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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 09.04.2002
Aktenzeichen: B 4 RA 39/01 R
Rechtsgebiete: AAÜG, AGB


Vorschriften:

AAÜG § 5
AGB § 46
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 9. April 2002

Az: B 4 RA 39/01 R

in dem Rechtsstreit

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Meyer, die Richterin Tüttenberg und den Richter Husmann sowie die ehrenamtlichen Richter Faupel und Dr. Wirsam

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 1. Februar 2001 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1975 bis zum 9. August 1981 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die in diesem Zeitraum daraus erzielten Arbeitsentgelte nach §§ 5, 6 und 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) festzustellen.

Der am 1. Februar 1932 geborene Kläger schloss im April 1970 ein berufsbegleitendes Studium an der Handelshochschule L. als Diplom-Wirtschaftler ab. Im umstrittenen Zeitraum arbeitete er als Direktor der volkseigenen Handelsorganisation (HO) F. . Anschließend war er bei der Bezirksdirektion des volkseigenen Einzelhandels (HO), Bezirk C. , als Stellvertreter des Bezirksdirektors und ab 1. Januar 1982 als Direktor für Waren des täglichen Bedarfes (WtB) tätig. Auf Antrag des Bezirksdirektors und eines Schreibens des Rates des Bezirkes C. gewährte die Staatliche Versicherung der DDR dem Kläger am 22. August 1989 ab 1. Juli 1989 eine für ihn beitragsfreie Zusatzversorgung auf Grund der Verordnung über die AVItech vom 17. August 1950. Dies beruhte auf einem Einzelvertrag des Rates des Bezirkes C. mit dem Kläger vom 14. Juli 1989.

Auf Antrag des Klägers stellte der beklagte Versorgungsträger zunächst Zugehörigkeitszeiten vom 1. Juli bis zum 24. Oktober 1989 und vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1990 und die darin erzielten Arbeitsverdienste fest (Bescheid vom 25. November 1993; Widerspruchsbescheid vom 28. März 1994; Bescheid vom 11. November 1997). Im November 1998 beantragte der Kläger, seine Beschäftigungszeiten seit dem 5. Mai 1952 als Zugehörigkeitszeiten festzustellen. Er sei damals in die Berufsgruppe Handel eingetreten. In seinem Einzelvertrag sei festgestellt worden, dass er seit 1952 in leitender Funktion im Handel tätig gewesen sei. Nachdem die Beklagte dies zunächst abgelehnt hatte (Bescheid vom 11. Januar 1999), half sie dem Widerspruch im Bescheid vom 25. Februar 1999 insoweit ab, als sie nunmehr (für Rentenbezugszeiten ab 1. Januar 1997) Zugehörigkeitszeiten zur AVItech vom 10. August 1981 bis zum 30. Juni 1990 und die darin erzielten Entgelte feststellte. Den weiter gehenden Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. April 1999), weil der Kläger vor dem 10. August 1981 keine Beschäftigung ausgeübt habe, die der AVItech unterfallen sei. Als Diplom-Wirtschaftler habe er keine technische Fachschul- bzw Hochschulausbildung abgeschlossen; seine Einbeziehung sei daher nur durch Einzelvertrag oder durch eine Ermessensentscheidung auf Antrag des Werkdirektors möglich gewesen; denn er habe seine Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt und auch keine ingenieurtechnische Berufsqualifikation gehabt.

Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat die Klagen mit dem Begehren, die entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 1. Januar 1975 bis zum 9. August 1981 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem festzustellen, durch Urteil vom 6. Juni 2000 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 1. Februar 2001 zurückgewiesen. Berufung und die kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen seien zulässig, aber unbegründet. Die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 SGB X lägen nicht vor, weil die Beklagte in ihren früheren Bescheiden den noch streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1975 bis zum 9. August 1981 zutreffend nicht als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und dementsprechend richtig auch keine Arbeitsentgelte festgestellt habe. Auf Grund der Versorgungszusage sei zwar das AAÜG anwendbar, jedoch folge allein daraus kein Anspruch des Klägers auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit und von erzielten Entgelten für Zeiträume vor deren Wirksamwerden am 1. Juli 1989. Der Kläger habe im streitigen Zeitraum keine Beschäftigung ausgeübt, die von dem Zusatzversorgungssystem der AVItech (Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) erfasst werde. Nach der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl DDR Nr 93 S 844) sowie nach der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zu dieser Verordnung vom 24. Mai 1951 (GBl DDR Nr 62 S 487) sei eine Beschäftigung nur dann von diesem Versorgungssystem erfasst worden, wenn der Beschäftigte eine der dort genannten beruflichen Qualifikationen erworben hatte oder wenn er dieser Personengruppe auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium/die zuständige Hauptverwaltung gleichgestellt worden war, wenn er zudem eine dieser Qualifikation entsprechende Beschäftigung verrichtet hatte und wenn sein Arbeitgeber ein volkseigener Produktionsbetrieb oder ein diesem gleichgestellter Betrieb war. Erfasst war auch eine bestimmte Beschäftigung, wenn der Beschäftigte ihretwegen durch Einzelvertrag einem Versorgungssystem zugeordnet war. Keine dieser Voraussetzungen erfülle der Kläger. Er sei vom 1. Januar 1975 bis zum 9. August 1981 in keinem volkseigenen Produktionsbetrieb und keinem gleichgestellten Betrieb, sondern in der volkseigenen HO F. beschäftigt gewesen. Er habe als Diplom-Wirtschaftler auch keine Berufsqualifikation iS des Versorgungssystems gehabt. Es könne offen bleiben, ob er als Direktor der HO ein "Werkdirektor" iS des Versorgungssystems gewesen sei; denn es fehle jedenfalls an einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb. Bei der volkseigenen HO F. habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb, sondern um einen volkseigenen Einzelhandelsbetrieb gehandelt (Hinweis auf § 1 Abs 1, § 2 Abs 2 der Anordnung über das Statut der HO-Betriebe vom 17. August 1966, GBl DDR III Nr 12 S 47). "Volkseigene Betriebe" iS der Verordnung vom 17. August 1950 seien nur Produktionsbetriebe. Zwar nenne diese Verordnung lediglich volkseigene und ihnen gleichgestellte Betriebe. Die Differenzierung in § 1 Abs 2 der 2. DB zu dieser Verordnung zeige allerdings, dass die zusätzliche Altersversorgung ihrer Art nach nur für Angehörige von volkseigenen Produktionsbetrieben und gleichgestellten Betrieben vorgesehen war. In der DDR sei grundsätzlich zwischen volkseigenen Produktionsbetrieben und volkseigenen anderen Betrieben unterschieden worden (Hinweis auf § 1 Abs 2 der Anordnung über das Statut der Bezirksdirektionen des volkseigenen Einzelhandels <HO> vom 17. August 1966, GBl DDR III Nr 12 S 45; ferner auf § 1 Abs 1, § 49 Abs 1 und 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 9. Februar 1967, GBl DDR II Nr 21 S 121; außerdem auf §§ 31 ff der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979, GBl DDR I Nr 38 S 355). Die volkseigene HO sei auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen; sie sei in der Aufzählung der gleichgestellten Betriebe nicht erwähnt, in der HO und Handelsbetriebe nicht vorkommen. Die zum 1. Juli 1989 wirksam gewordene Einbeziehung erstrecke sich nicht rückwirkend auf Beschäftigungen, die vor dem 10. August 1981 verrichtet worden seien. Es könne auch offen bleiben, ob der Kläger in dem fraglichen Zeitraum auf Antrag des Werkdirektors in die Gruppe der Versorgungsberechtigten hätte eingeordnet werden können; ebenso könne offen bleiben, ob das Fehlen einer entsprechenden Entscheidung bereits der Einbeziehung der Beschäftigung in das Versorgungssystem entgegenstehe; denn jedenfalls sei die Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb erfolgt. Schließlich gelte der Einzelvertrag vom 14. Juli 1989 nicht für die im streitigen Zeitraum verrichtete Beschäftigung.

Mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 5 AAÜG. Das LSG habe das Wesen der zum 1. Juli 1989 erteilten Versorgungszusage verkannt, die auf der Grundlage eines Einzelvertrages erfolgt sei. Nach § 46 des Arbeitsgesetzbuches (AGB) der DDR sei der Einzelvertrag ein von der Zustimmung des jeweils zuständigen Zentralstaatsorgans ausgelöster und getragener Verwaltungsakt, mit dem stets vorangegangene ständige hervorragende Leistungen bei der weiteren Gestaltung des sozialistischen Aufbaus durch die gewissermaßen außerordentliche Eingliederung des Betroffenen in den Kreis der versorgungsberechtigten Angehörigen der Intelligenz anerkannt worden seien. Diese Einbeziehung habe sich naturgemäß vor allem mit Rückwirkung auf die gesamten Zeiträume bezogen, in denen die hervorragenden Leistungen erbracht worden seien. Mit diesem Inhalt sei sie nach Art 19 des Einigungsvertrages (EinigVtr) zu respektieren. Im Übrigen habe er einen akademischen Rang und an der Handelshochschule das Lehrfach "Technologie des Binnenhandels" gehabt. In Vorbereitung seines Einsatzes im streitigen Zeitraum habe er 1973/74 das damals modernste prozessrechnergesteuerte Handelslager in L. mit automatischer Versandanlage aufgebaut und geleitet. Als Direktor in F. hätten ihm als Produktionsbetriebe eine Großküche sowie weitere Betriebsabteilungen für die Produktion von Back- und Eiswaren, für Kühlkostprodukte und für Salate unterstanden. Gerade im Blick hierauf habe auch der Rat des Bezirkes C. in der Präambel des Einzelvertrages die hervorragenden Leistungen der Intelligenz anerkannt. Überdies habe er zwischen 1953 und 1985 acht Mal die Auszeichnung als Aktivist und 1980 die seltene hohe Staatsauszeichnung als "verdienter Aktivist der DDR" erhalten. Hervorragende Leistungen habe er auch in seiner nebenberuflichen Lehrtätigkeit von 1969 bis 1990 an der Fachhochschule für Binnenhandel in D. sowie beim weiteren Ausbau der Großküchenproduktion in F. erbracht. Er habe daher auch das vom LSG nicht näher behandelte außerordentliche Kriterium des § 1 Abs 1 letzter Satz der 2. DB erfüllt, nämlich durch seine Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausgeübt. Nicht hinreichend gewürdigt worden sei auch, dass er im Kreis F. und auch im Bezirksmaßstab Direktor gewesen sei, also einem Werkdirektor gleichgestanden habe. Zum anderen sei ihm auf Grund des Einzelvertrages eine Versorgungszusage auf eine zusätzliche Rente von monatlich maximal 800,00 Mark der DDR zuerkannt worden, die nicht einfach in Wegfall kommen oder von der Beklagten erheblich beschnitten werden könne. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinen Entscheidungen vom 28. April 1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) den Eigentumsschutz solcher Versorgungsanwartschaften anerkannt.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 1. Februar 2001 und des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Juni 2000 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnung der Feststellungsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 1975 bis zum 9. August 1981 zu verpflichten, die in diesen Zeiten ausgeübte Beschäftigung als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die daraus erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für im Ergebnis richtig. Der Kläger habe im streitigen Zeitraum keine Beschäftigung verrichtet, die ihrer Art nach abstrakt-generell von einer Versorgungsordnung erfasst worden sei. Nach seiner Qualifikation als Diplom-Wirtschaftler gehöre er nicht zu dem einbezogenen Personenkreis. Ein Einzelvertrag habe damals noch nicht vorgelegen. Der mit der Bezirksdirektion des volkseigenen Einzelhandelsbetriebes (HO) C. geschlossene Einzelvertrag könne sich nicht auf das Beschäftigungsverhältnis mit der HO F. beziehen, weil diese vertraglichen Regelungen nur zwischen den Vertragspartnern wirkten. Soweit der Kläger sich als sonstiger Spezialist sehe, der auf Antrag in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte eingereiht werden können, greife dies nicht durch, weil eine entsprechende günstige Entscheidung früherer DDR-Dienststellen nicht ergangen sei.

II

Die zulässige Revision erweist sich als unbegründet. Zutreffend hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, weil dieses die zulässigerweise erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen zu Recht abgewiesen hat.

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen den Versorgungsträger auf die begehrten Feststellungen zu. Einzige in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist § 8 Abs 3 Satz 1 AAÜG. Danach hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO durch Bescheid bekannt zu geben. Nach Abs 2 aaO hat der Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen sowie die Daten mitzuteilen, die sich nach Anwendung der §§ 6 und 7 ergeben. Dazu gehören gemäß § 8 Abs 1 AAÜG auch die Feststellungen über Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem iS von § 5 Abs 1 AAÜG.

Das LSG hat sein richtiges Urteil in allen für den Ausgang des Verfahrens entscheidenden Teilen zutreffend begründet. Dem schließt sich der erkennende Senat mit folgenden Hinweisen an:

Ausgangspunkt der materiell-rechtlichen Prüfung des Klagebegehrens ist nicht § 44 Abs 1 SGB X, weil in den früheren Bescheiden noch keine Feststellungen über den hier streitigen Zeitraum und die darin erzielten Arbeitsentgelte getroffen worden waren. Ein Feststellungsbescheid nach § 8 Abs 3 AAÜG verlautbart Verwaltungsakte nur insoweit, als er wirklich kalenderjährlich bestimmte Daten feststellt. Soweit er keine Daten iS von § 8 AAÜG "mitteilt", liegt rechtsgrundsätzlich und faktisch in aller Regel kein Verwaltungsakt vor. Dies ist ausnahmsweise anders, wenn der Antragsteller weitere Zeiträume oder Arbeitsentgelte oder sonst nach den §§ 5 bis 8 AAÜG erhebliche Daten zur Entscheidung des Versorgungsträgers gestellt hat, dieser aber die begehrten Feststellungen nicht getroffen und verlautbart hat, er lehne sie ab. Ist dies nicht der Fall, wird mit einem Antrag, erstmals zB bestimmte Zeiten oder Arbeitsverdienste festzustellen, ein "Erstverfahren" eingeleitet, sodass die §§ 44, 45 SGB X insoweit nicht anwendbar sind.

Das LSG hat zutreffend angenommen, dass die Vorschriften des AAÜG und damit die §§ 5 bis 8 AAÜG anwendbar sind. Dies ist nur der Fall, wenn die Voraussetzungen von § 1 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 AAÜG vorliegen. Das ist hier schon deswegen gegeben, weil der Kläger beim Inkrafttreten des AAÜG zum 1. August 1991 eine (bundesrechtliche) Versorgungsanwartschaft auf Grund einer Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (hier: Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) hatte; denn auf Grund der zum 1. Juli 1989 wirksam gewordenen Versorgungszusage, die ein Verwaltungsakt iS von Art 19 des EinigVtr und über den 3. Oktober 1990 hinaus bindend geblieben ist, hing das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf Versorgung (Versorgungsanspruch) nur noch davon ab, dass ein Versorgungsfall der Invalidität oder des Alters eintrat. In diesem Zusammenhang ist wegen der Bindungswirkung des Verwaltungsaktes nicht zu prüfen, ob die Versorgungsanwartschaft "auf Grund der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Beitrittsgebiet erworben worden" war (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG). Denn die bundesrechtliche Bindungswirkung der Versorgungszusage erstreckt sich - und nur insoweit treffen die Ausführungen des Revisionsklägers zu - auch darauf, dass die am 1. Juli 1989 ausgeübte Beschäftigung einem bestimmten Zusatzversorgungssystem zugeordnet und auf Grund dieser Beschäftigung erworben war; hingegen hat die Versorgungszusage keine bundesrechtlichen Rechtswirkungen im Blick auf Zeiten und Umstände vor dem Beginn ihrer Wirksamkeit am 1. Juli 1989.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und sachlich zutreffend dargelegt, dass die vom Kläger vom 1. Januar 1975 bis zum 9. August 1981 ausgeübte Beschäftigung als Direktor der volkseigenen HO F. dem Zusatzversorgungssystem der AVItech (Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) nicht iS von § 5 Abs 1 AAÜG zugehörte. Vor oder während dieses Zeitraumes ist diese Beschäftigung von den zuständigen Stellen der DDR dem Versorgungssystem durch keine Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheid, Einzelvertrag) konkret zugeordnet worden. Nach den abstrakt-generellen Regelungen der AVItech, auf die das AAÜG im Anschluss an den EinigVtr Bezug nimmt, kommt es auf die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl Nr 93 S 844) an. Nach deren § 1 wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine "Versorgungsversicherung" eingeführt. Die nähere Konkretisierung ua dieser Vorschrift war durch § 5 der Verordnung Durchführungsbestimmungen überlassen. Für das sprachliche Verständnis der von der DDR erlassenen Regelungen ist grundsätzlich auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 abzustellen, an den der Bundesgesetzgeber zum 3. Oktober 1990 anknüpfen musste. Deren rechtliche Bedeutung ist hingegen allein nach Maßgabe des Bundesrechts, insbesondere nach Sinn und Zweck des § 5 AAÜG zu bestimmen. Demgegenüber kommt es im Grundsatz rechtlich nicht darauf an, wie sie in der DDR ausgelegt und praktiziert wurden. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme - bundesrechtlich gesprochen - abstrakt-generelle Regelungen mit gebundener Verwaltung vorsehen, kann auf sie zurückgegriffen werden, weil dadurch eine dem Versorgungssystem immanente willkürliche Handhabung oder politische Begünstigung nicht fortgeführt wird. Soweit sie aber Ermessens- oder Bewertungsfreiräume für Entscheidungen des "Arbeitgebers" oder einer staatlichen Stelle im Blick auf die Zuerkennung von Versorgung oder auf die Einreihung in die Gruppe der Versorgungsberechtigten oder auf sonstige Gleichstellung vorsehen oder einzelvertragliche Regelungen oder Einzelentscheide erlauben, sind sie bundesrechtlich gemäß Art 9 Abs 2 EinigVtr unanwendbar. Denn es ist nicht Aufgabe des Bundesrechts (auch nicht der §§ 5 bis 8 AAÜG), in der DDR im Einzelfall bloß mögliche, aber noch nicht vollzogene Zuordnungen von Beschäftigungen zu Versorgungssystemen nachzuholen. Gerade die Regelungen über Möglichkeiten der Betriebe, einzelne Personen entweder nicht für die Einbeziehung in die AVItech vorzuschlagen, obwohl sie alle "obligatorischen" Voraussetzungen erfüllten, oder aber wegen "besonderer Verdienste" vorzuschlagen, obwohl sie diese nicht oder nur zum Teil erfüllten, verdeutlichen schon im Ansatz die politische Verfügbarkeit der Einbeziehungspraxis. Derartiges ist kein Bundesrecht geworden. Nur wenn Einzelregelungen dieser Art tatsächlich vorlagen und über den 2. Oktober 1990 hinaus versorgungsrechtlich wirksam geblieben sind (Art 19 EinigVtr), kann sich aus ihnen im Rahmen ihres Verfügungssatzes eine bindende Zuordnung einer Beschäftigung zu einem Versorgungssystem ergeben.

Dem Kläger war vor dem 10. August 1981 keine Versorgungsberechtigung erteilt worden. Er war damals auch nicht iS von § 1 Abs 1 Satz 2 der 2. DB durch Einzelentscheidung in die Reihe der Versorgungsberechtigten "eingereiht" worden. Erstmals mit Wirkung vom 1. Juli 1989 wurde ihm eine Versorgungszusage erteilt und zugleich die zu diesem Zeitpunkt ausgeübte Beschäftigung dem Versorgungssystem der AVItech zugeordnet. Die zur Begründung dieser Entscheidung angeführten "hervorragenden Verdienste seit 1952" sind nur die Gründe dieser mit den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungsordnung nicht zu vereinbarenden Begünstigung; schon deshalb können sie bundesrechtlich nicht iS einer rückwirkenden Zuordnung nahezu des gesamten Berufslebens des Klägers zum Versorgungssystem verstanden werden. Sie hatten im Übrigen auch in der DDR nicht diese Bedeutung.

Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG ist dessen rechtlicher Bewertung bundesrechtlich beizutreten, dass der Kläger nicht zum versorgungsberechtigten Personenkreis gehört hat, weil er keine der in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsqualifikationen hatte und keine einer solchen entsprechende Beschäftigung ausgeübt hat. Ferner war er nicht - wie für eine Zugehörigkeit seiner Beschäftigung zum Versorgungssystem erforderlich - in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen) und auch nicht in einem durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Die Verordnung vom 17. August 1950 erkannte der technischen Intelligenz, die vor allem große wissenschaftliche und technische Aufgaben durchzuführen habe, einen Anspruch auf einen höheren Lebensstandard zu. Sie verstand darunter - wie schon § 5 aaO durch das Erfordernis des Einvernehmens des Ministeriums für Industrie andeutet - von vornherein nur technische Aufgaben in Produktionsbetrieben; schon die Erste Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl DDR 1950, Nr 111 S 1043 f) umschrieb den Kreis der Versorgungsberechtigten ausdrücklich als die technische Intelligenz, die konstruktiv und schöpferisch in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig ist und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nimmt; sodann bestimmte sie gleichgestellte oder möglicherweise gleichzustellende Tätigkeiten. Die innerhalb eines Jahres nach Erlass der Verordnung ergangene 2. DB konkretisierte dieses Anliegen und kann deshalb (nur) mit ihren abstrakt-generellen und zwingenden Vorschriften vom Bundesrecht als verlässliche Grundlage für die Beurteilung genommen werden, ob eine von einem am 1. August 1991 Versorgungsberechtigten (Inhaber eines Versorgungsanspruchs oder einer Versorgungsanwartschaft) früher in der DDR ausgeübte Beschäftigung dem Versorgungssystem der AVItech zugehörte.

Die Beschäftigung des Klägers im streitigen Zeitraum gehörte also nicht zu dem Versorgungssystem der AVItech, weil er - wie das LSG für das BSG bindend (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) festgestellt hat -

- die für die "obligatorische" Versorgungsberechtigung erforderliche berufliche Qualifikation nicht hatte,

- keine entsprechend qualifizierte Arbeit verrichtet hat,

- sein Arbeitgeber kein eingetragener volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen) war,

- sein Arbeitgeber kein gleichgestellter Betrieb war

und weil die Beschäftigung

- durch keine für diesen Zeitraum wirksame Einzelfallregelung dem Versorgungssystem zugeordnet worden war.

Entgegen dem Revisionsvorbringen wird die Versorgungsberechtigung des Klägers, die zum 1. August 1991 auf Grund der seit dem 1. Juli 1989 wirksamen Versorgungszusage bestanden hat, infolge ihrer Überführung in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets zum Beginn des 31. Dezember 1991 und infolge der Ersetzung dieser rentenversicherungsrechtlichen Gesamtanwartschaft aus Beitrittsgebietsrecht durch eine Rentenanwartschaft nach dem allgemeinen Rentenversicherungsrecht des Bundesgebietes ab 1. Januar 1992 in ihrem wirtschaftlichen Wert (Möglichkeit der Entstehung eines monatlichen Zahlungsanspruchs in Höhe von 800,00 Mark der DDR) nicht gemindert, sondern um ein Vielfaches gesteigert. Hierüber hat aber der Versorgungsträger bei Anwendung der §§ 5 bis 8 AAÜG nicht zu befinden, sodass dies auch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sein kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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