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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: B 12 R 12/07 R
Rechtsgebiete: SGB IV


Vorschriften:

SGB III F: 24.03.1997 § 342
SGB IV F: 22.12.1999 § 14 Abs 1 S 1
SGB IV F: 13.06.1994 § 22 Abs 1
SGB IV F: 12.12.1996 § 23a Abs 1
SGB IV F: 12.12.1996 § 23a Abs 3 F
SGB IV F: 12.12.1996 § 23a Abs 4
SGB V F: 20.12.1988 § 226 Abs 1 S 1 Nr 1
SGB VI F: 24.03.1999 § 162 Nr 1
SGB VI F: 20.12.2000 § 162 Nr 1
SGB XI F: 22.12.1999 § 57 Abs 1

Entscheidung wurde am 10.11.2009 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt.
Wird ein leistungsbezogenes, vom Erreichen für das Geschäftsjahr vereinbarter Ziele abhängiges sog variables Entgelt während des Geschäftsjahrs in gleich hohen Abschlagszahlungen und nach Ablauf des Geschäftsjahrs in einer Endzahlung erbracht, handelt es sich um Einmalzahlungen.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 3. Juni 2009

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 R 12/07 R

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Balzer, die Richter Dr. Berchtold und Dr. Bernsdorff sowie die ehrenamtlichen Richter Schneidinger und Koch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. September 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 1.628 Euro festgesetzt.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten hat.

Die Klägerin gewährte ihren Mitarbeitern im Bereich des Vertriebs BRIEFKOMMUNIKATION bzw PAKET/EXPRESS, INTERNATIONAL aufgrund ihres Tarifvertrags Vertrieb (TV Nr 64) in den Jahren 2000 und 2001 neben einem monatlichen Grundentgelt ein sog variables Entgelt. Dieses orientierte sich an dem Grad der Erreichung im voraus vereinbarter, vom Mitarbeiter "direkt beeinflussbarer, zähl-, mess- und nachvollziehbarer, klar zuzuordnender", auf die Tätigkeit im Vertrieb bezogener Ziele für das entsprechende Geschäftsjahr (sog Zielvereinbarungsperiode). Konkret wurde die Höhe des variablen Entgelts ua nach diesem Zielerreichungsgrad und einer definierten Richtgröße bemessen, die von der Einstufung des Mitarbeiters und hierauf bezogenen Vom-Hundert-Sätzen abhing (vgl § 14 TV Nr 64). So wurde bei einem Zielerreichungsgrad von 70 vH ein variables Entgelt in Höhe von 20 vH der jeweiligen Richtgröße gezahlt. Für jeden Prozentpunkt Steigerung der Zielerreichung zwischen 70 vH und 99 vH erhöhte sich das variable Entgelt um 2,67 vH der Richtgröße. Lag der Zielerreichungsgrad über 100 vH bis 120 vH, erhöhte sich für jeden Prozentpunkt der Steigerung das variable Entgelt um 5 vH der Richtgröße bis zum Maximalbetrag des Zweifachen der Richtgröße. Die Auszahlung des variablen Entgelts erfolgte in drei Abschlägen jeweils für das abgelaufene Quartal in Höhe von 20 vH der Richtgröße und mit einer Endabrechnung für die laufende Zielvereinbarungsperiode nach Ablauf des vierten Quartals mit der nächstmöglichen Entgeltzahlung (vgl § 15 TV Nr 64).

Die Beigeladene zu 1. war bei der Klägerin im Jahr 2000 als Projektmanagerin angestellt. Sie erhielt neben einem monatlichen Grundentgelt (zwischen 6.424,36 DM und 7.516,08 DM) ein variables Entgelt in Höhe von insgesamt 17.051,37 DM, das ihr in drei Abschlägen von jeweils 3.258,12 DM im April, Juli und Oktober 2000 und in einem Endabrechnungsbetrag von 7.277,01 DM im April 2001 ausgezahlt wurde. Das an die Beigeladene zu 1. ausgezahlte variable Entgelt behandelte die Klägerin als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das nicht einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zugeordnet werden könne, und entrichtete hieraus in den Auszahlungsmonaten Sozialversicherungsbeiträge. Für die im April 2001 geleistete Endzahlung entrichtete sie Beiträge unter Berücksichtigung der anteiligen Beitragsbemessungsgrenze für die Zeit von Januar bis April 2001.

Der beklagte Rentenversicherungsträger führte bei der Klägerin für den Zeitraum von Januar 1999 bis April 2001 eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 23.12.2002 machte er für zahlreiche Mitarbeiter der Klägerin eine Beitragsnachforderung in Höhe von 177.210,91 Euro geltend. Er ging davon aus, dass das gezahlte variable Entgelt, das auf Zielvereinbarungen nach Maßgabe der dargestellten tarifvertraglichen Regelungen beruhte, einzelnen Entgeltabrechnungszeiträumen zugeordnet werden könne und deshalb jeweils als laufendes Arbeitsentgelt zu beurteilen sei. Die Beklagte ordnete alle Zahlungen auf das variable Entgelt gleichmäßig den Monaten des Jahres zu, für das es gezahlt wurde. Zahlungen im April 2001 - wie bei der Beigeladenen zu 1. - berücksichtigte sie als Arbeitsentgelt, das beitragsrechtlich ebenfalls dem Vorjahr zuzuordnen sei. Die Beitragsdifferenz machte sie geltend. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.8.2003 zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat das Verfahren hinsichtlich der die Beigeladene zu 1. betreffenden Beitragsnachforderung abgetrennt und diese beigeladen. Mit Urteil vom 29.8.2005 hat das SG die auf die Beitragsnachforderung für die Beigeladene zu 1. eingeschränkte Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens änderte die Beklagte die angefochtenen Bescheide mit Bescheid vom 11.9.2007 und erhöhte die auf die Beigeladene zu 1. entfallende Beitragsnachforderung für das Jahr 2000 von 1.620,31 Euro auf 1.628,47 Euro. Mit Urteil vom 19.9.2007 hat das Landessozialgericht (LSG) den Bescheid der Beklagten vom 11.9.2007 auf die Klage der Klägerin aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Bei dem leistungsbezogenen variablen Entgelt handele es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, weil es nicht vom Umfang oder der Art der Arbeitsleistung in konkreten Entgeltabrechnungszeiträumen, sondern vom Gesamterfolg der Arbeit im Geschäftsjahr abhängig sei. Das folge aus dem Umstand, dass Zielvereinbarungen für das Geschäftsjahr abgeschlossen würden und der Grad der Zielerreichung und damit die Höhe des variablen Entgelts erst nach dem Ende des Geschäftsjahres feststellbar seien. Entsprechend entstehe der Anspruch auf das variable Entgelt auch arbeitsrechtlich erst am Ende des Geschäftsjahres. Gegen die Zuordnung des variablen Entgelts zu einzelnen Abrechnungszeiträumen spreche ferner der Auszahlungsmodus. Der Vergleich mit einer Provision, die für die Vermittlung oder den Abschluss konkreter Verträge gezahlt werde, sei verfehlt. Näher liege der Vergleich mit einem Jahresbonus, der als typischer Anwendungsfall des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts gelte.

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 23a SGB IV. Das variable Entgelt, das die Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum erzielt habe, sei als laufendes Entgelt zu bewerten und zur Ermittlung der Beitragshöhe auf das Kalenderjahr der Beschäftigung zu verteilen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Zuwendung als laufendes Arbeitsentgelt oder Einmalzahlung sei derjenige der Entstehung des Entgelt- und in der Folge des Beitragsanspruchs. Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung sei der Entgeltanspruch nicht erst am Ende des Geschäftsjahres entstanden, sondern ergebe sich allein aus dem Tarifvertrag. Danach seien Abschlagszahlungen und ein Endabrechnungsbetrag geschuldet. Eine Rückzahlung von Abschlägen bei Nichterreichen der Zielvereinbarungen sehe der Tarifvertrag nicht vor. Im Übrigen sei zu bedenken, dass die Verknüpfung von Arbeitseinsatz und variabler Vergütung die Entgeltsysteme deutscher Unternehmen und öffentlicher Verwaltungen zunehmend präge. Dieser Entwicklung der Entgeltsysteme sei aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht Rechnung zu tragen und beitragsrechtlich zu folgen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. September 2007 aufzuheben und die Klage gegen ihren Bescheid vom 11. September 2007 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das variable Entgelt könne nicht einzelnen Entgeltabrechnungszeiträumen zugeordnet werden. Weil es entscheidend durch seinen Bezug zum Ergebnis des Geschäftsjahres geprägt sei und auch seiner Höhe nach erst am Ende des Geschäftsjahres feststehe, sei es als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu beurteilen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beigeladenen zu 2., 3. und 4. schließen sich der Auffassung der Beklagten an.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG der Klage der Klägerin stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 11.9.2007 ist rechtswidrig. Die Klägerin hat die Abschlagszahlungen und die Endzahlungen auf das variable Entgelt der Beigeladenen zu 1. zutreffend als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt behandelt und die Beiträge auf dieser Grundlage richtig berechnet.

1. Gegenstand des Verfahrens ist das mit der Anfechtungsklage verfolgte Begehren der Klägerin auf Aufhebung des Bescheides vom 11.9.2007, mit dem die Beklagte ihren ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 23.12.2002 über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.8.2003 im Umfang der auf die Beigeladene zu 1. im Jahr 2000 entfallenden Nachforderung (1.620,31 Euro) während des Berufungsverfahrens aufgehoben und die sie betreffende Nachforderung neu berechnet hat (1.628,47 Euro).

2. Das an die Beigeladene zu 1. gezahlte variable Entgelt war der Beitragserhebung als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (dazu a). Aus den insgesamt vier Einmalzahlungen wurde deren beitragspflichtiger Teil von der Klägerin zutreffend ermittelt (dazu b).

a) In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung wurde im Jahr 2000, um das es hier geht, bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V, § 57 Abs 1 SGB XI, § 162 Nr 1 SGB VI, § 342 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Bei dem variablen Entgelt, dass die Beigeladene zu 1. auf der Grundlage ihres Anstellungsvertrages und des TV Nr 64 erhalten hat, handelt es sich grundsätzlich um Arbeitsentgelt in diesem Sinne. Insoweit werden Einwendungen von der Klägerin nicht erhoben. Insbesondere ist einer der Sachverhalte, die nach § 14 SGB IV oder nach §§ 1 und 2 Arbeitsentgeltverordnung in der seinerzeit geltenden Fassung eine Zurechnung zum Arbeitsentgelt ausschließen, nicht ersichtlich.

Bei dem in drei Abschlägen im April, Juli und Oktober 2000 und nach einer Endabrechnung im April 2001 gezahlten variablen Entgelt handelt es sich um vier Einmalzahlungen iS des § 23a Abs 1 Satz 1 SGB IV. Jede der Zahlungen ist Zahlung von Arbeitsentgelt, das nicht für Arbeit in einzelnen Entgeltabrechnungszeiträumen gezahlt wurde.

Nach § 23a Abs 1 Satz 1 SGB IV sind Zuwendungen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, wenn sie dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass insoweit nicht der Zeitpunkt der Auszahlung maßgebend ist, sondern es entscheidend darauf ankommt, ob das gezahlte Entgelt Vergütung für die in einem einzelnen, dh bestimmten Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit ist (Urteil vom 27.10.1989, 12 RK 9/88, BSGE 66, 34, 42 = SozR 2200 § 385 Nr 22 S 115 f; Urteile vom 7.2.2002, B 12 KR 12/01 R, BSGE 89, 158, 165 f = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 11, und B 12 KR 6/01 R, SozR 3-2400 § 14 Nr 23 S 57 f; Urteil vom 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 15). In Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat in seinem Urteil vom 27.10.1989 Montagebeteiligungen, die an Arbeitnehmer für mehrere Abrechnungszeiträume als Nachzahlungen geleistet wurden, als laufendes Arbeitsentgelt angesehen, weil sie sich als Lohn für Arbeiten in bestimmten, feststehenden oder feststellbaren Lohnabrechnungszeiträumen erwiesen (BSGE 66, 34, 40 = SozR 2200 § 385 Nr 22 S 113). In den Urteilen vom 7.2.2002 hat der Senat die Voraussetzungen, unter denen eine Beziehung zu bestimmten Abrechnungszeiträumen angenommen werden kann, für die dort zu beurteilenden Sachverhalte präzisiert. Der Senat hat darin den Gegenwert einer kostenlosen Kontoführung bei einer Sparkasse (BSGE 89, 158, 166 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 12) und verbilligter Flüge bei einer Fluggesellschaft (SozR 3-2400 § 14 Nr 23 S 58) als Einmalzahlungen zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gerechnet, weil diese Zuwendungen nicht durch Arbeitsleistung in konkreten Entgeltabrechnungszeiträumen in dem Sinne erarbeitet waren, dass die Höhe des geldwerten Vorteils vom Umfang oder der Art der Arbeitsleistung abhing. In seinem Urteil vom 26.1.2005 hat der Senat schließlich pauschal versteuerte Aufwandsentschädigungen für Außendienstmitarbeiter als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt behandelt, weil die sie veranlassenden Arbeiten im Außendienst noch nicht geleistet und die Aufwendungen, die sie abgelten sollten, noch nicht entstanden waren (SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 18). - Bei Anlegung dieser Maßstäbe stellt das in mehreren Etappen ausgezahlte variable Entgelt einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dar. Im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsansprüche konnten die Zahlungen als Arbeitsentgelt einem konkreten Entgeltabrechnungszeitraum weder im Hinblick auf den Umfang noch die Art einer Arbeitsleistung zugeordnet werden.

Der Senat hat bereits dargelegt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Zuwendung als laufendes Arbeitsentgelt oder Einmalzahlung derjenige der Entstehung des Beitragsanspruchs ist und auf die hierfür bestehenden Gründe verwiesen (SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 16, mwN). Nach § 22 Abs 1 SGB IV in der hier maßgeblichen, bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung entstand der Beitragsanspruch, sobald seine im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlagen. Der Senat hat hierzu entschieden, dass der Anspruch auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsteht, wenn der Arbeitsentgeltanspruch entstanden ist, selbst wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder erst später gezahlt hat. Insoweit folgt das Sozialversicherungsrecht - anders als das Steuerrecht - nicht dem Zuflussprinzip (SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 17, mwN). Hat der Arbeitnehmer allerdings Arbeitsentgelt tatsächlich erhalten (erzielt), kommt es nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht darauf an, ob ein wirksamer (arbeitsrechtlicher) Anspruch auf das gezahlte Arbeitsentgelt bestand. Insoweit löst bereits der Zufluss des Arbeitsentgelts den Beitragsanspruch aus (vgl hierzu das Urteil des Senats vom 7.2.2002, B 12 KR 13/01 R, SozR 3-2400 § 14 Nr 24 S 63). Hiernach war der Anspruch auf den auf die drei Abschläge zu entrichtenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag (jedenfalls) im Zeitpunkt der Auszahlung der Abschläge in den Monaten April, Juli und Oktober 2000 entstanden. Gleiches gilt für die Entstehung des Anspruchs auf den Beitrag für den Endabrechnungsbetrag. Weil sich an der Beurteilung des variablen Entgelts nichts ändern würde (dazu unten), kann der Senat offenlassen, ob der Beitragsanspruch erst mit der Auszahlung im April 2001 oder nicht bereits vorher zur Entstehung gelangt war. Im Hinblick auf § 15 TV Nr 64 ("... nach Ablauf des vierten Quartals ... mit der nächstmöglichen Entgeltzahlung ...") könnte eine frühere Restzahlung geschuldet gewesen sein, wenn die Endabrechnung schon vor einer früheren Entgeltzahlung vorlag. § 22 Abs 1 SGB IV in seiner ab 1.1.2003 geltenden Fassung, wonach der Beitragsanspruch bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt immer (schon oder erst) dann entsteht, sobald dieses ausgezahlt worden ist, ist hier noch nicht anzuwenden.

Der Senat folgt dem LSG und der Klägerin darin, dass das in mehreren Etappen ausgezahlte variable Entgelt im Zeitpunkt der Auszahlung/Anspruchsentstehung konkreten Arbeitsleistungen in bestimmten Entgeltabrechnungszeiträumen nicht zugeordnet werden konnte. Das ergibt sich für das - hier zuerst behandelte - mit der Endabrechnung ausgezahlte variable Entgelt bereits daraus, dass es sich dabei lediglich um einen Differenzbetrag handelte, der rechnerisch durch Subtraktion der bereits gezahlten Abschläge von dem durch den Grad der erreichten Ziele bestimmten geschuldeten Gesamtbetrag des variablen Entgelts zu ermitteln war. Zwar trifft es zu, dass, wie auch das LSG und die Klägerin ausführen, nunmehr die endgültige Höhe des für die Zielvereinbarungsperiode zu zahlenden variablen Entgelts feststand. Die Beurteilung des erreichten Gesamtjahresziels war möglich. Monate mit Zielüberschreitung konnten mit Monaten mit Zielunterschreitung zum Ausgleich gebracht werden. Jetzt konnte ein Quotient aus Ist- und Soll-Arbeitstagen gebildet werden (Abs 5 der Protokollnotiz zu § 15 TV Nr 64), der den Zielerreichungsgrad beeinflusste. Indessen war es nicht möglich, eine Beziehung des Endabrechnungsbetrags zu bestimmten Arbeiten auch nur in den Lohnabrechnungsmonaten Oktober bis Dezember 2000 herzustellen. Diese - vierte - Zuwendung war nicht in dem Sinne erarbeitet, dass ihre Höhe vom Umfang oder der Art der Arbeitsleistung in diesen Monaten abhing. Keiner anderen Beurteilung können die vorangegangenen drei Abschlagszahlungen unterliegen. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob es in Einzelfällen bei Nichterfüllung von Zielvereinbarungen zu einer Rückzahlung von Abschlägen kommen konnte, im - hier maßgeblichen - Zeitpunkt ihrer Auszahlung also nicht sicher war, inwieweit sie behalten werden durften. Maßgeblich ist vielmehr, dass sie in Höhe von 20 vH einer Richtgröße gezahlt wurden, die sich ausschließlich an der Entgeltgruppe und dort der Gruppenstufe orientierte, in die die Beigeladene zu 1. eingestuft war. Zwar waren im Zahlungszeitpunkt die Kriterien bekannt, nach denen die drei Abschlagszahlungen später abgerechnet werden sollten (Zielerreichungsgrad, Abzüge). Dass die Kriterien für die spätere Ermittlung des Gesamtbetrags des variablen Entgelts bekannt waren, ersetzt indessen nicht die zum Auszahlungszeitpunkt geforderte Zurechenbarkeit der Zahlungen selbst (ähnlich Urteil des Senats vom 26.1.2005, SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 18). Insbesondere lässt sich eine solche Zurechenbarkeit entgegen der von der Beklagten in den vorinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Auffassung nicht damit begründen, der Gesamtzielerreichungsgrad beruhe auf der Arbeitsleistung in jedem einzelnen Monat, weil sich der Arbeitnehmer "in jedem Monat anstrengen müsse", um die betreffenden Ziele zu erreichen. Die Beklagte räumt damit selbst ein, dass sich die einzelnen Abschlagszahlungen nicht als Ergebnisse der konkreten Arbeit der Beigeladenen zu 1. in den jeweils abgelaufenen Quartalen bzw deren Kalendermonaten darstellen. Das in Etappen ausgezahlte variable Entgelt teilt insoweit (gerade) nicht das beitragsrechtliche Schicksal von Provisionen, sondern ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, wie ein - in mehreren Zahlungen erbrachter - Jahresbonus zu bewerten, den der Senat bisher als typischen Anwendungsfall einmalig gezahlten Arbeitsentgelts angesehen hat (vgl Urteile des Senats vom 7.2.2002, BSGE 89, 158, 166 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 12, und SozR 3-2400 § 14 Nr 23 S 58).

Soweit die Revision gegen das so gefundene Ergebnis vorbringt, die Entgeltsysteme deutscher Unternehmen und öffentlicher Verwaltungen seien in einem tiefgreifenden Wandel begriffen, würden zunehmend durch auf Zielvereinbarungen und hiermit verknüpfte Leistungsanreize in Form variabler Entgelte beruhende Entgeltsysteme abgelöst mit der Folge, dass - wie im vorliegenden Fall - das variable Entgelt (nunmehr) einen nennenswerten Prozentsatz des Gesamtentgelts ausmache, und auf diese Entwicklung beitragsrechtlich reagiert werden müsse, führt das nicht zu einer anderen Beurteilung. Ist variables, leistungsbezogenes Arbeitsentgelt am Maßstab der vom Gesetz aufgestellten Kriterien und der vom Bundessozialgericht hierzu entwickelten Rechtsprechung als Einmalzahlung anzusehen, so kann diese Bewertung nicht im Hinblick auf sozialpolitische Bedürfnisse im Beitragsrecht in Frage gestellt werden. Insoweit trägt auch der Hinweis auf das Urteil des 11a.-Senats vom 23.3.2006 (B 11a AL 29/05 R, SozR 4-4300 § 183 Nr 6 RdNr 22 ff) nicht. Für das Beitragsrecht ist die anderen Kriterien folgende (insolvenzrechtliche) Zuordnung variabler Vergütungen zu einem Insolvenzgeld-Zeitraum ohne Bedeutung.

b) Die vier gesonderten, aus drei Abschlägen und einem Endabrechnungsbetrag bestehenden Einmalzahlungen hat die Klägerin bei der Beitragserhebung zutreffend berücksichtigt. Bei der Zuordnungsregelung für Einmalzahlungen stellt das Gesetz in § 23a SGB IV für die Beitragsansprüche hieraus nicht darauf ab, für welchen (größeren) Zeitraum diese geleistet werden, sondern schreibt unabhängig davon eine Beitragsberechnung auf der Grundlage einer pauschalen Zuordnung vor, deren Grundlage der Auszahlungsmonat ist (vgl hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 14.5.2002, B 12 KR 15/01 R, SozR 3-2400 § 23a Nr 2 S 10). Entsprechend hat die Klägerin die Einmalzahlungen in den jeweiligen Auszahlungsmonaten April, Juli und Oktober 2000 sowie April 2001 verbeitragt, diese auf den jeweiligen Auszahlungsmonat und die jeweils vorangegangenen Kalendermonate verteilt und daraus in Anwendung des § 23a Abs 3 SGB IV unter Zugrundelegung der jeweiligen anteiligen (Jahres)Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung und der Renten- und Arbeitslosenversicherung den beitragspflichtigen Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts ermittelt sowie die darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge gezahlt. Gegen diese rechnerische Ermittlung der Beiträge aus dem variablen Entgelt bei einer Behandlung als Einmalzahlung hat die Revision Einwände nicht erhoben.

Soweit die Revision in diesem Zusammenhang anmerkt, die beitragsrelevante Berücksichtigung der Schlussrate für das Jahr 2000, die zusammen mit der ersten Abschlagszahlung für das laufende Geschäftsjahr erst im April 2001 erfolgt ist, "umgehe" die sog März-Regelung in § 23a Abs 4 SGB IV, ist darauf hinzuweisen, dass es auch sonst rechtlich zulässig ist, durch Wahl des Auszahlungszeitpunktes auf die zeitliche Zuordnung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts Einfluss zu nehmen und auf diesem Wege Beiträge zu ersparen. Dies ist Folge der Regelung, dass einmaliges Arbeitsentgelt nur bis zur anteiligen (Jahres)Beitragsbemessungsgrenze des Auszahlungszeitpunkts beitragspflichtig ist und nicht auf den nach der Auszahlung laufenden Zeitraum verteilt wird. Die Beitragsersparnis kann dabei um so größer sein, je mehr variable Entgeltbestandteile eine Vergütung enthält und je früher im Kalenderjahr das variable Entgelt ausgezahlt wird. Hiergegen bietet in der Tat nur die sog März-Regelung einen gewissen Schutz insoweit, als schon im ersten Quartal eines Jahres zugewandte Einmalzahlungen dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des vergangenen Kalenderjahres zuzuordnen sind, wenn sie zusammen mit dem für das laufende Kalenderjahr festgestellten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die anteilige (Jahres)Beitragsbemessungsgrenze übersteigen. Gäbe es diese Regelung nicht, blieben solche Einmalzahlungen im Hinblick auf die für die ersten drei Monate des Jahres geltenden Beitragsbemessungsgrenzen in größerem Umfang beitragsfrei. Allgemein gilt indessen auch hier, dass die Höhe der Beiträge aus Einmalzahlungen über die Bestimmung des Auszahlungsmonats - März oder April - zulässigerweise gesteuert werden kann.

Soweit, wie die Beklagte meint, über die zunehmende Vereinbarung variabler Entgelte, Teile des Arbeitsentgelts zukünftig der Beitragspflicht "entzogen" sein sollten, könnte hierauf nur der Gesetzgeber durch eine Neuregelung der Beitragserhebung reagieren. Die von der Beklagten beanstandete teilweise Beitragsfreiheit von variablen Entgeltbestandteilen ist in der jetzigen Regelung zur Beitragspflicht von einmaligem Arbeitsentgelt angelegt. Diese Regelung zielte und zielt aber gerade darauf ab, Arbeitsentgelt, das kein laufendes Arbeitsentgelt ist, angemessen zur Beitragspflicht heranzuziehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz unter Berücksichtigung der von der Beklagten geforderten Beiträge entsprechend der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung des Berufungsgerichts festzusetzen.



Ende der Entscheidung

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