Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 03.03.1999
Aktenzeichen: B 6 KA 18/98 R
Rechtsgebiete: Onkologie-Vereinbarung


Vorschriften:

Onkologie-Vereinbarung § 1 Abs 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 3. März 1999

in dem Rechtsstreit

Az: B 6 KA 18/98 R

Kläger und Revisionskläger,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein, Bismarckallee 1-3, 23795 Bad Segeberg,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Kruschinsky und Dr. Clemens sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Dr. Dawid und Dr. Deppisch-Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Oktober 1997 und der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 1995 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt die Genehmigung zur Teilnahme als onkologisch verantwortlicher Arzt an der für den Ersatzkassenbereich abgeschlossenen Onkologie-Vereinbarung.

Der Kläger, Arzt für Innere Medizin und Hämatologie, leitet die hämatologisch-onkologische Abteilung eines Krankenhauses. Seit 1987 ist er zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt, zuletzt für die Zeit bis zum 30. Juni 1999 (Bescheid vom 21. Juli 1997). Unter der Geltung der Onkologie-Vereinbarung von 1984 war er als onkologisch verantwortlicher Arzt mit der Befugnis zur Abrechnung der in der Vereinbarung vorgesehenen Kostenerstattungspauschalen anerkannt worden. Auf der Grundlage der zum 1. Juli 1994 in Kraft getretenen Onkologie-Vereinbarung lehnte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) ihm die Genehmigung zur Teilnahme ab, weil die neue Onkologie-Vereinbarung die Teilnahme ermächtigter Ärzte nicht vorsehe (Bescheid vom 8. Dezember 1994, Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 1995).

Das vom Kläger angerufene Sozialgericht (SG) Kiel hat seine Klage abgewiesen (Urteil vom 8. Oktober 1997). Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf eine rechtskräftige Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts <LSG> (Urteil vom 18. Februar 1997 - L 6 Ka 27/96 -) ausgeführt, der Wortlaut der neuen Onkologie-Vereinbarung erwähne nur Vertragsärzte. Wenn auch allein hierdurch ermächtigte Ärzte nicht ausgeschlossen seien, so ergebe sich ihr Ausschluß aber aus dem Sinn und Zweck der neuen Onkologie-Vereinbarung, nämlich die Niederlassung von Vertragsärzten zu fördern und die besonderen Kosten dieser Ärzte durch Pauschalen abzudecken. Solche Kosten fielen bei ermächtigten Krankenhausärzten im Regelfall in weit geringerem Umfang an. Wie es konkret beim einzelnen Arzt liege, sei unerheblich.

Mit der (Sprung-)Revision rügt der Kläger, die Onkologie-Vereinbarung vom 1. Juli 1994 sei fehlerhaft angewendet worden. Nach ihr könnten auch ermächtigte Ärzte als onkologisch verantwortliche Ärzte mit der Befugnis zur Abrechnung der Kostenerstattungspauschalen anerkannt werden. Dies ergebe sich aus deren Ziel qualifizierter onkologischer Betreuung in der vertragsärztlichen Versorgung, an der auch die ermächtigten Ärzte teilnähmen. Diese hätten nicht besonders erwähnt werden müssen. Die Begriffe des Vertragsarztes und der vertragsärztlichen Versorgung schlössen entsprechend der Terminologie des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) die ermächtigten Ärzte ein, was § 1 Abs 2 Satz 1 der Onkologie-Vereinbarung durch die Beifügung des Adjektivs "niedergelassen" bestätige. "Praxisräume" und "Praxissitz" hätten auch ermächtigte Ärzte. Die frühere Onkologie-Vereinbarung vom 12. November 1984 sei auch auf ermächtigte Ärzte angewendet worden, obgleich sie engere Formulierungen enthalten habe. Sinn und Zweck der Vereinbarung sprächen gleichfalls für deren Einbeziehung, ebenso die systematische Auslegung unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des § 10 Abs 2. Diesen Auslegungsergebnissen stehe die Vergütungsregelung des § 7 Abs 2 iVm § 2 Abs 3 der Vereinbarung nicht entgegen; erhöhte Aufwendungen an Zeit sowie für Personal und zusätzliche Praxiseinrichtungen träfen auch die ermächtigten Ärzte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Oktober 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Genehmigung zur Tätigkeit als onkologisch verantwortlicher Arzt mit der Befugnis zur Abrechnung der Kostenpauschalen nach der Onkologie-Vereinbarung vom 1. Juli 1994 zu erteilen,

hilfsweise,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie verweist auf dessen Darlegungen und die Ausführungen des vom SG in Bezug genommenen Urteils des LSG vom 18. Februar 1997.

II

Die Revision des Klägers hat im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das SG Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz besteht auch auf der Grundlage der neuen Onkologie-Vereinbarung von 1994/95 die Möglichkeit, einem ermächtigten Arzt die Teilnahme an der Vereinbarung mit der Befugnis zur Abrechnung von Kostenerstattungspauschalen zu genehmigen.

Mit der "Vereinbarung über besondere Maßnahmen zur Verbesserung der onkologischen Versorgung" vom 7. Juli 1994 (DÄ 1994, C-1285 ff, neugefaßt mit Wirkung ab 1. Juli 1995, <DÄ 1995 C-1318 ff > - Anlage 7 zum Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen) haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) und die Verbände der Ersatzkassen zur Förderung der qualifizierten ambulanten Behandlung krebskranker Patienten im Ersatzkassenbereich das Institut des onkologisch verantwortlichen Arztes geregelt. Der onkologisch verantwortliche Arzt hat einerseits die Aufgabe, die ambulante Behandlung ganz oder teilweise selbst durchzuführen, andererseits die Gesamtbehandlung entsprechend einem einheitlichen Therapieplan zu leiten und mit den zugezogenen Vertragsärzten zu koordinieren (§ 2 Abs 1 der Vereinbarung). Seine Tätigkeit umfaßt ua die Ausarbeitung eines Gesamttherapieplanes, die Information, Beratung und Motivation des Patienten sowie ggf seiner Angehörigen, die fachliche Beratung mitbehandelnder Ärzte, die Durchführung der Tumortherapie und erforderlichenfalls der intravasalen zytostatischen Chemotherapie, der endokrinen und zytostatischen Behandlung, der Verlaufsbeobachtung und Dokumentation sowie die Sicherstellung ständiger Hausbesuchsbereitschaft, der psychosozialen Betreuung des Patienten und seiner Familie sowie ggf häuslicher Krankenpflege und der Rehabilitation (§ 3, insbesondere Abs 1 und 3). Er muß die Behandlungen durchführen und/oder koordinieren (§ 3 Abs 2 und 3) sowie dafür eine onkologische Kooperationsgemeinschaft der Fachärzte bilden (Pathologe, Radiologe, Strahlentherapeut, Internist, Allgemeinmediziner sowie Chirurg, Gynäkologe, Urologe oder Dermatologe; vgl § 5). Er hat die erforderlichen Behandlungsplätze einzurichten und qualifiziertes Pflegepersonal zu beschäftigen (§ 4 Abs 2). Ferner muß er die Durchführung der organisatorischen Maßnahmen gegenüber der KÄV nachweisen (§ 4 Abs 1). Diese muß dem Vertragsarzt die Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung genehmigen (§ 9 Abs 1).

Diese Genehmigung darf dem Kläger - entgegen der Auffassung des SG - nicht deshalb verweigert werden, weil er nicht als niedergelassener Vertragsarzt, sondern im Rahmen seiner Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.

Bei der hier vorzunehmenden Auslegung der Onkologie-Vereinbarung ist der Senat nicht kompetenziell beschränkt. Bei ihr handelt es sich um revisibles Recht iS des § 162 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nämlich um einen bundesweit geltenden Vertrag, den die KÄBV und die (Bundes-)Verbände der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Dessen Auslegung ist keine Tatsachenfeststellung iS des § 163 SGG. Zu dieser würde nur die Feststellung von dessen Inhalt gehören, der hier - da schriftlich dokumentiert - nicht zweifelhaft ist. Die Auslegung des Inhalts von Erklärungen und Verträgen geht grundsätzlich über eine Tatsachenfeststellung hinaus. Während bei privatrechtlichen Verträgen das Revisionsgericht die Auslegung der Vorinstanzen nur auf die Verletzung revisiblen Rechts - dh auf die Vereinbarkeit der Auslegung mit dem als eindeutig erkannten Wortlaut, auf die Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln, auf Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Auslegungsmethodik, gegen allgemeine Erfahrungssätze und Denkgesetze sowie auf Unvollständigkeiten bei der Verwertung der auslegungsrelevanten Sachverhaltsumstände - überprüft (vgl BSG, Urteile vom 30. März 1993 - USK 93 118 S 599; BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 47; BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr 13 S 89/90), ist bei öffentlich-rechtlichen Verträgen mit normativer Wirkung auch zu prüfen, ob die von der Vorinstanz vorgenommene Auslegung zutrifft (offengelassen im Urteil vom 30. März 1993 aaO). Um einen solchen Normvertrag handelt es sich hier.

Bei Verträgen mit rechtlicher Wirkung gegenüber Dritten ist - wie das SG und das LSG in dem vom SG in Bezug genommenen Urteil zutreffend erkannt haben - nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten, sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung abzustellen (vgl BSG, Urteil vom 30. März 1993, USK 93 118 S 599). Die Erklärungsbedeutung ist umfassend zu ermitteln. Die Auslegung ist nicht etwa beschränkt wie zB bei Bewertungs- und Vergütungsregelungen (Beschränkung auf im wesentlichen die Wortlautauslegung, vgl zuletzt Senatsurteil vom 13. Mai 1998, SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4). Ebenso wie ansonsten bei Normen können außer der Auslegung nach dem Wortlaut und der grammatischen Interpretation auch eine systematische, eine teleologische und eine entstehungsgeschichtliche Auslegung in Betracht kommen (sog normative Auslegung, vgl BSG, Urteil vom 30. März 1993, USK 93 118 S 599).

In Anwendung der aufgezeigten Grundsätze ergibt sich folgendes: Nach § 8 Abs 3 Arzt-/Ersatzkassenvertrag in der ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung (heute: § 8 Abs 3 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen), als dessen Anlage 7 die Onkologie-Vereinbarung abgeschlossen wurde, gelten "die für Vertragsärzte getroffenen Regelungen ... auch für ... ermächtigte Ärzte ..., soweit nichts anderes bestimmt ist." Diese Regelung entspricht dem im SGB V angelegten Grundsatz grundsätzlicher Gleichstellung der zugelassenen und der ermächtigten Ärzte. Gemäß § 95 Abs 1 Satz 1 SGB V nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung neben den zugelassenen auch die ermächtigten Ärzte teil. Nach § 95 Abs 3 und Abs 4 SGB V binden die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung grundsätzlich beide Gruppen gleichermaßen. Etwas anderes könnte nur in Betracht kommen, wenn und soweit vertragliche Bestimmungen mit ausreichender Deutlichkeit ihre Geltung für ermächtigte Ärzte wirksam ausschlössen. Eine ausdrückliche Ausschlußbestimmung enthält zB die Schmerztherapie-Vereinbarung, in der geregelt ist, daß "die Teilnahme nur von in freier Praxis niedergelassenen Vertragsärzten ... wahrgenommen werden" kann (§ 1 Abs 2 Schmerztherapie-Vereinbarung, DÄ 1997, C-1186 ff), während demgegenüber der Zytologie-Vereinbarung keine Ausschlußbestimmung zu entnehmen ist. Sie wird daher auch auf ermächtigte Ärzte angewendet (vgl Senatsurteil vom 18. März 1998, BSGE 82, 55 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9).

Einen ausdrücklichen Ausschluß ermächtigter Ärzte enthält die Onkologie-Vereinbarung nicht. Er läßt sich auch aus dem Inhalt und/oder Gesamtzusammenhang ihrer Regelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen. Die insoweit vom SG angeführten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

Zunächst kann aus der Verwendung des Begriffs "Vertragsarzt" (§ 1 Abs 2 Satz 2, Abs 3 Satz 2, § 2 Abs 1 Satz 1, § 9 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Nr 2 der Vereinbarung) eine Beschränkung auf die niedergelassenen Ärzte und eine Ausgrenzung der ermächtigten Ärzte nicht abgeleitet werden. Der Terminus Vertragsarzt ist zwar im SGB V in der Wendung "Zulassung als Vertragsarzt" auf die niedergelassenen Kassenärzte bezogen (vgl zB § 95 Abs 2, 2a, 3 SGB V), aber nicht auf sie beschränkt. Für niedergelassene Vertragsärzte ist an sich der Ausdruck "zugelassene Ärzte" gebräuchlich, gerade wenn es um die Unterscheidung von den ermächtigten Ärzten geht (so zB § 76 Abs 1, § 95 Abs 1 SGB V). Dafür, daß der Begriff "Vertragsarzt" weiter zu verstehen ist, spricht auch, daß der ihm verwandte Begriff der "vertragsärztlichen Versorgung" vom SGB V für die gesamte ambulante Versorgung sowohl durch zugelassene als auch durch ermächtigte Ärzte verwendet wird (so insbesondere § 95 Abs 1 Satz 1, Abs 4 und § 116 Satz 1 SGB V). Hinzu kommt, daß das in § 1 Abs 2 Satz 1 der Onkologie-Vereinbarung dem Begriff Vertragsarzt beigefügte Adjektiv "niedergelassen" andernfalls überflüssig wäre, wenn schon der Ausdruck Vertragsarzt den ermächtigten Arzt von vornherein ausschlösse.

Aus der Verwendung von Begriffen wie "Praxisräume" (§ 4 Abs 1 S 2 Nr 2) und "Praxissitz" (§ 5 Abs 5) ergibt sich ebenfalls keine Beschränkung der Onkologie-Vereinbarung auf die niedergelassenen Vertragsärzte. Denn auch ermächtigte Ärzte können einen Praxissitz und Praxisräume haben, wie es zB nach den Feststellungen des SG beim Kläger der Fall ist. Des weiteren kann aus der Vergütungsregelung des § 7 Abs 2 iVm § 2 Abs 3 nicht mit hinreichender Deutlichkeit ein Ausschluß ermächtigter Ärzte abgeleitet werden. Die in § 2 Abs 3 genannten erhöhten Aufwendungen an Zeit sowie für qualifiziertes Personal und zusätzliche Praxiseinrichtungen können auch bei ihnen anfallen, sei es, daß sie auf eigene Kosten eine gesonderte Ermächtigungspraxis eingerichtet haben und betreiben, oder, daß sie zwar Krankenhauspersonal und -einrichtungen verwenden, dafür aber Anteile ihrer Einnahmen an das Krankenhaus abführen müssen.

Auch aus Sinn und Zweck der Onkologie-Vereinbarung folgt kein Ausschluß ermächtigter Ärzte. Nach deren § 1 Abs 1 Satz 2 soll eine qualifizierte onkologische Behandlung in der vertragsärztlichen Versorgung insgesamt als Alternative zur erheblich teureren stationären Versorgung gefördert werden. Dieses Ziel steht einer Einbeziehung ermächtigter Ärzte nicht entgegen; denn auch deren Tätigkeit wird im Rahmen der - ambulanten - vertragsärztlichen Versorgung erbracht.

Schließlich läßt sich auch die Entstehungsgeschichte der neuen Onkologie-Vereinbarung nicht als Beleg dafür anführen, daß die nunmehr geltende Vereinbarung auf ermächtigte Ärzte unanwendbar sei. Dem entspricht die Angabe eines der Vertragspartner, nämlich des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen, daß ein Ausschluß der ermächtigten Ärzte bei der Überarbeitung der Vereinbarung von 1984 (DÄ 1984, B-3681 f) nicht diskutiert worden sei (Schriftsatz des VdAK vom 13. September 1996 an das SG).

Nicht ausreichend zur Annahme einer Beschränkung auf die niedergelassenen Vertragsärzte ist der allein verbleibende Gesichtspunkt, daß nach § 1 Abs 2 der Onkologie-Vereinbarung eine wohnortnahe ambulante Behandlung der Patienten durch "niedergelassene Vertragsärzte" erreicht werden soll. Diese Formulierung zwingt nicht zur Folgerung, die gesamte Onkologie-Vereinbarung habe auf die niedergelassenen Vertragsärzte beschränkt werden sollen. § 1 Abs 2 nimmt bei der Normierung des Zieles, eine wohnortnahe Versorgung zu erreichen, mit der Beschränkung auf die niedergelassenen Ärzte lediglich Rücksicht auf die gesetzliche Systematik, nach der die Sicherstellung der ambulanten Versorgung nur nachrangig durch ermächtigte Ärzte und vorrangig durch die niedergelassenen Ärzte erfolgt (vgl § 116 SGB V und die dazu ergangene Rechtsprechung des BSG). Überdies enthält § 1 Abs 2, wie die Überschrift zu § 1 besagt, ohnehin nur einen Grundsatz; dementsprechend ist er nur als Soll-Vorschrift nach Art eines Programmsat-zes abgefaßt. Auch aus diesem Grund kann § 1 Abs 2 kein Argument für einen nur begrenzten Anwendungsbereich der gesamten Onkologie-Vereinbarung entnommen werden.

Das Ergebnis, daß die Onkologie-Vereinbarung auch auf ermächtigte Ärzte anzuwenden ist, kann im vorliegenden Verfahren allerdings nicht dazu führen, dem Kläger die Genehmigung der Teilnahme an der Vereinbarung als onkologisch verantwortlicher Arzt zuzusprechen. Es bedarf vielmehr in tatsächlicher Hinsicht noch verschiedener Feststellungen zu der Frage, ob er alle Voraussetzungen für die Teilnahme erfüllt. Insoweit wird das SG, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird, insbesondere prüfen müssen, ob die dem Kläger erteilte Ermächtigung von ihrem Umfang her eine ausreichende Grundlage für die von ihm begehrte Genehmigung darstellt, sowie, ob er die erforderliche persönliche Qualifikation aufweist (§ 2 Abs 4 und 5 bzw Abs 7) und alle sonstigen Voraussetzungen für die Tätigkeit als onkologisch verantwortlicher Arzt erfüllt. Dies setzt auch voraus, daß er zeitlich ausreichend für die nach der Vereinbarung nötigen Aufgaben zur Verfügung stehen kann. Von einem onkologisch verantwortlichen Arzt werden nicht nur organisatorische und koordinierende Tätigkeiten verlangt, sondern auch, daß er zumindest teilweise die ambulante Behandlung selbst durchführt (vgl insbesondere § 2 Abs 1, § 3, § 4, § 5).

Im Rahmen seiner Entscheidung wird das SG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Ende der Entscheidung

Zurück