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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: B 3 KR 20/07 R
Rechtsgebiete: SGB V, KHG, BPflV


Vorschriften:

SGB V § 27 Abs 1
SGB V § 39 Abs 1 S 2
SGB V § 39 Abs 1 S 3
SGB V § 107 Abs 1
SGB V § 107 Abs 2
SGB V § 109 Abs 4 S 2
SGB V § 109 Abs 4 S 3
SGB V § 112 Abs 1
SGB V § 115b Abs 1
KHG § 2
BPflV J: 1994 § 2 Abs 1
BPflV J: 1994 § 2 Abs 2
BPflV J: 1994 § 13

Entscheidung wurde am 09.02.2009 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt.
Für die Annahme einer Krankenhausbehandlung auf psychiatrischem Gebiet reicht die Feststellung allein nicht aus, dass ein Versicherter ständig durch psychiatrisch geschultes Pflegepersonal betreut worden ist und deren Maßnahmen ärztlicherseits koordiniert worden sind.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 10. April 2008

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 20/07 R

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Hambüchen, die Richter Schriever und Dr. Schütze sowie die ehrenamtliche Richterin Dörr und den ehrenamtlichen Richter Liedke für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. März 2006 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 81.688,31 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung der Beigeladenen in der Zeit vom 19.8.1996 bis 4.11.1997 in Höhe von 81.688,31 Euro.

Die 1933 geborene und bei der beklagten Krankenkasse versicherte Beigeladene leidet an einer Schizophrenie schwerer Ausprägung, wegen deren Folgen sie seit 1949 weitgehend ununterbrochen stationär psychiatrisch untergebracht ist und behandelt wird. Ab 1973 befand sie sich auf einer zur Krankenhausbehandlung eingerichteten Station in der psychiatrischen Klinik des Klägers, von der sie im November 1997 in einen neu eingerichteten Wohnverbund der Klinik verlegt wurde. Die Kosten der Versorgung in der Krankenhausstation trug teilweise die Beklagte und teilweise der Kläger als zuständiger Sozialhilfeträger, so zuletzt vor dem hier streitigen Zeitraum in der Zeit vom 1.6.1995 bis zum 24.6.1996.

Am 5.7.1996 beantragte die Klinik für die Zeit ab dem 25.6.1996 erneut die Übernahme von Krankenhausbehandlungskosten durch die Beklagte, weil die Beigeladene einen akuten schizophrenen Schub erlitten habe, der stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich mache. Die Beklagte erklärte darauf die Kostenübernahme bis zum 18.8.1996, lehnte aber Anträge vom 30.7. und 22.10.1996 auf Abgabe weiterer Kostenübernahmeerklärungen ab. Dementsprechend bezahlte sie die Rechnungen des Klägers für die stationäre Behandlung der Beigeladenen nur bis zum 18.8.1996. Zur Begründung berief sie sich auf Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), die zu der Einschätzung gelangt waren, dass die therapeutischen Möglichkeiten einer Behandlung der Beigeladenen ausgeschöpft und eine weitergehende Krankenhausbehandlung der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen seien. Der Behandlungsschwerpunkt habe vielmehr auf sozio- und ergotherapeutischen Maßnahmen gelegen.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Kosten der weiteren Krankenhausbehandlung in der Zeit vom 19.8.1996 bis zum 4.11.1997 in Höhe von 81.688,31 Euro zzgl Zinsen. Er ist der Auffassung, dass vor der Eingliederung der Beigeladenen in ein Pflegeheim oder eine betreute Wohngruppe eine Krankenhausbehandlung zur Stabilisierung ihres Gesundheitszustands erforderlich gewesen sei. Andernfalls wäre eine dauerhafte Fixierung der Beigeladenen geboten gewesen, da eine ständige ärztliche und pflegerische Betreuung in einer solchen Einrichtung erfahrungsgemäß nicht möglich sei. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen (Urteil vom 25.3.2004): In dem noch streitigen Zeitraum habe die pflegerische Betreuung der Beigeladenen im Vordergrund gestanden und deshalb schon gar keine Krankenhausbehandlung stattgefunden. Auch sei die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung nicht zu erkennen, weil die behandelnden Ärzte eine deutliche Besserung des Gesundheitszustands der Beigeladenen nicht hätten erwarten können. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG nach Einholung einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme geändert und die Beklagte bis auf den Zeitpunkt des Zinsbeginns antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 30.3.2006): Eine Krankenhausbehandlung sei tatsächlich durchgeführt worden und auch erforderlich gewesen. Nach dem Sachverständigengutachten sei davon auszugehen, dass Ärzte, geschultes Pflegepersonal und therapeutische Hilfskräfte zusammengearbeitet hätten. Deshalb liege Krankenhausbehandlung vor, auch wenn der Schwerpunkt der durchgeführten Maßnahmen im Bereich der pflegerischen und nichtärztlichen Betreuung gelegen habe. Gerade dies sei indes für die Behandlung in psychiatrischen Kliniken charakteristisch. Zu Recht hätten die behandelnden Krankenhausärzte die Krankenhausbehandlung prognostisch für notwendig gehalten, weil es sich um einen akuten schizophrenen Schub gehandelt habe und der Übergang der Beigeladenen in einen Wohnverbund hätte ermöglicht werden sollen; diese Beurteilung sei als vertretbar anzusehen. Dass die Einschätzung der Krankenhausärzte vorausschauend fehlerhaft gewesen sei, habe auch die vom SG gehörte Sachverständige nicht festgestellt; sie habe lediglich aus nachträglicher Sicht eine stationäre Behandlung im Krankenhaus für nicht notwendig gehalten. Schließlich sei von der Beklagten auch keine konkrete Alternative einer ambulanten medizinischen Versorgung der Beigeladenen aufgezeigt worden.

Mit der vom LSG zugelassene Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts sowie Verfahrensfehler. Weder sei eine Veränderung im Gesundheitszustand der Beigeladenen feststellbar gewesen noch habe tatsächlich eine Krankenhausbehandlung stattgefunden. Die das Urteil tragende Annahme eines akuten Krankheitsschubes der Beigeladenen sei durch die Dokumentation des Krankenhauses nicht konkret belegt. Zu Unrecht sei das LSG ihrem - der Beklagten - Beweisantrag nicht gefolgt, zur Veränderung des Gesundheitszustands der Beigeladenen und zur Feststellung des Umfangs ihrer Behandlung den behandelnden Arzt sowie eine Mitarbeiterin des Krankenhauses als Zeugen zu vernehmen. Schließlich überzeuge auch die Annahme des LSG nicht, dass die Krankenkasse bei fehlender Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit eine konkrete ambulante Versorgungsalternative aufzeigen müsse.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.3.2006 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.3.2004 zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

II

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur weiteren Sachaufklärung begründet. Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht; der erkennende Senat vermag aber nicht abschließend in der Sache zu entscheiden, weil es dazu an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen fehlt (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen lassen nicht erkennen, ob und inwieweit tatsächlich Krankenhausbehandlung über den 18.8.1996 hinaus erbracht worden ist und inwieweit die Notwendigkeit zur Behandlung mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses bestanden hat. Deshalb kann der Senat nicht beurteilen, ob der geltend gemachte Zahlungsanspruch begründet ist oder nicht.

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - der Anspruch eines Leistungserbringers (hier: Krankenhaus) gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung einer Versicherten. Diesen Anspruch macht der Kläger zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend, denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Seitens des Klägers ist auch die bei Zahlungsklagen grundsätzlich erforderliche Bezifferung des Anspruchs erfolgt. Betrifft ein Zahlungsanspruch einen abgeschlossenen Vorgang aus der Vergangenheit, ist er zur Vermeidung eines ansonsten im Raum stehenden zusätzlichen Streits über die Höhe des Anspruchs konkret zu beziffern (BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 zu Kostenerstattungsansprüchen); es muss also grundsätzlich ein bestimmter (bezifferter) Zahlungsantrag gestellt und dargelegt werden, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.

2. a) Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs des Klägers ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für die Jahre 1996 und 1997. Zudem besteht in Nordrhein-Westfalen ein Sicherstellungsvertrag vom 1.1.1997 zwischen den dortigen Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen zur Regelung "Allgemeiner Bedingungen der Krankenhausbehandlung" (KBV) nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V, der den Vorgängervertrag vom 30.1.1992 abgelöst hat und ggf ergänzend zur Bestimmung der Voraussetzungen und Modalitäten der Zahlungspflichten der Krankenkassen heranzuziehen ist. Dieser Vertrag enthält ua Bestimmungen über die Notwendigkeit und Durchführung von Krankenhausbehandlung (§§ 2 und 3), Kostenübernahmeerklärung (§ 6), Verweisung und Verlegung (§ 5) und Zahlungsregelungen (§§ 14 ff). Für die Bestimmung der Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruch ist der oa Landesvertrag jedoch ohne Bedeutung, weil selbst beim Fehlen einschlägiger landesrechtlicher Vorschriften allein auf die maßgebliche Pflegesatzvereinbarung zurückzugreifen wäre (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1).

Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage -unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser iS des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt wird (BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1). Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus durchgeführt und iS von § 39 SGB V erforderlich (gewesen) ist. Das lässt sich nach den bisher getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen für den hier noch streitigen Behandlungszeitraum nicht abschließend beurteilen.

b) Die Frage, ob der Anspruch erkrankter Versicherter auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus voraussetzt, dass Krankenhausbehandlung allein aus medizinischen Gründen erforderlich ist, weil das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen der Krankenbehandlung nicht erreicht werden kann, und in welchem Umfang dies gerichtlich überprüfbar ist, wurde von zwei Senaten des Bundessozialgerichts (BSG) in der Vergangenheit unterschiedlich beantwortet. Zum Erfordernis der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit wollte der 1. Senat allein auf den Gesundheitszustand des Patienten abstellen und danach entscheiden, ob dieser - losgelöst von sonstigen persönlichen Umständen - eine stationäre Versorgung mit den Mitteln eines Krankenhauses erfordert. Nach der Rechtsprechung des 3. Senats sollte das Merkmal der Erforderlichkeit der Behandlung im Krankenhaus dagegen nicht abstrakt, bezogen auf den festgestellten medizinischen Bedarf, sondern konkret, bezogen auf die speziellen Versorgungsbedürfnisse des Versicherten, zu verstehen sein. Krankenhausbehandlung wurde danach auch dann als notwendig angesehen, wenn ein Patient, der an sich ambulant hätte behandelt werden können, wegen der Art der Erkrankung oder aus anderen Gründen eine Betreuung durch hinreichend geschulte medizinische Hilfskräfte in geschützter Umgebung benötigte und andere bedarfsgerechte Einrichtungen als das Krankenhaus weder flächendeckend vorhanden waren noch im Einzelfall konkret zur Verfügung standen. Darüber hinaus bestand zwischen 1. und 3. Senat eine Divergenz in der Frage der gerichtlichen Kontrolldichte.

Der Große Senat (GS) des BSG ist zur Klärung dieser unterschiedlichen Standpunkte angerufen worden und hat mit Beschluss vom 25.9.2007 (GS 1/06 - GesR 2008, 83, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) folgende Entscheidung getroffen:

1. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich nach medizinischen Erfordernissen. Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus verbleiben muss.

2. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative" kommt dem Krankenhausarzt nicht zu.

Ausgehend von dieser Entscheidung des GS des BSG ist der vorliegende Sachverhalt zu beurteilen und dabei vor allem zu konkretisieren, was unter "medizinischen Erfordernissen" zu verstehen ist (dazu 2. d). Darüber hinaus ist es erforderlich, die Ausführungen des GS zum Umfang der (nachträglichen) Überprüfbarkeit der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung - insbesondere in einem sozialgerichtlichen Verfahren - zu verdeutlichen und zu ergänzen, welche konkreten Anforderungen an eine gerichtliche Beweiserhebung zu stellen sind (dazu 2. e). Zuvorderst ist jedoch die Frage zu klären, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zur Abrechenbarkeit einer Krankenhausleistung überhaupt vorliegen - ob also tatsächlich eine Krankenhausbehandlung iS von § 112 SGB V stattgefunden hat. Denn im Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse kommt es nicht nur auf die Beurteilung der Notwendigkeit einer bestimmten Behandlung an, sondern zunächst auch darauf, ob das Krankenhaus seiner Vorleistungspflicht aus § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V nachgekommen ist und diese Behandlung auch tatsächlich durchgeführt hat. Mit anderen Worten: Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung ist in allen nachträglichen Abrechnungsstreitigkeiten - um einen solchen handelt es sich hier - erst dann zu prüfen, wenn feststeht, dass im Einzelfall auch tatsächlich eine Krankenhausbehandlung stattgefunden hat (dazu 2. c).

c) Die Krankenkasse hat die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung grundsätzlich erst dann zu entrichten, wenn das Krankenhaus zuvor seine Leistung erbracht hat; ein Anspruch auf Abschlagszahlungen bei länger dauernden Erkrankungen bleibt davon unberührt (§ 14 Abs 4 BPflV)). Welche Leistungen eine Krankenhausbehandlung umfassen muss, ist allerdings gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. § 107 Abs 1 SGB V umschreibt lediglich in organisatorischer Hinsicht (vgl BT-Drucks 11/2237 S 196 zu § 115 <zu Absatz 1>) die Krankenhäuser als Einrichtungen, die im Unterschied zu Rehabilitationseinrichtungen (§ 107 Abs 2 SGB V) der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten sowie mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichen Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischen Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können. Aus der Umschreibung, dass die Krankenbehandlung "vorwiegend" durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung zu erfolgen hat, lässt sich der Schluss ziehen, dass dies die wesentlichen Leistungen eines Krankenhauses darstellen (vgl Peters/Schmidt, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: Juli 2006, § 39 SGB V RdNr 37). § 2 KHG, der für psychiatrische Fachkliniken wie die Klinik des Klägers auch nach Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems durch das Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) weiterhin gilt (vgl § 17b Abs 1 Satz 1 KHG; § 1 Abs 2 Nr 3 KHEntgG idF des Fallpauschalengesetzes vom 23. April 2002 <BGBl I 1412>), bleibt als ältere Vorschrift (1972) noch dahinter zurück. Danach sind Krankenhäuser Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Wie der Senat bereits früher ausgeführt hat (Urteil vom 28.2.2007, SozR 4-2500 § 39 Nr 7), bestehen zwischen dem Krankenhausbegriff, der Krankenhausbehandlung und der Pflicht zu ihrer Vergütung enge Wechselbeziehungen. Was die Begriffsbestimmung für Krankenhäuser ausmacht, beeinflusst den Inhalt der Krankenhausbehandlung und umgekehrt (vgl auch Peters/Schmidt, aaO, § 39 SGB V RdNr 41, 216). Als Krankenhausleistungen werden in § 2 Abs 1 BPflV insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung genannt. § 2 Abs 2 BPflV begrenzt die Krankenhausleistungen auf die im Einzelfall unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses nach Art und Schwere der Krankheit medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten, soweit sie notwendig ist.

Damit sind die wesentlichen Merkmale genannt, die eine stationäre Krankenhausbehandlung prägen. Eine stationäre Behandlung muss danach nicht zwingend Arznei-, Heil- und Hilfsmittel umfassen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig sind. Andererseits reicht es aber nicht aus, wenn nur Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung gestellt werden. Zwar sieht § 13 BPflV vor, dass die Vertragsparteien Abteilungspflegesätze, einen Basispflegesatz und entsprechende teilstationäre Pflegesätze vereinbaren. Dabei dient der Abteilungspflegesatz als Entgelt für ärztliche und pflegerische Tätigkeit und die durch diese veranlassten Leistungen, während der Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen des Krankenhauses dient. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass bei Gewährung von Unterkunft und Verpflegung ohne ärztliche Behandlung eine stationäre Behandlung erbracht wird, die mit dem Basispflegesatz zu vergüten wäre. Abteilungspflegesatz und Basispflegesatz sind lediglich Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung des tagesgleichen Pflegesatzes, der für verschiedene Abteilungen eines Krankenhauses entsprechend dem unterschiedlichen Kostenaufwand unterschiedlich ausfallen kann. Mit den differenzierten tagesgleichen Pflegesätzen sollten lediglich ein preis- und leistungsorientierteres Vergütungssystem sowie wirksame Anreize zur Wirtschaftlichkeit, insbesondere zur Verweildauerverkürzung geschaffen werden (Dietz/Bofinger, KHG, BPflV und Folgerecht, Stand: Juni 2006, § 13 BPflV Anm I 4). Krankenhausbehandlung ist vielmehr eine komplexe Gesamtleistung (vgl speziell zur psychiatrischen Behandlung BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4 und BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4). Sie umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die im Rahmen einer ambulanten Versorgung oder medizinischen Rehabilitation entweder überhaupt nicht oder nicht in dieser Weise, insbesondere dieser Kombination und Konzentration, ergriffen werden könnten. Dabei ist einzuräumen, dass die Grenzen nicht generell abstrakt gezogen werden können, sondern die Übergänge fließend sind. Im Kern handelt es sich bei der Krankenhausbehandlung um den kombinierten Einsatz personeller (Ärzte, Therapeuten, Pflegepersonal) und sächlicher (Arzneien, technische Apparaturen) Mittel zu Behandlungszwecken. Die in der Regel daneben zur Verfügung gestellte Unterkunft und Verpflegung sowie die reine Grundpflege (zB Waschen, Anziehen) haben lediglich dienende Funktion. Sie sollen die Erfolg versprechende Durchführung der stationären Behandlung ermöglichen. Das Entgelt, das weiterhin auch dann als Pflegesatz bezeichnet wird (vgl § 2 Nr 4 KHG), wenn DRG-Fallpauschalen abgerechnet werden, erhält das Krankenhaus für die erbrachte Gesamtleistung (Urteil des Senats vom 28.2.2007, SozR 4-2500 § 39 Nr 7; vgl auch Peters/Schmidt, aaO, § 39 SGB V RdNr 100 f).

Die beklagte Krankenkasse kann deshalb nur dann zur Bezahlung der geltend gemachten Kosten verpflichtet sein, wenn und soweit in der Klinik des Klägers über den 18.8.1996 hinaus noch eine Krankenhausbehandlung der Versicherten durchgeführt worden ist. Dazu hat das LSG keine ausreichenden und den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen getroffen. Das LSG ist zunächst davon ausgegangen, dass in aller Regel schon die faktische Behandlung in einer psychiatrischen Klinik dafür spricht, dass dies mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses geschieht und deshalb tatsächlich Krankenhausbehandlung stattfindet (LSG-Urteil vom 30.3.2006, Umdruck S 8 f). Ob diese auf eine Entscheidung des erkennenden Senats (vom 20.1.2005, BSGE 94,139, 143 = SozR 4-2500 § 39 Nr 6) gestützte Rechtsauffassung in dieser Allgemeinheit zutreffend ist, erscheint nicht frei von Zweifeln, weil es in jener Entscheidung zuvorderst um die Abgrenzung von stationärer Krankenhausbehandlung und medizinischer Rehabilitation bei langjährigen psychischen Erkrankungen ging; letztlich braucht diese Frage hier aber nicht entschieden zu werden, weil sie auch vom LSG offen gelassen worden ist. Das LSG hat es vielmehr als entscheidend angesehen, dass Ärzte, geschultes Pflegepersonal und therapeutische Hilfskräfte zusammengearbeitet hätten, der Arzt jederzeit rufbereit in die laufende Behandlung eingebunden gewesen sei und die Beigeladene ständig durch psychiatrisch geschultes Pflegepersonal betreut worden sei. Obwohl die Sachverständige gleichzeitig als zweifelsfrei feststellt habe, dass die pflegerische und nichtärztliche Betreuung im Vordergrund gestanden und eine ärztliche Behandlung nur im Bedarfsfall und bei bestimmten Gelegenheiten erforderlich gewesen sei, so schließe dies die Durchführung einer Krankenhausbehandlung in einer psychiatrischen Station gerade nicht aus, sondern sei hierfür geradezu charakteristisch. Unmaßgeblich sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Dokumentation des Krankenhauses lückenhaft und wenig aussagekräftig sei. Maßgeblich sei insofern allein der tatsächliche Geschehensablauf und nicht seine Dokumentation (LSG-Urteil vom 30.3.2006, Umdruck S 9 unter Hinweis auf das, Urteil des Senats vom 20.1.2005, aaO). Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.

Zwar haben die Entwicklungen auf dem Gebiet der Psychiatrie sowie ihrer rechtlichen Rahmenbedingungen seit den 1970er Jahren dazu geführt, Versicherten mit einem schweren psychiatrischen Leiden einen Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung zuzubilligen, wenn nur auf diese Weise ein notwendiger komplexer Behandlungsansatz Erfolg versprechend verwirklicht werden kann, dh wenn es auf das Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams aus zB Diplom-Psychologen, Sozialpädagogen, Ergo-, Bewegungs- und sonstigen Therapeuten sowie psychiatrischem Krankenpflegepersonal unter fachärztlicher Leitung ankommt (BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4; vgl auch BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 39 Nr 6). Ob dies ist hier tatsächlich der Fall gewesen ist, hat das LSG aber nicht zweifelsfrei festgestellt. Gerade bei der bereits langjährigen und wechselvollen Krankengeschichte der Beigeladenen hätte Veranlassung bestanden, die tatsächlich durchgeführten Behandlungsmaßnahmen näher aufzuklären und zu ermitteln, ob es sich noch um eine akute Behandlungsphase, eine postakute Stabilisierungsphase oder eine stabile Remissionsphase mit jeweils divergierenden spezifischen Behandlungszielen und -methoden gehandelt hat (vgl BSGE 94, 161, 169 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4). Allein der Hinweis des LSG, die Beigeladene sei ständig durch psychiatrisch geschultes Pflegepersonal betreut und deren Maßnahmen ärztlicherseits koordiniert worden, reicht zur Annahme von Krankenhausbehandlung nicht aus. Wie die Beklagte zu Recht rügt, hätte das Berufungsgericht auch der Tatsache Rechnung tragen müssen, dass die Beigeladene in demselben Haus teilweise auf Kosten der Krankenkasse und teilweise auf Kosten des Sozialhilfeträgers untergebracht gewesen ist, und deshalb zur Abgrenzung von "Unterbringung" und "Krankenhausbehandlung" gezielt weitere Ermittlungen anstellen müssen. Diese Feststellungen wird das LSG nachzuholen haben, um die Frage zu klären, ob auch in der Zeit vom 19.8.1996 bis 4.11.1997 tatsächlich noch Krankenhausbehandlung stattgefunden hat. Dazu kann und muss es sich im Zweifelsfall aller zur Verfügung stehenden Beweismittel bedienen. Besondere Bedeutung wird dabei in der Regel der Krankenakte bzw Pflegedokumentation zukommen (vgl BSGE 94, 139, 147 = SozR 4-2500 § 39 Nr 6), die von den Krankenhäusern zu führen und den Ärzten des MDK unter bestimmten Voraussetzungen zur Einsichtnahme oder Überprüfung zu überlassen sind (§ 276 Abs 4 Satz 1 SGB V, § 17c Abs 2 Satz 4 KHG). Wenn - wie im vorliegenden Fall - diese Krankenunterlagen nicht aussagekräftig sind und keine hinreichende Auskunft über die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen geben, ist es erforderlich, Beweis durch Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens oder durch Anhörung von (sachverständigen) Zeugen zu erheben, ob und bis zu welchem Zeitpunkt tatsächlich noch Krankenhausbehandlung stattgefunden hat. Hierzu hätte vorliegend besondere Veranlassung bestanden, weil die Beklagte ausweislich der Sitzungsniederschrift in der Berufungsverhandlung vor dem LSG mehrere Beweisantritte vorgenommen und konkret die Vernehmung von Zeugen aus dem Krankenhaus beantragt hat.

d) Wie bereits ausgeführt (s oben 2. a), korrespondiert der Zahlungsanspruch des Krankenhauses mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß muss nicht nur tatsächlich Krankenhausbehandlung durchgeführt worden sein, beim Versicherten müssen grundsätzlich auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen bzw vorgelegen haben. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn die Versorgung der Beigeladenen im Krankenhaus der Klägerin iS von § 39 SGB V erforderlich gewesen ist. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Konkret umfasst die Krankenhausbehandlung alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung eines Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§ 39 Abs 1 Satz 3 SGB V). Wie der GS des BSG in seinem Beschluss vom 25.9.2007 (aaO, RdNr 18) festgestellt hat, könnte der reine Gesetzestext in Bezug auf die Interpretation, was unter dem Merkmal der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu verstehen ist, mehrere Deutungen zulassen; aus der Aufgabenstellung der GKV, der Systematik des Krankenversicherungsrechts sowie dem Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 39 Abs 1 SGB V ergibt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Krankenkasse eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur schuldet, wenn der Gesundheitszustand des Patienten sie aus medizinischen Gründen erfordert. Reicht nach den Krankheitsbefunden eine teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten einer dennoch durchgeführten vollstationären Krankenhausbehandlung auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt, die gegenwärtig außerhalb des Krankenhauses nicht gewährleistet ist.

Der GS des BSG hat allerdings nicht näher dargelegt, wie der unbestimmte Rechtsbegriff "aus medizinischen Gründen" konkret auszufüllen ist; dazu hatte er in Anbetracht der ihm zur Entscheidung vorgelegten Fragen auch keine weitere Veranlassung. Im vorliegenden Fall hat der erkennende Senat deshalb in Anlehnung an die Vorgaben des GS des BSG näher zu prüfen, wie dieser unbestimmte Rechtsbegriff fallbezogen auszufüllen ist, ob also die weitere Krankenhausbehandlung der Beigeladenen über den 18.8.1996 hinaus "aus medizinischen Gründen" erforderlich gewesen ist. Aus sprachlicher Sicht hat der Begriff keinen eindeutigen Inhalt, er ist gewissermaßen unscharf und muss erst durch Auslegung konkretisiert werden. Entscheidend ist dabei immer die medizinische Erfordernis im Einzelfall; Maßstab kann nicht ein "objektiver Patient" und dessen abstrakte Krankheitsgeschichte sein. Die Auslegung muss deshalb stets eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls einschließen, in dem der Begriff konkret angewandt werden soll. Der GS des BSG (aaO, RdNr 31) geht davon aus, dass sich der hier in Rede stehende unbestimmte Rechtsbegriff immer unschwer durch Auslegung so konkretisieren lässt, dass sein Inhalt eindeutig feststeht. Dies mag in einfach gelagerten Fällen so sein, in denen es nur auf die Art der Erkrankung ankommt und es deshalb nur eine richtige Entscheidung geben kann, wobei weder den Vertragsparteien des Leistungserbringerrechts noch den Sozialgerichten ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Problematischer kann es jedoch in Fällen mit komplexen medizinischen Sachverhalten liegen - etwa bei langwierigen psychiatrischen Erkrankungen und bei schwierigen Prognoseentscheidungen, die ein Abwägen der Erfolgsaussichten mit den Risiken verlangen - oder wenn die medizinische Komponente durch soziale, familiäre oder humanitäre Gründe mitgeprägt wird. Dies gilt erst recht, wenn es nicht um die originäre (vorherige) Feststellung der Tatbestandsmerkmale des § 39 Abs 1 SGB V geht, sondern (wie hier) um ihre nachträgliche Beurteilung im Rahmen eines Abrechnungsstreits nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V. Ein Beurteilungsspielraum ist den Vertragsparteien des Leistungserbringerrechts und den Sozialgerichten aber auch in diesen Fällen nicht eingeräumt.

aa) Die Entscheidung des GS des BSG vom 25.9.2007 ist in der Literatur nicht ohne Widerspruch geblieben (Korthus KH 2008, 153; Ladage KH 2008, 511). Insbesondere wird befürchtet, dass die Krankenhäuser ihre Patienten nun trotz Fehlens einer konkreten Weiterbehandlungsmöglichkeit (vorzeitig) entlassen werden, wodurch die Gefahr einer erheblichen Gesundheitsverschlechterung entstehe. Als Alternative verbliebe lediglich die Möglichkeit, die Patienten weiterhin ohne Vergütungsanspruch in stationärer Betreuung zu behalten - diese Variante werde in Zukunft wohl die häufigere Handlungsoption darstellen, da die Krankenhäuser schon aus haftungs- und strafrechtlichen Gründen oftmals keine Möglichkeit sähen, weiter krankenbehandlungsbedürftige Patienten zu entlassen, ohne deren Gesundheit zu gefährden. Nach der Rechtsprechung des GS des BSG würden die Krankenhäuser trotz entsprechender Leistungserbringung keine Vergütung durch die GKV beanspruchen können, wodurch die ohnehin bereits in vielen Krankenhäusern angespannte Finanzlage zusätzlich belastet werde (Korthus, aaO, S 155). Zudem würden strukturelle Defizite auf dem Gebiet der Krankenversorgung zu Lasten der Versicherten gehen und damit der in § 27 Abs 1 SGB V gewährleistete - umfassende - Anspruch auf Krankenbehandlung in unzulässiger Weise eingeschränkt (Ladage, aaO, S 513).

Mit dieser Kritik kann sich der erkennende Senat bei der revisionsrechtlichen Entscheidung des vorliegenden Einzelfalles nicht näher auseinandersetzen. Denn der Beschluss des GS des BSG vom 25.9.2007 bindet zwar gemäß § 41 Abs 7 Satz 3 SGG nur den vorlegenden 1. Senat, mittelbar aber auch alle übrigen Senate des BSG, da eine Abweichung von der oa Entscheidung des GS des BSG nach § 41 Abs 2 SGG nur nach erneuter Anrufung und Entscheidung des GS des BSG möglich wäre (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 41 RdNr 22; Schmidt in: Hennig, SGG, Stand: August 2007, § 41 RdNr 30). Dies ist nicht beabsichtigt; der erkennende 3. Senat folgt der vorstehend skizzierten Rechtsprechung des GS des BSG in allen entscheidungserheblichen Punkten.

Weder der GS des BSG und noch der erkennende 3. Senat verschließen sich dabei der Erkenntnis, dass im Vordergrund der Diskussion immer der Anspruch des Versicherten auf umfassende Krankenbehandlung stehen muss, wobei gerade auch den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen ist (§ 27 Abs 1 Satz 3 SGB V). Offensichtlich hat eine solche Krankenbehandlung hier auch bis zum Entlassungstag der Beigeladenen stattgefunden, wobei streitig ist, ob dies über den 18.8.1996 hinaus eine Behandlung mit den typischen - besonderen - Mitteln eines Krankenhauses war und falls ja, ob diese notwendig iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V gewesen ist. Verneint man eine dieser beiden Fragen, dann stellt sich die weitere Frage, in wessen Risikosphäre es fällt, dass die Versicherte zwar an sich hätte entlassen werden können, tatsächlich aber erst zum 4.11.1997 aus dem Krankenhaus entlassen worden ist, weil vorher - unterstellt - die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen noch nicht erfüllt waren. Es geht also nicht um die mögliche Verkürzung des Anspruchs der Versicherten auf Krankenbehandlung, sondern allein darum, wer die Kosten des Krankenhauses trägt, das eine zwar noch "kranke", aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftige Versicherte nicht "auf die Straße setzt", weil ihre Unterkunft/Unterbringung (noch) nicht gesichert ist. Handelt es sich um wirtschaftlich nicht leistungsfähige - bedürftige - Versicherte, dann hat der Sozialhilfeträger für die Kosten der die häusliche Umgebung ersetzenden Unterbringung aufzukommen; diesen hat das Krankenhaus ggf frühzeitig einzuschalten, damit er die im Einzelfall erforderlichen Leistungen nahtlos und zügig erbringen kann (§ 12 Abs 1 Nr 1 SGB IX). Entsprechendes gilt für die übrigen in § 6 Abs 1 SGB IX genannten Rehabilitationsträger. Für den Bereich der GKV hat der Gesetzgeber diese Pflicht der Leistungsträger zur Zusammenarbeit in § 11 Abs 4 SGB V (idF des GKV-WSG vom 26.3.2007 - BGBl I 378) noch einmal konkretisiert: Danach haben Versicherte Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche, wobei die betroffenen Leistungserbringer für eine sachgerechte Anschlussversorgung der Versicherten zu sorgen und sich gegenseitig die erforderlichen Informationen zu übermitteln haben. Ziel dieses Versorgungsmanagements ist der reibungslose Übergang zwischen Akutversorgung, Rehabilitation und Pflege, um vor allem Pflegebedürftigkeit oder eine baldige stationäre Wiedereinweisung zu vermeiden (vgl BT-Drucks 16/13100 S 6). Handelt es sich indes - dies wird der Ausnahmefall sein - um Versicherte, die nicht nach § 19 SGB XII leistungsberechtigt sind und ihr Leben unabhängig von Sozialhilfe bestreiten können (§ 1 Satz 2 SGB XII), dann sind sie eigenverantwortlich und selbst zahlungspflichtig, wobei jedoch der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu beachten ist (vgl BSGE 96, 161, 169 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8; BSGE 82, 158, 162 f = SozR 3-2500 § 39 Nr 5). Werden die hier grob skizzierten und vom Gesetzgeber vorgegebenen Wege eingehalten, müssen Krankenhäuser nicht auf ihnen zustehende Vergütungen verzichten, wenn sie im Einzelfall nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftige Versicherte nicht "auf die Straße setzen", weil deren Unterkunft/Unterbringung (noch) nicht gesichert ist.

bb) Schon im Beschluss des GS des BSG vom 25.9.2007 wird deutlich, dass die Feststellung dessen, was unter "medizinischen Erfordernissen" im Sinne des ersten Tenors zu verstehen ist, im Einzelfall erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten kann. Hatte der 1. Senat des BSG in seiner Vorlagefrage noch darauf abgestellt, dass der Anspruch eines Versicherten auf vollstationäre Krankenhausbehandlung voraussetze, dass hierfür "allein medizinische Gründe" erforderlich seien (aaO, RdNr 5), so findet sich das Wort "allein" im Tenor des Beschlusses des GS des BSG nicht mehr, und zwar aus gutem Grund: An späterer Stelle weist der GS (aaO, RdNr 21) selbst darauf hin, "dass außermedizinische Gesichtspunkte wie die Lebensumstände und die häusliche Situation des Versicherten etwa bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind, ob ein chirurgischer Eingriff im konkreten Fall ambulant durchgeführt werden kann oder ob ausnahmsweise eine stationäre Aufnahme erfolgen muss, weil eine ausreichende Überwachung und Nachbetreuung des Patienten in seiner häuslichen Umgebung nicht gewährleistet ist". Denn es liegt auf der Hand, dass neben der Diagnose einer bestimmten Erkrankung auch noch andere, nicht rein medizinische Gründe dafür maßgeblich sein können, ob ein Patient stationär oder ambulant behandelt wird - etwa das Alter eines Versicherten oder sein Allgemeinzustand.

cc) Entscheidend für die Festlegung der Kriterien, ob Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V vorliegt, sind immer die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Dies folgt schon aus § 39 Abs 1 Satz 3, 1. Halbsatz SGB V, wonach die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen umfasst, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung. Krankenhausbehandlung ist dabei grundsätzlich zielgerichtet iS von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V. Sie muss notwendig sein, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und hierfür müssen "die besonderen Mittel eines Krankenhauses" erforderlich sein (s oben 2. c). Diese Voraussetzungen sind von den Tatsachengerichten in jedem Einzelfall festzustellen. Abgrenzungsprobleme können dabei vor allem bei folgenden Fallgruppen auftreten, wobei Überschneidungen durchaus möglich und bei länger andauernden Erkrankungen sogar wahrscheinlich sind: So kann es grundsätzlich zweifelhaft sein, ob die Behandlung einer Krankheit im Einzelfall besonders intensiver medizinischer Betreuung bedarf und deshalb stationär durchzuführen ist oder ob sie ohne Inanspruchnahme der besonderen Mittel eines Krankenhauses - ambulant - erfolgen kann (Fallgruppe 1). Des Weiteren kann problematisch sein, in welchem zeitlichen Rahmen eine stationäre Behandlung erfolgen muss bzw ab wann eine ambulante Weiterbehandlung ausreichend ist (Fallgruppe 2). Zudem war in der Vergangenheit oft umstritten, ob (weitere) Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit auch dann anzunehmen ist, wenn zwar noch eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt, diese indes nicht mehr zwingend in einem Krankenhaus behandelt werden muss, gleichwohl aber eine Unterbringung des Versicherten aus anderen Gründen (Pflegebedürftigkeit, Verwahrlosung, Selbst- oder Fremdgefährdung) notwendig ist (Fallgruppe 3).

Fallgruppe 1: Krankenbehandlung, die nicht der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedarf, ist grundsätzlich ambulant durchzuführen; insbesondere die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung (vgl § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V "weil ... nicht"). Ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden kann, ist immer anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen; es kommt auf die Art und Schwere der Krankheit im Einzelfall an und ob dafür die medizinische Versorgung eines Versicherten gerade im Krankenhaus notwendig ist. Allerdings lässt sich die Frage, ob ambulante oder stationäre Behandlung angezeigt ist, nicht immer eindeutig beantworten. So hat schon der 1. Senat des BSG (Urteil vom 4.4.2006, BSGE 96, 161, 169 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8) darauf hingewiesen, dass für die ärztliche Entscheidung, Behandlungsverfahren ambulant oder stationär durchzuführen, vor allem Risikoabwägungen ausschlaggebend sind. Dabei kommt es insbesondere auf den Gesundheitszustand des Versicherten an, aber auch andere Faktoren können eine Rolle spielen - denn eine medizinische Versorgung, die als solche nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse in der Regel ambulant vorgenommen wird, kann gleichwohl auf Grund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalles eine stationäre Krankenhausbehandlung erfordern (Urteil des erkennenden Senats vom 19.11.1997, SozR 3-2500 § 107 Nr 1 S 7). Entscheidend ist zudem, dass eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst geeignete ambulante Variante überhaupt zur Verfügung steht, und zwar so, dass sie für den Versicherten verfügbar und in zumutbarer Weise erreichbar ist.

Diese am Einzelfall orientierte Betrachtungsweise schließt indes einen Rückgriff auf allgemeine Regeln und Erkenntnisse nicht aus. Durch das GSG vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) ist § 115b SGB V neu eingefügt und damit die Möglichkeit des ambulanten Operierens im Krankenhaus zugelassen worden. Der Gesetzgeber hat die Einzelheiten hierzu nicht selbst ausformuliert, sondern in § 115b Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V festgelegt, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der Krankenkassen), die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe vereinbaren. Außerdem hat er in § 115b Abs 1 Satz 2 SGB V bestimmt, dass die Operationen und stationsersetzenden Eingriffe, die in der Regel ambulant durchgeführt werden können, in einer Liste zu erfassen und zudem allgemeine Tatbestände zu bestimmen sind, bei deren Vorliegen eine stationäre Durchführung erforderlich sein kann. Dementsprechend ist am 17.8.2006 ein Vertrag "Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus" (AOP-Vertrag) geschlossen worden. In Anlage 1 zu diesem Vertrag werden Leistungen bezeichnet, die regelmäßig ambulant erbracht werden können, aber nicht zwangsläufig ambulant erbracht werden müssen - entscheidend bleiben die Verhältnisse des Einzelfalles (§§ 2 Abs 2 und 3 Abs 2 AOP-Vertrag). Diese als Orientierungshilfe für den Arzt gedachte Kennzeichnung besitzt jedoch gleichwohl rechtliche Relevanz, da von ihr nur aus wichtigen Gründen abgewichen werden kann, die in § 3 Abs 3 AOP-Vertrag näher bezeichnet werden: Bei Vorliegen bzw Erfüllung der dort genannten und in einer Anlage 2 näher substantiierten Kriterien ist in der Regel eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich. Wird sie durchgeführt, ist dies im Rahmen der Fehlbelegungsprüfung nach § 17c KHG nicht zu beanstanden (vgl auch Wahl in: jurisPK-SGB V, 2008, § 39 RdNr 73 mwN) und damit auch für die Abrechnung des Krankenhauses mit der Krankenkasse verbindlich.

Besonders problematisch kann die grundsätzliche Abgrenzung stationär - ambulant im Bereich psychiatrischer Erkrankungen sein. Denn Versicherte mit einem schweren psychiatrischen Leiden haben nach der Rechtsprechung des BSG Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung, wenn nur auf diese Weise ein erforderlicher komplexer Behandlungsansatz durch das Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams unter fachärztlicher Leitung Erfolg versprechend verwirklicht werden kann (BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4). Vor allem bei psychiatrischer Behandlung - um die es auch hier geht - kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon die Notwendigkeit des kombinierten Einsatzes von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und eine stationäre Behandlung erforderlich machen. Nach diesen Grundsätzen wird das LSG - unterstellt, die Krankenhausbehandlung hat tatsächlich bis zum 4.11.1997 fortgedauert - zu prüfen haben, ob die Beigeladene in der hier noch streitigen Zeit bis zu ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus weiterhin behandelt worden ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und hierfür die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich gewesen sind. Dabei ist auch zu überprüfen, ob der erforderliche komplexe Behandlungsansatz, wie er hier nach den Feststellungen des LSG durch das Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams unter fachärztlicher Leitung erforderlich gewesen ist, nach den Regeln der ärztlichen Kunst ambulant überhaupt realisierbar war und für die Beigeladene in Anbetracht ihres Gesundheitszustandes in zumutbarer Weise zur Verfügung gestanden hätte.

Fallgruppe 2: Die Dauer einer Erkrankung spricht für sich allein nicht für oder gegen ihre Behandlungsbedürftigkeit in einem Krankenhaus; entscheidend sind auch hier grundsätzlich die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalles. Ging man früher noch davon aus, dass bei Dauerleiden oder chronischen Erkrankungen, die jahrelang ohne nennenswerten Erfolg behandelt worden sind, eine Vermutung dafür besteht, dass sie keiner aussichtsreichen Behandlung mehr zugänglich sind, ist die Medizin in dieser Hinsicht nunmehr deutlich zurückhaltender; selbst schwere psychiatrische Leiden werden heute als therapierbar und medizinisch beeinflussbar angesehen (BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4; weitere Nachweise bei Wahl, aaO, § 39 RdNr 60). Deshalb hat das LSG im vorliegenden Fall auch zu Recht nicht entscheidend darauf abgestellt, dass bei der Versicherten eine langjährige Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis vorgelegen hat. Schwierigkeiten bereitet demgegenüber häufig - so auch hier - die Festlegung des Zeitpunkts, bis zu dem die besonderen Mittel eines Krankenhauses zur Behandlung einer Krankheit erforderlich gewesen sind bzw ab wann eine ambulante oder sonstige nicht vollstationäre Weiterbehandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend gewesen wäre. Grundsätzlich gilt, dass eine nicht vollstationäre - ambulante - Weiterbehandlung nach der Art der Erkrankung und den Verhältnissen des Einzelfalles möglich und zumutbar und das Behandlungsrisiko konkret beherrschbar sein muss. Insbesondere darf durch die Entlassung des Versicherten in ambulante oder therapeutische Weiterbehandlung kein gesundheitlicher Nachteil drohen (zB Suizidgefahr). Maßgeblich sind nach den Vorgaben des GS des BSG vom 25.9.2007 nur medizinische Erwägungen; reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts auch dann nicht zu tragen, wenn die Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen vorübergehend im Krankenhaus verbleibt (aaO, erster Tenor). Deshalb wird das LSG zu prüfen haben, ob der weitere Verbleib der Beigeladenen auf der psychiatrischen Krankenstation des Klägers aus medizinischen Gründen erfolgt ist oder ob hierfür Fragen einer nicht gesicherten Betreuung und Unterkunft im Vordergrund gestanden haben, wofür die spätere Verlegung der Beigeladenen in den Wohnverbund der klägerischen Klinik sprechen könnte.

Zudem hätte das LSG die Therapieziele der konkreten Krankenbehandlung deutlicher herausarbeiten müssen. Mit der Formulierung der maßgeblichen Behandlungsziele in § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V konkretisiert das Gesetz selbst den Zweck der Krankenbehandlung, den bereits § 1 Satz 1 SGB V als Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit oder Besserung des Gesundheitszustandes beschreibt (vgl auch Höfler in Kass Komm zum Sozialversicherungsrecht - Band 1, Stand: Dezember 2007, § 27 SGB V RdNr 48). Grundsätzlich richtet sich der Anspruch auf Krankenbehandlung auf die Wiederherstellung des Zustandes vor Eintritt der Krankheit, möglichst im Sinne einer völligen Gesundung (Höfler, aaO, RdNr 50); es soll der Status wieder erreicht werden, der vor dem schädigenden Ereignis bestanden hat. Deshalb richtet sich zB der Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V in aller Regel auf die Wiederherstellung der Gesundheit zur Alltagstauglichkeit, nicht etwa zur anschließenden Heim- oder Pflegeunterbringung. Dies gilt auch und insbesondere für psychisch Kranke, deren besonderen Bedürfnissen bei der Krankenbehandlung Rechnung zu tragen ist (§ 27 Abs 1 Satz 3 SGB V). Zwar beinhaltet diese Vorschrift nur eine Auslegungsregel mit Hinweisfunktion, die aber zur Folge hat, dass die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten bei psychischen Krankheiten ebenfalls voll ausgeschöpft werden und das Leistungsangebot nicht hinter demjenigen für somatisch Kranke zurückbleiben darf (vgl Urteil des Senats vom 20.1.2005 - BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4). Deshalb wäre auch zu prüfen gewesen, ob die weitere Krankenhausbehandlung über den 18.8.1996 hinaus aus medizinischer Sicht zur Wiederherstellung der Alltagstauglichkeit der Versicherten - und nicht zu deren Heimunterbringung - erforderlich gewesen ist oder ob tatsächlich ausreichende und zweckmäßige ambulante Alternativen zur Verfügung gestanden haben, um ihre Gesundheit im Alltagsleben wiederherzustellen. Entsprechende Feststellungen sind nachzuholen.

Fallgruppe 3: Hier scheiden zunächst alle Fälle aus, in denen keine behandlungsbedürftige Krankheit (mehr) vorliegt, gleichwohl aber die Unterbringung eines krankenversicherten Menschen aus anderen Gründen sinnvoll erscheint oder erforderlich ist. Ein Anspruch auf (weitere) Krankenhausbehandlung besteht aber auch dann nicht, wenn zwar eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt, zu deren Behandlung aber nicht die besonderen Mittel eines Krankenhauses (s oben 2. c) notwendig sind, selbst wenn infolgedessen eine anderweitige Unterbringung erforderlich ist. So begründet Pflegebedürftigkeit iS von § 14 Abs 1 SGB XI allein keinen Anspruch auf stationäre Behandlung in einem Krankenhaus; sie ist zwar krankheitsbedingt iS von § 14 Abs 2 SGB XI, doch die Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens - § 14 Abs 4 SGB XI - stellt keine zielgerichtete Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 1 SGB V) dar (BSGE 94, 161, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4 - jeweils mwN). Ebenso wenig reicht es aus, wenn ein Versicherter aus Verwahrungsgründen - etwa zur Verhinderung von Selbst- oder Fremdgefährdung - in einer Einrichtung untergebracht werden muss; dies kann selbst dann gelten, wenn die Gefährdung der eigenen oder einer anderen Person krankheitsbedingt ist (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2). Entsprechendes gilt zur Abgrenzung der stationären Krankenhausbehandlung von der medizinischen Rehabilitation - wenn das Ziel einer Behandlung "nur" darauf abzielt, eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11 Abs 2 Satz 1 SGB V; § 26 SGB IX), dann ist ein Anspruch nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V ausgeschlossen, weil keine akute medizinische Behandlung in Rede steht, sondern die Stabilisierung eines schon erreichten Zustandes oder die Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte (Noftz in Hauck/Noftz, Band 2 - SGB V, Stand: Dezember 2006, K § 39 RdNr 81; zur Abgrenzung von stationärer Krankenhausbehandlung von medizinischer Rehabilitation BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 39 Nr 6 mwN). Schließlich können auch allgemein soziale, humanitäre oder familiäre Gründe nicht zu einem Anspruch aus § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V führen, selbst wenn diese für eine stationäre Betreuung des Versicherten sprechen, für eine Behandlung aber nicht die besonderen Mittel eines Krankenhauses (s oben 2. c) erforderlich sind (vgl im Einzelnen Wahl, aaO, § 39 RdNr 56 mwN).

In all den genannten Fällen ist auch dann kein (weiterer) Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung begründbar, wenn zunächst eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig gewesen ist, das Behandlungsziel nunmehr aber durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann, und eine fortdauernde - anderweitige - Unterbringung erforderlich erscheint, diese mangels Platz in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtungen aber nicht nahtlos erfolgen kann. In diesen Fällen sind die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Entlassung aus dem Krankenhaus in Verbindung mit der anderweitigen Unterbringung noch nicht erfüllt - das Krankenhaus kann den zwar noch "kranken", aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftigen Versicherten nicht "auf die Straße setzen", weil dessen Unterkunft/Unterbringung nicht gesichert ist. Dieses Risiko trägt nach der Entscheidung des GS des BSG (aaO, RdNr 19 und 26) nicht die GKV; leistungs-pflichtig ist in der Regel vielmehr der Sozialhilfeträger oder ggf der Versicherte selbst (s oben 2. d aa). Anders ist es jedoch dann, wenn ein Versicherter in der Zeit bis zu seiner anderweitigen Unterbringung weiterhin behandelt werden muss, insbesondere um die Verschlimmerung seiner Krankheit zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und hierfür die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich sind - etwa weil ambulante Alternativen nicht zur Verfügung stehen (s oben Fallgruppe 1); dann kann ein (weiterer) Anspruch aus § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V begründet sein und infolgedessen auch ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses.

e) Das LSG hat seine Beweiswürdigung im Wesentlichen auf das vom SG eingeholte Gutachten der Sachverständigen Dr. K. vom 23.5.2003 und deren ergänzender Stellungnahme vom 21.11.2005 gestützt, die sich zu sehr eingehenden und fallbezogenen Fragestellungen des SG und nicht nur dazu geäußert hatte, ob die weitere stationäre Behandlung der Beigeladenen vom 19.8.1996 bis 4.11.1997 "notwendig" bzw "erforderlich" gewesen ist. In der erneuten Verhandlung wird das LSG darauf zu achten haben, dass im Rahmen der nachzuholenden Ermittlungen ebenso konkrete Beweisfragen gestellt werden, Zeugen und Sachverständige also nur zu entscheidungserheblichen Tatsachen gehört und ihnen keine unbestimmten Rechtsbegriffe zur Ausfüllung und Bewertung überlassen werden -Letzteres ist allein Sache der Gerichte.

aa) Der GS des BSG hat in der Entscheidung vom 25.9.2007 ausgeführt, dass das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen hat, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Die Entscheidung darüber, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Gewährung vollstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und darin eingeschlossen die Entscheidung, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, obliegt nicht dem Krankenhaus, sondern der Krankenkasse, gegen die sich der Anspruch richtet (aaO, RdNr 27 f). Der Grundsatz, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen ist, gilt auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet (aaO, RdNr 32). Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wobei diesem jedoch eine "Einschätzungsprärogative" nicht zukommt (aaO, zweiter Tenor).

bb) Bei der gerichtlichen Überprüfung der medizinischen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung ist auch im Abrechnungsstreit stets zu berücksichtigen, dass für die ärztliche Entscheidung, eine Krankenbehandlung vollstationär oder teil-, vor- und nachstationär oder ambulant durchzuführen, vor allem Risikoabwägungen und die konkreten Umstände des Einzelfalles ausschlaggebend sind (BSG, Urteil vom 4.4.2006, BSGE 96, 161, 169 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8). Davon geht auch der GS des BSG aus, dessen Entscheidung erkennbar von dem Bestreben getragen wird, dem Krankenhausarzt keinen Beurteilungsspielraum und keine Einschätzungsprärogative im Sinne eines Entscheidungsfreiraums mit verminderter Kontrolldichte zu gewähren (aaO, RdNr 29). Nach der Rechtsprechung des BGH, der bei der Bewertung von Ansprüchen privat Versicherter auf medizinisch notwendige Heilbehandlung einen "objektiven Vertretbarkeitsansatz" verfolgt, ist eine vom (privaten) Krankenversicherungsträger geschuldete Heilbehandlung dann medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig zu sehen (BGH, Urteil vom 10.7.1996, BGHZ 133, 208, 212 f mwN; vgl auch Urteile vom 12.3.2003, BGHZ 154, 154, 166 f und vom 21.9.2005, BGHZ 164, 122, 126 f). Im privaten Krankenversicherungsrecht kommt es also nicht darauf an, ob die Behandlung zur Erreichung des vorgegebenen Behandlungsziels tatsächlich geeignet ist; vielmehr ist nach Auffassung des BGH die objektive Vertretbarkeit bereits dann zu bejahen, wenn die Behandlung nach den medizinischen Erkenntnissen im Zeitpunkt ihrer Vornahme als wahrscheinlich geeignet angesehen werden kann, auf eine Verhinderung der Verschlimmerung der Erkrankung oder zumindest auf ihre Verlangsamung hinzuwirken (BGH, Urteil vom 10.7.1996, aaO). Im Urteil vom 21.9.2005 (aaO) heißt es sodann: "Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen."

cc) Der GS des BSG setzt sich nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH (s oben 2. e bb). Auch er erkennt ausdrücklich an, dass bei einer nachträglichen Fehlbelegungsprüfung in rechtlicher Hinsicht die Besonderheit besteht, dass die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen, sondern zu fragen ist, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (aaO, RdNr 33). Damit folgt der GS früherer Rechtsprechung des 3. und 6. Senats des BSG, dass es dem behandelnden Arzt nicht angelastet werden kann, wenn er aufgrund einer für ihn nicht erkennbaren Irreführung oder Fehlinformation Behandlungsmaßnahmen einleitet, die sich später als unnötig herausstellen (Krankenhauswanderer - SozR 3-2500 § 39 Nr 4; unbegründeter Krankheitsverdacht - SozR 3-2500 § 76 Nr 2). In solchen Fällen können der Behandlungsanspruch des Versicherten und der Vergütungsanspruch des Krankenhauses auseinanderfallen, wenn zwar rückschauend feststeht, dass objektiv keine Notwendigkeit für eine Krankenhausbehandlung bestand, das Krankenhaus aber im Behandlungszeitpunkt von deren Notwendigkeit ausgehen durfte und die Behandlung deshalb zu Recht zu Lasten der Krankenkasse durchgeführt hat (so auch GS des BSG, aaO, RdNr 33).

Zusammengefasst folgt daraus, dass die Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V) in einem Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse immer daraufhin zu überprüfen ist, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes - ex ante - eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand. Dies gilt sowohl für die erstmalige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit als auch für die jeweiligen Folgeentscheidungen, wenn es um die Verlängerung eines Krankenhausaufenthaltes geht, wobei sich der Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes im Laufe einer Krankenhausbehandlung naturgemäß verändern wird. Vor allem bei der erstmaligen Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist jedoch zu beachten, dass der Krankenhausarzt eine (medizinische) Prognose abgeben muss, er also eine konkrete Diagnose stellen und dabei zukunftsorientiert zu beurteilen hat, ob die besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich sind, um eine Krankheit zu erkennen, sie zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

dd) Entsprechend konkrete und am Einzelfall orientierte Fragestellungen sind von den Tatsachengerichten - wie hier auch vom SG geschehen - in ihren Beweisanordnungen vorzusehen und den medizinischen Sachverständigen vorzulegen. Keinesfalls ist es für die richterliche Tatsachenermittlung ausreichend, wenn Gutachten zu der Frage eingeholt werden, ob die stationäre Behandlung eines Versicherten "notwendig" bzw "erforderlich" gewesen ist. Damit wird den Sachverständigen die tatbestandsmäßige Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe zugemutet, die allein in den Verantwortungsbereich der Sozialgerichte fällt, es werden indes keine konkreten und auf den entscheidungserheblichen Sachverhalt bezogene Beweisfragen gestellt. Letzteres ist aber erforderlich gewesen, um eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die hier maßgebliche Frage zu gewinnen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes - ex ante - eine Krankenhausbehandlung der Beigeladenen über den 18.8.1996 hinaus erforderlich war, die Beurteilung des Krankenhausarztes also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand. Eine diesen Vorgaben entsprechende Beweiserhebung wird das LSG nachzuholen haben, wobei es bei der Beweiswürdigung nicht - wie im angefochtenen Urteil (aaO, S 10 f) geschehen - auf die Vertretbarkeit der Beurteilung der Krankenhausärzte abstellen darf. Dabei kann und muss es auf alle ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Beweismittel und nicht nur auf die von dem Kläger geführten Dokumentationen (Krankenakten, Leistungsdokumentation, Medikamentenverordnungsblatt, ärztliche Verlaufseintragungen, Dokumentation über Therapien und Arbeitsversuche usw) zurückgreifen, zumal diese Dokumente in der Regel nur den Verlauf des Krankenhausaufenthalts dokumentieren sollen; aus ihnen lässt sich ablesen, ob tatsächlich Krankenhausbehandlung durchgeführt worden ist (s oben 2. c aE), aber nicht unbedingt, ob diese gemäß den vorstehenden Kriterien auch notwendig gewesen ist.

Da im Abrechnungsstreit die Beurteilung des Krankenhausarztes - ex ante - darauf zu überprüfen ist, ob sie den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entspricht und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung steht, ist es erforderlich, dass die Tatsachengerichte zunächst feststellen, ob konkrete Richtlinien, Leitlinien und Standards für die in Rede stehende Kranken(haus)behandlung vorhanden sind; ggf sind diese zu ermitteln und den Beweisanordnungen zugrunde zu legen. Bei der anschließenden Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen ist zudem darauf zu achten, dass dieser im Hinblick auf die entscheidungserheblichen Sachverhalte ausreichend qualifiziert ist, also insbesondere auf dem zu beurteilenden medizinischen Fachgebiet ausgewiesen ist und Erfahrung mit der medizinischen Ausrichtung des betroffenen Krankenhauses besitzt.

3. Soweit sich das LSG (Urteil vom 30.3.2006, Umdruck S 11 f) mit der Frage der Notwendigkeit einer Verwaltungsentscheidung der Krankenkasse gegenüber einem Versicherten befasst, wenn eine langfristige psychiatrische Krankenhausbehandlung nicht länger als Sachleistung gewährt werden soll (vgl BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2), ist hierauf nicht näher einzugehen; diese Frage hat sich mit der Entscheidung des GS des BSG vom 25.9.2007 (aaO) erledigt. Sie könnte sich allenfalls dann stellen, wenn die Versicherte bzw ihr Betreuer Wert auf die Fortsetzung der Behandlung gerade im Krankenhaus legt. Dies war hier offensichtlich nicht der Fall. Zudem könnte eine unterbliebene förmliche Bescheidung nicht dazu führen, dass eine Krankenhausbehandlung bei objektiv möglicher ambulanter Versorgung im Verhältnis des Krankenhauses zur Krankenkasse weiterhin zu vergüten wäre.

4. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren bleibt dem LSG vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.

Ende der Entscheidung

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