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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 30.07.2002
Aktenzeichen: B 4 RA 10/01 R
Rechtsgebiete: SGB VI, GG


Vorschriften:

SGB VI § 255c
GG Art 3 Abs 1
GG Art 14 Abs 1 Satz 1
GG Art 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 4 RA 10/01 R

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 30. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Meyer, die Richterin Tüttenberg und den Richter Husmann sowie die ehrenamtlichen Richter Jungwirth und Johannsen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 als unzulässig abgewiesen wird.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes Prof. Dr. W. L. im Revisionsverfahren, den nach dem Einigungsvertrag (EinigVtr) besitzgeschützten Zahlbetrag ab 1. Juli 2000 entsprechend der Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen.

Der am 15. Dezember 1914 geborene Ehemann der Klägerin (nachfolgend: Versicherter) war als Hochschullehrer in der DDR tätig. Ab 1. November 1978 bezog er eine Invalidenrente aus der Sozialpflichtversicherung sowie eine Invalidenzusatzrente aus der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (nachfolgend: AVI). Diese Renten wurden später in Altersrenten umgewandelt. Ab 1. Dezember 1989 belief sich die ("Invaliden-")Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung auf 364,00 M und die Zusatzaltersrente auf 3.120,00 M (Gesamtanspruch: 3.484,00 M). Beide Rentenbeträge wurden zum 1. Juli 1990 im Verhältnis 1 : 1 auf DM umgestellt.

Auf Grund der 1. und 2. Rentenanpassungsverordnungen (RAV) wurden die Renten zum 1. Januar und 1. Juli 1991 neu festgestellt. Da die Erhöhungen der Sozialpflichtversicherungsrente jeweils auf die Zusatzrente angerechnet wurden, verblieb es rechnerisch beim Gesamtbetrag von 3.484,00 DM (undatierte Bescheide des Gemeinsamen Trägers der Sozialversicherung bzw der Überleitungsanstalt Sozialversicherung idF des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 5. Mai 1992). Mit Wirkung vom 1. August 1991 begrenzte die Überleitungsanstalt Sozialversicherung den Gesamtzahlbetrag gemäß § 10 AAÜG auf monatlich 2.010,00 DM (Bescheid vom 25. Juli 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 1991).

Während des Klageverfahrens wurde das Recht auf Zusatzaltersrente aus der AVI zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung des Beitrittsgebiets überführt. Dem Versicherten wurde ab 1. Januar 1992 stattdessen ein Recht auf eine Altersrente nach dem SGB VI zuerkannt (Bescheid vom 2. Dezember 1991).

Mit seiner Klage wandte sich der Versicherte ausschließlich gegen die in Anwendung der 1. und 2. RAV unterbliebene Erhöhung des Gesamtbetrages aus Pflichtversicherungs- und Zusatzrenten sowie gegen die Begrenzung des Gesamtzahlbetrages ab 1. August 1991 auf 2.010,00 DM. Den Kürzungsbescheid vom 25. Juli 1991 hob die Beklagte im Verlaufe des Klageverfahrens teilweise auf und begrenzte den Gesamtzahlbetrag auf 2.700,00 DM (Bescheid vom 25. Juli 1993).

Mit Urteil vom 10. Februar 1994 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass sowohl die Rentenwertfeststellungen unter Anwendung der 1. und 2. RAV als auch die Zahlbetragsbegrenzung auf 2.700,00 DM ab 1. August 1991 rechtlich nicht zu beanstanden seien. Gegen dieses Urteil hat der Versicherte Berufung beim LSG eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens stellte die Beklagte den Wert der SGB VI-Altersrente rückwirkend ab 1. Juli 1990 neu fest (Bescheid vom 27. Oktober 1995). Des Weiteren hob sie die Begrenzung der Rentenhöhe ab 1. August 1991 auf und nahm eine Neufeststellung der Rente rückwirkend ab 1. Juli 1990 unter Zugrundelegung eines besitzgeschützten Zahlbetrages von 3.484,00 DM vor (Bescheid vom 23. Juni 1999). Ferner dynamisierte sie den besitzgeschützten Zahlbetrag ab 1. Januar 1992 jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres bis einschließlich Juli 1999 mit dem Anpassungswert des aktuellen Rentenwertes (Bescheid vom 10. Januar 2000). Zum 1. Juli 2000 wurde in einer undatierten Rentenanpassungsmitteilung der bisherige monatliche Rentenwert nach den Regelungen des § 255c SGB VI (so genannter "Inflationsausgleich") angepasst.

In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat der Versicherte beantragt, den garantierten Zahlbetrag, erhöht um 6,84 vH, vom 1. Januar 1992 bis 1. Juli 1999 sowie ebenfalls zum 1. Juli 2000 entsprechend der Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen sowie die Rente nach § 307b SGB VI auf der Grundlage einer Vergleichsberechnung neu festzustellen. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte zur Neufeststellung auf Grund einer Vergleichsberechnung verurteilt; die Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2000 sowie gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 ist abgewiesen worden (Urteil vom 10. Oktober 2000). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte sei entsprechend dem neu zu regelnden § 307b Abs 1 SGB VI zu der vom Versicherten beantragten Neufeststellung auf Grund einer Vergleichsberechnung verpflichtet. Die Dynamisierungen des monatlichen Rentenwertes seien sowohl in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Juli 1999 als auch zum 1. Juli 2000 zutreffend erfolgt. Die Revision ist nur insoweit zugelassen worden, als die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 im Streit ist.

Der Versicherte hat die Revision eingelegt, soweit sie vom LSG zugelassen worden ist. Seine Beschwerde gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision hat der Senat mit Beschluss vom 1. August 2001 als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat während des Revisionsverfahrens den Rentenhöchstwert der SGB VI-Rente auf Grund der Neuregelungen des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG neu festgestellt (Bescheid vom 28. November 2001).

Der Versicherte ist am 11. Dezember 2001 gestorben. Seine Ehefrau ist als Sonderrechtsnachfolgerin in den Rechtsstreit eingetreten.

Die Klägerin rügt eine Verfassungswidrigkeit des § 255c SGB VI, auf den die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 gestützt worden ist. Sie ist der Auffassung, die Norm verstoße gegen Art 3 Abs 1, 14 Abs 1 Satz 1 und 20 GG sowie Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK iVm Art 14 EMRK.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 2000 aufzuheben, soweit es die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 abgewiesen hat und die Beklagte unter Aufhebung dieser Rentenanpassungsmitteilung zu verpflichten, den monatlichen Wert der Altersrente des Versicherten ab 1. Juli 2000 gemäß § 255a SGB VI anzupassen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden sei.

II

Die Revision der Klägerin ist zulässig.

Die Klägerin ist formell beschwert. Denn das LSG hat die von ihr mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) begehrte Anpassung des Wertes ihres Rechts auf Regelaltersrente zum 1. Juli 2000 an die Lohn- und Einkommensentwicklung in den neuen Bundesländern abgelehnt und insoweit die Klage abgewiesen. Die auf diesen Streitgegenstand begrenzte Revision der Klägerin hat im Ergebnis keinen Erfolg. Sie ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das Urteil des LSG abzuändern und die Klage gegen den oben genannten Bescheid nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen ist. Das LSG hätte nicht als erstinstanzliches Gericht in der Sache entscheiden dürfen. Die im Verlaufe des Berufungsverfahrens ergangene Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 ist weder kraft gesetzlicher Klageänderung (§ 96 SGG) noch infolge gewillkürter Klageänderung (§ 99 Abs 1 und 2 SGG) wirksam in das Verfahren vor dem LSG mit der Folge einbezogen worden, dass das LSG sie auf ihre Rechtmäßigkeit hätte überprüfen dürfen.

1. Vergleicht man den prozessualen Anspruch, der zur Entscheidung des SG gestellt worden ist, mit demjenigen, über den das LSG entschieden hat - soweit er Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - so wird deutlich, dass er sich im Verlaufe des Verfahrens geändert und somit eine Klageänderung vorgelegen hat.

Sie liegt vor, wenn der Streitgegenstand durch eine Erklärung gegenüber dem Gericht geändert wird, etwa durch einen weiteren Antrag ergänzt, durch neues Begehren ersetzt oder wenn ein weiterer Klagegrund in den Prozess eingeführt wird. Der Streitgegenstand selbst wird bestimmt durch den prozessualen Anspruch, also das auf Grund eines konkreten Sachverhalts an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck gekommene Begehren des Klägers gegen den Beklagten sowie durch den Klagegrund, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 96 Nr 9 und Urteil des erkennenden Senats vom 25. März 1997 - 4 RA 23/95 - BSGE 80, 149 ff = SozR 3-8760 § 2 Nr 1 - insoweit nicht veröffentlicht). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Gegenstand des Verfahrens vor dem SG war das mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Begehren, die Bescheide des Gemeinsamen Trägers der Sozialversicherung bzw der Überleitungsanstalt Sozialversicherung insoweit aufzuheben, als die Erhöhungen der Sozialversicherungsrente auf die Zusatzversorgungsrente ab 1. Januar 1991 angerechnet wurden, und im Übrigen über den 31. Juli 1991 hinaus eine ungekürzte Versorgung zu gewähren, also die Begrenzungen auf ursprünglich 2.010,00 DM und dann auf 2.700,00 DM aufzuheben. Angefochten waren insoweit die Bescheide des Gemeinsamen Trägers der Sozialversicherung und der Überleitungsanstalt Sozialversicherung zur 1. und 2. RAV (vom 14. Dezember 1990 <BGBl I S 2867> und vom 19. Juni 1991 <BGBl I S 1300>) sowie der Bescheid zur Kürzung der Summe der Zahlbeträge aus der Sozialversicherung und der Zusatzversorgung auf 2.010,00 DM. Im Streit vor dem SG war somit die Höhe der nach dem EinigVtr vom 31. August 1990 (BGBl II S 889) Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst b und f iVm der hierzu ergangenen 1. und 2. RAV, dem Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990 (GBl I Nr 38 S 495, 1457) zu gewährenden "Beitrittsgebietsrente" sowie deren Kürzung nach § 10 AAÜG aF auf 2.010,00 DM. Die (hier streitige) Höhe der "Beitrittsgebietsrente" bestimmte sich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 nach dem übergangsrechtlich geltenden "Beitrittsgebietsrecht" und nicht nach den in den alten Bundesländern bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). In Deutschland gab es bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich zwei rentenversicherungsrechtliche (Teil-)Rechtsordnungen, die jeweils partielles Bundesrecht waren und im Wesentlichen unvermischt nebeneinander bestanden (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 307a Nr 8 S 36). Zuständig für die Aufgaben der Rentenversicherung im Beitrittsgebiet war bis längstens 31. Dezember 1991 gemäß § 2 iVm § 1 EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 1 der Träger der Sozialversicherung; dieser wurde zum 1. Januar 1991 in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt; er führte sodann den Namen Überleitungsanstalt Sozialversicherung. Die Überleitungsanstalt handelte an Stelle der Sozialversicherungsträger des Beitrittsgebiets. Sie war jedoch nicht gleichzeitig ein Sozialversicherungsträger und auch nicht dessen Rechtsnachfolger. Sie nahm lediglich für die Dauer eines Jahres die Aufgaben der noch nicht funktionsfähigen Sozialversicherungsträger wahr (vgl BSG SozR 3-8260 § 8 Nr 1).

Vor dem LSG hat der Versicherte demgegenüber von der BfA als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (und somit einem von der Überleitungsanstalt verschiedenen Rechtssubjekt) mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) nicht die Anpassung der "Beitrittsgebietsrente" begehrt, sondern die Anpassung des Wertes ihrer SGB VI-Rente an die Lohn- und Einkommensentwicklung in den neuen Bundesländern, insoweit die Abänderung des Bescheides vom 10. Januar 2000 und die Zahlung einer entsprechend höheren Rente.

2. Durch die hiernach vorliegende (gewillkürte) Klageänderung ist der Verwaltungsakt im Bescheid vom 10. Januar 2000 nicht kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens vor dem LSG geworden. Denn die Voraussetzungen des § 96 SGG liegen nicht vor. Die die Dynamisierung und damit auch den Wert der Rente betreffende Anpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 hat ersichtlich nicht die Bescheide über die "Beitrittsgebietsrente" abgeändert oder ersetzt. Vielmehr ist vor dem LSG ein neuer prozessualer Anspruch zur Entscheidung gestellt und ein anderes, neues Prozessrechtsverhältnis begründet worden, sowohl durch den Beteiligtenwechsel auf der Beklagtenseite als auch durch die den Wert des Rechts auf die monatliche Rente ab 1. Januar 1992 betreffende Rechtsgrundlage, das SGB VI. Ein bloßer Sachzusammenhang mit dem Streitgegenstand, dem prozessualen Anspruch, ist aber - auch soweit das BSG eine "analoge" Anwendung des § 96 SGG bei Dauerrechtsverhältnissen für geboten gehalten hat - nicht ausreichend, um einen neuen Verwaltungsakt zum Gegenstand des Verfahrens iS des § 96 SGG zu machen (so BSG SozR 3-1500 § 96 Nr 9; vgl hierzu auch BSGE 78, 98, 100 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 12; BSG SozR 3-2600 § 319b Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 17 S 111 f).

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Revisionsgericht die Frage, ob die Merkmale des § 96 SGG erfüllt sind und das LSG zur Sachentscheidung befugt war, im vorliegenden Zusammenhang auch ohne Rüge von Amts wegen zu prüfen. Denn insoweit handelt es sich um eine von Amts wegen zu beurteilende Sachurteilsvoraussetzung der vorinstanzlichen Entscheidung (vgl zur Prüfung von Amts wegen BSG SozR 1500 § 73 Nr 5; BGHR ZPO § 295 Rechtsmittelzuständigkeit 1; NJW-RR 1991, 1346; BGH NJW 1989, 588 und 1987, 325), also nicht um einen Fall des § 163 SGG. § 96 SGG (iVm § 153 Abs 1 SGG) enthält (auch) eine Regelung über die Zuständigkeit des LSG als erstinstanzlichem Gericht. Unter den dort genannten Voraussetzungen hat das LSG ausnahmsweise entgegen § 29 SGG erstinstanzlich über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu entscheiden. Im Hinblick auf Art 101 Abs 1 Satz 2 GG besteht insoweit keine Dispositionsbefugnis der Beteiligten. Die Gewährleistung des Rechts auf den gesetzlichen Richter - niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden - erfordert eine im Vorhinein rechtsatzförmige, abstrakt-generelle und rechtsstaatlich konkrete Zuständigkeitsregelung, die hinreichend bestimmt, welche Gerichte mit welchem Spruchkörper für welche Verfahren sachlich, örtlich und instanziell zuständig sind. Damit soll jeder vermeidbare Spielraum für den Rechtsanwender ausgeschlossen werden (vgl zum Vorstehenden BVerfGE 95, 322, 328 ff; 82, 286, 298; 48, 246, 253 ff = SozR 1500 § 160a Nr 30; BVerfGE 17, 294, 298 ff). Unzulässig wäre es demnach, wenn im Gesetz mehrere verschiedene Zuständigkeiten für eine Sache ausgestaltet wären (vgl hierzu Schulze-Fielitz in Dreier, Komm zum GG, Art 101 RdNr 44) oder wenn die Beteiligten über § 96 SGG die erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG vereinbaren oder trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 96 SGG eine Einbeziehung ausschließen könnten. Infolgedessen wird ein im Verlaufe des Verfahrens ergangener Verwaltungsakt, nur wenn die Voraussetzungen des § 96 SGG vorliegen, kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens. Unberührt bleibt hierdurch das Recht des durch § 96 SGG in seiner grundrechtlich geschützten Dispositionsbefugnis beeinträchtigten Klägers, die - kraft Gesetzes geänderte - Klage zurückzunehmen.

3. Die mithin durch § 96 SGG nicht zugelassene Klageänderung war im Hinblick darauf, dass die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf sie eingelassen haben, als gewillkürte Klageänderung zwar prozessual nach § 99 Satz 1 und 2 SGG zulässig. Dies hatte jedoch nicht zur Folge, dass das LSG befugt war, entgegen § 29 SGG in der Sache zu entscheiden. Denn eine zulässige Klageänderung entbindet das Gericht nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten Klage zu prüfen. Infolgedessen müssen für die geänderte Klage sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen (vgl BFHE 106, 8, 12; BVerwGE 65, 45, 49 f; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl, § 99 RdNr 13a; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl, § 91 RdNr 31 f), mithin auch die Zuständigkeit des LSG gegeben sein. Da ein Ausnahmetatbestand für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG nicht vorliegt, sind die Klagen auf höhere Rentenanpassung insgesamt unzulässig.

Auf die Revision der Klägerin ist nach alledem das Urteil des LSG insoweit abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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