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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 06.05.2003
Aktenzeichen: B 2 U 35/02 R
Rechtsgebiete: SGB VII


Vorschriften:

SGB VII § 185
SGB VII § 185 Abs 3
SGB VII § 185 Abs 4
SGB VII § 185 Abs 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az: B 2 U 35/02 R

in dem Rechtsstreit

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 6. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Burchardt, die Richter Mütze und Kruschinsky sowie die ehrenamtliche Richterin Grützmacher und den ehrenamtlichen Richter Brüning

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist, ob das beklagte Land als Aufsichtsbehörde die Genehmigung einer Änderung der Satzung der Klägerin zu Recht abgelehnt hat.

Die Aufwendungen für die Unfallversicherung der in selbständiger Rechtsform betriebenen Unternehmen mit alleiniger oder überwiegender Landesbeteiligung wurden in Rheinland-Pfalz bis zum Jahre 1997 einschließlich vom Land getragen; die Unternehmen selbst hatten keine Beiträge zu zahlen. Nach Errichtung der Klägerin als gemeinsame Unfallkasse für den Kommunal- und Landesbereich durch die Landesverordnung vom 29. Juli 1997 (GVBl Rheinland-Pfalz S 287) wurden diese nach § 128 Abs 4 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) in deren Zuständigkeit übernommenen Unternehmen vom Jahre 1998 an in der Satzung der Klägerin vom 26. November 1997 (Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 1998 S 25 ff) in der Beitragsgruppe 79 zusammengefasst und zur Beitragszahlung veranlagt.

Hierfür galt § 25 Abs 5 Nr 3 der Satzung :

"Die auf die nach § 128 Abs. 4 SGB VII übernommenen Unternehmen entfallenden Aufwendungen werden auf die Beitragsgruppe 79 (übernommene / bezeichnete Unternehmen im Landesbereich) umgelegt. Die Bestimmung des § 25 Abs. 4 Nrn. 3 und 7 der Satzung gilt entsprechend."

§ 25 Abs 4 Nr 3 der Satzung (in der insoweit mit Wirkung vom 1. Januar 2000 geänderten - hier relevanten - Fassung) lautete :

"Die Aufwendungen für die nach § 129 Abs. 3 SGB VII übernommenen sonstigen Unternehmen werden nach der Zahl der versicherten Beschäftigten mit Stand vom 01. Oktober des vorangegangenen Kalenderjahres, bei Neubeginn des Unternehmens nach dem Stand zu diesem Zeitpunkt oder zum Zeitpunkt der erstmaligen Anstellung von Versicherten, umgelegt."

Nachdem sich die Schätzungen der Aufwendungen für die Unternehmen der Beitragsgruppe 79 als zu niedrig erwiesen hatten, das Universitätsklinikum Mainz in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt und der Klägerin zugewiesen worden war und sich herausgestellt hatte, dass der weitaus größte Teil der umzulegenden Aufwendungen auf dieses Klinikum und das Landeskrankenhaus Rheinland-Pfalz entfielen und deswegen ebenfalls in der Beitragsgruppe 79 erfasste Studentenwerke Widerspruch gegen die Beitragsbescheide erhoben hatten, beschloss die Vertreterversammlung der Klägerin am 17. November 2000, die Bestimmung des § 25 Abs 5 Nr 3 Satz 1 ihrer Satzung mit Wirkung vom 1. Januar 2001 wie folgt neu zu fassen:

"Die auf die nach § 128 Abs. 4 SGB VII übernommenen Unternehmen entfallenden Aufwendungen werden zu 50 v.H. nach der Zahl der Beschäftigten in den einzelnen Unternehmen und zu 50 v.H. nach dem Verhältnis der Aufwendungen des einzelnen Unternehmens an den Gesamtaufwendungen auf die Beitragsgruppe 79 (übernommene/bezeichnete Unternehmen im Landesbereich) umgelegt."

Der Beklagte, vertreten durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, lehnte als Aufsichtsbehörde die Genehmigung der den § 25 Abs 5 Nr 3 Satz 1 der Satzung betreffenden Änderung durch Bescheid vom 2. März 2001 ab, weil diese mit der bundesgesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren sei.

Das Sozialgericht (SG) hat die Aufsichtsklage der Klägerin, mit der diese die Erteilung der Genehmigung der Satzungsänderung begehrt, abgewiesen (Urteil vom 28. Februar 2002). Die Aufzählung der in § 185 Abs 4 SGB VII aufgeführten möglichen Beitragsmaßstäbe - Einwohnerzahl, Zahl der Versicherten und Arbeitsentgelte - sei abschließend; eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift komme angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht. Der in der umstrittenen Satzungsänderung vorgesehene weitere Maßstab - Verteilung zu 50 vH nach dem Verhältnis der Aufwendungen - werde daher vom Gesetz nicht gedeckt. Dass die Klägerin damit eine erhöhte Beitragsgerechtigkeit habe erzielen wollen, rechtfertige nicht die Zulassung eines im Gesetz nicht vorgesehen Maßstabes. Es sei auch fraglich, ob ein solcher Maßstab hierzu überhaupt erforderlich sei, weil zum Einen § 185 Abs 5 SGB VII die Einführung eines Gefahrtarifs mit der Möglichkeit einer Abstufung der Beiträge nach dem Grad des Gefährdungsrisikos unter Berücksichtigung der Leistungsaufwendungen biete und zum Anderen nach § 185 Abs 3 SGB VII die nach altem Recht noch nicht bestehende Möglichkeit gegeben sei, durch Satzungsregelung die Aufwendungen für bestimmte Arten von Unternehmen nur auf die beteiligten Unternehmer umzulegen und so besondere Risikogemeinschaften zu bilden. Auf die Neuregelung zur Verordnung betreffend die Beiträge bei der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung vom 9. April 2001 könne sich die Klägerin nicht berufen, weil gesetzliche Grundlage dieser Regelung § 186 und nicht § 185 SGB VII sei. Soweit sich die Klägerin auf die Regelungen von Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand anderer Bundesländer berufe, verkenne sie, dass diese - anders als die Klägerin - durch die Bildung von Beitragsgruppen, auf welche die Umlage entsprechend der Zahl der Versicherten oder der Lohnsumme auf die einzelnen Unternehmen verteilt werde, eine nach § 185 Abs 3 und 4 SGB VII zulässige Regelung gewählt hätten.

Mit der - vom SG zugelassenen - Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 185 SGB VII. Ihre Vorgehensweise bei der Beitragsgestaltung sei entgegen der Auffassung des SG durch § 185 Abs 5 SGB VII gedeckt; danach werde es der Satzung in einer weiteren "Grundregelung" überlassen, die Beiträge nach dem Grad des Gefährdungsrisikos unter Berücksichtigung der Leistungsaufwendungen abzustufen. Die in § 185 Abs 4 SGB VII enthaltene Regelung könne nicht abschließend sein. Der Wortlaut gebe hierfür nichts her. Nach der Gesetzesbegründung regele die Vorschrift die Beitragshöhe entsprechend dem geltenden Recht, das in § 770 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) auch einen "anderen angemessenen Maßstab" zugelassen habe. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei einer inhaltlichen Änderung durch das SGB VII zumindest einen entsprechenden Hinweis gegeben hätte, was jedoch nicht der Fall sei. Eine abschließende Regelung würde auch nicht die besonderen Erfordernisse einer flexiblen und die Leistungsaufwendungen berücksichtigenden Regelung der Beitragsumlage für die nach § 125 SGB VII übernommenen Unternehmen zum Abfangen struktureller Unterschiede beachten. Diese seien bei der Beitragsgestaltung der Klägerin vor der Neuregelung besonders deutlich geworden. Die Beitragsregelung nur anhand der Einwohner- oder Versichertenzahl habe zu ruinösen Beiträgen bei Unternehmen geführt, die nur einen geringen Teil der Leistungsaufwendungen verursacht hätten. Es liege nahe, die in § 186 Abs 2 SGB VII enthaltene Bezugnahme auf § 185 Abs 5 SGB VII für die Beitragsgruppe "bezeichnete Unternehmen" analog anzuwenden, zumal es signifikante strukturelle Unterschiede zwischen den in die Zuständigkeit des Bundes und den in die Zuständigkeit der Unfallkassen übernommenen Unternehmen nicht gebe.

Es dränge sich auf, dass das Ziel der Regelung in § 185 SGB VII, der Selbstverwaltung Mittel für eine unternehmernahe, praktikable und gerechte Gestaltung ihrer Beiträge unter Beachtung der solidarischen Haftung im Rahmen einer Risikogemeinschaft an die Hand zu geben, mit einer abschließenden gesetzlichen Regelung nicht möglich sei. Auch sei es weder dem Wortlaut noch der Systematik noch dem Zweck des Gesetzes zu entnehmen, dass § 185 Abs 5 SGB VII lediglich alternativ zu Abs 4 anwendbar sein solle. Die vom SG genannte Möglichkeit der Bildung eines Gefahrtarifs würde zu einer Auflösung der Beitragsgruppe 79 und angesichts der nur wenigen vergleichbaren Unternehmen dazu führen, dass doch einzelne Unternehmen ihre Unfalllasten selbst und allein zu tragen hätten, was so vom Gesetzgeber nicht gewollt sein könne. § 185 Abs 5 SGB VII enthalte eine neben § 185 Abs 4 SGB VII anwendbare Ermächtigung, durch Satzungsregelung zu bestimmen, dass die Beiträge nach dem Grad des Gefährdungsrisikos unter Berücksichtigung der Leistungsaufwendungen abgestuft werden könnten; die vorherige Bildung eines Gefahrtarifs werde nicht gefordert. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, warum die teilweise Berücksichtigung der Leistungsaufwendungen ohne vorherige Bildung eines Gefahrtarifs nur für den Bundesbereich rechtmäßig sein solle. Zur Schaffung von Beitragsgerechtigkeit und Beitragssicherheit müsse eine Regelung wie die von ihr getroffene rechtlich möglich sein. Die Auslegung des § 185 SGB VII könne nur dazu führen, dass derselbe Spielraum bei den Beitragsregelungen eingeräumt werden müsse, wie er bereits in § 770 RVO vorgesehen gewesen sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des SG Koblenz vom 28. Februar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, § 25 Abs 5 Nr 3 der Satzung der Klägerin in der von der Vertreterversammlung am 17. November 2000 beschlossenen Fassung zu genehmigen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die streitige Satzungsänderung der Klägerin zu Recht abgelehnt hat, weil diese mit höherrangigem Recht nicht in Einklang steht.

Die Klage ist als allgemeine Aufsichtsklage gemäß § 54 Abs 3 SGG zulässig. Danach kann eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, dass die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts wendet sich gegen das Land Rheinland-Pfalz, das die Aufsicht über sie ausübt, und begehrt die - nach ihrer Ansicht zu Unrecht abgelehnte - Genehmigung ihrer Satzungsänderung vom 17. November 2000. Mit der Aufsichtsklage kann nicht nur die Aufhebung eines Versagungsbescheides der Aufsichtsbehörde, sondern auch die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung, nämlich die Erteilung der beantragten Genehmigung, begehrt werden, wenn - wie hier - die Aufsichtsbehörde diese abgelehnt hat und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf Vornahme dieses Aktes einen Rechtsanspruch habe (vgl BSGE 69, 72, 73 = SozR 3-2500 § 241 Nr 1 mwN).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Beklagte durfte die nach § 34 Abs 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) iVm § 114 Abs 2 Satz 1 SGB VII erforderliche Genehmigung der Satzungsänderung versagen, weil diese Regelung des nicht revisiblen autonomen Satzungsrechts eines landesunmittelbaren Versicherungsträgers - vom Revisionsgericht nachprüfbar (vgl BSGE 38, 21, 28 ff = SozR 2200 § 725 Nr 1) - Bundesrecht widerspricht.

Die Mittel für die Ausgaben der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (die Gemeindeunfallversicherungsverbände, die Unfallkassen der Länder und Gemeinden, die gemeinsamen Unfallkassen und die Feuerwehr-Unfallkassen) werden grundsätzlich durch Beiträge aufgebracht, wobei hinsichtlich der vorwiegend im öffentlichen Interesse tätigen Versicherten Beitragsfreiheit besteht. Das Beitragsrecht der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand - mit Ausnahme des Bundes - ist durch Verweisung in § 185 Abs 1 SGB VII auf bestimmte beitragsrechtliche Vorschriften der allgemeinen Unfallversicherung (§§ 150, 151, 164 bis 166, 168 und 171) und die Sondervorschriften in § 185 Abs 2 bis 5 SGB VII geregelt. Demnach sind auch hier die Unternehmer beitragspflichtig (§ 150 Abs 1 SGB VII). Da die - im Bereich der allgemeinen Unfallversicherung zwingende - Vorschrift des § 152 SGB VII (nachträgliche Bedarfsdeckung) im Hinblick auf die Jährlichkeit der öffentlichen Haushalte von der Verweisung nicht erfasst wird, ist - neben der gleichwohl bestehenden Möglichkeit der nachträglichen Bedarfsdeckung - Basis des Beitrags für die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand regelmäßig der jährliche Haushaltsplan, der in vorausschauender Betrachtungsweise zu kalkulieren und in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen ist (vgl Kater/Leube, SGB VII, § 185 RdNr 4); diese Möglichkeit hat auch die Klägerin gewählt. Sie hat auch die für gemeinsame Unfallkassen nach § 185 Abs 2 Satz 3 SGB VII zwingend vorgeschriebene Bildung von getrennten Umlagegruppen für den Landesbereich und den kommunalen Bereich in ihrer Satzung vorgenommen, wobei sie die nach § 128 Abs 4 SGB VII übernommenen Unternehmen, also einen Teil des Landesbereichs, in einer eigenen Beitragsgruppe 79 zusammengefasst hat.

Welche Beitragsmaßstäbe innerhalb der Umlagegruppen zulässig sind und in der Satzung des Unfallversicherungsträgers festgesetzt werden dürfen, ergibt sich aus § 185 Abs 4 und 5 SGB VII. Nach Abs 4 aaO richtet sich die Höhe der Beiträge nach der Einwohnerzahl, der Zahl der Versicherten oder den Arbeitsentgelten. Dabei ergibt sich bereits entgegen der Ansicht der Klägerin aus dem klaren Gesetzeswortlaut ("richtet sich"), dass diese Aufzählung abschließend ist (vgl Kater/Leube, SGB VII, § 185 RdNr 26). Weder ein Zusatz wie etwa "ua" oder "zB" noch eine unbestimmte Erweiterung wie "oder einem sonstigen angemessenen Maßstab" weisen auf eine lediglich beispielhafte Aufzählung, die Raum für andere Beitragsmaßstäbe ließe, hin. Aus den Gesetzesmaterialien folgt nichts Anderes. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks 13/2204 S 115) wird zwar zu § 185 Abs 4 SGB VII ausgeführt, diese Vorschrift regele "die Beitragshöhe entsprechend dem geltenden Recht (§ 770 Satz 2 RVO)". Nach der genannten Vorgängervorschrift des § 185 Abs 4 SGB VII konnte die Umlage nach den dort im Einzelnen konkret benannten zulässigen Beitragsmaßstäben oder "nach einem anderen angemessenen Maßstab" erfolgen. Angesichts der deutlich von der Vorgängervorschrift abweichenden Formulierung und insbesondere des Fehlens eines dem dort genannten anderen angemessenen Maßstab entsprechenden Begriffs kann die knappe Feststellung der Bundesregierung lediglich iS eines allgemeinen Hinweises auf die vorherrschende Tendenz der Regelung verstanden werden, die im Einzelnen Abweichungen nicht ausschließt. Aus der Gesetzesbegründung auf einen "Redaktionsirrtum" des Gesetzgebers zu schließen, der in Wahrheit exakt die Regelung des § 770 Satz 2 RVO in das SGB VII hätte übernehmen wollen, erscheint jedenfalls verfehlt; als "Redaktionsirrtum" käme angesichts des übersichtlichen und klaren Wortlauts des § 185 Abs 4 SGB VII allenfalls der möglicherweise irreführende Text der Gesetzesbegründung in Betracht. Aber selbst wenn der Gesetzgeber keine abschließende Aufzählung der Beitragsmaßstäbe gewollt hätte, käme eine entsprechende Auslegung des § 185 Abs 4 SGB VII nicht in Betracht, weil dieser Wille keinerlei Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hätte, der mögliche Wortsinn aber die Grenze der eigentlichen Auslegung bildet. Der von der Klägerin in der strittigen Satzungsänderung gewählte Beitragsmaßstab eines Verhältnisses der Aufwendungen des einzelnen Unternehmens an den Gesamtaufwendungen entspricht keinem der in § 185 Abs 4 SGB VII genannten Beitragsmaßstäbe.

§ 185 Abs 5 SGB VII räumt den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand die Möglichkeit ein, die Beiträge nach dem Grad des Gefährdungsrisikos unter Berücksichtigung der Leistungsaufwendungen abzustufen und den Unternehmen unter Berücksichtigung der Versicherungsfälle bestimmter Gruppen der Versicherten Zuschläge aufzuerlegen, Nachlässe zu bewilligen oder Prämien zu gewähren. Auch hier sind indes die in Abs 4 aaO abschließend aufgezählten Beitragsmaßstäbe zu den auf die zu bildenden Risikogemeinschaften entfallenden Leistungsaufwendungen in Beziehung zu setzen, um den Grad des Gefährdungsrisikos zu bestimmen. Ein weiterer zulässiger Beitragsmaßstab wird hierdurch nicht geschaffen; die Abstufung der Beiträge nach dem Grad des Gefährdungsrisikos kann sich nach dem Wortlaut des Abs 5 aaO und der Systematik des § 185 SGB VII nur auf die nach einem der nach Abs 4 aaO zulässigen Beitragsmaßstäbe ermittelten Beiträge beziehen. Der von der Klägerin gewählte Beitragsmaßstab findet mithin auch in Abs 5 aaO keine Rechtsgrundlage.

Eine analoge Anwendung der die Aufwendungen des Bundes als Unfallversicherungsträger regelnden Vorschriften in § 186 SGB VII, wie sie die Klägerin offenbar für geboten hält, kommt nicht in Betracht. Der Gesetzgeber hat die Regelungen für die Aufbringung der Mittel für die Ausgaben der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand strikt in diejenigen für den Bereich des Bundes und die für die übrigen Bereiche getrennt. Dass die Vorschriften für die verschiedenen Bereiche nicht für den jeweils anderen direkt oder entsprechend herangezogen werden sollen, folgt schon aus dieser strengen gesetzestechnischen Trennung in zwei Vorschriften und auch daraus, dass lediglich in § 186 Abs 2 Satz 2 SGB VII in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung, eine entsprechende Anwendung des § 185 Abs 1 und 5 SGB VII angeordnet wird. Daraus ist auch zu schließen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit entsprechender Anwendung auch hinsichtlich der übrigen Regelungen geprüft und als nicht erforderlich angesehen hat. Im Übrigen ist auch angesichts der bereits vom SG aufgezeigten vielfältigen Möglichkeiten für eine flexible, mehr Beitragsgerechtigkeit bietende Gestaltung der Beiträge im Rahmen des § 185 SGB VII eine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke nicht erkennbar.

Da der Beklagte nach alledem die beantragte Genehmigung der Satzungsänderung zu Recht versagt hat, weil diese hinsichtlich des gewählten Beitragsmaßstabes dem geltenden Bundesrecht widerspricht, war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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