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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 17.12.2002
Aktenzeichen: B 4 RA 39/02 R
Rechtsgebiete: SGB X, SGG, VwGO


Vorschriften:

SGB X § 103
SGB X § 112
SGG § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2
SGG § 144 Abs 1 Satz 2
VwGO § 131 Abs 2
VwGO § 131 Abs 3
VwGO § 131 Abs 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 17. Dezember 2002

Az: B 4 RA 39/02 R

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Meyer, die Richterin Tüttenberg und den Richter Husmann sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Wirsam und die ehrenamtliche Richterin Schuh

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Juni 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten, juristische Personen des öffentlichen Rechts, streiten um die Rückerstattung des Wertes von Leistungen.

Die Versicherte, E. Z. , bezieht von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) seit dem Jahre 1989 Altersruhegeld und mit Wirkung vom 1. Februar 1994 von der klagenden Berufsgenossenschaft (BG) eine (Dauer-)Rente aus der Unfallversicherung (Bescheid vom 9. Dezember 1996). Im Anschluss an die Zuerkennung der Unfallversicherungsrente berechnete die Beklagte die Altersrente neu und stellte für den Zeitraum 1. Februar 1994 bis 31. März 1997 eine Überzahlung von 10.416,94 DM fest. Diesen Betrag erstattete die klagende BG der beklagten BfA auf deren Aufforderung nach Verrechnung mit der nachzuzahlenden Unfallversicherungsrente.

Nachdem Klägerin und Beklagte wegen eines höheren Jahresarbeitsverdienstes die jeweiligen Renten neu berechnet hatten, machte die Beklagte einen weiteren Erstattungsanspruch in Höhe von 836,57 DM für die Zeit vom 1. Februar 1994 bis 30. April 1998 gegenüber der Klägerin geltend. Dagegen wandte sich die Klägerin unter Hinweis auf § 111 SGB X und begehrte ihrerseits im Hinblick auf diese Vorschrift die Rückerstattung des von ihr für die Zeit vom 1. Februar 1994 bis 20. Februar 1996 bereits an die Beklagte gezahlten Betrages von 8.223,15 DM.

Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von 8.223,15 DM verurteilt; Tenor und Entscheidungsgründe enthielten keinen Ausspruch über die Zulassung der Berufung; nach der Rechtsmittelbelehrung konnte das Urteil mit der Berufung angefochten werden (Urteil vom 10. August 2000). Das LSG hat die Berufung als unzulässig verworfen (Beschluss vom 18. Juni 2002). Es hat ua ausgeführt: Der im Streit stehende Betrag von 8.223,15 DM habe nicht den in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG genannten Wert des Beschwerdegegenstandes von 10.000,00 DM erreicht, sodass die Berufung mangels Zulassung im Hinblick auf die genannte Vorschrift als unzulässig zu verwerfen sei. Abs 1 Satz 2 aaO, wonach bei laufenden oder wiederkehrenden Leistungen die Berufung nicht ausgeschlossen ist, finde auf Erstattungsstreitigkeiten keine Anwendung. Satz 2 aaO beziehe sich nur auf § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG, nicht jedoch auf dessen Nr 2. Bei Erstattungsansprüchen nach §§ 102 ff SGB X handele es sich begrifflich nicht um eine Leistung; der Anspruch teile nicht die Rechtsnatur der der Erstattung zu Grunde liegenden Leistungsart. Die Berufung sei auch nicht durch den Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung zugelassen worden. Diesem sei nicht zu entnehmen, dass der zur Entscheidung berufene Spruchkörper die Zulassung der Berufung auch tatsächlich beschlossen habe.

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 144 Abs 1 Satz 2 SGG und vertritt die Auffassung: Die Berufung gegen das Urteil des SG sei auch ohne ausdrückliche Zulassung zulässig gewesen. Es handele sich zwar um einen Erstattungsstreit (§ 103 SGB X) iS des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG. Unter diese Vorschrift fielen auch Rückerstattungsstreitigkeiten zwischen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgern nach § 112 SGB X. Dennoch sei die Berufung nicht ausgeschlossen, weil der Rechtsstreit wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betreffe. Bereits dem Wortlaut von Satz 2 aaO könne nicht entnommen werden, dass § 144 Abs 1 Satz 2 SGG sich nur auf Satz 1 Nr 1 aaO beziehe. Die Vorschrift sei zudem § 131 Abs 2 bis 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung nachgebildet worden. Dort habe sich die Rücknahme des Berufungsausschlusses auch auf beide Ausschlussgründe bezogen. Ebenfalls schließe die Qualifikation des Erstattungsanspruchs als selbstständigem Anspruch nicht die Anwendung von Satz 2 aaO aus. Entscheidend sei, für welchen Zeitraum die Erstattungsleistungen einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen den hieran beteiligten Verwaltungsträgern herbeiführen sollten. Dieser habe hier zwei Jahre betragen. Schließlich sei die Revision gemäß § 120 Abs 3 SGB X iVm § 111 Satz 2 SGB X nF auch begründet.

Die Beklagte beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Juni 2002 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. August 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das LSG habe zutreffend entschieden. Die Berufungsfähigkeit von Erstattungsstreitigkeiten richte sich allein nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes. Die Ausnahmeregelung in § 144 Abs 1 Satz 2 SGG sei nicht auf Erstattungsstreitigkeiten anzuwenden. Der Gesetzgeber habe Streitigkeiten bis 10.000,00 DM zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Bagatellstreitigkeiten angesehen. Derartige Streitigkeiten sollten regelmäßig nicht durch mehrere Instanzen geführt werden. Es würde dieser Intention widersprechen, wenn durch Anwendung der Ausnahmeregelung in einer Vielzahl von Erstattungsstreitigkeiten der Weg in die Berufung eröffnet würde.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht hat das LSG die Berufung durch den angefochtenen Beschluss verworfen. Denn sie war unzulässig (§ 158 Satz 1 und 2 SGG), weil sie vom SG nicht zugelassen worden war. Die Statthaftigkeit der Berufung ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 2 mwN).

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte die Berufung der Zulassung. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der am 1. März 1993 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege (RPflEntlG) vom 11. Januar 1993 (BGBl I S 50) muss die Berufung zugelassen werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes (1.) bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 1.000,00 DM oder (2.) bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 DM nicht übersteigt. Nach Satz 2 aaO gilt dies nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Voraussetzungen für eine derartige Rückausnahme liegen hier nicht vor, weil es sich bei einem Erstattungsstreit nicht um eine wiederkehrende oder laufende Leistung in diesem Sinne handelt. Infolgedessen war die Berufung mangels Zulassung ausgeschlossen.

a) Zu Recht gehen die Beteiligten einmal davon aus, dass der Rechtsstreit ein so genannter Erstattungsstreit nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG ist, an dem zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts, hier zwei Verwaltungsträger, beteiligt sind; die Klägerin macht einen Erstattungsanspruch (§§ 102 ff SGB X) geltend, einen selbstständigen, von einem Sozialleistungsanspruch losgelösten eigenständigen ("originären") Anspruch öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 149 Nr 13 S 18 f; SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 f). Er dient dazu, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht geleistet hätte (vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 mwN). Der Erstattungsanspruch betrifft somit Leistungen, die ein Träger entweder ohne Rechtsgrund oder aber mit Rechtsgrund erbracht hat, der Rechtsgrund für die Leistungen aber nachträglich entfallen ist. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, welcher der in §§ 102 ff SGB X genannten Rechtsgrundlagen - sollte die Berufung zulässig gewesen sein - hier eingreifen würde und nach welcher Rechtsgrundlage das ursprüngliche Erstattungsbegehren sodann zu beurteilen wäre, da mit der Klage die (Rück-)Erstattung des Wertes einer bereits erbrachten Leistung begehrt wird. Infolgedessen greift § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG ein. Das hat zur Folge, dass die Berufung (ohne Zulassung) ausgeschlossen ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - Streit um die Zahlung von 8.223,15 DM - 10.000,00 DM nicht übersteigt.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 144 Abs 1 Satz 2 SGG auf Berufungen wegen Erstattungsstreitigkeiten keine Anwendung. § 144 Abs 1 Satz 2 SGG schließt sich zwar unmittelbar an beide in Abs 1 Satz 1 aaO genannten Berufungsausschlussgründe an. Dies mag zunächst dafür sprechen, dass der Wortlaut der Regelung in Satz 2 aaO sich sowohl auf den Ausschlussgrund in Satz 1 Nr 1 aaO als auch auf denjenigen in Satz 1 Nr 2 aaO zu beziehen scheint. Der Text des Satzes 2 aaO, wie er im Gesamtzusammenhang mit Satz 1 aaO zu lesen ist, die Rechtsnatur des Erstattungsanspruchs, die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des Berufungsausschlusses ergeben jedoch eine andere Auslegung.

aa) § 144 Abs 1 Satz 2 SGG stellt darauf ab, ob "die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft". Das Rechtsmittel der Berufung kann sich nur auf den Gegenstand des Berufungsverfahrens beziehen, dh darauf, ob ein Urteil (oder ein Gerichtsbescheid) des SG aufzuheben ist. Daher kann eine Berufung - bei weiter Auslegung - nur dann die in Satz 2 aaO genannten Leistungen betreffen, wenn das SG über solche entschieden hat. Hier hat das SG über einen (Rück-)Erstattungsanspruch befunden. Zu dessen Rechtsnatur hat das BSG (zu dem inzwischen aufgehobenen § 149 SGG) bereits ausgeführt, dass es sich um einen Anspruch ohne Dauerwirkung handelt, der sich in der einmaligen Gewährung erschöpft (vgl BSG SozR 1500 § 144 Nr 30 S 51; Nr 5 S 15). Er betrifft somit eine "einmalige" und gerade keine laufende oder wiederkehrende Leistung. Ihm kann zwar ein "Sozialleistungsanspruch" zu Grunde liegen, im Gegensatz zu übergeleiteten oder etwa gepfändeten Sozialleistungsansprüchen verändert dies seinen Charakter als einen originären, auf eine einmalige Leistung gerichteten Anspruch jedoch nicht (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 149 Nr 13 S 18 f; vgl hierzu auch BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 f). Damit wird deutlich, dass § 144 Abs 1 Satz 2 SGG unter Berücksichtigung der Rechtsnatur des Erstattungsanspruchs sich nur auf § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bezieht, nicht jedoch auf Nr 2 aaO.

bb) Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte des § 144 SGG nF. Bereits in der bis 28. Februar 1993 geltenden Fassung von § 144 SGG war ein Berufungsausschluss bei einmaligen Leistungen und - unter bestimmten Voraussetzungen - bei wiederkehrenden Leistungen normiert; ebenso war nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden § 149 SGG, der ab 1. März 1993 ersatzlos gestrichen worden ist, die Berufung ua bei "Ersatz- oder Erstattungsstreitigkeiten zwischen Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Anstalten des öffentlichen Rechts sowie bei Streitigkeiten wegen Rückerstattung von Leistungen ausgeschlossen, wenn der Beschwerdewert 1.000,00 DM nicht übersteigt". Durch das RPflEntlG sind diese Regelungen durch neue ersetzt worden. Dies wurde wie folgt begründet (BT-Drucks 12/1217, S 51 f): "In sozialgerichtlichen Verfahren ist die Berufung in den in §§ 144 bis 149 SGG genannten Fällen ausgeschlossen, wobei unterschiedliche Abgrenzungskriterien gewählt werden. ... Mit den §§ 144 ff SGG sollte die Berufung in Bagatellfällen ausgeschlossen sein. ... Zur Entlastung des Berufungsgerichts erscheint es geboten und sachgerecht, dass künftig bei Streitwerten mit geringem Wert nicht in jedem Fall der Zugang zur Berufungsinstanz eröffnet wird. ... Die Formulierung 'wiederkehrende oder laufende Leistungen' in § 143 Abs 1 Satz 2 SGG (des Entwurfs) stellt klar, dass die Berufung bei laufenden Sozialleistungen nicht von der Zulassung abhängig ist, wenn die Entscheidung darüber für mehr als ein Jahr getroffen ist." (vgl auch BR-Drucks 314/1/91, S 29).

Aus den Materialien ergibt sich, dass Anlass für die Gesetzesänderung eine weitere Entlastung der Berufungsgerichte sein sollte und dass die von September 1975 bis 28. Februar 1993 geltenden und eine Beschränkung des Rechtsmittels der Berufung in Bagatellstreitigkeiten enthaltenden Regelungen die Berufungsgerichte nicht ausreichend entlastet hatten (vgl BT-Drucks 12/1217 S 51). Infolgedessen sollte durch das RPflEntlG ein darüber hinausgehender Berufungsausschluss ermöglicht werden, allerdings - unter bestimmten Voraussetzungen - mit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 144 Abs 2 SGG) auch die Berufung zugelassen werden können, um ausreichenden Rechtsschutz zu gewährleisten. Im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis des einzelnen Versicherten ist es überzeugend, wenn in § 144 Abs 1 SGG jedenfalls zwischen den von der öffentlichen Hand dem Bürger geschuldeten Sozialleistungen einerseits und den von und gegen Träger öffentlicher Verwaltung zu erhebenden Erstattungsansprüchen andererseits differenziert wird. Die Berufung mithin bei Klagen, die eine Geld- oder Sachleistung (oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt) betreffen, ausgeschlossen ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,00 DM übersteigt, bei Erstattungsstreitigkeiten zwischen den Verwaltungsträgern hingegen erst, wenn der Wert 10.000,00 DM übersteigt. Die Beschränkung auf eine Instanz und damit die Hinnahme möglicher Fehlentscheidungen ist unter Berücksichtigung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der in Nr 1 aaO einerseits und der in Nr 2 aaO andererseits erfassten Fallgruppen zumutbar (vgl hierzu entsprechend BSG SozR 1500 § 144 Nr 21 S 32 f). Im Einklang damit steht auch, dass die Berufung bei wiederkehrenden oder laufenden Leistungen nach Satz 2 aaO nicht ausgeschlossen ist. Denn bei Streitigkeiten des Versicherten, die Folgewirkungen haben, geht das Interesse des Versicherten über den Wert des Beschwerdegegenstandes im jeweils anhängigen Verfahren hinaus.

Dementsprechend wird in den Materialien die zulassungsfreie Berufung nur im Zusammenhang mit wiederkehrenden oder laufenden "Sozialleistungen" erwähnt (vgl BT-Drucks 12/1217, S 52 und BR-Drucks 314/1/91, S 29; vgl hierzu Hansens, NJW 1993, 493, 496 f). Diese sind - für den Bereich des SGB - in §§ 1, 2, 11 SGB I als Geld-, Sach- und Dienstleistungen definiert, die der Verwirklichung der sozialen Rechte des Einzelnen dienen (§§ 3 bis 10 SGB I). Sie beziehen sich folglich jedenfalls nicht auf das Verhältnis zwischen den erstattungsberechtigten und -verpflichteten Sozialleistungsträgern. Damit wird ebenfalls deutlich, dass die Rückausnahme des Berufungsausschlusses in Satz 2 aaO sich allein auf die Regelung in Nr 1 aaO bezüglich Streitigkeiten zwischen dem Einzelnen und juristischen Personen des öffentlichen Rechts bezieht. Denn danach ist die Berufung bei einer Klage, die eine "Geld- oder Sachleistung" oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, ausgeschlossen. Gegenüber der Erstattungsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden betreffenden Regelung in Nr 2 aaO geht § 144 Abs 1 Satz 2 SGG jedoch mangels Identität des Anspruchsgrundes ins Leere (vgl hierzu Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl, Kapitel VIII, RdNr 21a; im Ergebnis ebenso: Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl, § 144 RdNr 24b; Zeihe, SGG, § 144 RdNr 19a; aA Bernsdorff in: Hennig, SGG, § 144 RdNr 30; Kummer, NZS 1993, 285, 291; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 144 RdNr 86, 159). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Materialien zu dem inzwischen aufgehobenen § 131 VwGO. Dort werden ebenfalls in Übereinstimmung mit den Materialien zu § 144 SGG nF für eine Rückausnahme des Berufungsausschlusses lediglich "laufende oder wiederkehrende Sozialleistungen" erwähnt (vgl BT-Drucks 11/7030, S 32). Der von der Beklagten in Bezug genommene Kommissionsentwurf zu § 157 einer Verwaltungsprozessordnung und der dort angegebene Text, wonach sich Satz 2 sowohl auf Satz 1 Nr 1 als auch auf Satz 1 Nr 2 des Entwurfs beziehe, hat weder in den Materialien zu § 131 VwGO noch in denjenigen zu § 144 SGG nF Eingang gefunden. Entgegen der Auffassung von Peters/Sautter/Wolff (aaO) würde es Sinn und Zweck, der Systematik der die Berufungsinstanz entlastenden Vorschrift sowie der Rechtsnatur des Erstattungsanspruchs widersprechen, wollte man den auf eine einmalige Leistung gerichteten Erstattungsanspruch nach seinen Berechnungselementen in zeitliche Abschnitte gliedern, damit festgelegt werden kann, welcher erstattungsfähige Zeitraum ihm zu Grunde liegt, um auf diese Weise den Anwendungsbereich des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zu erweitern und ihn systemwidrig auf Erstattungsstreitigkeiten nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG erstrecken zu können.

2. Der Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils des SG, das Urteil könne mit der Berufung angefochten werden, genügt allein - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 13 mwN). Infolgedessen ist die Berufung mangels Zulassung zu Recht als unzulässig verworfen worden.

Die Revision der Beklagten ist mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 SGG.

Ende der Entscheidung

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