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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Beschluss verkündet am 08.10.2002
Aktenzeichen: B 3 KR 63/01 R
Rechtsgebiete: BRAGO, GKG


Vorschriften:

BRAGO § 8 Abs 2 Satz 2
GKG § 14 Abs 1 Satz 1
GKG § 13 Abs 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Beschluss

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 63/01 R

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 8. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ladage sowie die Richter Prof. Dr. Udsching und Schriever

beschlossen:

Tenor:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im Revisionsverfahren wird auf 500.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Im Anwendungsbereich des § 116 Abs 2 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) ist der Gegenstandswert mangels einschlägiger Wertvorschriften nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 8 Abs 2 Satz 2 BRAGO). In Anlehnung an § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist dabei auf die sich aus dem Antrag des Rechtsmittelführers (§ 14 Abs 1 Satz 1 GKG) für ihn ergebende Bedeutung der Sache, in der Regel also auf sein wirtschaftliches Interesse an der erstrebten Entscheidung des Revisionsgerichts und deren Auswirkungen, abzustellen (vgl dazu BSG SozR 1930 § 8 Nr 2), wobei der Höchststreitwert 2.500.000 Euro beträgt (§ 13 Abs 7 GKG).

Die Klägerin betreibt in Lüneburg seit Mitte 1996 ein medizinisch-geriatrisches Zentrum; dazu gehört auch eine vollstationäre Rehabilitationseinrichtung mit 42 Behandlungsplätzen. Sie verfolgt das Ziel, die beklagten Landesverbände der Krankenkassen zum Abschluss eines Versorgungsvertrags als stationäre Einrichtung gemäß § 111 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu verpflichten, um in der Einrichtung Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung stationär rehabilitativ behandeln zu können. Sie rechnet nach der Zulassung mit einem jährlichen Gewinn von 380.000 Euro bei einer angenommenen Auslastung von 93 %.

Die wirtschaftlichen Interessen bemessen sich in Rechtsstreitigkeiten über die Zulassung von Krankenhäusern und Ärzten zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit Leistungen nach dem SGB V grundsätzlich nach dem angestrebten wirtschaftlichen Erfolg. Für Rehabilitationseinrichtungen gilt dies in gleicher Weise. Der angestrebte wirtschaftliche Erfolg ergibt sich aus dem Überschuss aus Gesamteinnahmen und Betriebsausgaben (einschließlich der Mietzinsen) der betroffenen Einrichtung. Die zur konkreten Überschussberechnung erforderlichen Zahlen sind vorliegend nicht verfügbar, weil die Einrichtung bisher nur Privatpatienten behandelt (Auslastung nach eigenen Angaben nur rund 12 %) und auch keine verlässliche Prognose über den wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere über die tatsächliche Auslastung nach der Zulassung, getroffen werden kann. Die Klägerin hat zwar einige Daten ihrer Rentabilitätsberechnung mitgeteilt. Diese kann der Senat jedoch nicht zu Grunde legen, weil es völlig ungewiss ist, ob die Gewinnschätzung von jährlich 380.000 Euro auf realistischen Annahmen beruht. Insbesondere fehlt es an Zahlenmaterial für vergleichbare Rehabilitationseinrichtungen in Niedersachsen.

Für die vergleichbare Situation eines die Zulassung begehrenden, noch nicht in Betrieb genommenen privaten Krankenhauses hat der Senat mangels hinreichenden Zahlenmaterials einen - am wirtschaftlichen Erfolg in den ersten fünf Jahren nach der Zulassung orientierten - pauschalen Gegenstandswert von 1.000.000 DM (jetzt: 500.000 Euro) für angemessen erachtet (vgl BSG, Beschluss vom 30. November 2000 - B 3 KR 20/99 R - SozR 3-1930 § 8 Nr 4). Dieser Betrag kann auch für den vorliegenden Fall angesetzt werden. Es ist zwar zu berücksichtigen, dass - anders als bei Krankenhäusern - Leistungen der medizinischen Rehabilitation von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung nur nachrangig gegenüber anderen Sozialversicherungsträgern (zB Rentenversicherung, Unfallversicherung) zu erbringen sind (§ 40 Abs 4 SGB V), sodass der angestrebte Gesamtumsatz und Gewinn des Betreibers einer Rehabilitationseinrichtung in der Regel nur zu einem Teil aus Leistungen für die Krankenkassen zu erwirtschaften ist. Dies gilt aber nicht für Rehabilitationseinrichtungen, die sich - wie die Klägerin - auf Geriatriepatienten spezialisiert hat. Rehabilitationsträger sind für diesen Personenkreis, der sich ganz überwiegend aus alten, nicht mehr im Berufsleben stehenden Menschen zusammensetzt, nahezu ausschließlich die Krankenkassen. Der Gegenstandswert von 500.000 Euro für Verfahren über die Zulassung noch nicht in Betrieb genommener oder mit geringfügiger Auslastung durch Privatpatienten betriebener medizinischer Einrichtungen ist hier deshalb in voller Höhe anzusetzen und nicht - wie ansonsten bei Rehabilitationseinrichtungen (vgl Beschluss vom 13. Dezember 2000 - B 3 KR 12/99 R - zur ambulanten und teilstationären Rehabilitation in einer nicht spezialisierten Einrichtung) - um die Hälfte zu reduzieren.

Ende der Entscheidung

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