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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 14.03.2002
Aktenzeichen: B 13 RJ 15/01 R
Rechtsgebiete: FRG, SGG


Vorschriften:

FRG § 17a
SGG § 103
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az: B 13 RJ 15/01 R

in dem Rechtsstreit

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat am 14. März 2002 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter Dr. Henke, die Richter Dr. Loytved und Dr. Neuhaus sowie die ehrenamtlichen Richter Flemming und Kröber

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Streitig ist die Gewährung von Altersruhegeld (ARG) unter Berücksichtigung von Beitragszeiten in Ungarn und anschließenden Ersatzzeiten. Hierbei steht die Frage im Vordergrund, ob der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehörte.

Der Kläger ist Verfolgter iS des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG). Er wurde am 18. August 1923 in Uzhorod (damals Tschechoslowakei) geboren. Er ist seit 1949 israelischer Staatsbürger und lebt seitdem in Israel.

Im Dezember 1990 beantragte der Kläger die Gewährung von ARG unter Berücksichtigung von Fremdrentenzeiten und noch nachzuentrichtenden freiwilligen Beiträgen. Er gab hierzu ua an, nach Beendigung einer Fachschule für Tischlerei von Anfang 1941 bis April 1944 als Tischler in der Möbelfabrik Ungar in Budapest (Ungarn) gearbeitet und Beiträge zur ungarischen Sozialversicherung entrichtet zu haben. Von 1929 bis 1937 habe er die Volksschule in Uzhorod mit den Unterrichtssprachen Deutsch und Tschechisch besucht. Seine und seiner Eltern Muttersprache sei ebenso wie ihr persönlicher Sprachgebrauch im Herkunftsgebiet Deutsch gewesen. Zur Bestätigung seiner Angaben betreffend die Beschäftigungszeiten reichte der Kläger Erklärungen der Zeugen C. vom 20. Oktober 1991 und B. vom 14. Oktober 1991 ein.

Die Beklagte holte Auskünfte der Heimatauskunftsstelle Slowakei einschließlich Karpatho-Ukraine in Stuttgart vom 6. März 1992, des ungarischen Versicherungsträgers in Budapest vom 2. März 1993 sowie des israelischen Finanzministeriums vom 31. Januar 1994 ein und zog die den Kläger betreffenden Entschädigungsakten bei. Außerdem veranlasste die Beklagte eine deutsche Sprachprüfung durch das israelische Finanzministerium, welche laut Protokoll vom 20. Oktober 1994 am 11. September 1994 in Tel Aviv durchgeführt wurde.

Mit Bescheid vom 25. Juli 1995 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Versichertenrente ab, weil der Kläger keine nach deutschem Recht anrechenbaren Versicherungszeiten zurückgelegt habe. Die von ihm behaupteten Beitrags- und Beschäftigungszeiten von Anfang 1941 bis April 1944 könnten nicht nach den Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) anerkannt werden. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, zur maßgeblichen Zeit dem dSK zugehört zu haben. Über den Antrag auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge werde noch ein gesonderter Bescheid erteilt.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch berief sich der Kläger auf weitere von ihm eingereichte Erklärungen der Zeugen B. vom 21. Oktober 1995 und C. vom 23. Oktober 1995. Nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 1996 hat der Kläger beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) Klage erhoben. Im Klageverfahren hat die Beklagte erklärt, vorbehaltlich der Voraussetzungen des § 17a FRG könnten beim Kläger die Zeiten vom 22. März 1943 bis 10. April 1943 und vom 31. Mai 1943 bis 2. Juni 1944 als Zeiten gemäß § 15 FRG (zu 5/6) und die Zeit vom 3. Juni 1944 bis 5. Mai 1945 als Ersatzzeit anerkannt werden. Eine Anerkennung früherer Zeiten scheide aus. Daraufhin hat der Kläger erklärt, Beitragszeiten vor dem 22. März 1943 mache er nicht mehr geltend; die gemäß § 15 FRG anerkannten Zeiten müssten jedoch in vollem Umfang angerechnet werden.

Das SG hat die Entschädigungsakten der Geschwister des Klägers D. W. , S. W. und J. F. beigezogen sowie Auskünfte des Internationalen Suchdienstes (ISD) Arolsen von 15. Dezember 1997 und 10. Dezember 1999 eingeholt. Mit Urteil vom 28. März 2000 hat es die Klage abgewiesen.

Mit seiner beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) eingelegten Berufung hat der Kläger die Gewährung von ARG unter Anerkennung von nachgewiesenen Beitragszeiten vom 22. März 1943 bis 10. April 1943 und vom 31. Mai 1943 bis 2. Juni 1944 sowie einer Ersatzzeit vom 3. Juni 1944 bis 5. Mai 1945 - nach erfolgter Nachentrichtung freiwilliger Beiträge - beantragt. Durch Urteil vom 6. Oktober 2000 hat das LSG die Berufung im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Der Kläger könne kein ARG beanspruchen, weil die erforderliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt sei. Er habe keine in der deutschen Rentenversicherung anrechenbaren Versicherungszeiten zurückgelegt. Die ungarischen Beitragszeiten könnten nur dann nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen, wenn der Kläger, der kein Vertriebener iS des § 1 FRG sei, die Voraussetzungen des § 17a FRG erfülle. Dies sei nicht der Fall, weil er zu Beginn seiner nationalsozialistischen Verfolgung nicht dem dSK angehört habe. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und im persönlichen Lebensbereich auch überwiegend verwendet habe. Das Ergebnis der Sprachprüfung vom 11. September 1994, wonach der Kläger Deutsch leicht entwöhnt, unbefangen und fließend spreche sowie leichte Texte mit Verständnis lese, sei zwar ein wichtiges Indiz, reiche allein aber nicht aus, um die Zugehörigkeit zum dSK annehmen zu können.

Bereits aufgrund der eigenen Angaben des Klägers zu seinem Sprachverhalten und zu dem seiner Familie bestünden erhebliche Zweifel an der überwiegenden Verwendung der deutschen Sprache. In dem Fragebogen betreffend die Zugehörigkeit zum dSK habe er Deutsch als Muttersprache und Umgangssprache in der Familie angegeben. Im Rahmen der Sprachprüfung habe er Deutsch, aber auch Tschechisch als Umgangssprache in der Familie bezeichnet und vorgetragen, er und seine Geschwister hätten tschechische Schulen besucht und untereinander mehr tschechisch gesprochen. Auch hätten nach Auskunft des ISD bei den Geschwistern S. W. und J. F. Jiddisch und Tschechisch hinsichtlich der Häufigkeit ihrer Verwendung an erster bzw zweiter Stelle gestanden. Im Rahmen des israelischen Entschädigungsverfahrens habe der Kläger Jiddisch als seine Muttersprache angegeben. Den Gesamtumständen lasse sich nicht entnehmen, dass die damaligen Angaben falsch und die heutigen richtig seien.

Der Kläger könne sich demgegenüber auch nicht mit Erfolg auf das Ergebnis einer Besprechung zwischen der israelischen Nationalversicherung und einer Delegation der deutschen Rentenversicherungsträger berufen. Die Beklagte habe sich in dieser Besprechung nicht iS einer Zusage verpflichtet, in jedem Einzelfall bei einer positiven deutschen Sprachprüfung die Zugehörigkeit des Betroffenen zum dSK anzunehmen, sondern allenfalls eine wohlwollende Behandlung versprochen.

Der Berufungssenat habe in Übereinstimmung mit den vom Bundesgerichtshof (BGH) in der Entscheidung vom 14. Juni 1967 (RzW 1967, 500) aufgestellten Grundsätzen davon abgesehen, die Zeugen B. und C. im Wege der Rechtshilfe durch ein israelisches Gericht zu den früheren Sprachgewohnheiten des Klägers vernehmen zu lassen. Von diesen Zeugen lägen bereits eidesstattliche Versicherungen vom 21. Oktober 1995 bzw 23. Oktober 1995 vor, nach denen im Elternhaus des Klägers Deutsch gesprochen worden sei. Diese Erklärungen widersprächen jedoch Angaben des Klägers bei der Sprachprüfung. Es sei nicht zu erwarten, dass die vom Kläger beantragte Vernehmung der Zeugen, die ohnehin nur im Wege der Rechtshilfe und somit ohne einen persönlichen Eindruck durch den Berufungssenat erfolgen könnte, zu einer weiteren Sachaufklärung führen könne. Dies müsse umso mehr gelten, als die Zeugen auch zu den Beschäftigungsverhältnissen des Klägers Angaben gemacht hätten, die in Widerspruch zu ihren eigenen früheren Bekundungen und den früheren Aussagen des Klägers im Entschädigungsverfahren stünden.

Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen sowie formellen Rechts (§ 17a FRG, § 103 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Mit der Anerkennung der in Ungarn zurückgelegten Fremdbeitragszeiten, die zwischen den Parteien unstreitig seien, stehe ihm das Recht zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Ziff 11 des Schlussprotokolls zum AbkIsraelSozSich (SchlussProtAbkIsraelSozSich) zu, so dass die zu gewährende Rente nach Israel gezahlt werden könne. Zu Unrecht sei die Anerkennung der Fremdbeitragszeiten mit der Begründung abgelehnt worden, er habe zu Beginn der allgemeinen Verfolgungsmaßnahmen dem dSK nicht zugehört. Bei der Beurteilung dieser Frage verkenne die Vorinstanz die Bedeutung des Ergebnisses der Verbindungsstellenbesprechung vom Februar 2000, wonach sich die deutschen Rentenversicherungsträger - und damit auch die Beklagte - verpflichtet hätten, bei einer erfolgreich bestandenen Sprachprüfung die Zugehörigkeit zum dSK grundsätzlich anzuerkennen.

Die Entscheidung des LSG könne weiter auf einem Verfahrensmangel beruhen, weil es dem von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2000 gestellten Antrag, über den Sprachgebrauch in seinem Elternhaus Beweis zu erheben durch Vernehmung der Zeugen B. und C. , ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Soweit das LSG der Ansicht sei, die vorliegenden schriftlichen Erklärungen dieser Zeugen stünden in Widerspruch zu anderen Aussagen, hätte es sich gedrängt fühlen müssen, die Zeugen zu vernehmen und diese gezielt auf die Widersprüche hinzuweisen. Es habe eine Beweiswürdigung unzulässigerweise vorweggenommen, wenn es der Meinung sei, eine Vernehmung der Zeugen könne zu keiner weiteren Sachaufklärung führen. Mit seinem Hinweis darauf, dass die beantragte Zeugenvernehmung nur im Wege der Rechtshilfe und ohne persönlichen Eindruck des Berufungssenats erfolgen könne, habe das LSG zu erkennen gegeben, dass es bei einer unmittelbaren Vernehmung der Zeugen zu einer für ihn - den Kläger - günstigeren Entscheidung hätte kommen können. Unter diesen Umständen hätte sich das Gericht zu einer Beweisaufnahme in Deutschland gedrängt fühlen müssen.

Schließlich habe das LSG auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 14. Juni 1967 von der Zeugenvernehmung absehen dürfen. Die Verwertung von schriftlichen Erklärungen anstelle einer persönlichen Vernehmung komme nach dieser Rechtsprechung nur in Betracht, wenn sie für die Aufklärung und Feststellung des Sachverhaltes als ausreichend und zweckmäßig erscheine. Davon könne bei den schriftlichen Erklärungen der Zeugen nicht ausgegangen werden, denn diese ließen hinsichtlich der Zugehörigkeit zum dSK so viele Fragen offen, dass sie nicht geeignet seien, den hier streitigen Sachverhalt ausreichend aufzuklären.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG vom 6. Oktober 2000 sowie das Urteil des SG vom 28. März 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 1996 zu verurteilen, ihm unter Anerkennung von ungekürzten Fremdbeitragszeiten vom 22. März 1943 bis zum 10. April 1943 und vom 31. Mai 1943 bis zum 2. Juni 1944 sowie einer Verfolgtenersatzzeit vom 3. Juni 1944 bis 5. Mai 1945 nach erfolgter Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen ab 1. Juli 1990 ARG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie ua vor: Der Kläger könne sich nicht auf das Ergebnis der Verbindungsstellenbesprechung vom Februar 2000 berufen. Die dort genannten Grundsätze hätten keine die Justiziabilität der von ihr erfassten Tatsachenentscheidungen beschränkenden Rechtscharakter. Es handele sich nur um Interpretationsrichtlinien zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Zugehörigkeit zum dSK". Die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe unterliege aber voll der gerichtlichen Kontrolle. Ein Verfahrensmangel iS einer Verletzung von § 103 SGG liege nicht vor, weil eine Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen nicht zu einer weiteren Sachaufklärung beitragen würde.

Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (vgl § 124 Abs 2 SGG).

II

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Die vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die für eine Rentengewährung erforderlichen Versicherungszeiten vorliegen. Insbesondere ist noch nicht geklärt, ob der Kläger im maßgeblichen Zeitraum dem dSK zugehörte.

Der Rentenanspruch des Klägers richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung, da der Rentenantrag im Dezember 1990 gestellt worden ist und sich auch auf die Zeit vor dem 1. Januar 1992 bezieht (vgl § 300 Abs 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch <SGB VI>).

Rechtsgrundlage für den Anspruch auf ARG ist § 1248 Abs 5 iVm Abs 7 Satz 3 RVO. Diese Vorschrift ist trotz des Auslandswohnsitzes des Klägers (vgl § 30 Abs 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch <SGB I>) anwendbar. Dies folgt aus § 30 Abs 2 SGB I iVm dem AbkIsraelSozSich vom 17. Dezember 1973 idF des Änderungsabkommens vom 7. Januar 1986 (BGBl 1975 II 246, 1986 II 863), das in Art 4 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Buchst a und Art 2 Abs 1 Nr 1 Buchst c eine Gleichstellung israelischer Staatsangehöriger, die sich in Israel aufhalten, mit deutschen Staatsangehörigen vorsieht. Im Übrigen ergibt sich bereits aus den Vorschriften über die Rentenzahlung ins Ausland (vgl § 1315 ff RVO iVm § 37 Abs 1 SGB I), dass ein Aufenthalt im Ausland der Begründung eines Rentenanspruchs aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht von vornherein entgegensteht.

Gemäß § 1248 Abs 5 RVO erhält ARG ein Versicherter, der das 65. Lebensjahr vollendet und nach Abs 7 Satz 3 dieser Vorschrift die Wartezeit von 60 Monaten erfüllt. Während der Kläger bereits im August 1988 die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht hat, ist zwischen den Beteiligten streitig, ob er auch die erforderliche Wartezeit vorweisen kann.

Auf die Wartezeit von 60 Kalendermonaten (vgl § 1248 Abs 7 Satz 3 RVO) werden neben Beitragszeiten auch Ersatzzeiten angerechnet (§ 1250 Abs 1 Buchst a und b RVO). Wenn auch vom LSG nicht ausdrücklich festgestellt, so kann dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen entnommen werden, dass der Kläger keine anrechenbaren Beitragszeiten iS der §§ 1249, 1250 RVO aufzuweisen hat. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet. Die Anrechenbarkeit von Ersatzzeittatbeständen nach § 1251 Abs 1 RVO setzt gemäß Abs 2 dieser Vorschrift das vorherige Bestehen einer Versicherung oder die spätere Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit voraus. Dafür besteht im Falle des Klägers kein Anhalt, soweit dies Versicherungszeiten nach der RVO betrifft.

Bei dem Kläger könnte allerdings die Berücksichtigung von Versicherungszeiten nach § 15 FRG in der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung (vgl Art 15 Abschnitt A Nr 1 Buchst a und Abschnitt B Nr 1 iVm Art 85 Abs 6 des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 BGBl I 2261 <RRG 1992>) in Betracht kommen, wodurch zugleich eine Anrechnung von Ersatzzeiten möglich würde. § 15 Abs 1 Satz 1 FRG sieht vor, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen. Nach Maßgabe des § 16 FRG (ebenfalls in der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung - s Art 15 Nr 2 iVm Art 85 Abs 6 RRG 1992) gilt entsprechendes für Beschäftigungszeiten im Vertreibungsgebiet.

Die durch die Regelungen des FRG allgemein begünstigten Personenkreise sind in § 1 FRG aufgelistet. Während von vornherein keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger zu den in § 1 Buchst b bis e FRG genannten Personengruppen zählen könnte, ist er nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen auch kein anerkannter Vertriebener iS von § 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG), sodass er sich auch nicht auf § 1 Buchst a FRG berufen kann.

Dem Kläger könnte jedoch für die Berücksichtigung dieser Zeiten die Regelung des § 17a FRG zugute kommen. Diese Vorschrift ist durch das RRG 1992 mit Wirkung ab 1. Juli 1990 (Art 85 Abs 6 RRG 1992) eingeführt worden. Ihr Buchst a Nr 2 ist durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606) ebenfalls mit Wirkung ab 1. Juli 1990 (Art 42 Abs 3 RÜG) ergänzt worden.

Soweit hier von Bedeutung bestimmt § 17a FRG:

"Die für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden Vorschriften dieses Gesetzes finden Anwendung auch auf

a) Personen, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat,

1. dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben,

2. das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten oder im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben und

3. sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten und die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG verlassen haben."

Die Voraussetzungen des § 17a Buchst a Nr 1 bis 3 FRG müssen, wie im Wortlaut der Vorschrift unmissverständlich zum Ausdruck kommt, kumulativ vorliegen. Das Fehlen einer dieser Voraussetzungen führt folglich dazu, dass Fremdrentenzeiten nach §§ 17a iVm §§ 15, 16 FRG nicht anerkannt werden können.

Auch für den Fall, dass die ungarischen Beitragszeiten vom 22. März 1943 bis 10. April 1943 und vom 31. Mai 1943 bis 2. Juni 1944 sowie die Ersatzzeit vom 3. Juni 1944 bis 5. Mai 1945 in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, wäre allein mit diesen Zeiten die Wartezeit nicht erfüllt. Der Kläger könnte aber die erforderliche Wartezeit aufweisen, wenn ihm auch ein Recht zur Nachentrichtung von Beiträgen einzuräumen ist und daraufhin gezahlte Beiträge trotz des bereits eingetretenen Versicherungsfalls zur Begründung des Anspruchs auf ARG anzurechnen sind. Ein solches Recht zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge kann insbesondere bestehen, wenn der Kläger zu dem von dem Zusatzabkommen (ZusAbk) vom 12. Februar 1995 (zum AbkIsraelSozSich - BGBl II 1996, 299) begünstigten Personenkreis zählt. Das LSG hat sich nicht näher damit befasst, ob dem Kläger gemäß Art 1 Buchst a ZusAbk ein Nachentrichtungsrecht eingeräumt ist. Aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen erscheint es aber nicht ausgeschlossen, dass der Kläger die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt, sofern für ihn durch die Anwendung des § 17a FRG erstmals Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen sind (vgl Art 1 Buchst a Satz 1 ZusAbk). Da sowohl für die Anrechnung der ungarischen Versicherungszeiten als auch für das Recht auf Nachentrichtung von Beiträgen die Voraussetzungen des § 17a FRG gegeben sein müssen, hängen die Erfüllung der Wartezeit und damit der geltend gemachte Rentenanspruch insgesamt davon ab, ob der Kläger zu dem von § 17a FRG begünstigten Personenkreis zählt. Das LSG ist der Frage, ob dem Kläger ein Recht auf Beitragsnachentrichtung nach dem ZusAbk zusteht, aus seiner Sicht insoweit zu Recht nicht nachgegangen, als es bereits hinsichtlich der Anrechnung der ungarischen Versicherungszeiten die Anwendung des § 17a FRG zu Gunsten der Klägers mit der Begründung verneint hat, dieser habe nicht dem dSK angehört und erfülle schon deshalb nicht die Voraussetzungen des § 17a Buchst a Nr 1 FRG. Diese Beurteilung hält jedoch der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Ob der Kläger dem dSK angehört hat, lässt sich aufgrund der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht abschließend beurteilen.

Wie der erkennende Senat in seinen Entscheidungen vom 10. März 1999 - B 13 RJ 83/98 R (BSG SozR 3-5070 § 20 Nr 7), B 13 RJ 87/97 R, B 13 RJ 25/98 R, B 13 RJ 35/98 R, B 13 RJ 65/98 R sowie B 13 RJ 81/98 R - im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung des BSG und des BGH dargelegt hat, kommt es für die Zugehörigkeit zum dSK vorrangig auf die Sprache an. Danach kann der Verfolgte bei Mehrsprachigkeit dem dSK zugerechnet werden, wenn er die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und sie wie eine solche in seinem persönlichen Bereich verwendet hat (vgl BGH RzW 1970, 503, 505; 1973, 266; 1974, 247; BSG SozR 5070 § 20 Nr 4, 13; BSG SozR 3-5070 § 20 Nr 1, 2). Beide Merkmale, also Sprachbeherrschung wie Sprachgebrauch, sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zu beurteilen. Kann jemand in einer anderen Sprache, aber nicht in der deutschen schreiben, bedarf es dementsprechend der Prüfung, ob für ihn eine zumutbare Möglichkeit bestanden hat, die deutsche Schriftsprache zu erlernen (vgl BGH RzW 1980, 22, 23; AmtlMitt LVA Rheinpr 1986, 225, 229). Bei der Feststellung eines überwiegenden Sprachgebrauchs wiederum ist die Gesamtheit der individuellen Kommunikation des Verfolgten im persönlichen Lebensbereich in Betracht zu ziehen.

Ob die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien betreffend die Beherrschung und den Gebrauch der deutschen Sprache in tatsächlicher Hinsicht zum maßgeblichen Zeitpunkt erfüllt waren und damit die Zugehörigkeit zum dSK bejaht werden kann, haben die Tatsacheninstanzen von Amts wegen zu ermitteln (§ 103 SGG) und hierüber im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für die Feststellung der nach dem FRG erheblichen Tatsachen genügt, wenn sie glaubhaft gemacht sind, dh, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs 1 FRG).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte nicht bereits aus Rechtsgründen verpflichtet, seine Zugehörigkeit zum dSK allein deshalb anzuerkennen, weil er die Sprachprüfung in Israel mit einem positiven Votum des dortigen Prüfers abgelegt hat. Eine derartige Verpflichtung zur Anerkennung der Zugehörigkeit des Klägers zum dSK allein aufgrund des Gesamtvotums im Sprachprüfungsprotokoll lässt sich nicht aus dem von dem Kläger in das Berufungsverfahren eingeführten Protokoll über das Ergebnis der im Februar 2000 von Vertretern der Israelischen Nationalversicherung und einer Delegation der deutschen Rentenversicherungsträger durchgeführten Verbindungsstellenbesprechung herleiten.

Es bestehen schon Zweifel daran, ob die Beklagte überhaupt berechtigt wäre, gegenüber dem israelischen Versicherungsträger eine für alle Einzelfälle verbindliche Erklärung mit dem vom Kläger beigegebenen Inhalt abzugeben, und ob die Gerichte an eine diesbezügliche Erklärung bei der Prüfung der Zugehörigkeit von Betroffenen zum dSK gebunden wären. Der in der Verbindungsstellenbesprechung behandelte Fragenkomplex betrifft die Auslegung bzw Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Zugehörigkeit zum dSK". Die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe unterliegt grundsätzlich voll der Nachprüfung durch die Gerichte. Dies gilt auch für diesbezügliche Interpretationsrichtlinien der Versicherungsträger, die nur verwaltungsinternen Charakter haben können, wenn sie nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruhen. Eine derartige Ermächtigungsgrundlage ist hier nicht ersichtlich. An Auslegungs- und Abgrenzungshilfen der Sozialversicherungsträger, die keine Rechtsnormqualität iS des § 162 SGG besitzen, sind die Gerichte nicht gebunden.

Ob eine rechtsverbindliche Interpretationsrichtlinie für die Feststellung der nach § 17a FRG geforderten Zugehörigkeit zum dSK durch eine völkerrechtliche Vereinbarung erreicht werden könnte, braucht hier nicht entschieden zu werden. Abgesehen davon, dass weder das AbkIsraelSozSich selbst noch die Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens vom 20. November 1978 (BGBl II 575) oder das ZusAbk zum AbkIsraelSozSich den Vertragspartnern eine entsprechende Befugnis erteilen, handelt es sich bei dem Ergebnis der Verbindungsstellenbesprechung nicht um eine derartige Vereinbarung.

Insbesondere kann dem Besprechungsergebnis nicht der von dem Kläger unterlegte Sinn entnommen werden, dass bei einem für den Antragsteller positiven Ergebnis der Sprachprüfung die Anerkennung des Tatbestandsmerkmals der Zugehörigkeit zum dSK zwingend sei. Das LSG hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte sich in diesem Besprechungstermin nicht verpflichtet hat, in jedem Einzelfall einer positiven deutschen Sprachprüfung die Zugehörigkeit des Betroffenen zum dSK anzuerkennen.

In dem fraglichen Protokoll ist als Besprechungsergebnis festgehalten worden, dass im Zentrum der Ermittlungen und der Beweiswürdigung für die Feststellung der Zugehörigkeit zum dSK der Sprachprüfungsbericht stehen sollte; er sei das wichtigste Beweismittel und daher in aller Regel zur Grundlage der Entscheidung über die Zugehörigkeit zum dSK zu machen. Auf eine positive Entscheidung sei hinzuwirken, wenn nicht gravierende Tatsachen dagegen sprächen. Von einem schlüssigen und positiven dSK-Gesamtvotum der Sprachprüfungsbehörde sei nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen abzuweichen, wobei ein solcher Ausnahmefall gegeben sei, wenn schwerwiegende oder zahlreiche Gründe gegen die Feststellungen im Sprachprüfungsbericht sprächen. Als schwerwiegender Grund könne zB angesehen werden, wenn sich der Antragsteller in erhebliche Widersprüche über sein Sprachverhalten zum maßgeblichen Zeitpunkt verwickelt habe.

Bei den Antragstellern (nach dem ZusAbk vom 12. Februar 1995) handele es sich auch weit überwiegend um hochbetagte Personen, die häufig gesundheitlich angeschlagen und unsicher im Umgang mit Behörden seien. Sie befänden sich in einer schwierigen Situation und sollten Tatbestände glaubhaft machen, die mehr als 60 Jahre zurücklägen und für die Zeugen in der Regel nicht mehr zur Verfügung stünden. Widersprüche zu Angaben in früheren Verfahren bzw mögliche belastende Indizien seien unter diesen Bedingungen kaum noch aufzuklären bzw zu entkräften. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens bei der Ermittlung des Sachverhalts seien bei der Beweiswürdigung an die Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Merkmale nicht zu hohe Anforderungen zu stellen und eine Gewichtung der entscheidungserheblichen Kriterien den Gegebenheiten anzupassen.

Zusammenfassend wird in dem Besprechungsprotokoll festgehalten, dass die Feststellung der Zugehörigkeit zum dSK auch im Rahmen des ZusAbk vom 12. Februar 1995 grundsätzlich nach den Regeln der freien Beweiswürdigung unter Berücksichtigung aller erreichbaren Beweismittel erfolge. Dass das Ergebnis der Verbindungsstellenbesprechung keine neuen Grundsätze der Beweiswürdigung aufstellen will, zeigt auch der Hinweis unter Punkt 5.4 des Protokolls, wo dies ausdrücklich hervorgehoben wird. So seien viele Aspekte der angeführten Grundsätze der Beweiswürdigung bereits in der Vergangenheit zur Anwendung gekommen und hätten sich in den gerichtlichen Entscheidungen niedergeschlagen. Soweit ablehnende, durch eine bindende gerichtliche Entscheidung bestätigte Bescheide vorlägen, bestehe in der Regel kein Anlass zu deren Aufhebung; entsprechende Überprüfungsanträge seien grundsätzlich negativ zu bescheiden.

Diese als Besprechungsergebnis festgehaltenen Grundsätze machen deutlich, dass es sich dabei weniger um die Klärung des Rechtsbegriffs der Zugehörigkeit zum dSK handelt, als vielmehr um Fragen der Tatsachenermittlung und Beweiswürdigung. Die insoweit ins Auge gefasste Vorgehensweise entspricht im Wesentlichen den in derartigen Fällen von der Rechtsprechung angewandten Maßstäben. Eine Beachtung dieser Grundsätze macht - wie bislang schon - weder eine Beiziehung aller erreichbaren Beweismittel noch eine Würdigung der vorliegenden Beweismittel hinsichtlich der für die Zugehörigkeit zum dSK maßgeblichen Kriterien entbehrlich. Es kann daher dahinstehen, ob die im Besprechungsergebnis niedergelegten Grundsätze nur für die Durchführung des ZusAbk vom 12. Februar 1995 gelten sollen - wie die Beklagte meint - oder als allgemeine Grundsätze für die Feststellung der Zugehörigkeit zum dSK auch in anderen Zusammenhängen anzusehen sind.

Was das Beherrschen der deutschen Sprache anbelangt, so hat sich das LSG nicht ausdrücklich - auch und gerade nicht durch Bezugnahme auf das Urteil des SG - festgelegt, in welchem Umfang der Kläger in dem nach § 17a FRG maßgeblichen Zeitpunkt Deutsch sprechen, lesen und schreiben konnte. Das SG hat festgestellt, der Kläger spreche nach dem Ergebnis der am 11. September 1994 beim israelischen Finanzministerium in Tel Aviv durchgeführten Sprachprüfung Deutsch leicht entwöhnt, unbefangen und fließend und lese leichte Texte mit Verständnis; abgesehen von den zahlreichen Rechtschreibefehlern in den vom Kläger abgelegten Schriftproben reichten die vorhandenen Kenntnisse in der deutschen Sprache nicht aus, um eine Zugehörigkeit zum dSK annehmen zu können. Diesen Ausführungen könnte zu entnehmen sein, dass das SG die Beherrschung der deutschen Sprache wie eine Muttersprache durch den Kläger für den damaligen Zeitraum verneinen wollte. Allerdings ist das Ergebnis der Sprachprüfung selbst hinsichtlich des Kriteriums der Sprachbeherrschung vom SG keiner näheren Beweiswürdigung unterzogen worden. Anders als das SG spricht das LSG im Zusammenhang seiner Ausführungen von einer positiven deutschen Sprachprüfung, ohne sich aber näher damit auseinanderzusetzen, ob von einer hinreichenden Beherrschung der deutschen Sprache im maßgeblichen Zeitraum auszugehen ist oder nicht.

Das Ausmaß der Sprachbeherrschung kann offen bleiben, wenn nicht glaubhaft gemacht ist, dass der Kläger die deutsche Sprache wie oder als seine Muttersprache im persönlichen Umgang gebraucht hat. Hiervon ist das LSG ausgegangen. Diese Feststellung kann der revisionsgerichtlichen Entscheidung jedoch nicht zugrunde gelegt werden, denn sie ist in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen. Insoweit greift die Rüge des Klägers durch, das LSG habe seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (vgl § 103 SGG) verletzt. Es hätte sich nach den Umständen des vorliegenden Falls zu weiteren Ermittlungen betreffend den früheren Sprachgebrauch des Klägers gedrängt fühlen müssen, namentlich durch nähere Befragung der vom Kläger benannten Zeugen B. und C. .

Das LSG hat von einer diesbezüglichen Beweiserhebung abgesehen, weil angesichts nicht aufzuklärender Widersprüche nicht zu erwarten sei, dass die beantragte Vernehmung der Zeugen B. und C. zu einer weiteren Sachaufklärung führen würde. Diese Widersprüche hat das LSG darin gesehen, dass die schriftlichen Aussagen der Zeugen B. und C. vom 21. Oktober 1995 bzw 23. Oktober 1995, wonach im Elternhaus des Klägers Deutsch gesprochen worden sei, von den eigenen Angaben des Klägers in der Sprachprüfung abwichen. Außerdem hätten die Zeugen auch zu den Beschäftigungsverhältnissen des Klägers Angaben gemacht, die in Widerspruch zu ihren eigenen früheren Bekundungen und den früheren Aussagen des Klägers im Entschädigungsverfahren stünden. Diese Ausführungen sind, wie die Revision zu Recht rügt, nicht geeignet, das Absehen von der beantragten Beweiserhebung hinreichend zu begründen. Gerade die vom LSG aufgezeigten Unstimmigkeiten hätten der Vorinstanz Veranlassung geben müssen, alle verfügbaren Beweismittel auszuschöpfen.

Das Gericht darf die Vernehmung eines Zeugen grundsätzlich nur dann ablehnen, wenn das angebotene Beweismittel schlechterdings untauglich ist, wenn es auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht ankommt oder wenn es diese als wahr unterstellt (vgl zB Senatsurteil vom 23. August 2001 - B 13 RJ 59/00 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Da das LSG den Gebrauch der deutschen Sprache im Elternhaus des Klägers weder als für die Entscheidung unerheblich angesehen noch als wahr unterstellt hat, hätte es auf die beantragten Zeugenvernehmungen nur dann verzichten dürfen, wenn es sich dabei um völlig ungeeignete Beweismittel gehandelt haben sollte. Eine derartige Untauglichkeit lässt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen.

Insbesondere reicht der allgemeine Hinweis der Vorinstanz darauf, dass die Zeugen nur im Wege der Rechtshilfe und daher ohne die Möglichkeit eines persönlichen Eindrucks durch den Berufungssenat hätten vernommen werden können, als Begründung für das Unterlassen der beantragten Beweiserhebung nicht aus. Sofern das LSG eine persönliche Vernehmung der Zeugen vor ihm selbst als erforderlich angesehen hat (vgl dazu BGH NJW 1990, 3088 f), durfte es zwar die Beweisaufnahme durch ein israelisches Gericht (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 363 der Zivilprozessordnung <ZPO>) für ungeeignet halten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass einer Zeugenvernehmung in Deutschland tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstanden (vgl dazu Senatsurteil vom 23. August 2001 aaO mwN).

Wie der Kläger zutreffend rügt, durfte das LSG auch angesichts der vorliegenden schriftlichen Erklärungen der Zeugen nicht von deren Vernehmung absehen. Die Vorinstanz hat insoweit den auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (vgl § 117 SGG) nicht hinreichend beachtet. Die Verwertung einer schriftlichen Auskunft anstelle einer mündlichen Zeugenaussage setzt voraus, dass sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ein geeignetes Mittel zur Erforschung des Sachverhalts darstellt (vgl Senatsurteil vom 23. August 2001 aaO). Davon kann hier hinsichtlich der von dem Kläger unaufgefordert eingereichten Zeugenerklärungen nicht ausgegangen werden. Zum einen handelt es sich um sehr pauschale Angaben, die insbesondere den Umfang des deutschen Sprachgebrauchs im Einzelnen nicht näher erläutern und auch nicht erkennen lassen, wie die Zeugen ihre behauptete Kenntnis erlangt haben. Zum anderen bestehen, wie das LSG festgestellt hat, insoweit Widersprüche zu früheren Bekundungen des Klägers.

In diesem Zusammenhang kann sich das LSG auch nicht auf die in dem Urteil des BGH vom 14. Juni 1967 (RzW 1967, 500) aufgestellten Grundsätze stützen (vgl hierzu Senatsurteil vom 23. August 2001 aaO). Auch nach dem seinerzeit vom BGH herangezogenen § 377 Abs 4 ZPO (aF) hätte das LSG hier nicht ohne weiteres von der beantragten Vernehmung der Zeugen Abstand nehmen dürfen. Die Vorinstanz hat nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Richtigkeit der schriftlichen Bekundungen der Zeugen hinsichtlich des deutschen Sprachgebrauchs des Klägers überzeugt sei, sondern vielmehr Zweifel insoweit geäußert, diese aber nicht mit Widersprüchen zu früheren Angaben der Zeugen über den deutschen Sprachgebrauch, sondern mit deren widersprüchlichen Bekundungen zu den Beschäftigungsverhältnissen des Klägers begründet. Widersprüchliche Angaben von Zeugen zu anderen Sachverhaltskomplexen als dem unter Beweis gestellten berechtigen für sich allein nicht zu der Annahme, eine Vernehmung der Zeugen könne von vornherein nicht zu einer weiteren Aufklärung des streitigen Sachverhalts beitragen. Außerdem hat das LSG nicht erkennen lassen, dass es dem persönlichen Eindruck der Zeugen keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat (vgl BGH RzW 1967, 500, 502). Vielmehr ist seinen Entscheidungsgründen eher zu entnehmen, dass es lediglich von einer Vernehmung der Zeugen im Wege der Rechtshilfe - gerade wegen der fehlenden Möglichkeit eines persönlichen Eindrucks durch den Berufungssenat - keine weitere Aufklärung des Sachverhalts erwartet hat.

Letztlich beruht das Unterlassen der Zeugenvernehmung auf einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung durch das LSG (vgl dazu BSGE 2, 273, 275; BSG SozR Nr 27 zu § 162 SGG). Ein Richter darf die Vernehmung eines Zeugen grundsätzlich nicht mit der Begründung ablehnen, er werde sich von dessen Aussage nicht überzeugen lassen (vgl Senatsurteil vom 23. August 2001 aaO, mwN). Eben dies hat das LSG im Ergebnis getan, indem es die von ihm festgestellten Widersprüche als nicht aufklärbar angesehen hat, ohne vorher die dazu benannten Zeugen vernehmen zu lassen oder selbst zu vernehmen.

Da nach alledem weitere Ermittlungen erforderlich sind, die der erkennende Senat im Revisionsverfahren nicht durchführen kann (vgl § 163 SGG), ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Soweit es auf die Aussagen der in Israel wohnenden Zeugen ankommt, könnte sich die Verwendung eines Beweisfragenkatalogs anbieten, bevor eine Ladung nach Deutschland versucht wird. Sollte die Zugehörigkeit des Klägers zum dSK zu bejahen sein, wird noch zu prüfen sein, inwieweit die übrigen Voraussetzungen für eine Zahlbarmachung von ARG vorliegen und ob die in Ungarn zurückgelegten Zeiten in vollem Umfang oder nur zu 5/6 anzurechnen sind. Überdies wäre bei einer Bejahung der Zugehörigkeit des Klägers zum dSK von der Beklagten noch darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang diesem ein Recht zur Nachentrichtung von Beiträgen zusteht.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Ende der Entscheidung

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