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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 15.02.2005
Aktenzeichen: B 2 U 3/04 R
Rechtsgebiete: SGB VII, SGG


Vorschriften:

SGB VII § 63 Abs 2
SGB VII § 63 Abs 2 Satz 2
SGG § 163
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 15. Februar 2005

Az: B 2 U 3/04 R

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Steege, die Richter Mütze und Dr. Becker sowie die ehrenamtlichen Richter Brüning und Lasar

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. August 2003 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenleistungen.

Die Klägerin ist die Witwe des Versicherten M G (im Folgenden: V). Bei diesem hatte die beklagte Berufsgenossenschaft zuletzt mit Bescheid vom 13. April 2000 eine Berufskrankheit (BK) Nr 4104 (Lungen- oder Kehlkopfkrebs aufgrund von Asbest) nach der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH anerkannt. V verstarb am 17. Juli 2000 in den L krankenhaus . Nach einer telefonischen Rücksprache des zuständigen Stationsarztes mit der Klägerin wurde V dort obduziert. Nach Telefongesprächen mit Bediensteten der Beklagten übersandte die Klägerin an die Beklagte den vorläufigen Sektionsbefund. Auf Anforderung der Beklagten übersandte der Pathologe des L krankenhauses ihr seinen (endgültigen) Sektionsbefund vom 24. Oktober 2000, nach dem V an einem Pankreaskarzinom im Endstadium gelitten hatte und ein primäres Bronchialkarzinom nicht nachweisbar war. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab. Die Rechtsvermutung des § 63 Abs 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) hinsichtlich des Ursachenzusammenhanges zwischen BK und Tod sei widerlegt, weil V an dem Pankreaskarzinom verstorben sei (Bescheid vom 22. Dezember 2000, Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2001).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen zu gewähren (Urteil vom 11. Juli 2002). Die Verwertung des Obduktionsergebnisses sei unzulässig, weil die Klägerin über die Obduktion unzureichend aufgeklärt worden sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 6. August 2003). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: V sei offenkundig nicht an den Folgen der anerkannten BK Nr 4104 verstorben. Dies ergebe sich aus dem Ergebnis der durchgeführten Obduktion, dessen Verwertung zulässig sei. Zur Widerlegung der Rechtsvermutung des § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII seien alle zulässigen Beweismittel geeignet. Hätten die Hinterbliebenen einer Obduktion zugestimmt, sei deren in einem entsprechenden ärztlichen Bericht dokumentiertes Ergebnis verwertbar. Vorliegend habe die Klägerin gegenüber dem Stationsarzt einer Obduktion zugestimmt. Entgegen der Ansicht des SG liege eine wirksame Einwilligung der Klägerin in die Obduktion vor, weil sie ausreichend von dem Stationsarzt aufgeklärt worden sei und die Anforderungen an seine Aufklärungspflicht nicht überspannt werden dürften. Die Beklagte ihrerseits habe weder auf die Einwilligung der Klägerin zur Obduktion noch auf deren Durchführung Einfluss genommen. Ein Verwertungsverbot seitens der Beklagten hinsichtlich des Obduktionsergebnisses liege nicht vor. Einer ihrer Bediensteten habe die Klägerin über die rechtlichen Folgen der Obduktion im Rahmen eines Telefongesprächs informiert. Den vorläufigen Sektionsbefund habe die Klägerin aus freien Stücken übersandt und auch die Heranziehung des endgültigen Sektionsbefundes durch die Beklagte sei nicht zu beanstanden. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der entsprechenden Sozialdaten durch die Beklagte sei gemäß §§ 67a, 67b des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) zulässig gewesen, da sie die Angaben zur Erfüllung ihrer Aufgaben, nämlich die Entscheidung über die Hinterbliebenenleistungen für die Klägerin, benötigt habe (§ 199 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VII). Die Berechtigung der Beklagten den Sektionsbefund unmittelbar bei dem Pathologen anzufordern, ergebe sich aus § 100 Abs 1 SGB X iVm § 203 SGB VII. Im Übrigen hätte auch eine eingeschränkte Obduktion, wie sie von der Klägerin nach ihrer Auffassung nur gebilligt worden sei, zu demselben Ergebnis geführt.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. § 63 Abs 2 Satz 2 SGB VII sei verletzt, denn Offenkundigkeit im Sinne dieser Vorschrift liege nur vor, wenn der Tod mit einer ernsthafte Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit nicht Folge der BK sei. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Pankreaskrebs, der zum Tod des V geführt habe, nicht auf der BK Nr 4104 beruht habe, ob der Krebs aber durch die Krankheit und die mit dem Beruf des V verbundenen Gesundheitsgefahren gefördert worden sei, sei medizinisch nicht bewiesen. Das Fehlen des Ursachenzusammenhangs sei nicht offenkundig. Die Beiziehung des Obduktionsergebnisses sei nicht zulässig gewesen. Hinsichtlich der Ergebnisse einer rechtswidrig durchgeführten Obduktion bestände ein Beweisverwertungsverbot, obwohl sie selbst dieses an die Beklagte weitergeleitet habe. Die Obduktion sei rechtswidrig gewesen, weil sie dazu keine rechtswirksame Einwilligung erteilt habe. Sie habe nur einer Entnahme des Tumors zu Forschungszwecken zugestimmt. Sie sei nicht ordnungsgemäß über die Obduktion aufgeklärt worden und die erforderliche Einwilligung sei nicht schriftlich erteilt worden. Der Stationsarzt hätte außerdem über die Konsequenzen der Obduktion informieren müssen. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, das endgültige Obduktionsergebnis anzufordern, da dies auf einer unzulässigen Obduktion beruhe. Ihre Einwilligung zur Nutzung der Sozialdaten gemäß § 67b Abs 1 SGB X habe nicht vorgelegen. Insbesondere sei sie von der Beklagten über die sich aus der Nutzung der Sozialdaten ergebenden Konsequenzen vorher nicht ausreichend informiert worden. Es sei auch gegen § 200 Abs 2 SGB VII verstoßen worden, weil sie insofern ebenfalls nicht ausreichend informiert worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. August 2003 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11. Juli 2002 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, die Unfallversicherungsträger dürften zwar keine Obduktion verlangen, wenn aber eine durchgeführt worden sei, könne deren Ergebnis verwertet werden.

II

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Todes ihres Ehemannes V.

In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht ein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist (§ 63 Abs 1 SGB VII). Der Tod eines Versicherten ist infolge eines Versicherungsfalls eingetreten, wenn er durch einen Arbeitsunfall oder eine BK und sei es auch nur mittelbar, vor allem aufgrund der sich aus ihnen ergebenden Gesundheitsstörungen und Erkrankungen verursacht wurde (BSGE 66, 156 = SozR 3-2200 § 553 Nr 1). Dass der Tod des V nicht in diesem Sinne infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist, ergibt sich aus den Ausführungen des LSG und war während des gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Dies gilt auch für eine Verursachung des Todes des V durch den festgestellten Pankreaskrebs, zumal die von der Klägerin behauptete Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen den beruflichen Gesundheitsgefahren des V und dessen Pankreaskrebs für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs nicht genügt (BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 11).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente aufgrund der Vermutung des § 63 Abs 2 SGB VII. Nach dessen Satz 1 steht dem Tod infolge eines Versicherungsfalles der Tod eines Versicherten gleich, dessen Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer BK Nr 4104 um 50 vH oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, dass der Tod mit der BK nicht in ursächlichem Zusammenhang steht; eine Obduktion zum Zwecke einer solchen Feststellung darf nicht gefordert werden (§ 63 Abs 2 Satz 2 SGB VII). Die Vermutung bezieht sich nach ihrem Wortlaut sowie Sinn und Zweck (dazu Burchardt in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand Januar 2005, § 63 RdNr 41 f) nur auf die jeweils anerkannte BK. Ist sie offenkundig nicht die Todesursache, greift die Vermutung des § 63 Abs 3 Satz 1 SGB VII nicht ein. Die Möglichkeit, dass eine andere Erkrankung, die zum Tode des Versicherten geführt hat, ebenfalls durch dessen versicherte Tätigkeit verursacht worden war, ändert nichts daran, dass in einem solchen Fall die zugunsten der Hinterbliebenen bestehende Vermutung widerlegt ist; denn auf die andere Krankheit erstreckt sich die Vermutung nicht. Die von der Klägerin vorgebrachten Unklarheiten hinsichtlich der Entstehung des zum Tode führenden Pankreaskrebses sind somit für einen Anspruch aus § 63 Abs 2 SGB VII ohne Belang.

Dass V nicht an der bei ihm anerkannten BK Nr 4104 verstorben ist, ergibt sich aus den bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) tatsächlichen Feststellungen des LSG. Das LSG hat ebenso wie die Beklagte dieser Feststellung zulässigerweise den endgültigen Sektionsbefund zugrunde legen dürfen.

Ausgangspunkt für die Beweiserhebung der Beklagten ist ihre Pflicht den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 20 Abs 1 Satz 1 SGB X) und alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen (§ 20 Abs 2 SGB X). Die Beklagte hat sich dabei der Beweismittel zu bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, und kann insbesondere Auskünfte einholen, Urkunden und Akten beiziehen usw (§ 21 Abs 1 SGB X).

Dass die damit einhergehenden Pflichten und Rechte der Beklagten nicht grenzenlos sind, zeigt schon § 21 Abs 3 Satz 3 SGB X, nach dem ua hinsichtlich der Vernehmung von Zeugen die Regelungen über das Zeugnisverweigerungsrecht in der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend gelten. Eine weitere umfassend und sehr differenziert geregelte Einschränkung enthalten die Vorschriften über den Sozialdatenschutz in § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) und §§ 67 ff SGB X, die den Regelungen zur Ermittlung des Sachverhaltes in §§ 20 ff SGB X nach dem eindeutigen Wortlaut des § 37 Satz 3 SGB I vorgehen.

1. Eine zusätzliche, vorliegend einschlägige Begrenzung der Aufklärungspflichten und -rechte enthält § 63 Abs 2 Satz 2 Halbs 2 SGB VII, nach dem eine Obduktion zur Überprüfung der Vermutung des § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII nicht gefordert werden darf. Dies hat die Beklagte auch nicht getan. Die Obduktion ist vielmehr ohne ihr Zutun von Seiten des Krankenhauses, in dem V zur Behandlung war, durchgeführt worden.

2. Auch die Vorschriften des Sozialdatenschutzes stehen der Beiziehung und Verwertung des endgültigen Sektionsbefundes des V durch die Beklagte nicht entgegen.

Grundlage für den Sozialdatenschutz ist das Sozialgeheimnis in § 35 SGB I. Danach hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern, wie der Beklagten, nicht unbefugt erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung ist nur unter den Voraussetzungen der §§ 67 ff SGB X zulässig (§ 35 Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGB I). Sozialdaten Verstorbener, wie zB der Inhalt eines Sektionsbefundes, dürfen auch nur nach Maßgabe der §§ 67 ff SGB X verarbeitet und genutzt werden (§ 35 Abs 5 Satz 1 SGB I, im Unterschied zum allgemeinen Datenschutzrecht im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), das keinen Schutz von Daten Verstorbener kennt, vgl Dammann in: Simitis, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 5. Auflage 2003, § 3 RdNr 17). Sie dürfen außerdem verarbeitet und genutzt werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können (§ 35 Abs 5 Satz 2 SGB I). Obwohl die für eine Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten oft notwendige und vorgelagerte Erhebung von Sozialdaten in § 35 Abs 5 SGB I nicht ausdrücklich aufgeführt wird, sind die vorgenannten Regelungen auf die Erhebung entsprechend anzuwenden, weil § 35 Abs 5 die Verarbeitung von Daten Verstorbener umfassend regeln will (vgl BT-Drucks 12/5187 S 28).

Für die Auswertung und die Beiziehung des endgültigen Sektionsbefundes durch die Beklagte sind die §§ 67 ff SGB X maßgebend, weil die Ausnahme nach § 35 Abs 5 Satz 2 SGB I nicht eingreift. Dass durch die Beiziehung und Auswertung des Sektionsbefundes schutzwürdige Interessen von Angehörigen des Verstorbenen beeinträchtigt werden können, zeigt das vorliegende Verfahren. Hinterbliebenenleistungen sind grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse. Auf die erst mit der Datennutzung zu beantwortende Frage, ob materiell-rechtlich ein Anspruch auf sie besteht oder nicht, kommt es zur Bestimmung der Schutzwürdigkeit des Interesses nicht an.

a) Die Beiziehung des endgültigen Sektionsbefundes durch die Beklagte war eine zulässige Datenerhebung gemäß § 67a SGB X in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches - 2. SGB-ÄndG - vom 13. Juni 1994 (BGBl I 1229; im Folgenden: SGB X idF des 2. SGB-ÄndG).

Diese Datenerhebung war grundsätzlich zulässig (§ 67a Abs 1 Satz 1 SGB X idF des 2. SGB-ÄndG), weil die Kenntnis des endgültigen Sektionsbefundes von V für die Entscheidung der Beklagten über die Hinterbliebenenleistungen an die Klägerin gemäß § 63 SGB VII erforderlich war.

Auch das Verfahren der Beklagten, die Daten nicht bei dem Betroffenen zu erheben, sondern bei dem Pathologen, der die Obduktion durchgeführt hatte, war rechtmäßig. Denn eine Datenerhebung bei dem "Betroffenen", also bei demjenigen, den die medizinischen Daten "betrafen", nämlich V, war nicht möglich. Inwieweit die Klägerin als seine Ehefrau in diese Stellung einrückte, kann dahingestellt bleiben (vgl zum Datenschutz von Versicherten gegenüber ihren Kindern: BSGE 59, 76, 79 f = SozR 1300 § 67 Nr 2). Denn die Datenerhebung bei dem Pathologen ohne Mitwirkung des Betroffenen ist durch Rechtsvorschrift zugelassen (§ 67a Abs 2 Nr 2a iVm § 100 SGB X idF des 2. SGB-ÄndG und § 203 SGB VII).

Derartige Rechtsvorschriften, die die direkte Datenerhebung nicht bei dem Betroffenen, sondern einer anderen Stelle zulassen, gibt es zahlreiche. Sie sind zum einen im SGB X und vor allem in den einzelnen materiellen Regelungsbereichen des Sozialgesetzbuchs zu finden (vgl Bieresborn in: von Wulffen, SGB X, 5. Auflage 2005, § 67a RdNr 9; Rombach in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: November 2004, § 67a RdNr 96 mit einer Aufzählung). In der gesetzlichen Unfallversicherung sind dies vor allem die §§ 199 ff SGB VII, die mit bereichsspezifischen Regelungen die allgemeinen Datenschutzvorschriften ergänzen (BT-Drucks 13/2204 S 118; Burchardt in: Brackmann, aaO, § 199 RdNr 8; Kranig: in Hauck, SGB VII, Stand 2004, § 199 RdNr 1 ff).

Einschlägig in der vorliegenden Konstellation sind § 100 SGB X mit der allgemeinen Regelung der Auskunftspflicht von Ärzten und § 203 SGB VII als eine Spezialregelung in der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach letzterer sind Ärzte, die nicht an einer Heilbehandlung nach § 34 SGB VII beteiligt sind, verpflichtet, dem Unfallversicherungsträger auf Verlangen Auskunft über Behandlungen, den Zustand sowie über Erkrankungen und frühere Erkrankungen des Versicherten zu erteilen, soweit dies für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich ist (§ 203 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Diese Vorschrift enthält nach ihrem Wortlaut eine sehr weitgehende, allgemeine Auskunftspflicht von Ärzten, die einen Versicherten irgendwann einmal behandelt oder untersucht haben. Die Vorschrift knüpft an den früheren § 1543d der Reichsversicherungsordnung (RVO) an. Sie ist im Gesetzgebungsverfahren insofern geändert worden, als sie klar gegenüber § 201 SGB VII abgegrenzt wurde: Während § 201 SGB VII die Auskunftspflicht der Ärzte regelt, die an einer Heilbehandlung nach § 34 SGB VII beteiligt sind, regelt § 203 SGB VII die Auskunftspflicht der übrigen Ärzte. Für diese weite Auslegung sprechen neben dem eindeutigen Wortlaut und der genannten Gesetzgebungsgeschichte einschließlich der Beteiligung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (vgl Erstkommentierung des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, hrsg vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, 1996, § 203 Anm 1; Pappai, BG 1996, 127, 129) auch das Tätigwerden und die Leistungsgewährung der Unfallversicherungsträger von Amts wegen ohne Antrag (§ 19 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung <SGB IV>) sowie die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl BSGE 1, 150, 156 f; BSGE 43, 110 ff = SozR 2200 § 548 Nr 27; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 11), die eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts erfordert. Dass nicht nur behandelnde Ärzte im engeren Sinne gemeint sind, sondern auch zB Radiologen oder Pathologen, die den Versicherten nur untersucht haben, folgt aus der Verpflichtung, nicht nur über Behandlungen, sondern auch über den "Zustand" sowie allgemein über Erkrankungen Auskunft zu erteilen. Begrenzt wird die Auskunftspflicht nur durch die Erforderlichkeit für eine Leistungserbringung seitens des Unfallversicherungsträgers und die Beschränkung auf solche Bereiche von Erkrankungen, die mit dem Versicherungsfall in ursächlichem Zusammenhang stehen können (§ 203 Abs 1 Satz 2 SGB VII). Da der Pathologe den verstorbenen Ehemann der Klägerin untersucht hat und über seinen "Zustand" sowie seine Erkrankungen etwas berichten konnte und dies für die Entscheidung der Beklagten für die von der Klägerin begehrten Hinterbliebenenleistungen erforderlich war, sind die Voraussetzungen des § 203 Abs 1 SGB VII erfüllt.

Die Beklagte ist auch ihrer Hinweispflicht aus § 203 Abs 2 SGB VII nachgekommen. Diese Vorschrift soll dem Betroffenen kein Widerspruchsrecht gegen die Datenerhebung einräumen, sondern dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot Rechnung tragen, damit der Betroffene weiß, wer über ihn welche Daten hat. Die Datenerhebung kann daher zeitgleich mit dem Hinweis an den Versicherten erfolgen (BT-Drucks 13/4853 S 22). Da der Betroffene V zum Zeitpunkt der Datenerhebung tot war, scheidet eine Hinweispflicht ihm gegenüber aus. Selbst wenn die Klägerin als seine Ehefrau insofern in die Rechtsstellung des V eingerückt sein sollte (zu entsprechenden Bedenken siehe oben), hat die Beklagte dieser Voraussetzung Rechnung getragen, weil nach den unumstrittenen Feststellungen des LSG einer ihrer Bediensteten die Klägerin im Rahmen eines Telefongesprächs über den Zweck der Beiziehung und Auswertung des Obduktionsergebnisses informierte.

Aus § 100 SGB X ergeben sich vorliegend keine weiteren Einschränkungen, die der Beiziehung des endgültigen Sektionsbefundes durch die Beklagte beim Pathologen entgegenstehen.

Das Gleiche gilt für die durch die Anfügung eines Abs 5 an § 67a SGB X idF des 2. SGB-ÄndG durch Art 8 § 2 Nr 2 Buchst c des Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze vom 18. Mai 2001 (BGBl I 904) eingeführte Pflicht zur Unterrichtung des Betroffenen im Falle einer Datenerhebung bei einer anderen Stelle. Unabhängig von der Frage, ob diese Regelung vorliegend überhaupt anwendbar ist, weil ihre Anwendung rückwirkend eine Unterrichtungspflicht der Beklagten einführen würde, während andererseits die zugrundeliegende Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 23. November 1995 Nr L 281/31; im Folgenden: EU-Datenschutz-Richtlinie) verspätet umgesetzt wurde (vgl BT-Drucks 14/4329 S 1), führt die Unterrichtungspflicht aufgrund des Todes des Betroffenen V und der Information seiner Ehefrau durch die Beklagte nicht zur Rechtswidrigkeit der Datenerhebung.

b) Die Auswertung des endgültigen Sektionsbefundes durch die Beklagte war eine zulässige Datenverarbeitung und -nutzung gemäß dem damals geltenden § 67b SGB X idF des 2. SGB-ÄndG.

Nach diesem war eine Datenverarbeitung und Nutzung zulässig, soweit die nachfolgenden Vorschriften oder eine andere Rechtsvorschrift des SGB es erlaubten (§ 67b Abs 1 SGB X idF des 2. SGB-ÄndG). Vorliegend ergibt sich eine solche Erlaubnis aus § 199 SGB VII, der als bereichsspezifische Sonderregelung der allgemeinen Vorschrift des § 67c Abs 1 SGB X idF des 2. SGB-ÄndG vorgeht. Nach § 199 Abs 2 Satz 1 iVm dessen Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VII ist das Verarbeiten und Nutzen von Sozialdaten durch die Beklagte in dem für die Erbringung von Leistungen jeweils erforderlichen Umfang zulässig. Dies war bei der Nutzung des endgültigen Sektionsbefundes für die Entscheidung über die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen der Fall.

Die Änderungen des § 67b SGB X idF des 2. SGB-ÄndG durch das Gesetz vom 18. Mai 2001 (BGBl I 904) sind für die vorliegende Entscheidung nicht erheblich.

3. Dieser nach dem bisher Gesagten datenschutzrechtlich zulässigen Beiziehung und Auswertung des endgültigen Sektionsbefundes durch die Beklagte steht kein Beweisverwertungsverbot entgegen.

Die Auffassung der Beklagten und des LSG, dass eine Urkunde im Verwaltungsverfahren als Beweismittel auf jeden Fall verwandt werden kann, unabhängig davon, wie sie entstanden ist, ist jedoch unzutreffend. Dies zeigt schon die Überlegung, dass anderenfalls auch eine Urkunde, die durch eine Straftat, Folter oä zu Stande gekommen wäre, von der Beklagten ohne Einschränkung als Beweismittel im Rahmen der §§ 20 ff SGB X zu berücksichtigen wäre. Vielmehr bestehen im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren nach dem SGB X ebenso wie im allgemeinen Verwaltungsverfahren (vgl nur: Clausen: in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 8. Auflage 2004, § 24 RdNr 15 f, § 26 RdNr 16; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2003, § 24 RdNr 29, § 26 RdNr 10 f; Stelkens: in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auflage 2001, § 24 RdNr 31 ff) zumindest unter bestimmten Voraussetzungen Beweisverwertungsverbote (ebenso Rixen: in Diering/Timme/Waschull, SGB X, Lehr- und Praxiskommentar, 2004, § 20 RdNr 10 ff).

a) Aus der Durchführung der Obduktion selbst ergibt sich kein Beweisverwertungsverbot.

Eine Obduktion stellt aufgrund des einem Menschen auch noch nach seinem Tode innewohnenden postmortalen Persönlichkeitsrecht, das Ausfluss seiner Menschenwürde gemäß Art 1 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) ist (grundlegend: BVerfGE 30, 173, 194), einen objektiv unerlaubten Eingriff in das nachwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen dar und bedarf deshalb immer eines Rechtfertigungsgrundes (Kammergericht, NJW 1990, 782; Heberer, Das ärztliche Berufs- und Standesrecht, 2001, S 443; Ulsenheimer: in Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, 2002, § 133 RdNr 16). Soweit sich ein solcher Rechtfertigungsgrund nicht aus der Strafprozessordnung (vgl deren §§ 87 ff) ergibt, wie vorliegend, ist das landesrechtliche Bestattungsrecht anwendbar. Das hier einschlägige Bestattungsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen unterliegt zwar nach § 162 SGG nicht der Überprüfung durch das Revisionsgericht, weil sich sein Geltungsbereich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt und nicht ersichtlich ist, dass inhaltlich übereinstimmende Vorschriften zum Zweck der Rechtsvereinheitlichung auch in anderen Bundesländern erlassen worden wären. Nachdem das LSG auf die landesrechtlichen Regelungen aber überhaupt nicht eingeht, ist der Senat zur Vermeidung einer sonst notwendigen Zurückverweisung der Sache gleichwohl befugt, den Inhalt dieser Regelungen selbst festzustellen (übereinstimmende Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes: vgl BSGE 71, 163, 165 = SozR 3-5050 § 15 Nr 4 S 11; BSGE 77, 53, 59 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 S 190 mwN; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 8 S 29; BVerwGE 78, 347, 351; BVerwG NVwZ 1991, 570, 571; BGH NJW 1967, 1325; BGH NJW-RR 1993, 13, 14; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl 2002, Kap IX RdNr 301 mwN; Lüdtke in: Handkommentar zum SGG, 2003, § 162 RdNr 9 mwN). In Nordrhein-Westfalen galt zum Zeitpunkt der Durchführung der Obduktion die Verordnung über das Leichenwesen vom 7. August 1980 (GVBl NRW S 756), die keine Regelungen über die Obduktion enthielt. Das zwischenzeitlich in Kraft getretene nordrhein-westfälische Bestattungsgesetz vom 17. Juni 2003 (GVBl NRW S 313) regelt in seinem § 10 die Obduktion dahingehend, dass sie zulässig ist, wenn eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt, andernfalls wird auf § 3 Abs 3, § 4 des Transplantationsgesetzes (TPG) verwiesen.

Eine Einwilligung des V in seine Obduktion lag zwar nicht vor, diese ist aber durch eine entsprechende Erklärung seiner Ehefrau, der Klägerin, ersetzt worden.

Dass in Ermangelung einer einschlägigen gesetzlichen Regelung die nächsten Angehörigen des Verstorbenen als die für die Totensorge Zuständigen (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 der nordrhein-westfälischen Verordnung über das Leichenwesen, aaO) in eine Obduktion einwilligen können (ebenso: Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 5. Auflage 2003, RdNr 524; Heberer, aaO, S 444; Ulsenheimer, aaO, § 133 RdNr 22), ergibt sich aus Folgendem: Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit einer Obduktion ohne Einwilligung wurde schon dargelegt. Die Erben, soweit sie nicht die nächsten Angehörigen sind, scheiden als Wahrer der auf dem Persönlichkeitsrecht und der Menschenwürde beruhenden postmortalen Interessen des Verstorbenen aus, weil die Erbschaft eine rein vermögensrechtliche Beziehung ist (vgl § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches <BGB>). Auch das TPG (vgl dessen § 3 Abs 3, § 4 sowie die entsprechenden Gesetzesmaterialien in BT-Drucks 13/4355 S 13, BT-Drucks 13/8027 S 9 ff) erklärt die Angehörigen für zuständig, macht aber auch deutlich, dass bei deren Entscheidung der mutmaßliche Wille des Verstorbenen zu beachten ist. Weitere Besonderheiten, zB die konkrete Beziehung zwischen dem Verstorbenen und dem Angehörigen, mögen im Einzelfall ebenfalls von Bedeutung sein (vgl Ulsenheimer, aaO).

Vorliegend durfte die Klägerin als mit dem Verstorbenen vor dessen Tod zusammenlebende Ehefrau in dessen Obduktion einwilligen. Entgegenstehende Anhaltspunkte sind nicht zu erkennen. Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin auch in die Obduktion eingewilligt.

Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren vorträgt, sie habe nicht in eine Obduktion, sondern nur in eine Entfernung des Tumors zu wissenschaftlichen Zwecken eingewilligt, kann sie damit vor dem Revisionsgericht nicht gehört werden. Denn hierbei handelt es sich um von den Feststellungen des LSG abweichenden Tatsachenvortrag hinsichtlich der Würdigung der abgegeben Erklärungen in der zugrunde liegenden Situation. An die Tatsachenfeststellungen des LSG ist das Revisionsgericht jedoch gebunden, soweit in Bezug auf diese Feststellungen keine begründeten und zulässigen Revisionsrügen vorgebracht wurden (§ 163 SGG). Hinsichtlich der der Feststellung des LSG - Einwilligung der Klägerin in die Obduktion des V - zugrundeliegenden Beweiswürdigung hat die Klägerin indes keine Rügen erhoben, sondern nur ihre abweichende Würdigung des tatsächlichen Geschehens vorgebracht. Auch eine entsprechende Umdeutung ihres Vortrags hat keine Aussicht auf Erfolg, weil die freie richterliche Beweiswürdigung des LSG (§ 128 Satz 1 SGG) im Revisionsverfahren nur angreifbar ist, wenn Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (vgl BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 8 mwN), die aber nicht zu erkennen sind. Ohne einen derartigen Verstoß ist das Revisionsgericht jedoch an die ausführliche und sich mit dem SG auseinandersetzende Beweiswürdigung des LSG gebunden. Dass das LSG dabei den Rechtsbegriff der Einwilligung verkannt hat, ist nicht zu erkennen.

b) Aus möglichen Form- oder Verfahrensmängeln hinsichtlich der Einwilligung der Klägerin in die Obduktion folgt ebenfalls kein Beweisverwertungsverbot.

Trotz der durch den Tod eines nahen Angehörigen bei den Hinterbliebenen entstandenen Ausnahmesituation gibt es zu deren Befragung in dieser Situation keine Alternative, wenn eine Obduktion durchgeführt werden soll, weil sie die Wahrer des postmortalen Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen sind.

Der Rechtmäßigkeit der Obduktion steht auch nicht entgegen, dass die Einwilligung nicht von dem Obduzenten, sondern dem zuständigen Stationsarzt eingeholt wurde. Denn die Einwilligung von Angehörigen in eine Obduktion ist nicht mit der des Betroffenen in eine Operation zu vergleichen. Zudem ist eine Obduktion für den Betroffenen mit keinen körperlichen Risiken verbunden, und es ist im Wesentlichen die Frage zu klären, ob sie überhaupt durchgeführt werden soll.

Die Rüge der Klägerin, der ihre Einwilligung zur Obduktion einholende Stationsarzt habe sie nicht ordnungsgemäß aufgeklärt, insbesondere hinsichtlich der Folgen der Obduktion im Hinblick auf § 63 Abs 2 SGB VII, so dass keine wirksame Einwilligung vorgelegen habe, führt ebenfalls zu keinem Beweisverwertungsverbot. Zwar können Aufklärungsmängel eine erteilte Einwilligung unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam machen, so insbesondere auch im Arztrecht (Deutsch/Spickhoff, aaO, RdNr 265; Heberer, aaO, S 243). Für den vorliegend von der Klägerin geltend gemachten Aufklärungsmangel gilt dies jedoch nicht. Denn ein Arzt kann nur verpflichtet sein, über sein Wissens- und Fachgebiet aufklären (vgl Deutsch/Spickhoff, aaO, RdNr 213; Heberer, aaO S 177 f). Über die Rechtsvermutung des § 63 Abs 2 Satz 1 SGB VII und deren Widerlegbarkeit konnte und musste der Stationsarzt nicht aufklären, weil dies eine Spezialmaterie aus einem anderen Wissenschaftsbereich ist. Ärztliche Aufklärungsmängel hat die Klägerin nicht behauptet und sind vom LSG auch nicht festgestellt worden.

Für die Form der Aufklärung der Klägerin durch den Stationsarzt bestand auch kein Schriftformerfordernis. Denn eine Rechtsgrundlage hierfür ist nicht zu erkennen. Selbst bei der Aufklärung vor Operationen hat das Aufklärungsgespräch Vorrang und die Schriftform wird nicht als erforderlich angesehen, sondern dient überwiegend der Absicherung des Operateurs (vgl Deutsch/Spickhoff, aaO, RdNr 241 ff; Heberer, aaO, S 181 f).

Die Rüge der Klägerin, ihre Einwilligung in die Obduktion hätte schriftlich erfolgen müsse, was vorliegend jedoch nicht geschehen sei, führt ebenfalls zu keinem Beweisverwertungsverbot.

Für die Einwilligung des Verstorbenen zu seinen Lebzeiten folgt das Schriftformerfordernis schon aus anderenfalls bestehenden Beweisproblemen und der Notwendigkeit einen derartigen Eingriff auf eine klare Grundlage zu stellen. Dies entspricht auch der Rechtslage nach dem heute geltenden § 10 Abs 1 Bestattungsgesetz NRW sowie dem § 4 Abs 1 Satz 1, § 8 Abs 2 Satz 3 TPG. Für die Einwilligung der Angehörigen sehen beide keine Schriftform vor. Eine andere Norm, aus der sich ein derartiges Schriftformerfordernis in dem privatrechtlichen Verhältnis zwischen verstorbenen Patienten bzw deren Angehörigen zu dem behandelnden Krankenhaus und seinen Ärzten ergibt, ist nicht zu erkennen (vgl §§ 182 ff, 116 ff, 126 BGB). Aus § 67b Abs 2 SGB X ist entgegen der Auffassung der Revision nichts Anderes herleitbar, weil diese Vorschrift nur für Leistungsträger und nicht im Verhältnis zwischen Patient und dem behandelnden Krankenhaus gilt (§ 67 Abs 1 Satz 1 SGB X). Obwohl auch in der Literatur die Schriftform für die Einwilligung der Angehörigen nicht gefordert wird (vgl Deutsch, aaO, RdNr 524; Heberer, aaO, S 443 f; Ulsenheimer, aaO, § 133 RdNr 22), muss jedoch gesehen werden, dass die Schriftform auch für die Einwilligung der Angehörigen der Rechtssicherheit dient und ein besonderer Eilfall wie ggf bei einer Transplantation bei einer Obduktion in der Regel nicht besteht.

Vorliegend bedarf diese Frage jedoch keiner endgültigen Entscheidung, weil selbst bei Annahme eines Schriftformerfordernisses auch für die Einwilligung der Angehörigen in eine Obduktion dies kein Beweisverwertungsverbot für eine Obduktion mit formloser Einwilligung nach sich ziehen würde.

Dass Verfahrensfehler eine Entscheidung nicht automatisch rechtswidrig und aufhebbar machen oder für spätere, weitere Verfahrensabschnitte ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen, ist für Verfahrensfehler einer Behörde im Sozialverwaltungsverfahren dem SGB X klar zu entnehmen, wie dessen § 41 über die Heilung von Verfahrens- und Formfehlern sowie dessen § 42 über die Folgen von Verfahrens- und Formfehlern zeigen. Nach § 42 Satz 1 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deswegen beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren oder die Form zu Stande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht wird zur Entscheidung über Beweisverwertungsverbote auf den Schutzzweck der verletzten Norm abgestellt und insbesondere bei Grundrechtsverstößen ein Verwertungsverbot gefordert (Clausen: in Knack, aaO, § 24 RdNr 15 f, § 26 RdNr 16; Kopp/Ramsauer, aaO, § 24 RdNr 29 f; ähnlich zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren: Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 98 RdNr 4; Darwin: in Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, Stand: September 2004, § 86 RdNr 106 ff, der mit einer ausführlichen Begründung letztlich auf den Einzelfall abstellt; ebenso Greger: in Zöller, ZPO, 24. Auflage 2004, § 286a RdNr 15a f). Das Bundessozialgericht (BSG) hat für das sozialgerichtliche Verfahren kein Beweisverwertungsverbot für die Protokolle über eine früher gemachte Aussage angenommen, wenn ein Zeuge nun die Aussage verweigert (BSGE 83, 62, 63 f = SozR 3-3800 § 2 Nr 9).

Angesichts der verschiedensten, denkbaren Verstöße ist auch nach Auffassung des erkennenden Senats die Entscheidung über ein Beweisverwertungsverbot von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig, wobei Verfahrens- und Formverstöße nicht unbedingt ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen, Grundrechtsverletzungen in der Regel schon (vgl zu einem derart differenzierenden Maßstab auch die Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts <BVerfG> vom 19. Dezember 1991 - 1 BvR 382/85, NJW 1992, 815 sowie vom 27. April 2000 - 2 BvR 75/94, NJW 2000, 3557).

Ausgehend von diesem Maßstab ist vorliegend ein Beweisverwertungsverbot zu verneinen. Denn ein Grundrechtsverstoß gegen das postmortale Persönlichkeitsrecht des V ist nicht gegeben, wie sich aus der grundsätzlich von der Klägerin erteilten Einwilligung in seine Obduktion ergibt. Zwar liegt, wenn ein Schriftformerfordernis hinsichtlich der Einwilligung von Angehörigen in eine Obduktion für notwendig gehalten wird, ein Verfahrensfehler vor. Dass dieser Verfahrensfehler von dem Stationsarzt sehenden Auges in Kauf genommen wurde oder mit ihm besondere Zwecke, zB die Überrumpelung der Klägerin, verfolgt wurden, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Der Stationsarzt hat danach vielmehr mit der Klägerin ein ausführliches Telefongespräch geführt, womit er seine Pflichten nach der arztrechtlichen Standardliteratur erfüllt hatte (vgl Deutsch, aaO, RdNr 524; Heberer, aaO, S 443 f; Ulsenheimer, aaO, § 133 RdNr 22). Auch hatte dieser Verfahrensfehler offensichtlich keinen Einfluss auf die Obduktion als solche, so dass auf den Rechtsgedanken des § 42 Satz 1 SGB X zurückgegriffen werden kann. Dass die Beklagte auf die Durchführung der Obduktion keinen Einfluss genommen hatte, wurde schon ausgeführt. Von daher kann aus der mangelnden Schriftform der Einwilligung der Klägerin in die Obduktion im Verhältnis zum Krankenhaus kein Beweisverwertungsverbot gegenüber der Beklagten hergeleitet werden.

c) Der Durchführung der Obduktion und der Übermittlung der dabei gewonnenen Daten über V steht auch keine andere Vorschrift, insbesondere des Datenschutzes, entgegen:

Das Krankenhausgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 1998 (GVBl NRW S 696) enthält keine entsprechenden Vorschriften. Das nordrhein-westfälische Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Gesundheitswesen vom 22. Februar 1994 (GVBl NRW S 84 <GDSG NRW>) ist nicht anwendbar, weil es neben weiteren Sonderfällen für Personen, die ambulant oder stationär untersucht oder behandelt werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 GDSG NRW), gilt und die Durchführung der Behandlung und Pflege als entscheidenden Grund für die Erhebung und Speicherung der Daten vorsieht (§ 10 Abs 1 Satz 1 Buchst a GDSG NRW). Es gilt also nur für lebende Menschen, zumal es andernfalls in Konkurrenz mit dem mittlerweile geltenden Bestattungsgesetz NRW treten würde. Das Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen vom 9. Juni 2000 (GVBl NRW S 542 <DSG NRW>) verweist für die Datenverarbeitung nicht öffentlicher Stellen bzw juristischer Personen des Privatrechts, auch wenn deren Träger eine Gemeinde ist (§ 2 Abs 2 DSG NRW), auf die entsprechenden Vorschriften des BDSG, das wie schon ausgeführt, keine Regelungen über den Datenschutz Verstorbener trifft. Im Übrigen umfasst das BDSG die Datenverarbeitung nicht-öffentlicher Stellen nur, wenn die Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen oder nicht automatisierten Dateien verarbeitet, genutzt oder dafür erhoben werden (§ 27 BDSG). Für Letzteres sind vorliegend aber keine Anhaltspunkte zu erkennen.

Entgegen der Auffassung der Revision ist aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art 2 Abs 1 GG nichts herleitbar, weil Träger dieses Grundrechts nur lebende Personen sind (BVerfGE 30, 173, 194). Die ebenfalls angeführte EU-Datenschutz-Richtlinie ist vorliegend nicht anwendbar, weil sie nur an die Mitgliedsstaaten gerichtet ist (vgl deren Art 34) und dementsprechend kein im nationalen Rechtsverkehr unmittelbar anwendbares Recht beinhaltet.

Für die Sozialgerichte gilt hinsichtlich ihrer Amtsermittlung und Beweiserhebung (§§ 103, 106, 118 SGG) nichts grundsätzlich Anderes, zumal insbesondere die obigen Ausführungen zum Beweisverwertungsverbot dem Grunde nach auch für Gerichtsverfahren gelten, wie schon den dortigen Literaturstellen zu entnehmen ist.

Auf die Frage, ob die Beklagte ihren Bescheid auch auf den von der Klägerin übersandten vorläufigen Sektionsbefund stützen durfte, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an, weil der endgültige Sektionsbefund eine ausreichende Entscheidungsgrundlage war.

Ein Verstoß gegen § 200 Abs 2 SGB VII (Auswahlrecht des Versicherten hinsichtlich eines Gutachters) scheidet schon deswegen aus, weil die Beklagte kein Gutachten zur Entscheidung über die Hinterbliebenenleistungen eingeholt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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