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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 30.06.2004
Aktenzeichen: B 6 KA 34/03 R
Rechtsgebiete: SGB X, HVM, BMV-Z, EKV-Z


Vorschriften:

SGB X § 63 Abs 1 Satz 2
SGB X § 45 Abs 4 Satz 2
HVM § 4 Abs 2
BMV-Z § 19
EKV-Z § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 30. Juni 2004

Az: B 6 KA 34/03 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Clemens sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Dieckhoff und Dr. Kötz

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2003, der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 2001 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2000 aufgehoben.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger für alle Rechtszüge zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Gründe:

I

Umstritten sind die rückwirkende Änderung von Berechnungen der Punktwertdegression und eine damit verbundene Honorarrückforderung für das Jahr 1995.

Die Kläger sind als Fachzahnärzte für Kieferorthopädie zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Ihre Gemeinschaftspraxis bestand im Jahr 1995 nur im 4. Quartal. Mit Bescheid vom 15. Mai 1996 berichtigte die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) die Honorarminderung auf Grund von Punktmengenüberschreitung gemäß § 85 Absätze 4b bis 4e Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V> (Degressionsregelung), nachdem sie festgestellt hatte, dass die ursprüngliche Berechnung nicht auf der richtigen Grundlage durchgeführt worden war. Sie setzte die den Klägern zustehende degressionsfreie Punktmenge auf insgesamt 1.166.667 Punkte fest und berücksichtigte dabei drei Zahnärzte, einen Ausbildungsassistenten für 12 Monate und einen Ausbildungsassistenten für vier Monate. Diese Korrektur berichtigte die Beklagte erneut mit Bescheid vom 6. Juni 1996 zu Gunsten der Kläger im Hinblick auf die Anerkennung einer weiteren Assistententätigkeit.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 1999 korrigierte die Beklagte ihre Berechnung der Honorarminderung für das Jahr 1995 und forderte (zunächst) 164.588,41 DM von den Klägern zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Bundessozialgericht (BSG) habe in einem Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKa 79/96 - entschieden, dass bei einer Gemeinschaftspraxis für einen Partner, der im laufenden Kalenderjahr als gleichberechtigtes Mitglied in die Praxis aufgenommen werde, nicht die volle degressionsfreie Punktmenge von 350.000 Punkten, sondern nur der der Dauer seiner Tätigkeit entsprechende Anteil daran anzurechnen sei. Deshalb könne für das erst zum 4. Quartal 1995 in die Gemeinschaftspraxis eingetretene Mitglied nur ein Viertel dieses Betrages zum Ansatz kommen. Das habe zur Folge, dass sich der Anteil des Honorars der Kläger, der der Degression unterliege, erhöhe.

Mit ihrem Widerspruch machten die Kläger geltend, der Bescheid sei bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, weil die Beklagte sie vor seinem Erlass nicht angehört habe. Deshalb seien zumindest die Kosten der anwaltlichen Vertretung im Widerspruchsverfahren gemäß § 63 Abs 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erstatten. Materiell sei der Bescheid mit § 45 Abs 4 SGB X nicht vereinbar, weil die Voraussetzungen für eine rückwirkende Korrektur eines bestandskräftig gewordenen Honorarbescheides nicht vorlägen. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück.

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Nachdem die Beklagte im Hinblick auf vertragliche Vereinbarungen mit der zu 2. beigeladenen Krankenkasse ihre Rückforderung im Berufungsrechtszug um ca 10.000,- DM ermäßigt und die Kläger dieses Teilanerkenntnis angenommen hatten, hat das Landessozialgericht (LSG) im Übrigen die Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts zurückgewiesen. Es hat die Beklagte auf der Grundlage der Vorschriften über die Honorarberichtigung im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) bzw im Zahnarzt-Ersatzkassenvertrag (EKV-Z) iVm § 4 Abs 2 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) für berechtigt gehalten, die ursprünglichen Degressionsbescheide zu korrigieren und von den Klägern überzahltes Honorar zurückzufordern. Der Berechtigung der Beklagten zur Bescheidkorrektur und Honorarrückforderung stehe nicht entgegen, dass sie sich ein entsprechendes Vorgehen nicht vorbehalten habe. Nach der Rechtsprechung des BSG bleibe den K(Z)ÄVen auch ohne ausdrückliche Vorbehalte die Möglichkeit zu rückwirkenden Korrekturen der Honorarverteilung erhalten, wenn sich nachträglich herausstelle, dass vertrags(zahn)ärztliche Abrechnungen generell unrichtig gewesen seien. Bei Erlass der Bescheide über die Honorarminderung im Jahr 1996 sei der Beklagten nicht bekannt gewesen, dass die von ihr vorgenommene Berechnung der degressionsfreien Punktmenge bei Gemeinschaftspraxen mit höherrangigem Recht nicht in Einklang gestanden habe. Das sei erst durch das Urteil des BSG vom 3. Dezember 1997 festgestellt worden.

Die Beklagte müsse die infolge einer unzutreffenden Berechnung der degressionsfreien Punktmenge zu Unrecht an die Kläger ausgezahlten Beträge ihrerseits an die Krankenkassen weitergeben. Entsprechende Nachzahlungsansprüche der Krankenkassen bestünden dem Grunde nach, würden von diesen - mit Ausnahme der Beigeladenen zu 2. - tatsächlich geltend gemacht und seien auch nicht verjährt. Deshalb habe die Beklagte nur die Alternative, die entsprechenden Forderungen der Krankenkassen aus der Gesamtvergütung für den laufenden Zahlungszeitraum zu erfüllen oder die erforderlichen Beträge von den Zahnärzten zurückzufordern, denen ursprünglich ein zu hohes Honorar zuerkannt worden sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei der letztgenannte Weg vorzuziehen. Das Hilfsbegehren der Kläger auf Erstattung der ihnen im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten bleibe erfolglos. § 63 SGB X sei allein bei einem isolierten Widerspruchsverfahren anwendbar, an das sich kein Klageverfahren anschließe. Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben (Urteil vom 12. Februar 2003).

Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine fehlerhafte Anwendung der Grundsätze über die Berichtigung von Honorarbescheiden sowie des § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X über die Erstattung von Anwaltskosten im Vorverfahren. Der allgemeine Berichtigungsvorbehalt des § 4 Abs 2 HVM der Beklagten greife hier nicht ein. Dieser erstrecke sich nur auf solche Tatsachen, die erst nach Erlass des Honorarbescheides bekannt würden und die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung in Frage stellten. Hinsichtlich der Degressionsberechnung könne auf § 4 Abs 2 HVM allenfalls dann zurückgegriffen werden, wenn sich nachträglich ergebe, dass die der Degressionsberechnung zu Grunde liegenden Punktzahlen unzutreffend seien. Ein solcher Sachverhalt liege nicht vor. Auch auf § 19 BMV-Z bzw § 12 EKV-Z könne die Beklagte die angefochtenen Bescheide nicht stützen, weil Gegenstand dieser Vorschriften lediglich die Berichtigungen der vom Zahnarzt eingereichten Honoraranforderungen seien. Die Berechnung der Auswirkung der Degression betreffe allein die Sphäre der Beklagten und habe mit einer richtigen oder unzutreffenden Honorarabrechnung seitens der betroffenen Zahnärzte nichts zu tun. Von der Möglichkeit eines speziellen Vorbehaltes habe die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Deshalb gebe es keine Rechtsgrundlage dafür, den Schutz des Vertrauens der Kläger auf die ursprünglichen Honorar- bzw Degressionsberechnungsbescheide in Frage zu stellen. Im Übrigen sei die Berichtigungsfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X verstrichen, weil die Beklagte mit der Durchführung der Korrektur länger als ein Jahr nach Bekanntwerden des Urteils des BSG vom 3. Dezember 1997 gewartet habe.

Der Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten aus dem Vorverfahren ergebe sich aus § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X. Der Ausgangsbescheid der Beklagten sei wegen fehlender Anhörung rechtswidrig gewesen. Dieser Mangel sei im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Nur deshalb hätten die vorinstanzlichen Gerichte die Klage abweisen können. Es sei nicht verständlich, weshalb ihr Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten, der begründet gewesen wäre, wenn sie keine Klage erhoben hätten, nunmehr entfallen solle, nachdem sie sich aus Gründen, die mit dem im Widerspruchsverfahren geheilten Anhörungsmangel nichts zu tun hätten, auch in der Sache gegen den Bescheid gewandt hätten.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2003 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. Dezember 1999, 21. November 2000 und 12. Februar 2003 aufzuheben,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, ihnen die notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren zu erstatten und auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren notwendig war.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Zutreffend habe das LSG ausgeführt, dass ihre - der Beklagten - Bescheide in den Vorschriften über die nachträgliche Honorarberichtigung eine ausreichende normative Grundlage fänden, die die allgemeinen Vorschriften (§ 45 SGB X) verdrängten. Ihr sei die Entscheidung des BSG vom 3. Dezember 1997 erst Mitte des Jahres 1998 bekannt geworden, und sie habe daraufhin sofort in ihrem Amtlichen Mitteilungsblatt auf die Möglichkeit einer Korrektur der Honorarberechnung und einer Rückforderung von Honorar gegenüber den betroffenen Zahnärzten hingewiesen.

Die Entscheidung des LSG zu § 63 SGB X sei ebenfalls zutreffend, weil sich diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut und der einhelligen Auslegung in Rechtsprechung und Schrifttum nur mit der Kostenerstattung im isolierten Vorverfahren befasse und folglich nicht anwendbar sei, wenn sich dem Widerspruchsbescheid ein gerichtliches Verfahren anschließe.

Die beigeladenen Krankenkassenverbände äußern sich im Revisionsverfahren nicht.

II

Die Revision der Kläger hat Erfolg. Die vorinstanzlichen Gerichte haben die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Unrecht als rechtmäßig angesehen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und beschweren die Kläger (§ 54 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

Rechtsgrundlage der angefochtenen Änderungsbescheide sind die Regelungen im BMV-Z und im EKV-Z über die Befugnis der KZÄV zur Durchführung sachlich-rechnerischer Berichtigungen auch im Wege nachgehender Berichtigung. Nach § 19 Buchst a BMV-Z obliegt es den KZÄVen, die vom Zahnarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf zu berichtigen. Nach § 12 Abs 1 Satz 1 EKV-Z überprüft die KZÄV die Abrechnung rechnerisch und gebührenordnungsmäßig und stellt sie richtig. Diese Vorschriften sehen zwar im Unterschied zu den Regelungen im ärztlichen Bereich (§ 45 Abs 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte <BMV-Ä> sowie § 34 Abs 4 Satz 1 und 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen <EKV-Ä>) nicht ausdrücklich die Möglichkeit vor, sachlich-rechnerische Richtigstellung auch noch nachträglich, dh nach erfolgter Auszahlung der Honorare durch die KZÄV vorzunehmen. Jedoch gehen auch die Vertragspartner des BMV-Z wie des EKV-Z von der Zulässigkeit nachgehender Honorarberichtigungen aus. Die an die Vertragszahnärzte geleisteten Zahlungen haben - nicht anders als die Zahlungen der KÄVen an die Vertragsärzte - zunächst nur vorläufigen Charakter; unrichtige Honorarbescheide können innerhalb der für die Einleitung und Durchführung von Prüfverfahren vorgesehenen Fristen korrigiert werden. Der Vertragszahnarzt muss bis zum Ablauf dieser Fristen mit der Möglichkeit einer nachträglichen Prüfung und Richtigstellung rechnen und kann auf den Bestand des vorab erteilten Honorarbescheides nicht vertrauen (BSG SozR 3-5525 § 32 Nr 1 S 3 zum kassenzahnärztlichen Bereich).

Die Bestimmungen über die Befugnis der KZÄV, vertragszahnärztlich Honoraranforderungen und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen iS des § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich auf Grund der Normen der Reichsversicherungsordnung (RVO) und später des SGB V, erlassen worden sind. Die Erwägungen, die für die grundsätzliche Nichtanwendung des § 45 SGB X auf die Korrektur von vertrags(zahn)ärztlichen Honorarbescheiden maßgeblich sind, hat der erkennende Senat mehrfach dargelegt (insbesondere BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 und zuletzt Urteile vom 31. Oktober 2001, ua B 6 KA 16/00 R, BSG 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 sowie vom 12. Dezember 2001, BSGE 89, 90, 94 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 und vom 26. Juni 2002 - ua B 6 KA 26/01 R - juris).

Vorrangiges Anwendungsfeld der Berichtigungsbefugnis der KZÄV auf der Grundlage der § 19 Buchst a BMV-Z bzw § 12 Abs 1 Satz 1 EKV-Z sind Fehler aus der Sphäre des Vertragszahnarztes. Eine Honorarberichtigung erfolgt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Vertragszahnarzt die Gebührenordnung falsch angewandt hat. Entsprechendes gilt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Vertragszahnarzt Leistungen gegenüber der KZÄV abgerechnet hat, die von einem Assistenten und/oder Vertreter erbracht worden sind, dessen Einsatz in der Praxis des Vertragszahnarztes von der KZÄV nicht genehmigt worden war (BSG SozR 3-5525 § 32 Nr 1). Die Berichtigungsbefugnis ist jedoch nicht auf derartige Konstellationen beschränkt. Die bundesmantelvertraglichen Vorschriften berechtigen die KZÄV vielmehr generell zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide; die einzige tatbestandliche Voraussetzung für das Berichtigungsrecht der KZÄV ist schon nach dem Wortlaut der Vorschriften die Unrichtigkeit des Honorarbescheides. Die Regelungen in § 19 Buchst a BMV-Z bzw § 12 Abs 1 Satz 1 EKV-Z differenzieren - ebenso wie die Berichtigungsvorschriften im vertragsärztlichen Bereich - nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheides und damit seine Unrichtigkeit im Sinne der genannten Vorschriften ist daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruht, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragszahnarztes zuzurechnen sind (dazu - für den ärztlichen Bereich - im Einzelnen: Urteile vom 31. Oktober 2001, BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 sowie vom 12. Dezember 2001, BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3; zustimmend Sodan, NZS 2003, 57 ff, 130 ff; kritisch Axer, DÖV 2003, 271 ff).

Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn sich nicht die Honorarabrechnung im engeren Sinne nachträglich als unrichtig herausstellt, sondern die Vorschriften über die Honorarminderung gemäß § 85 Abs 4b bis 4f SGB V fehlerhaft angewandt worden sind. Nach der die Punktwertdegression im vertragszahnärztlichen Bereich regelnden Vorschrift des § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V, die in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 30. Juni 1997 gegolten hat und wieder ab dem 1. Januar 1999 gilt, verringern sich ab einer Gesamtpunktmenge je Vertragszahnarzt aus vertragszahnärztlicher Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen sowie kieferorthopädischer Behandlung von 350.000 Punkten je Kalenderjahr die Vergütungsansprüche für die weiteren zahnärztlichen Behandlungen um bestimmte Vomhundertsätze (vgl nähere Darstellung in BSGE 80, 223 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 22). Ungeachtet ihrer rechtstechnischen Besonderheit regeln die Vorschriften über die Punktwertdegressionen den "Vergütungsanspruch" des Vertragszahnarztes (§ 85 Abs 4b Satz 1 SGB V). Ihre Umsetzung gegenüber dem betroffenen Vertragszahnarzt betrifft sein Honorar, und der Bescheid über die Punktwertminderung, die der einzelne Zahnarzt hinzunehmen hat, ist (auch) als Honorarbescheid im Sinne der Vorschriften über die Honorarberichtigung im vertragszahnärztlichen Bereich anzusehen. Die bundesmantelvertraglichen Honorarberichtigungsvorschriften sind auf Degressionsbescheide unabhängig davon anwendbar, ob im Verwaltungsvollzug die Anwendung der Bestimmungen über die Punktwertdegression Teil eines einheitlichen Honorarbescheides gewesen oder durch eine von diesem getrennte eigenständige Regelung iS des § 31 SGB X umgesetzt worden ist.

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der K(Z)ÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist indessen im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertrags(zahn)ärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertrags(zahn)arztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhen. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertrags(zahn)ärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der K(Z)ÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertrags(zahn)ärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (zuletzt - zum ärztlichen Bereich - Senatsurteile vom 26. Juni 2002 - ua B 6 KA 26/01 R - juris - mit Nachweisen zu den früheren Urteilen). Diesen Grundsätzen, die prinzipiell auch für Erlass und nachträgliche Korrektur von Degressionsbescheiden gelten, werden die angefochtenen Bescheide im Ergebnis nicht gerecht.

Allerdings sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine nachträgliche Berichtigung der ursprünglichen Bescheide über die Berechnung der Punktmengenüberschreitung gemäß § 85 Abs 4b SGB V idF des Bescheides der Beklagten vom 6. Juni 1996 erfüllt. Diesem liegt die Rechtsauffassung zu Grunde, dass den Klägern für das Jahr 1995 drei Mal eine degressionsfreie Gesamtpunktmenge von 350.000 Punkten zusteht, weil in ihrer vertragszahnärztlichen Gemeinschaftspraxis im Jahre 1995 drei Zahnärzte tätig geworden sind. Da eine aus drei Zahnärzten bestehende Gemeinschaftspraxis jedoch nur im letzten Quartal des Jahres 1995 bestanden hat, können die Kläger für sich von den 350.000 Punkten, die für den dritten Partner der Gemeinschaftspraxis angesetzt worden sind, nur ein Viertel in Anspruch nehmen. Der zusätzliche degressionsfreie Betrag ist bei nur zeitweiser Mitgliedschaft des Partners einer Gemeinschaftspraxis nur anteilig entsprechend der Dauer seiner Tätigkeit in dem betroffenen Jahr in Ansatz zu bringen (BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKa 79/96 -, USK 97155 S 955 f). Davon gehen auch die Beteiligten inzwischen übereinstimmend aus.

Nach den für den Senat bindenden, weil nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) steht der nachträglichen Korrektur der ursprünglichen Degressionsbescheide weiter nicht entgegen, dass die Beklagte infolge der Zahlung zu hohen Honorars an die Kläger wirtschaftlich nicht belastet wäre. Das LSG hat vielmehr festgestellt, dass die Beklagte nach dem zwischen ihr und den beigeladenen Krankenkassen bzw Krankenkassenverbänden geschlossenen Vereinbarungen verpflichtet ist, die Beträge an die Krankenkassen weiterzugeben, die diesen infolge der unzutreffenden Berechnung der Auswirkungen der Degression auf die vertragszahnärztliche Praxis der Kläger zustehen (§ 85 Abs 4e Satz 1 SGB V). Die Anwendung der vom LSG in diesem Zusammenhang herangezogenen gesamtvertraglichen Vereinbarungen ist gemäß § 162 SGG der Überprüfung des Revisionsgerichts entzogen, weil es sich insoweit um untergesetzliche Rechtsvorschriften handelt, deren Geltungsbereich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinausreicht.

Gleichwohl sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig. Die Beklagte kann sich nicht auf spezielle Satzungsregelungen stützen, die ihr die Korrektur des Bescheides vom 6. Juni 1996 über die Berechung der degressionsfreien Punktmenge der Praxis der Kläger im Jahre 1995 ohne Beachtung von individuellen Vertrauensschutzerwägungen gestatten. Soweit sie im Rahmen der Bescheidkorrektur Vertrauensschutzerwägungen zu beachten hat, wird in den angefochtenen Bescheiden der Vertrauensschutz der Kläger nicht angemessen berücksichtigt.

Die Berechtigung der Beklagten zur Korrektur der ursprünglichen Berechnungsbescheide über die Punktwertminderung ohne Beachtung individueller Vertrauensschutzerwägungen ergibt sich nicht aus § 4 Abs 2 HVM in den im Wesentlichen wortgleichen Fassungen von 1995 und 1999. Danach steht die Verteilung der Gesamtvergütung "unter dem Vorbehalt einer späteren Berichtigung". Wenn diese Bestimmung im Sinne der Rechtsauffassung des LSG als ein pauschaler Berichtigungsvorbehalt ohne inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung zu verstehen sein sollte, der nicht nur auf die Berichtigungsbefugnisse der KZÄV nach den Bundesmantelverträgen sowie die Befugnisse der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung verweist, sondern die Berücksichtigung von Vertrauensschutzaspekten auch bei rückwirkenden Änderungen korrekter zahnärztlicher Abrechnungen generell ausschließt, wäre die Norm wegen ihrer Unvereinbarkeit mit den bundesrechtlichen Vorgaben über die Honorarverteilung unwirksam. Ein genereller, umfang- und gegenstandsmäßig nicht begrenzter Berichtigungsvorbehalt nähme - wie der Senat bereits entschieden hat - dem Honorarbescheid nahezu vollständig den Regelungscharakter (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352). Die K(Z)ÄVen sind bundesrechtlich verpflichtet, Honorarbescheide zu erlassen, die ihrer Rechtsnatur nach Verwaltungsakte iS des § 31 SGB X sind. Daran kann der als Satzung ergehende HVM der einzelnen K(Z)ÄV ungeachtet der Gestaltungsfreiheit der Vertreterversammlung als Normgeber nichts Grundlegendes ändern.

Die Beklagte darf die ursprüngliche Berechnung der Auswirkungen der Degressionsregelung im Bescheid vom 6. Juni 1996 zu Lasten der Kläger nachträglich nur unter Beachtung des den Klägern zukommenden Vertrauensschutzes korrigieren. Die Maßstäbe zur Beurteilung der Frage, in welchem Umfang das Vertrauen von Vertragszahnärzten auf den Bestand einer rechtswidrigen, für sie günstigen Degressionsberechnung gestützt ist, lassen sich der bisherigen Rechtsprechung des Senats zum Vertrauensschutz bei rückwirkenden Honorarberichtigungen noch nicht abschließend entnehmen. Diese Rechtsprechung ist zu Konstellationen ergangen, die sich von der hier zu beurteilenden Situation deutlich unterscheiden.

In seinen Urteilen vom 26. Juni 2002 (ua B 6 KA 26/01 R - juris -) hat der Senat zuletzt für den ärztlichen Bereich zusammenfassend dargestellt, in welcher Weise Vertrauensschutzerwägungen zu Gunsten des von einer rückwirkenden Honorarberichtigung betroffenen Arztes Beachtung finden müssen, soweit die Fehlerhaftigkeit des ursprünglichen Honorarbescheides auf Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beruht. Danach endet die Befugnis der KÄV zur nachträglichen Honorarberichtigung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften nicht nur mit dem Ablauf der dazu vorgesehenen Fristen, sondern auch dann, wenn die KÄV eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht hat. In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die KÄV kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen. Unabhängig davon hat der Senat unter bestimmten Voraussetzungen das Vertrauen des Vertragsarztes auf die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Abrechnungsweise gegenüber rückwirkenden Bescheidkorrekturen im Zusammenhang mit der Erbringung fachfremder Leistungen für schutzwürdig gehalten (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9 - Schilddrüsenhormonbestimmungen). Die dargestellten Rechtsgrundsätze, die sinngemäß auch für Bescheide über die Auswirkung der Degressionsbestimmungen auf die einzelne zahnärztliche Praxis gelten, kommen hier nicht zur Anwendung, weil eine fehlerhafte Abrechung oder speziell fehlerhafte Angaben zu der für die Berechnung der degressionsfreien Punktmengen im Jahre 1995 relevanten personellen Zusammensetzung der Praxis seitens der Kläger nicht im Raum stehen und auch von der Beklagten nicht geltend gemacht werden.

Soweit die anfängliche Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, wird der Vertrauensschutz des Arztes durch die Grundsätze über die Anbringung von Vorläufigkeitshinweisen und deren inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung realisiert (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352). Auch die in diesem Zusammenhang entwickelten Rechtsgrundsätze greifen hier nicht ein. Zunächst liegen Fehler bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung schon tatbestandlich nicht vor. Zweifel an der Wirksamkeit der für den Honoraranspruch der Kläger und dessen Minderung infolge der Bestimmungen über die Punktwertdegression maßgeblichen gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften haben zu keinem Zeitpunkt bestanden, und deshalb hat die Beklagte auch keinen Anlass gesehen, die ursprünglichen Degressionsberechnungsbescheide mit einem ausdrücklichen Vorläufigkeitshinweis zu versehen. Die Rechtslage hat sich insoweit auch nach Erlass der ursprünglichen Bescheide über die Berechnung der degressionsfreien Punktmenge nicht geändert.

Schließlich hat sich der Senat insbesondere in seinen Urteilen vom 31. Oktober 2001 mit der Korrekturbefugnis der KÄV bei anfänglich fehlerhaften Honorarbescheiden in Konstellationen befasst, in denen sich nachträglich herausstellt, dass die vertragsärztlichen Leistungen technisch nicht richtig erfasst oder dass die alle Ärzte betreffenden Berechnungen generell unzutreffend durchgeführt worden sind, ohne dass dies für die KÄV vorab erkennbar war (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352). Der Senat hat - ohne dass es in den am 31. Oktober 2001 entschiedenen Fällen darauf ankam - ausgeführt, in derartigen Situationen könne die KÄV nicht generell auf die Möglichkeit einer Bescheidkorrektur ohne Beachtung individueller Vertrauensschutzaspekte verzichten. Unter welchen näheren Voraussetzungen eine solche rückwirkende Berichtigung von Honorarbescheiden beim Fehlen jeglichen individuellen Vorbehalts möglich ist, kann auch hier offen bleiben. Die vom Senat angesprochenen Ausnahmesituationen einer generell unrichtigen Erfassung oder Berechnung von Leistungen für alle Vertragszahnärzte etwa wegen fehlerhafter Software der KZÄV liegen hier entgegen der Annahme des LSG nicht vor. Im Jahre 1995 sind die von den Vertragszahnärzten im Bereich der Beklagten abgerechneten Leistungen - soweit dies hier von Bedeutung ist - zutreffend erfasst und auch die von den Klägern abgerechneten Punkte korrekt ermittelt worden. Generell alle Vertragszahnärzte betreffende Berechnungsfehler, die zur Folge haben könnten, dass eine Gruppe von Zahnärzten zu viel und eine andere Gruppe von Zahnärzten zu wenig Honorar erhalten hat, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zu beurteilen ist allein die Situation, dass die Beklagte die Vorschriften über die Berechnung der degressionsfreien Punktmenge der Gemeinschaftspraxis der Kläger diesen gegenüber individuell unzutreffend angewandt hat.

Wie dem Vertrauensschutz der betroffenen (Zahn-)Ärzte in der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der K(Z)ÄV bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides bzw des Honorarminderungsbescheides zur Umsetzung der Degressionsvorschriften Rechnung getragen werden muss, ist bislang noch nicht entschieden. Der Senat führt seine Rechtsprechung dazu in der Weise fort, dass auch in diesem Fall Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden im ärztlichen wie im zahnärztlichen Bereich durchgeführt werden können, dass aber im Rahmen des Berichtigungsverfahrens die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen sind.

Wenn eine K(Z)ÄV in einem Einzelfall die für die Honorarberechnung maßgeblichen gesetzlichen und/oder untergesetzlichen Vorschriften, über deren generelle Anwendbarkeit und Rechtsgültigkeit kein Streit besteht, individuell fehlerhaft handhabt, bestehen keine relevanten Unterschiede zu der typischen Situation im Verwaltungsverfahrensrecht, dass nämlich eine Behörde bei Anwendung der maßgeblichen Vorschriften auf den Einzelfall fehlerhaft handelt, weil sich längere Zeit nach der Entscheidung herausstellt, dass der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes die dem Bescheid zu Grunde liegende Rechtsauffassung der Behörde nicht teilt. Die Besonderheiten von Honorarbescheiden bzw generell der vertrags(zahn)ärztlichen Honorierung, nämlich vor allem die Abhängigkeit der Rechtmäßigkeit der Vergütung von der Wirksamkeit zahlreicher untergesetzlicher Vorschriften und die vielfach bei Erlass des Honorarbescheides fehlende Gewissheit über die Höhe der insgesamt zur Verteilung stehenden Beträge, spielen insoweit keine Rolle. Die dazu vom Senat entwickelten, oben näher dargestellten Grundsätze sind nicht betroffen.

Könnte sich eine K(Z)ÄV von den Folgen jedweder individuell fehlerhafter Gesetzesanwendung ohne Beachtung von Vertrauensschutzaspekten rückwirkend lösen, würde der Honorarbescheid seinen Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertrags(zahn)arztes für einen bestimmten Zeitraum endgültig verlieren. Diese Folgerung muss vermieden werden. Anders als in den Fällen bestehender Ungewissheit über den rechtlichen Bestand der untergesetzlichen Vorschriften für die Honorarverteilung sowie über die Höhe der Gesamtvergütung bzw des insgesamt zur Verfügung stehenden Finanzvolumens besteht deshalb in der hier zu beurteilenden Situation kein Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist.

Damit werden die Handlungsmöglichkeiten der K(Z)ÄVen nicht unzumutbar eingeschränkt. Wenn sie Zweifel an der richtigen Anwendung der für die Honorarverteilung maßgeblichen Vorschriften haben, sind sie grundsätzlich nicht gehindert, diesen durch ausdrückliche Vorläufigkeitshinweise in den ursprünglichen Honorarbescheiden Rechnung zu tragen. Insoweit werden nach wie vor die allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätze des SGB X, die ein solches Vorgehen der Behörde nur gestatten, wenn es explizit durch eine Rechtsvorschrift zugelassen ist (vgl Axer, DÖV 2003, 271, 278), durch die speziellen bundesmantelvertraglichen Bestimmungen über Erlass und Berichtigung vertrags(zahn)ärztlicher Honorarbescheide verdrängt. Wenn und soweit diese ausdrücklichen Vorläufigkeitshinweise den Maßgaben genügen, die nach der Rechtsprechung des Senats an sie im Zusammenhang mit Unklarheiten über die generellen Grundlagen der Honorarverteilung bei Erlass der ursprünglichen Honorarbescheide zu stellen sind (vgl dazu BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352), sind sie rechtmäßig und ermöglichen der K(Z)ÄV eine nachträgliche Korrektur der Honorarbescheide ohne Beachtung individueller Vertrauensschutzerwägungen. Der Rechtsschutz des betroffenen (Zahn-)Arztes wird dann gewissermaßen vorverlagert. Er muss entscheiden, ob er den mit einem solchen Hinweis versehenen Honorarbescheid hinnehmen und sich darauf einstellen will, oder ob er durch die Anfechtung des Bescheides eine Verpflichtung der K(Z)ÄV durchsetzen will, eine als abschließend und endgültig verstandene Entscheidung zu treffen.

Auch in der hier zu beurteilenden Konstellation hätte die beklagte KZÄV die Möglichkeit gehabt, sich vor Erlass des endgültigen Degressionsbescheides gegenüber den Klägern im Juni 1996 dagegen abzusichern, dass ihre Berechungsweise später von den Krankenkassen nicht geteilt wird und sie deshalb zu Nachzahlungen auf der Grundlage des § 85 Abs 4e SGB V verpflichtet ist. Es war der Beklagten zumutbar, sich vor Erlass eines endgültigen Degressionsbescheides mit den Krankenkassen darüber zu verständigen, wie bei Gemeinschaftspraxen die degressionsfreie Punktmenge je Praxis ermittelt wird bzw den Kassen ihre Rechtsauffassung darzulegen und diese aufzufordern, dazu zustimmend oder ablehnend Stellung zu nehmen und mit ihr zu vereinbaren, sich an dieser Stellungnahme auch in Zukunft - ggf trotz entgegenstehender höchstrichterlicher Rechtsprechung - festhalten zu lassen. Dies ist hier unterblieben. Daraus lässt sich kein Vorwurf gegenüber der Beklagten ableiten, weil sie die Problematik der Berechnung der degressionsfreien Punktmengen bei nicht ein ganzes Kalenderjahr bestehenden vertragszahnärztlichen Gemeinschaftspraxen im Frühjahr 1996 nach ihrer Darstellung noch nicht gekannt hat. Die rechtlich grundsätzlich bestehende Befugnis einer K(Z)ÄV, sich auch im Rahmen individueller Rechtsanwendung gegen die Folgen einer später abweichenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns durch die höchstrichterliche Rechtsprechung in gewissem Umfang abzusichern, wird nicht dadurch entwertet, dass eine KZÄV davon in einer bestimmten Situation keinen Gebrauch gemacht hat.

Auf der anderen Seite wäre der Vertrauensschutz des betroffenen (Zahn-)Arztes auf den Bestand eines ihm erteilten Honorarbescheides zu weitgehend aufgehoben, wenn er auch bei individuellen Rechtsanwendungsfehlern der K(Z)ÄV, die er nicht erkannt hat und auch nicht hatte erkennen können oder müssen, dem Risiko ausgesetzt wäre, dass ein ihm erteilter Honorar- oder Degressionsberechnungsbescheid ohne umfangmäßige Begrenzung rückwirkend zu seinen Lasten verändert wird. Dagegen könnte er sich nämlich nicht vorsorglich absichern oder mit Rechtsmitteln wehren, wie dies bei den ausdrücklichen Vorläufigkeitshinweisen der Fall ist. Die problematische Grenzziehung zwischen der Berechtigung der K(Z)ÄV zu verhindern, dass einzelne Vertrags(zahn)ärzte durch ursprünglich rechtswidrige, aber nicht korrigierbare Honorarbescheide zu Lasten der anderen Mitglieder der K(Z)ÄV begünstigt werden, und dem Interesse aller Vertrags(zahn)ärzte an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen und dem Schutz vor unvorhersehbaren, möglicherweise existenzgefährdenden Honorarrückforderungen wäre einseitig und unausgewogen zu Lasten des einzelnen, jeweils betroffenen (Zahn-)Arztes erfolgt.

Soweit die K(Z)ÄV danach bei der Korrektur individueller Rechtsanwendungsfehler gegenüber einzelnen (Zahn-)Ärzten im Rahmen einer nachträglichen Honorarberichtigung Vertrauensschutzgesichtspunkte zu beachten hat, sind diese den Regelungen des § 45 Abs 2 und 4 SGB X zu entnehmen. Der Anwendungsvorrang der bundesmantelvertraglichen Berichtigungsvorschriften vor § 45 SGB X schließt nicht aus, bei den Maßstäben, nach denen in Ausnahmefällen auch in Honorarberichtigungsverfahren den betroffenen (Zahn-)Ärzten Vertrauensschutz zu gewähren ist, auf die einzelnen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X zurückzugreifen. Diese Regelungen und die entsprechenden Bestimmungen des § 48 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) enthalten die vom Gesetzgeber für richtig gehaltene praktische Konkordanz zwischen den Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf der einen und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebot des Vertrauensschutzes in Bezug auf den Bestand von Verwaltungsakten auf der anderen Seite (vgl Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl 2003, § 48 RdNr 2). Nichts spricht dafür, im Rahmen der vertrags(zahn)ärztlichen Honorarberichtigung in Fällen, in denen die Besonderheiten der vertrags(zahn)ärztlichen Vergütung gegenüber sonstigem Verwaltungshandeln keine Rolle spielen, abweichende Grundsätze zu entwickeln.

Die danach in der Konstellation eines individuellen Rechtsanwendungsfehlers der Beklagten bei Erlass des Degressionsbescheides im Juni 1996 gebotene Prüfung der Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 und 4 SGB X im Rahmen einer auf § 19 Buchst a BMV-Z und § 12 Abs 1 EKV-Z gestützten nachträglichen Berichtigung ergibt, dass das Vertrauen der Kläger auf den Bestand des ursprünglichen Degressionsbescheides schutzwürdig ist. Keiner der Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X, der die Berufung auf Vertrauensschutz ausschließt, ist hier gegeben. Auf ein vorwerfbares Handeln der Kläger oder deren Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der ursprünglichen Degressionsberechnung beruft sich auch die Beklagte nicht.

Danach sind die angefochtenen Korrekturbescheide der Beklagten entgegen der Auffassung der vorinstanzlichen Gerichte rechtswidrig. Den Klägern muss der Vorteil einer ursprünglich zu günstigen Berechung ihrer degressionsfreien Punktmenge für das Jahr 1995 aus Vertrauensschutzgründen erhalten bleiben. Zur Rückzahlung von Honorar sind sie deshalb nicht verpflichtet.

Da die Revision danach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, bedarf es eines Eingehens auf den auf Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens gerichteten Hilfsantrag der Kläger nicht mehr. Der Senat weist in diesem Zusammenhang lediglich darauf hin, dass nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG und der einhellig im Schrifttum vertretenen Rechtsauffassung § 63 SGB X nur für ein isoliertes Widerspruchsverfahren gilt, also für ein solches, dem kein Klageverfahren folgt (BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 1 S 5; von Wulffen/Roos, SGB X, 4. Aufl 2001, § 63 RdNr 4).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren beruht auf § 63 Abs 3 Satz 2 SGB X.



Ende der Entscheidung

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