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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: B 3 KR 16/03 R
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 35
SGB V § 36
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 24. November 2004

Az: B 3 KR 16/03 R

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ladage, die Richter Dr. Hambüchen und Schriever sowie die ehrenamtlichen Richter Meid und Koch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. August 2003 werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen haben den Beklagten die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Am 21. Juli 1997 haben die beklagten Landesverbände der Krankenkassen und Verbände der Ersatzkassen für das Land Nordrhein-Westfalen mit Wirkung ab 1. August 1997 neue Festbeträge für Stomaartikel beschlossen. Grundlage waren das durch die Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 36 Abs 1 und 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gebildete Festbetragsgruppensystem für Stomaartikel vom 5. Februar 1996 und das Hilfsmittelverzeichnis (§ 128 SGB V). Zugleich wurden die auf der Basis des Festbetragsgruppensystems vom 27. Februar 1990 festgesetzten bisherigen Festbeträge aufgehoben. Die Festsetzung wurde im Bundesanzeiger (Nr 140 vom 31. Juli 1997, S 9526 - 9527) mit einer Rechtsmittelbelehrung, aber ohne Hinweis darauf veröffentlicht, wo die Festsetzung eingesehen werden kann.

Gegen diese - bis Ende 2004 in Kraft gebliebene - Festsetzung haben die im Lande Nordrhein-Westfalen bestehenden fünf Innungen für Orthopädie-Technik am 5. August 1997 Klage erhoben mit dem Antrag, die Festsetzung der Festbeträge vom 21. Juli 1997 aufzuheben. Sie haben geltend gemacht, die Festbetragsfestsetzung durch Allgemeinverfügung (Verwaltungsakt) statt durch Rechtsverordnung sei mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar, und sich dabei auf die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 14. Juni 1995 in den Verfahren 3 RK 20/94 (NZS 1995, 502), 3 RK 21/94 und 3 RK 23/94 berufen. Darüber hinaus sei die Festsetzung auch formell und materiell rechtswidrig. Es sei nicht erkennbar, dass die Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft für Orthopädie-Technik vom 9. April 1997 in die Entscheidungsfindung einbezogen worden sei. Jedenfalls fehle eine Begründung für die getroffenen Festsetzungen und für die Nichtberücksichtigung der abweichenden Vorschläge der Interessenverbände. Die getroffene Festsetzung werde auch den Vorgaben des § 36 SGB V nicht gerecht. Bei der Stomaversorgung würden vielfach nicht unerhebliche Dienstleistungen der Hilfsmittelerbringer erforderlich, die bei der Gruppeneinteilung bzw der Festbetragshöhe nicht berücksichtigt worden seien. Aus ihrer Sicht müssten für Hilfsmittel mit Dienstleistung und Hilfsmittel ohne Dienstleistung getrennte Festbetragsgruppen errichtet werden. Dabei sei zu differenzieren nach (1) der Stomaerstversorgung, (2) der Lieferung von Stomahilfsmitteln nach durchgeführter Erstversorgung ohne weitere Dienstleistung, (3) dem Systemwechsel von Stomahilfsmitteln und (4) Handhabungs-/Versorgungsschwierigkeiten des Patienten während des Stomagebrauchs. Ein Verstoß gegen die Festsetzungsmaßstäbe des § 35 Abs 5 SGB V liege jedenfalls dann vor, wenn die Dienstleistung zum Festbetrag unter dem Gesichtspunkt der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitssicherung nicht gewährleistet werden könne. Zudem seien die Festbeträge seit 1997 trotz erhöhter Einkaufspreise unverändert geblieben, obgleich das Gesetz eine regelmäßige, mindestens einmal jährlich durchzuführende Überprüfung ihrer Höhe vorschreibe. Im Übrigen dürfe das Festbetragssystem auch den Sachleistungsanspruch der Versicherten nicht dadurch aushöhlen, dass mangels Anpassung der Festbeträge eine Versorgung der Versicherten zu den Festbeträgen oftmals nicht mehr möglich sei.

Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 4. November 1998). Die Festsetzung der Festbeträge beruhe auf einer Gruppeneinteilung, die den Anforderungen des § 36 SGB V nicht genüge. Die bei der Stomaversorgung anfallenden Dienstleistungen seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufungen der Beklagten zu 1), 2), 4), 5), 8), 9) und 10) dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. August 2003). Es hat die angefochtene Festbetragsfestsetzung als formell und materiell rechtmäßig angesehen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe auf den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. Juni 1995 durch Urteil vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95, 29/95, 30/95 - entschieden, die Regelung, nach der Festbeträge für Arzneimittel und Hilfsmittel von den Kassenverbänden in Form einer Allgemeinverfügung festzusetzen seien, sei verfassungsgemäß. Verfahrensvorschriften seien nicht verletzt worden. Die Festbetragsgruppen seien gesetzeskonform gebildet worden. Eine Differenzierung nach Dienstleistung und Sachleistung sei nicht geboten gewesen. Die Festbeträge seien auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, weil die Versicherten Stomaartikel, die sie benötigten, abgesehen von seltenen Ausnahmefällen ohne Eigenbeteiligung beziehen könnten.

Die Klägerinnen rügen mit ihren Revisionen die Verletzung der in den §§ 35 und 36 SGB V normierten Grundsätze über die Festbetragsfestsetzung. Hinsichtlich der vom LSG abgelehnten weiteren Ermittlungen zum vorgetragenen Umfang der Dienstleistungsanteile am Gesamtvolumen der Leistungserbringung rügen sie eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Festbetragsfestsetzung sei rechtswidrig, weil in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel nicht von solchen Mitteln unterschieden würden, die einen erhöhten Dienstleistungsanteil aufwiesen und deshalb nicht vergleichbar seien. Das LSG habe auch verkannt, dass zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung über die Festbetragsfestsetzung zwar keine Begründungspflicht bestehe, wohl aber eine Dokumentation dazu, welche Einwände die Leistungserbringer im Anhörungsverfahren geltend gemacht hätten und wie diese in die Entscheidung einbezogen worden seien. Entgegen der Auffassung des LSG sei eine Einbeziehung der Stellungnahmen der Leistungserbringer nicht festzustellen. Es sei auch nicht zutreffend, dass zu den festgesetzten Festbeträgen eine zuzahlungsfreie Versorgung der Versicherten möglich sei. Bei jedem zehnten Patienten reichten die Festbeträge nicht aus, sodass er Zuzahlungen leisten müsse. Die Festbeträge seien teilweise so niedrig festgesetzt worden, dass sie sogar unter den Herstellerabgabepreisen lägen. Zudem halten sie es für rechtswidrig, dass das LSG das erstinstanzliche Urteil auch insoweit geändert hat, als es die Beklagten zu 3), 6) und 7) betrifft, die keine Berufung eingelegt hatten.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 14. August 2003 zu ändern und die Berufungen der Beklagten zu 1), 2), 4), 5), 8), 9) und 10) gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 4. November 1998 zurückzuweisen,

hilfsweise festzustellen, dass das Urteil des SG Düsseldorf vom 4. November 1998 gegenüber den Beklagten zu 3), 6) und 7) rechtskräftig geworden ist.

Die Beklagten und die beigeladenen Spitzenverbände der Krankenkassen beantragen, die Revisionen zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als zutreffend.

II

Die Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG war ihre Klage aber nicht als unbegründet, sondern bereits als unzulässig abzuweisen. Die Klägerinnen und die von ihnen vertretenen zugelassenen Hilfsmittelerbringer (§ 126 SGB V) sind durch die angegriffene Festbetragsfestsetzung nicht in eigenen Rechten betroffen. Es fehlt daher an der für die Anfechtungsklage erforderlichen Klagebefugnis.

1) Die Zulässigkeit der Klage ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen. Die Unzulässigkeit der Klage ist ein Verfahrensmangel, der in der Revisionsinstanz fortwirkt, weil die verfahrensrechtliche Grundlage für die Entscheidung in der Sache und damit eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung nicht vorhanden ist (BSG SozR 3-4100 § 84 Nr 2; BSG SozR 1500 § 87 Nr 6; stRspr; vgl auch Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, Vor § 51 RdNr 13). Eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), um die es bei dem Begehren um die Aufhebung der als Allgemeinverfügung nach § 31 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ergangenen Festsetzung der Festbeträge für Hilfsmittel (§ 36 SGB V) geht, ist nach § 54 Abs 1 Satz 2 SGG nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Dies setzt voraus, dass die Verletzung der eigenen Rechte oder der in zulässiger Prozessstandschaft vertretenen Rechte eines Dritten geltend gemacht wird und die Verletzung dieser Rechte danach auch möglich erscheint (vgl Meyer-Ladewig aaO § 54 RdNr 9, 10, 11, 13, 14 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Klagebefugnis fehlt, wenn nach dem Klagevorbringen eine Verletzung derartiger Rechte nicht in Betracht kommt (BSGE 43, 134, 141 = SozR 4100 § 34 Nr 6; stRspr). Das ist hier der Fall.

Die Handwerksinnungen haben zwar ua die Aufgabe, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern (§ 54 Abs 1 Satz 1 Handwerksordnung <HandwO>), und sind daher berechtigt, diese Interessen auch im gerichtlichen Verfahren in Prozessstandschaft zu verfolgen. Sie können neben ihren eigenen subjektiven Rechten auch die subjektiven Rechte ihrer Mitglieder, also der als Hilfsmittelerbringer zugelassenen natürlichen und juristischen Personen (§ 126 SGB V), im Wege einer Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt geltend machen. An einer möglichen Verletzung solcher Rechte fehlt es hier aber von vornherein. Die Klage ist daher unzulässig.

a) Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Leistungserbringer (Art 12 GG) ist durch die gesetzliche Einführung von Festbeträgen für Arzneimittel (§ 35 SGB V) und Hilfsmittel (§ 36 SGB V) nicht tangiert. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95, 29/95, 30/95 - (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2) entschieden, dass Arzneimittelhersteller und Hilfsmittellieferanten in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht berührt sind, soweit der Gesetzgeber die Kassenverbände in den §§ 35 und 36 SGB V zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel und Hilfsmittel ermächtigt hat.

Damit steht für alle Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden gemäß § 31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) fest, dass Festbetragsfestsetzungen als solche die Berufsfreiheit dieser Unternehmen nicht verletzen, weil sie lediglich die Rahmenbedingungen ihrer wirtschaftlichen Betätigung betreffen, auf deren unveränderte Beibehaltung kein verfassungsrechtlich geschützter Anspruch besteht. Die Festbeträge als solche konkretisieren nur, was auch ohne sie schon gilt, nämlich eine Beschränkung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf wirtschaftliche Arzneimittel und Hilfsmittel. Die Veröffentlichung der Festbeträge macht nur transparent, wo aus Wirtschaftlichkeitsgründen die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für die einzelnen Arzneimittel und Hilfsmittel endet. Wird durch die Transparenzwirkung der Festbeträge auf das Marktverhalten eines Unternehmens Einfluss genommen, ist dies ein bloßer Reflex auf die Rechtsetzung, nicht aber ein Grundrechtseingriff.

b) Auch das aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 12 GG abzuleitende Recht auf Wahrung der Wettbewerbsgleichheit (vgl BVerfGE 82, 209, 223; 86, 28, 37; BSGE 87, 95, 97 = SozR 3-2500 § 35 Nr 1; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl 2004, Art 12 RdNr 15) ist nicht verletzt. Die Festbetragsfestsetzung für Stomaartikel betrifft alle zugelassenen Leistungserbringer, die sich in diesem Geschäftsfeld betätigen, gleichermaßen. Es findet keine Ungleichbehandlung statt. Die Klägerinnen machen auch nicht etwa geltend, bei Hilfsmittelerbringern, die keine Stomaartikel, sondern andere Hilfsmittel anbieten und ebenfalls einen erheblichen Dienstleistungsanteil zu leisten hätten, werde dieser Anteil bei der Festlegung der Festbetragsgruppen oder der Festbetragshöhe in ungleich höherem Maße berücksichtigt.

Soweit die Klägerinnen nunmehr vortragen, ihre Mitglieder seien gegenüber den Apotheken benachteiligt, die ebenfalls Stomaartikel abgeben, sich dabei aber - so die Behauptung - weitgehend auf Produkte ohne oder nur mit geringem Dienstleistungsanteil beschränken und dadurch wirtschaftlich bevorteilt sind, handelt es sich um im Revisionsverfahren erstmals in den Prozess eingeführten neuen Tatsachenvortrag, der im Revisionsverfahren unzulässig und daher nicht zu berücksichtigen ist.

c) Aus dem einfachen Gesetzesrecht können die Klägerinnen ebenfalls keine Klagebefugnis herleiten. Der in § 36 Abs 3 SGB V in Bezug genommene § 35 Abs 7 SGB V regelt Voraussetzungen für das Klageverfahren, besagt aber nichts darüber, wer klagebefugt ist. Dies richtet sich vielmehr nach den erwähnten allgemeinen Grundsätzen. Die Vertragsabschlusskompetenz nach § 127 SGB V, die auch den Innungen der Leistungserbringer zusteht, wird durch die angegriffene Festbetragsfestsetzung nicht beeinträchtigt. Die entfallene Möglichkeit, Verträge mit den Krankenkassen zu Preisen oberhalb der Festbeträge abzuschließen, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und ist nicht Regelungsinhalt der Festbetragsfestsetzung.

d) Eine Verletzung materieller Rechte der Orthopädiemechaniker und ihrer Innungen ist auch insoweit nicht erkennbar, als geltend gemacht wird, die festgesetzten Beträge hätten die jeweiligen Dienstleistungsanteile bestimmter Hilfsmittelversorgungen nicht zutreffend berücksichtigt, die Festbeträge reichten der Höhe nach nicht aus, um im Allgemeinen eine zuzahlungsfreie Versorgung der Versicherten zu gewährleisten und es hätte zwischenzeitlich eine Anpassung der Festbeträge an die veränderten Marktbedingungen vorgenommen werden müssen. Die Leistungserbringer können sich dazu auf keine einfach-gesetzliche Norm stützen, die ihnen insoweit als von der Festbetragsfestsetzung wirtschaftlich Betroffenen subjektive Rechte einräumt, wie es bei den Arzneimittelherstellern bezüglich patentgeschützter Arzneimittel der Fall sein mag. Das Gesetz schreibt nicht die angemessene Berücksichtigung eines Dienstleistungsanteils vor. Die Vorschrift, die Festbeträge in einer Höhe festzusetzen, die eine im Allgemeinen zuzahlungsfreie Versorgung der Versicherten gewährleistet, gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass außer den Versicherten auch Interessen der Hilfsmittellieferanten geschützt werden sollen. Dasselbe gilt für die Vorgabe, die Festbeträge regelmäßig einmal jährlich zu überprüfen und in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. Auch dies geschieht im Interesse einer möglichst zuzahlungsfreien Versorgung der Versicherten; dass der Gesetzgeber auch den Hilfsmittellieferanten ein Recht habe einräumen wollen, die Einhaltung dieser Vorschrift durchzusetzen, lassen weder der Gesetzeswortlaut, sein Sinnzusammenhang im Rahmen der Festbetragsregelung noch Verlautbarungen im Gesetzgebungsverfahren erkennen.

e) Verfahrensfehler bei der Vorbereitung und Durchführung des Festsetzungsverfahrens sowie bei der Bekanntgabe der Festsetzung durch Allgemeinverfügung vermögen die Klagebefugnis der Klägerinnen ebenfalls nicht zu begründen. Ein Beteiligter kann eine Überprüfung des Verwaltungsverfahrens nicht verlangen, wenn eine Verletzung eigener materieller Rechte durch die ergangene Verwaltungsentscheidung von vornherein nicht in Betracht kommt, was hier der Fall ist. Diese Rechtsfolge entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, der ua in § 44a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) seinen Niederschlag gefunden hat. Diese Vorschrift ist im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar (BSG, Urteil vom 14. Dezember 1988 - 9/4b RV 55/86 - SozR 1500 § 144 Nr 39 = NVwZ 1989, 901; vgl auch Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl 2003, § 44a RdNr 3).

2) Der hilfsweise gestellte Antrag festzustellen, dass das erstinstanzliche Urteil gegenüber den Beklagten zu 3), 6) und 7) rechtskräftig geworden sei, ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht seine Entscheidung auch auf die Beklagten zu 3), 6) und 7) erstreckt, obwohl diese selbst keine Berufung eingelegt hatten. Alle Beklagten stehen zueinander im Verhältnis notwendiger Streitgenossenschaft (§ 74 SGG), weil ihnen gegenüber nur eine einheitliche Entscheidung über die begehrte Aufhebung der Festbetragsfestsetzung ergehen kann. Dies ergibt sich aus § 36 Abs 2 SGB V in der hier noch anwendbaren Fassung des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2477) , wonach die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen "gemeinsam" für die nach Abs 1 bestimmten Hilfsmittel für den Bereich eines Bundeslandes "einheitliche" Festbeträge festzulegen haben. Es ist danach nicht möglich, für einzelne Kassen bzw Kassenarten abweichende Regelungen zu treffen, zB niedrigere oder höhere Festbeträge festzusetzen oder auf eine solche Festsetzung ganz zu verzichten. Die von den anderen Beklagten eingelegten Berufungen hinderten demgemäß den Eintritt der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils gegenüber den Beklagten zu 3), 6) und 7) und machten auch diese zu Beteiligten des Berufungsverfahrens über die erhobene Anfechtungsklage (vgl Meyer-Ladewig aaO § 74 RdNr 5 und 6 mit Rechtsprechungsnachweisen).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der hier noch anwendbaren, bis zum 1. Januar 2002 gültigen Fassung (vgl § 197a SGG iVm Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG).

Ende der Entscheidung

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