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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 29.09.1998
Aktenzeichen: B 4 RA 9/98 R
Rechtsgebiete: SGB VI


Vorschriften:

SGB VI § 249 Abs. 1
SGB VI § 56 Abs. 3 Sätze 2 u. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 29. September 1998

in dem Rechtsstreit

Az: B 4 RA 9/98 R

Klägerin und Revisionsbeklagte,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Beklagte und Revisionsklägerin.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 1998 durch die Richter Dr. Berchtold - als Vorsitzenden -, Husmann und Dr. Schlegel sowwie die ehrenamtlichen Richter Dr. Dufner und Schneidinger

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. August 1997 sowie das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 9. Mai 1996 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung.

Die 1937 geborene Klägerin ließ sich ihre bis Juli 1960 zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge wegen Heirat (März 1961) erstatten. Danach war sie nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt. Im Februar 1963 begleitete sie ihren Ehemann G.W. nach Brasilien. Dieser war von Juni 1959 bis 31. März 1968 bei der Firma C. Z. in O. beschäftigt (im folgenden: deutsche C. Z. ). Er unterlag nach damaligem Recht in dieser Beschäftigung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung; mit Eintritt der Versicherungspflicht wurde er ab 1. Januar 1968 auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Ab Februar 1963 arbeitete er in Brasilien für eine Tochtergesellschaft der deutschen C. Z. , die C. Z. S. O. L. , R. (im folgenden: brasilianische C. Z. ), ab Juli 1963 als Leiter dieser Gesellschaft. Eine mit der deutschen C. Z. geschlossene Vereinbarung vom 9. Januar 1963 sah ua vor, daß G.W. in die Dienste der brasilianischen C. Z. eintrat. Er bedurfte für alle Geschäftsvorfälle, die über den Rahmen der täglichen laufenden Geschäfte hinausgingen, der vorherigen Zustimmung der deutschen C. Z. . Weiter wurden G.W. Berichts- und Informationspflichten auferlegt, Regelungen über Urlaubsgewährung bzw Reisekostenerstattung getroffen und bestimmt, daß das für die Beschäftigung in Brasilien zustehende Bruttoarbeitsentgelt von der deutschen C. Z. auf ein Konto in Deutschland überwiesen werden sollte. Während der Auslandsbeschäftigung blieben die Rechte nach dem Pensionsstatut der C. -Z. -Stiftung (der betrieblichen Altersversorgung der deutschen C. Z. ) erhalten. Nr 11 der Vereinbarung vom 9. Januar 1963 lautete: "Die Abmachungen gelten zunächst für drei Jahre; die Frist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, sofern nicht sechs Monate vor Ablauf gekündigt wird". Die Klägerin und ihr Ehemann kehrten Ende 1967 nach Deutschland zurück. Das Arbeitsverhältnis zwischen G.W. und der deutschen C. Z. endete durch gerichtlichen Aufhebungsvertrag vom 31. Mai 1968.

Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte merkte für die 1962 in Deutschland geborene Tochter Ulrike der Klägerin Kindererziehungszeiten vor, lehnte es jedoch ab, für die in R. /Brasilien geborenen und erzogenen Kinder Renate (geboren 16. August 1963) und Marianne (geboren 12. Juli 1965) Kindererziehungszeiten überhaupt und für das Kind Beate (geboren 30. Dezember 1966) Kindererziehungszeiten vor dem 1. Dezember 1967 vorzumerken, weil diese Kinder im Ausland erzogen worden seien. Zwar habe sich die Klägerin mit dem Kind Marianne von Februar bis Juni 1966 im Inland aufgehalten, jedoch handele es sich insoweit nur um einen besuchsweisen vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Weder die Klägerin selbst noch ihr Ehemann hätten unmittelbar vor der Geburt der Kinder oder während der Kindererziehungszeiten aufgrund einer Beschäftigung oder Tätigkeit im Ausland Pflichtbeitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt; eine freiwillige Beitragszahlung sei insoweit nicht ausreichend (Bescheid vom 15. Juni 1988, Widerspruchsbescheid vom 3. November 1988).

Das Sozialgericht (SG) Speyer hat die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1988 verurteilt, die "Erziehungszeiten für die Kinder Renate, Marianne und Beate der Klägerin anzuerkennen" (Urteil vom 9. Mai 1996). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und ua ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob zwischen G.W. und der deutschen C. Z. während des Brasilienaufenthalts ein inländisches Beschäftigungsverhältnis fortbestanden habe, denn jedenfalls liege ein sog Rumpfarbeitsverhältnis vor. Zwar sei der Aufenthalt des Ehemannes der Klägerin in Brasilien zeitlich nicht im voraus begrenzt gewesen, vielmehr sei die zunächst für drei Jahre vorgesehene Aufenthaltsdauer mit einer Verlängerungs- und Kündigungsklausel versehen gewesen. Aus den Gesamtumständen folge aber, daß der Auslandsaufenthalt gerade nicht auf Dauer angelegt gewesen sei, sondern von vornherein lediglich vorübergehend sein sollte und tatsächlich auch nur vorübergehend gewesen sei. Hierauf sei nach dem "vom Bundessozialgericht herausgearbeiteten Normprogramm" entscheidend abzustellen. Danach sollten die Erziehenden durch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten möglichst umfassend in das System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen, die auch im Interesse der Allgemeinheit liegende Leistung der Erziehung anerkannt und die Verpflichtung des Staates zur Förderung von Familien mit Kindern konkretisiert werden. Durch den Generationenvertrag solle der Fortbestand der Sozialversicherung gewährleistet werden. Diese Ziele würden auch dadurch erreicht, daß im Ausland Beschäftigte mit ihren Kindern wieder ins Inland zurückkehren und hier ihren Beitrag zum Arbeitsleben leisten. Deshalb sei es auch ohne Rücksicht auf eine im voraus festgelegte konkrete zeitliche Grenze für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten ausreichend, daß der ins Ausland entsandte Arbeitnehmer sein Erwerbsleben nicht auf Dauer im Ausland verbringt, sondern daß seine Rückkehr gewährleistet oder zu erwarten sei. Dies sei hier der Fall gewesen, da bereits die "hohe Managerposition als Geschäftsführer" bei den umfangreichen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit im Auslandsgeschäft "eigentlich typischerweise nur einen vorübergehenden Auslandseinsatz" erlaubt habe. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, G.W. habe für die restliche Dauer seines Erwerbslebens in Brasilien bleiben und unmittelbar in die Dienste der brasilianischen C. Z. treten wollen. Durch seine Rückkehr stehe fest, daß der Aufenthalt nur vorübergehend gewesen sei; auch dieser Verlauf gehöre zum Normprogramm der Kindererziehungszeiten (Urteil vom 20. August 1997).

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt, eine Verletzung von § 249 Abs 1 iVm § 56 Abs 3 Sätze 2 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gerügt und beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. August 1997 und das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 9. Mai 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das Urteil des SG zu Unrecht zurückgewiesen. Der angefochtene Vormerkungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; er hätte deshalb vom SG nicht abgeändert und die Beklagte nicht zur Vormerkung weiterer Kindererziehungszeiten verpflichtet werden dürfen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vormerkung der beantragten Kindererziehungszeiten.

Nach § 149 Abs 5 SGB VI ist der Versicherungsträger verpflichtet, einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, zu erlassen, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat (vgl BSG SozR 3-6180 Art 13 Nr 2 S 7 mwN; SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 13). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch darauf, daß dabei auch die og Zeiten als rechtserhebliche Tatbestände von Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung vorgemerkt werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor.

Gemäß § 3 Satz 1 Nr 1 iVm §§ 56 Abs 1 bis 3 und 5, 249 Abs 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Einem Elternteil wird gemäß § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Keiner Darlegung bedarf, daß die Klägerin von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten nicht iS von § 56 Abs 4 SGB VI ausgeschlossen ist. Ob die Zeiten der Kindererziehung der Klägerin zuzurechnen wären, kann vorliegend dahingestellt bleiben (zur Problematik der Zuordnung von Kindererziehungszeiten näher: BSG SozR 3-6180 Art 13 Nr 2 S 9 f mwN; SozR 3-2600 § 56 Nr 10), denn jedenfalls erfüllt sie weder die Voraussetzung, daß die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist, noch daß die Erziehung in Brasilien jeweils einer solchen gleichsteht.

Die Klägerin hat sich während der streitigen Zeiträume mit ihren Kindern nicht gewöhnlich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten; dies war auch in der Zeit des Krankenhausaufenthalts von Februar bis Juni 1966 nicht der Fall. Auch hat sie in der Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts in Brasilien während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt der Kinder Renate, Marianne und Beate wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit keine Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt (§ 56 Abs 3 Satz 2 SGB VI). Ebensowenig hat ihr Ehemann G.W., mit dem sie sich gemeinsam in Brasilien aufhielt, solche Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt oder diese Voraussetzung nur deshalb nicht erfüllt, weil er zu den in § 5 Abs 1 und 4 SGB VI genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit war (aaO Satz 3).

Auch eine sinngemäße Anwendung von § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI kommt nicht in Betracht. Die typisierende Grundwertung des Gesetzes, den Betroffenen seien im wesentlichen wegen der Kindererziehung - und nicht wegen Integration in eine ausländische Arbeitswelt - deutsche Rentenanwartschaften entgangen, kann nämlich nur Platz greifen, wenn die Erziehenden vor der Geburt oder während der Kindererziehung in einer hinreichend engen Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben stehen (BSG in SozR 3-2600 § 56 SGB VI Nr 4 S 16). An einer derartigen Inlandsintegration zumindest mittelbar über den erwerbstätigen Ehegatten aufgrund eines fortbestehenden Arbeits- oder wenigstens eines sog Rumpfarbeitsverhältnisses fehlt es indessen. Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung, beginnend mit seinem Urteil vom 17. November 1992 (BSGE 71, 227 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 mwN) klargestellt, daß § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI in verfassungskonformer Auslegung des Abs 3 Sätze 2 und 3 aaO tragenden Rechtsgedankens unter bestimmten Voraussetzungen auch erziehende Elternteile begünstigt, die dem im Ausland erwerbstätigen oder beschäftigten Ehegatten nachfolgen, um mit diesem und dem Kind als Familie zusammenzuleben. Ist der Ehegatte des Erziehenden im Ausland als Arbeitnehmer beschäftigt, ohne daß eine nach § 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IV> ("Ausstrahlung") in der deutschen Rentenversicherung konkret versicherungspflichtige Beschäftigung verrichtet wird, muß zwischen ihm und dem inländischen Arbeitgeber für die Dauer des Auslandsaufenthaltes ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wobei ausreicht, daß ein sog Rumpfarbeitsverhältnis fortbesteht. Ein solches, die - nach § 56 Abs 3 Sätze 2 und 3 SGB VI maßgebliche - fortdauernde Integration in das inländische Arbeitsleben noch hinreichend vermittelndes Rumpfarbeitsverhältnis, ist dann gegeben, wenn zwar das inländische Arbeitsverhältnis für die Dauer der Auslandsbeschäftigung teilweise - etwa im Blick auf die Hauptpflichten (Arbeitsleistung/Zahlung von Arbeitsentgelt) zum Ruhen gebracht wird, aber aus ihm a) auch während der Auslandsbeschäftigung noch wechselseitige Rechte und Pflichten erwachsen, b) die Auslandsbeschäftigung von vornherein zeitlich durch Vertrag oder ihrer Eigenart nach rechtlich begrenzt ist und wenn c) rechtlich von vornherein sichergestellt ist, daß das inländische Beschäftigungsverhältnis nach Beendigung der Auslandsbeschäftigung auch mit den Hauptpflichten in vollem Umfang wieder auflebt (vgl BSGE 71, 227, 231 ff = SozR 3-2600 § 65 Nr 4 S 16 ff; Urteil vom 16. November 1993 - 4 RA 39/92).

Zwischen G.W. und der deutschen C. Z. bestanden während des Auslandsaufenthalts die Hauptpflichten aus einem regulären Arbeitsverhältnis nicht fort; G.W. stand - nach den bindenden Feststellungen des LSG - gegenüber der deutschen C. Z. nicht unter deren Direktionsgewalt; insbesondere hatte diese sich kein jederzeitiges Rückrufrecht vorbehalten; die deutsche C. Z. schuldete das Arbeitsentgelt nicht, sondern zahlte es nur für die brasilianische C. Z. aus. Es lag aber auch - trotz der fortbestehenden Nebenpflichten - kein sog Rumpfarbeitsverhältnis vor, hierfür wäre erforderlich gewesen, daß die Auslandsbeschäftigung des G.W. rechtlich infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt war. Diese notwendige Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Das LSG hat - insoweit in Übereinstimmung mit den vom 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 4. Mai 1994 (11 RAr 55/93, USK 9435 = Die Beiträge 1995, S 117 f) aufgestellten Grundsätzen zu der nur im Ansatz ähnlichen Rechtslage nach § 4 SGB IV - für den Senat bindend (§ 163 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) festgestellt, daß die Auslandsbeschäftigung des G.W. nicht vertraglich im voraus zeitlich begrenzt war. Nach dem Vertrag zwischen G.W. und der deutschen C. Z. galten die Abmachungen über den Auslandseinsatz des G.W. "zunächst für drei Jahre"; die Frist verlängerte sich "jeweils um ein Jahr, sofern nicht sechs Monate vor Ablauf gekündigt wird." Die Beendigung der Beschäftigung des G.W. in Brasilien war damit von der Abgabe einer entsprechenden (Kündigungs-)Erklärung abhängig, wie es für die Beendigung von auf unbestimmte Zeit geschlossene Arbeitsverträge typisch ist, und gerade nicht von einem zeitlich fixierten Datum oder dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses.

Das LSG hat auch keine Tatsachen festgestellt, aus denen sich rechtlich eine zeitliche Begrenzung des Auslandsaufenthalts aus der Eigenart der vorgesehenen Beschäftigung - aus "der Natur der Sache" - ergeben könnte. Soweit es iS einer Behauptung abstrakt genereller Tatsachen ausführt, die "hohe Managerposition als Geschäftsführer" habe bei den umfangreichen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit im Auslandsgeschäft "eigentlich typischerweise nur einen vorübergehenden Auslandseinsatz" erlaubt, zieht es hieraus selbst nur den Schluß einer bloßen Möglichkeit der Rückkehr; im übrigen fehlt es an einem entsprechenden allgemeinen Erfahrungssatz. Ebensowenig ergeben sich aus den Feststellungen des LSG zu Einzeltatsachen Anhaltspunkte dafür, daß G.W. einen Auslandseinsatz nur bis zu einem im voraus bestimmten Zeitpunkt hätte durchführen können oder daß G.W. "für die restliche Dauer seines Erwerbslebens in Brasilien bleiben und unmittelbar in die Dienste der brasilianischen C. Z. treten sollte"; ein im voraus bestimmter Zeitpunkt der Beendigung der Auslandstätigkeit läßt sich diesem - vom LSG offenbar unterstellten - generellen Rückkehrwillen des G.W. nicht entnehmen.

Dem LSG kann auch nicht in seiner abweichenden Rechtsansicht gefolgt werden, für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten komme es auf eine im voraus vertraglich oder durch die Natur der Sache zeitlich begrenzte Beschäftigungsdauer im Ausland nicht an; ausreichend sei vielmehr, daß der Auslandsaufenthalt nicht auf Dauer angelegt und tatsächlich auch nur vorübergehend gewesen sei, zumal durch den "Generationenvertrag" der Fortbestand der Sozialversicherung gewährleistet werden solle. Das LSG geht fehl in der Annahme, es komme für die Zuerkennung von Kindererziehungszeiten allein auf die Erziehung von Kindern und deren bzw die Rückkehr ihrer Eltern in die Bundesrepublik Deutschland an, zumal gesetzlicher Anknüpfungspunkt insoweit nicht die "Sicherstellung des sog Generationenvertrages" durch ausreichende Population ist, sondern es maßgeblich um den Einfluß der Kindererziehung auf die Versicherungsbiographie erziehender Eltern geht. Letztere ist untrennbar mit dem System sozialer Sicherung verbunden, die bei einem Auslandsaufenthalt nur unter engen Voraussetzungen besteht oder erhalten bleibt. Hierzu im einzelnen:

Nach dem Normprogramm des § 56 SGB VI soll durch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten eine möglichst umfassende Einbeziehung der Erziehenden in das System der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen; dadurch soll ua die auch im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung liegende Leistung der Erziehung von Kindern durch Mütter und Väter anerkannt und damit die Verpflichtung des Staates auch zur materiellen Unterstützung und Förderung von Familien mit Kindern zum Teil konkretisiert werden. Die Kindererziehungszeiten wurden in das Rentenversicherungsrecht eingeführt, weil in Familien mit Kleinkindern in der Regel ein Ehegatte während der Kindererziehung gar nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, eigene Rentenansprüche aufzubauen (vgl BSGE 71, 227, 230 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4 S 14). Dabei soll es dem erziehenden Elternteil im Vergleich zu einem im Inland Erziehenden nicht zum Nachteil gereichen, wenn er das Inland verläßt und damit den Erziehungsort ins Ausland verlegt, um dort mit dem vorübergehend im Ausland erwerbstätigen Ehegatten, der gleichwohl weiterhin in ein inländisches Arbeitsverhältnis eingebunden ist, und mit dem Kind als Familie zusammenzuleben. Die dargestellten Anforderungen an die mittelbar fortbestehende Inlandsintegration gewährleisten typisierend das Erreichen der gesetzgeberischen Zielsetzung.

Das Erfordernis einer fortbestehenden Inlandsintegration ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausgeführt hat, entspricht es der Eigenart eines auf Pflichtbeiträgen der Versicherten aufbauenden Sozialversicherungssystems, daß es grundsätzlich an inländische Beschäftigungsverhältnisse anknüpft, weil die mit einem derartigen System verbundene zwangsweise Einziehung von Pflichtbeiträgen lediglich innerhalb der Reichweite der nationalen Hoheitsgewalt erfolgen kann. Es ist ein verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandendes Ziel nationaler Sozialpolitik, sozial relevante Tatbestände im eigenen Staatsgebiet zu formen und zu regeln; dies geschieht ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit dessen, der den Tatbestand verwirklicht. Systemgerechter Anknüpfungspunkt für die mitgliedschaftliche Einbeziehung in nationale Sozialversicherungssysteme ist daher der gewöhnliche Aufenthalt einer Person im jeweiligen Staatsgebiet und nicht die Staatsangehörigkeit. An diesem historisch gewachsenen Schutzbereich der Sozialversicherung und insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung hat sich der Gesetzgeber bei der territorialen Begrenzung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in sachgerechter Weise orientiert. Nur wer sich danach noch im sozialen Verantwortungsbereich der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft rechtmäßig aufhält, soll auch im Falle der Kindererziehung rentenwirksam abgesichert werden. Wer sich dagegen in ein ausländisches Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem integriert, befindet sich für die Dauer dieser Integration nicht mehr im Verantwortungsbereich der bundesdeutschen Rentenversicherung. Er partizipiert vielmehr regelmäßig an den dort im Falle der Kindererziehung gewährten Sozialleistungen (vgl BVerfG, Beschluß vom 2. Juli 1998 - 1 BvR 810/90).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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