Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 28.06.2000
Aktenzeichen: B 6 KA 34/99 R
Rechtsgebiete: EBM-Ä


Vorschriften:

EBM-Ä Nr 75
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 28. Juni 2000

in dem Rechtsstreit

Az: B 6 KA 34/99 R

Kläger und Revisionskläger,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Kassenärztliche Vereinigung Hessen, Georg-Voigt-Straße 15, 60325 Frankfurt,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung am 28. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Clemens sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Merz und Dr. Bluttner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig sind Honorarberichtigungen im Primär- und Ersatzkassenbereich.

Der als Arzt für Frauenheilkunde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger betrieb in den streitbefangenen Quartalen IV/1994 und I/1995 im Rahmen seiner Praxis ein "Hormonlabor", in dem er für Ärzte aus dem gesamten Bundesgebiet aufgrund eingesandter Blut- bzw Serenproben Hormonanalysen durchführte. Die Ergebnisse der Untersuchung sandte er in mehr als 10.000 Fällen zusammen mit Berichten an die behandelnden Ärzte; für die Erstellung der Berichte rechnete er die Nr 74 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen - EBM-Ä - ("Kurzer ärztlicher Bericht über das Ergebnis einer Patientenuntersuchung", 40 Punkte) ab. Diese Ansätze strich die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit der Begründung, bei der Untersuchung von übersandtem Körpermaterial sei Nr 74 EBM-Ä nicht berechnungsfähig, weil keine Patientenuntersuchung vorausgegangen sei.

Mit seinen Widersprüchen machte der Kläger geltend, wenn die bisher unbeanstandet erfolgte Abrechnung seiner Berichte nach Nr 74 EBM-Ä nicht mehr möglich sei, sei der Ansatz der Nr 75 EBM-Ä ("Brief ärztlichen Inhalts in Form einer individuellen schriftlichen Information des Arztes an einen anderen Arzt über den Gesundheits- bzw Krankheitszustand des Patienten [Anamnese, Befunde, epikritische Bewertung, ggf Therapieempfehlung]" 80 Punkte) geboten. Die von ihm ursprünglich nach Nr 74 EBM-Ä abgerechneten Leistungen seien deshalb nach Nr 75 EBM-Ä zu honorieren, weil er gegenüber den behandelnden Ärzten auf deren Wunsch eine Interpretation der Hormonanalyse iVm einer Therapieempfehlung abgegeben habe.

Die Beklagte wies die Widersprüche für beide Quartale zurück. Nach Nr 74 EBM-Ä sei der ärztliche Bericht über eine Patientenuntersuchung abrechenbar. Eine solche habe der Kläger nicht durchgeführt, sondern lediglich eine eingesandte Probe untersucht. Nach Nr 75 EBM-Ä seien nur Berichte abrechenbar, die nach ihrem Inhalt und ihrem Umfang über die in Nr 74 EBM-Ä angesprochenen ärztlichen Berichte hinausgingen. Sofern nicht sämtliche Merkmale der Nr 75 EBM-Ä erfüllt seien, sei eine Mitteilung über das Ergebnis einer durchgeführten Laboranalyse selbst dann nicht abrechenbar, wenn diese auch Therapieempfehlungen enthalte.

Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Die Abrechenbarkeit der Nr 74 EBM-Ä scheitere daran, daß der Kläger keine Patientenuntersuchung vorgenommen habe. Nach Nr 75 EBM-Ä seien nur Berichte abrechenbar, die ihrem Inhalt und Umfang nach über den Rahmen der Nr 74 EBM-Ä hinausgingen. Für die in Nr 75 EBM-Ä geforderte Wiedergabe von Anamnese und Befunden seien zudem eigene Untersuchungen erforderlich (Urteil vom 29. April 1998).

Auch im Berufungsrechtszug ist der Kläger erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, die Berichte des Klägers an die Ärzte, die ihm das Blut bzw Serum der von ihnen behandelten Patienten zur Hormonanalyse eingesandt hätten, erfüllten nicht den Leistungsinhalt der Nr 75 EBM-Ä. Ein Bericht, der mangels Patientenuntersuchung schon nicht der Leistungslegende der Nr 74 EBM-Ä entspreche, könne erst recht nicht nach der doppelt so hoch bewerteten Nr 75 EBM-Ä berechnungsfähig sein. Da Nr 74 EBM-Ä eine Patientenuntersuchung erfordere, könne auch die Leistung nach Nr 75 EBM-Ä ohne eine solche Untersuchung nicht abgerechnet werden. Der Umstand, daß der Kläger durch den behandelnden Arzt zumindest teilweise über die Gesundheitsstörung der jeweiligen Patientin informiert sei, stehe der in Nr 75 EBM-Ä vorausgesetzten Erhebung der Anamnese durch den diese Leistung abrechnenden Arzt nicht gleich. Ein Arzt, der nicht selbst die Vorgeschichte eines Patienten im Rahmen einer Begegnung mit diesem erhoben habe und darüber einem anderen Arzt berichte, könne die Leistung nach Nr 75 EBM-Ä nicht abrechnen (Urteil vom 16. Juni 1999).

Mit seiner vom Landessozialgericht (LSG) zugelassenen Revision rügt der Kläger eine fehlerhafte Anwendung der Nr 75 EBM-Ä. Dieser Position komme eine Auffangfunktion für ärztliche Berichtsleistungen zu, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden habe. Im übrigen habe das LSG das Tatbestandsmerkmal "Anamnese" iSd Nr 75 EBM-Ä verkannt. Auch die Informationen, die die überweisenden Ärzte ihm - dem Kläger - zugänglich machten, seien als "Fremdanamnese" zu verstehen. Das, was er auf diesem Weg über die Patienten erfahre, deren Körpermaterial er untersuche, reiche für die endokrinologische Zusatzauswertung, um die es im Rahmen seiner Behandlung allein gehe, vollständig aus. Im übrigen sei die Abrechnung eines Berichts nach Nr 75 EBM-Ä nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach Nr 74 EBM-Ä einfache Befundberichte nicht abgerechnet werden könnten. Ärztliche Berichte seien dann keine bloßen Befundberichte, wenn sie sich nicht auf die Wiedergabe der erhobenen Befunde und eine kritische Stellungnahme zur Diagnose beschränkten, sondern darüber hinaus noch weitere Angaben enthielten, insbesondere solche über therapeutische Maßnahmen desjenigen Arztes, der den Bericht erstattet habe, und/oder Therapievorschläge an den Arzt, für den der Bericht bestimmt sei. Diesen Anforderungen genügten die Mitteilungen, die er für die einsendenden Ärzte auf deren ausdrücklichen Wunsch verfaßt habe. Auch das vom LSG nicht näher untersuchte Tatbestandsmerkmal einer "epikritischen Bewertung" im Sinne der Nr 75 EBM-Ä sei erfüllt. Es sei ausreichend, wenn ein ärztlicher Bericht die für die Weiterbehandlung durch den einsendenden Arzt notwendigen Informationen enthalte; eine umfassende Therapieempfehlung sei nicht Voraussetzung für die Berechnungsfähigkeit der Nr 75 EBM-Ä.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 1999 und des Sozialgerichts Frankfurt vom 29. April 1998 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. Mai 1995 und 5. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die gestrichenen (beanstandeten) Leistungen nach Nr 74 BMÄ/E-GO nach Nr 75 BMÄ/E-GO zu honorieren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage gegen die Berichtigungsbescheide mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Stellungnahmen, die der Kläger den Ergebnissen der Hormonanalysen für die behandelnden Ärzte beigefügt hat, sind weder nach Nr 74 EBM-Ä noch nach Nr 75 EBM-Ä berechnungsfähig.

Vergütungstatbestände sind, wie der Senat wiederholt ausgeführt hat (zuletzt Senatsurteile vom 26. Januar 2000 - B 6 KA 59/98 R und B 6 KA 13/99 R -, letzteres zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), entsprechend ihrem Wortlaut auszulegen und anzuwenden. Der Wortsinn ist maßgebend und kann nur in engen Grenzen durch eine systematische und/oder entstehungsgeschichtliche Interpretation ergänzt werden. Auslegungen und Analogien sind unzulässig. Diese Grundsätze und die damit einhergehende Einschränkung der gerichtlichen Überprüfbarkeit beruhen auf der vertraglichen Struktur der Vergütungsregelung und der Art ihres Zustandekommens. Bei diesen handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in Form von Normsetzungsverträgen (hierzu zuletzt BSGE 84, 247, 251 = SozR 3-2500 § 135 Nr 11 S 51 f; BSGE 83, 218, 219 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29). Die Bestimmungen des EBM-Ä, die die Vorgaben für die Gebührenordnung des Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) und der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) enthalten, werden durch den paritätisch mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen besetzten Bewertungsausschuß beschlossen und durch weitere Regelungen ergänzt, die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) vereinbart werden. Der vertragliche Charakter der Vergütungstatbestände soll gewährleisten, daß die unterschiedlichen Interessen der in der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und eine sachgerechte inhaltliche Beschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Grundsätzlich entscheiden die Vertragspartner bzw der Bewertungsausschuß, welche Leistungen mit welchen Punktbeträgen bewertet werden. Es liegt auch vorrangig in ihrer bzw seiner Zuständigkeit, unklare Regelungen der Gebührenordnung zu präzisieren und änderungsbedürftige zu korrigieren. Diesem System autonomer Festlegung der Leistungsbewertung entspricht die Anerkennung eines weiten Regelungsspielraums, der von den Gerichten zu respektieren ist. Diese können nur eingreifen, wenn die Vertragspartner bzw der Bewertungsausschuß den ihnen zustehenden Entscheidungsspielraum überschreiten, insbesondere ihn mißbräuchlich ausnutzen oder nur einer Arztgruppe die Vergütung für eine Leistung gewähren, die auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (BSGE 83, 218, 219 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29). Nach diesen Maßstäben sind die gegenüber dem Kläger vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen nicht zu beanstanden.

Die kommentierenden Empfehlungen des Klägers, die er den Berichten über die durchgeführten Hormonanalysen auf Wunsch der behandelnden Ärzte in den streitbefangenen Quartalen beigefügt hat, sind nicht nach Nr 74 EBM-Ä ("Kurzer ärztlicher Bericht über das Ergebnis einer Patientenuntersuchung") berechnungsfähig. Eine Patientenuntersuchung iS der Vorschrift ist eine klinische oder mit Hilfe von Apparaten (zB EKG, Röntgen) durchgeführte Untersuchung des Patienten. Die Analyse von Körpermaterial (zB Blut, Urin) mag zwar eine "Untersuchung" darstellen, ist aber keine "Patientenuntersuchung" iS dieses Tatbestandes der Gebührenordnung (vgl in diesem Sinne auch Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, E-GO und GOÄ, Kommentar zu Nr 74, S 9b-129). Die Leistung nach Nr 74 EBM-Ä ist nicht berechnungsfähig, weil anstelle des Patienten selbst ein von ihm stammendes Körpermaterial untersucht worden ist und nur darüber ein Bericht abgegeben wird. Der Begriff "Patientenuntersuchung" ist insoweit vom Begriff der "Probenuntersuchung" zu unterscheiden (Kölner Kommentar zum EBM, Kommentar zu Nr 74, S 232). Das ist zwischen den Beteiligten (inzwischen) auch nicht mehr umstritten.

Zu Recht hat es die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid abgelehnt, die Kommentierungen bzw Therapieempfehlungen des Klägers als "Brief ärztlichen Inhalts in Form einer individuellen schriftlichen Information des Arztes an einen anderen Arzt über den Gesundheits- bzw Krankheitszustand des Patienten" iS der Nr 75 EBM-Ä zu honorieren. Für den Ersatzkassenbereich ergibt sich der Ausschluß einer gesonderten Vergütung in diesem Fall bereits aus Abschnitt A II § 3 Abs 1 der Allgemeinen Bestimmungen zur E-GO. Die Vorschrift lautet: "Bei Aufträgen zur Durchführung nach Art und Umfang konkret definierter Leistungen ist die unkommentierte Mitteilung eines Befundes nicht gesondert berechnungsfähig. Ist über das Ergebnis einer Patientenuntersuchung inhaltlich ein über die Befundmitteilung hinausgehender ärztlicher Bericht, Brief ärztlichen Inhalts oder ein ausführlicher Arztbrief an den behandelnden Arzt notwendig, kann dieser nur nach Nr 74 berechnet werden. Die Mitteilung über das Ergebnis einer Probenuntersuchung ist nicht gesondert berechnungsfähig". Mit dieser Regelung ist mit verbindlicher Wirkung für den Ersatzkassenbereich festgelegt, daß Befundmitteilungen nicht gesondert berechnungsfähig sind, soweit nicht in den Gebührenpositionen Nr 71 ff EBM-Ä oder in den besonderen Vereinbarungen über das Ausfüllen von Vordrucken der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich eine gesonderte Honorierung vorgesehen ist (vgl zum Vorrang vertraglicher Regelungen BSG SozR 3-5540 § 36 Nr 1 sowie BSG SozR 3-2500 § 30 Nr 6 S 19, 21 für den zahnärztlichen Bereich).

Ob die Regelung des Abschnitts A II § 3 Abs 1 der Allgemeinen Bestimmungen zur E-GO sinngemäß auch außerhalb des Ersatzkassenbereichs gilt (in diesem Sinne wohl Kölner Kommentar, aaO, S 232) kann auf sich beruhen; denn auch nach Wortlaut der Leistungslegende der Nr 75 EBM-Ä sowie dem Verhältnis dieser Gebührenposition zur Nr 74 EBM-Ä ergibt sich keine gesonderte Abrechnungsmöglichkeit für die kommentierenden Hinweise und Therapieempfehlungen des Klägers im Zusammenhang mit den von ihm vorgenommenen Hormonanalysen. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß es dem Verhältnis der Leistungspositionen Nr 74 EBM-Ä und Nr 75 EBM-Ä widersprechen würde, einen ärztlichen Bericht, der wegen des Fehlens einer Patientenuntersuchung nicht einmal den Leistungsinhalt Nr 74 EBM-Ä erfüllt, nach der doppelt so hoch bewerteten Nr 75 EBM-Ä abrechnen zu können. Letztere setzt nach Wortlaut und systematischer Stellung eine sehr viel eingehendere Auseinandersetzung des Arztes mit den Resultaten der von ihm durchgeführten Untersuchung, den daraus abzuleitenden Befunden und den Konsequenzen für die weitere Behandlung des betroffenen Patienten voraus.

Vor allem steht der gesonderten Berechnungsfähigkeit der Therapieempfehlungen des Klägers nach Nr 75 EBM-Ä entgegen, daß er dem behandelnden Arzt keinen Bericht über den Gesundheits- bzw Krankheitszustand des Patienten gibt und geben kann. Es bedarf keiner Entscheidung, ob alle Merkmale in der Definition für den Begriff "Gesundheits- bzw Krankheitszustand des Patienten" iS der Nr 75 EBM-Ä, nämlich Anamnese, Befunde, epikritische Bewertung, ggf Therapieempfehlung, kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine Leistung nach Nr 75 EBM-Ä berechnungsfähig ist. Aus dem Tatbestandsmerkmal "Gesundheits- bzw Krankheitszustand" des Patienten ergibt sich jedenfalls zwingend, daß ein Bericht über das Ergebnis einer Untersuchung von Blut, Serum oder anderem Körpermaterial nach dieser Position nicht berechnungsfähig ist. Ein Arzt, der einen Patienten nie gesehen hat, sondern alle Kenntnisse über ihn den wenigen schriftlichen Hinweisen verdankt, die ihm der behandelnde Arzt im Zusammenhang mit der Anforderung einer Hormonanalyse zugesandt hat, kann nach Durchführung dieser Hormonanalyse keine ausreichenden Angaben über den Gesundheits- bzw Krankheitszustand des Patienten machen. Die Hinweise des Klägers, welche therapeutischen Konsequenzen sich aus den von ihm durchgeführten Hormonanalysen iVm den Diagnosen bzw Verdachtsdiagnosen seitens des behandelnden Arztes ergeben könnten, erfüllen die Leistungslegende nicht. Eine epikritische Bewertung, also eine abschließende wissenschaftliche Beurteilung des Krankheitsfalles (vgl Wezel/Liebold, aaO, Kommentar zu Nr 75 S 9b-131), ist ohne Kenntnis der gesamten gesundheitlichen Situation des Patienten sowie ohne Wissen darüber, welche therapeutischen Maßnahmen in der Vergangenheit mit welchen Folgen bzw welchen Nebenwirkungen bereits durchgeführt worden sind, nicht denkbar. Darüber weiß der Kläger, der nur das Blut bzw Serum des Patienten untersucht, nichts.

Aus dem vom Kläger in Bezug genommenen Urteil des Senats vom 7. Oktober 1976 (BSGE 42, 268, 272 ff = SozR 2200 § 368n Nr 9) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung hat der Senat dargelegt, daß die Leistungsposition Nr 15 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vom 18. März 1965, die im dort streitgegenständlichen Quartal II/1968 auch für die Abrechnung kassenärztlicher Leistungen maßgeblich war, eine "Auffangbestimmung" für solche schriftlichen Mitteilungen darstellt, die nicht schon von einer anderen, spezielleren Bestimmung erfaßt werden (BSGE, aaO, S 273 = SozR, aaO). Die Bestimmung lautete "Brief(e) ärztlichen Inhalts" und war mit 3 DM bewertet, wogegen die Nr 14 GOÄ ("Befundbericht mit kritischer Stellungnahme") mit 2 DM bewertet war. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, solche Mitteilungen könnten nicht (mehr) lediglich als Befundberichte angesehen werden, die sich nicht auf die Wiedergabe der erhobenen Befunde und eine kritische Stellungnahme zur Diagnose beschränkten, sondern darüber hinaus noch weitere Angaben enthielten, insbesondere Angaben über therapeutische Maßnahmen desjenigen Arztes, der den Bericht erstattet, und/oder Therapievorschläge an den Arzt, für den der Bericht bestimmt ist. Ob diese Rechtsprechung auf das Verhältnis der Gebührentatbestände Nrn 74 und 75 EBM-Ä übertragen werden kann, kann hier auf sich beruhen. In dem dem Senatsurteil vom 7. Oktober 1976 zugrunde liegenden Fall ging es um einen Orthopäden, dem von anderen Ärzten Patienten zugewiesen worden waren und der über das Ergebnis der von ihm durchgeführten Untersuchungen dem überweisenden Arzt berichtet hatte. Das LSG hatte dazu festgestellt, in diesen Berichten zeige der Arzt in der Regel einleitend die vom Patienten geschilderten Beschwerden auf, beschreibe dann den Befund sowie anschließend das Ergebnis der Röntgenuntersuchung, äußere sich weiterhin zur Diagnose und Therapie und gebe am Schluß meistens noch Empfehlungen für die weitere Behandlung ab. Davon findet sich nach den Feststellungen des LSG in den kommentierenden Empfehlungen des Klägers nichts, weil dieser die Patienten nicht gesehen und untersucht, sondern lediglich bestimmte Hormonwerte in den ihm übersandten Blut- bzw Serenproben bestimmt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Ende der Entscheidung

Zurück