aus dem Jahre 1990. Deren Beitragspflicht war nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts damals trotz ihrer unzureichenden Berücksichtigung im Leistungsrecht noch hinzunehmen (vgl BVerfGE 92, 53 ff = SozR 3-2200 § 385 Nr 6; BVerfGE 102, 127 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Ende der Entscheidung

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