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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 14.03.2001
Aktenzeichen: B 6 KA 36/00 R
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 81 Abs 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 14. März 2001

Az: B 6 KA 36/00 R

in dem Rechtsstreit

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Clemens und Dr. Kretschmer sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Bluttner und Dr. Merz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme wegen privater Honorarvereinbarungen mit Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Der Kläger ist seit 1992 als Chirurg zur kassen- bzw vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und betreibt eine "Chirurgische Clinic", in der er überwiegend ambulante Operationen (OPen) durchführt. Er legte GKV-Versicherten im Vorfeld der OPen Formulare vor, deren Überschrift "Antrag auf Übernahme besonderer Sachkosten" lautete. In den Formularen hieß es, daß neben den im Rahmen der Sprechstundenbedarfsregelung ihm erstatteten Medikamenten und Basiskosten zusätzliche Sach- und Personalkosten anfielen, die im Rahmen der normalen Vertragsarzttätigkeit nicht ausgeglichen würden, und zwar für Einmalabdeckungen, Wäsche, Sterilisation, Energie, Wartung, zusätzliches OP- und Anästhesiepersonal. Der Patient müsse wissen, ob sein Kostenträger die Kosten übernehme oder ob er sie selbst trage, um sich danach für die Durchführung der ambulanten OP in der Tagesklinik oder für einen anderen Leistungsbringer oder eine ambulante oder stationäre Behandlung im Krankenhaus zu entscheiden. Der Betrag für die zusätzlichen Kosten könne auf Anforderung spezifiziert werden. Er war in zwei Fällen handschriftlich mit 324 DM bzw 255 DM eingetragen. In dem weiteren Teil des Vordrucks befand sich eine Rubrik, in der die Krankenkasse (KK) ihre Bereitschaft zur Kostenübernahme erklären konnte.

Die Versicherten wandten sich an ihre KK - in dem einen Fall an die Barmer Ersatzkasse, in dem anderen an die Deutsche Angestellten-Krankenkasse -, die die Vorgänge jeweils dem Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) zuleiteten. Die vom VdAK informierte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) bat den Kläger um Stellungnahme und forderte ihn auf, bei GKV-Versicherten auf Zuzahlungen für ambulante OPen zu verzichten. Sie wies ihn darauf hin, daß bei vertragsärztlicher Behandlung eines Patienten sämtliche Leistungen über die KÄV abzurechnen seien. Der Einheitliche Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) sei verbindlich. Er enthalte - vor allem in seinen Abschnitten B VI und N - die Vorgaben für die Abrechnung ambulanter OPen. Der Arzt dürfe bei GKV-Patienten nicht privat abrechnen. Verstöße könnten disziplinarrechtlich geahndet werden.

Der Kläger beharrte indessen auf seiner Verfahrensweise. Daraufhin beantragte der Vorstand der beklagten KÄV, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten. Der Disziplinarausschuß der Beklagten erteilte ihm eine Verwarnung (Bescheid vom 13. Mai 1998). Zur Begründung führte er aus, es sei rechtswidrig, von GKV-Versicherten Zuzahlungen zu fordern. Für eine private Abrechnung bei ambulanten OPen könne weder angeführt werden, sie würden nicht vom Sicherstellungsauftrag umfaßt, noch, sie würden nach dem EBM-Ä insgesamt nicht kostendeckend vergütet. Der mit einer OP verbundene besondere Personal- und Sachaufwand werde durch die im EBM-Ä vorgesehenen Zuschläge abgegolten. Bei der disziplinarischen Bewertung der Pflichtverstöße des Klägers sei mildernd zu berücksichtigen, daß in anderen KÄV-Bezirken die Vergütung ambulanter OPen anders geregelt sei. Deshalb sei eine Verwarnung angemessen.

Der Kläger ist mit seiner dagegen erhobenen Klage und Berufung ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts vom 24. März 1999 und des Landessozialgerichts <LSG> vom 23. März 2000). Im Berufungsurteil ist zu den von ihm erhobenen formellen Rügen gegen den Disziplinarbescheid dargelegt, das anhängige staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren, das die Abrechnung von "Hotelleistungen" mit 120 DM je Nacht und die Frage doppelter Abrechnung von Leistungen - sowohl gegenüber der KÄV als auch gegenüber Versicherten - betreffe, habe weder den Erlaß des Disziplinarbescheides gehindert noch die Aussetzung des Disziplinarverfahrens erfordert. Unzutreffend sei auch seine Ansicht, daß ein Jurist dem Disziplinarausschuß vorsitzen müsse. Erfolglos sei ferner seine Rüge, die KÄV hätte zunächst den von ihm in mehreren Schreiben vorgebrachten Einwand, das ambulante Operieren werde nicht vom Sicherstellungsauftrag erfaßt, beantworten müssen. In der Sache sei der Disziplinarbescheid nicht zu beanstanden. Das ambulante Operieren gehöre entgegen seiner Ansicht zur ärztlichen Behandlung iS der Vorschriften des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V). Erbringe ein niedergelassener und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Chirurg solche Leistungen - wie das beim Kläger der Fall sei -, so sei er verpflichtet, sie auch den GKV-Versicherten zur Verfügung zu stellen und mit der KÄV abzurechnen. Leistungen, die er medizinisch für notwendig halte, dürfe er nicht von privaten Zuzahlungen abhängig machen. Nur in den Fällen des § 18 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw des § 21 Abs 1 Ärzte-/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä) - Nichtvorlage der Krankenversichertenkarte, Verlangen des Versicherten nach einer Behandlung auf eigene Kosten, von der vertragsärztlichen Versorgung nicht umfaßte Leistungen - dürfe er von GKV-Versicherten ein privates Honorar fordern bzw mit ihnen vereinbaren, in anderen Fällen indessen nicht. Eine nach seiner Ansicht nicht kostendeckende Vergütung stelle keine Rechtfertigung iS des § 13 Abs 6 BMV-Ä bzw § 13 Abs 4 EKV-Ä für die Ablehnung einer Behandlung dar. Rechtswidrige Ablehnungen vertragsärztlicher Behandlungen und Forderungen von Zuzahlungen könnten disziplinarrechtlich geahndet werden. Der Disziplinarausschuß habe bei der Wahl der Disziplinarmaßnahme ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Ermessen, dessen Ausübung hier nicht zu beanstanden sei.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Unvereinbarkeit des Berufungsurteils mit § 81 Abs 5 SGB V. Dem Disziplinarausschuß müsse ein Jurist vorsitzen, der bei Stimmengleichheit den Ausschlag gebe. Die Beklagte bzw der Ausschuß hätte vor der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme klären müssen, ob bzw inwieweit ambulantes Operieren vom Sicherstellungsauftrag umfaßt werde. Der pauschale Hinweis, ambulante OPen gehörten unzweifelhaft zum Sicherstellungsauftrag, zumal sie nach dem EBM-Ä abrechenbar seien, habe zur Klärung nicht ausgereicht. Der Katalog des EBM-Ä und der Umfang des Sicherstellungsauftrages seien nicht identisch; andernfalls könnte dieser fortlaufend ohne gleichzeitige Erhöhung der Gesamtvergütung erweitert werden. Nur die Veranlassung ambulanter operativer Leistungen, nicht aber deren Durchführung falle in den Sicherstellungsauftrag, jedenfalls soweit es sich nicht um kleine operative Eingriffe handele, die schon immer in den Praxen niedergelassener Ärzte durchgeführt worden seien. Der Sicherstellungsauftrag erstrecke sich nicht auf OPen, die überwiegend noch stationär durchgeführt würden, auch wenn sie seit 10 bis 15 Jahren aufgrund des medizinischen Fortschritts - insbesondere in der Endoskopie und Mikrochirurgie und in den Narkoseverfahren - ambulant durchgeführt werden könnten und gelegentlich würden. So fielen zB ambulante Brustkrebs-OPen, laparoskopische Cholecystectomien, OPen der Leistenhernien, transuritale Prostataresektionen und große Blasentumor-Resektionen wohl unbestritten nicht in den Sicherstellungsauftrag der KÄV. Das gelte überhaupt für alle OPen, die die Zuschlag-Nr 82 ff EBM-Ä auslösten. Diese seien nämlich lediglich im Hinblick auf die Belegärzte in den EBM-Ä aufgenommen worden. Es handele sich insoweit um stationäre, aber über die KÄV abzurechnende Leistungen. An die ambulante Durchführung großer, komplizierter OPen sei bei der Konzipierung der EBM-Ä-Tatbestände nicht gedacht worden, die dementsprechend nicht zum Kernbereich ambulanter Behandlungen gehörten. Daher müsse der Arzt sie auch nicht vorhalten und anbieten. Auch das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 21. Oktober 1998, ArztR 1999, 98 = MDR 1999, 238) habe keine deutlichen Vorgaben für die Abgrenzung der Leistungen des Kernbereichs eines Fachgebiets vom Randbereich gegeben. Dies könne nur der Gesetzgeber leisten. Im übrigen sei hervorzuheben, daß Gegenstand des Disziplinarverfahrens nicht gewesen sei, ob die Privatabrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte als solche korrekt sei. Die Frage sei lediglich gewesen, ob er in den zwei Fällen die Frage einer weitergehenden Kostenübernahme an die KK habe richten dürfen, wie er dies mittels der den Versicherten ausgehändigten Formularvordrucke getan habe. Diese Anfragen stünden im Zusammenhang damit, daß er auf Vorschlag einer KK Gespräche über die Frage zusätzlicher Pauschalzahlungen für nicht durch den EBM-Ä abgegoltene Sachkosten bei ambulanten OPen geführt habe, nachdem entsprechende Verhandlungen der Beklagten mit den KKn keinen Erfolg gehabt hätten. Eine Vereinbarung über private Honorierungen habe er mit den Versicherten nicht getroffen. Schließlich seien dem LSG Aufklärungsmängel vorzuwerfen. Es hätte klären müssen, ob die hier in Frage stehenden operativen Maßnahmen zu denen gehörten, die traditionell stationär durchgeführt und daher weder vom Sicherstellungsauftrag noch vom EBM-Ä-Katalog für ambulante OPen umfaßt würden, und ferner, ob nicht die Versicherten vor Behandlungsbeginn private Behandlungen verlangt hätten. Bei den großen OPen, die dem Sicherstellungsauftrag nicht zugeordnet werden dürften, sei ein Verbot, sie als Privatbehandlungen anzubieten, mit Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar und unzulässig.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2000 und des Sozialgerichts Mainz vom 24. März 1999 sowie den Bescheid des Disziplinarausschusses der Beklagten vom 13. Mai 1998 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG und den Disziplinarbescheid für rechtmäßig.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht den Disziplinarbescheid als rechtmäßig angesehen, mit dem der Disiziplinarausschuß gegenüber dem Kläger eine Verwarnung wegen der Forderung von Zuzahlungen bei ambulanten OPen ausgesprochen hat.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Disziplinarausschusses der Beklagten ist § 11 Abs 1 ihrer Satzung (KÄV-Satzung), der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 81 Abs 5 SGB V (hier anzuwenden idF des Gesundheitsstrukturgesetzes <GSG> vom 21. Dezember 1992 <BGBl I 2266>) beruht. Nach § 81 Abs 5 Satz 1 SGB V müssen die Satzungen der KÄVen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Der Umfang dieser Befugnisse ergibt sich aus § 81 Abs 5 Satz 2 SGB V. Disziplinarmaßnahmen in diesem Sinne sind nach der Aufzählung des § 81 Abs 5 Satz 2 und 3 SGB V je nach der Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße bis 20.000 DM oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß diese gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen ausreichen (vgl zuletzt BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 6 S 22) und hält daran ungeachtet nunmehr teilweise geäußerter Bedenken (vgl Weimar, ZfS 2000, 257 ff), die bereits die zwischenzeitlich erfolgte Rechtsprechungsentwicklung nicht berücksichtigen, fest.

Der auf diese Regelungen gestützte Beschluß des Disziplinarausschusses ist rechtmäßig. Weder die vom Kläger gegen die Regelung des § 11 KÄV-Satzung noch die sonstigen gegen den Disziplinarbescheid erhobenen Einwände greifen durch.

Der Kläger macht in formeller Hinsicht geltend, ein Jurist hätte dem Disziplinarausschuß vorsitzen müssen und § 11 KÄV-Satzung müsse das vorsehen. Dem ist nicht zu folgen. Ein solches Erfordernis ergibt sich weder aus § 81 Abs 5 SGB V noch aus allgemein-rechtsstaatlichen Erwägungen. Es ist schon nicht notwendig, überhaupt einen Disziplinarausschuß zu bilden; als Disziplinarorgan könnte vielmehr auch der - regelmäßig nur aus Ärzten bestehende - Vorstand der KÄV vorgesehen werden (vgl Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 29. Oktober 1963, SozR Nr 3 zu § 368m RVO). Für den Fall der Errichtung eines gesonderten Disziplinarausschusses gibt es keine Verpflichtung, daß darin ein Jurist als Beisitzer mitwirken oder gar den Vorsitz führen müßte. Den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß - wie auch in Art 19 Abs 4 Satz 1 GG garantiert - die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes besteht. Dementsprechend ist im Urteil des BSG vom 29. Oktober 1963 lediglich ausgeführt, daß die Bildung gesonderter Disziplinarausschüsse und die Beteiligung eines Juristen aus guten Gründen naheliege (so sinngemäß BSG aaO). Dort ist aber nicht die Forderung aufgestellt worden, daß sie gebildet werden müssen und/oder ein Jurist mitwirken oder gar den Vorsitz führen müsse (dies wird ebenfalls nicht gefordert von zB Hess in Kasseler Kommentar, SGB V § 81 RdNr 25; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V -, § 81 RdNr 29; aA Weimar, ZfS 2000, 257, 261). Dementsprechend durfte sich die KÄV bzw ihre Vertreterversammlung mit der Regelung in § 11 Abs 3 KÄV-Satzung begnügen, wonach einer der drei Beisitzer ein Jurist mit der Befähigung zum Richteramt sein kann, aber nicht sein muß. Dem entsprach die Zusammensetzung des Disziplinarausschusses im vorliegenden Fall.

Entgegen der Auffassung des Klägers hätten auch weder die KÄV noch der Disziplinarausschuß seine Anfragen noch vor der Disziplinarverhandlung beantworten müssen. Ein Anspruch auf eine schriftliche Erörterung vor der Verhandlung läßt sich weder aus den Regelungen des Verwaltungsverfahrens noch aus Verfassungsrecht ableiten.

Der angefochtene Bescheid genügt auch den materiell-rechtlichen Anforderungen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine disziplinarische Reaktion auf das Verhalten des Klägers als Vertragsarzt liegen vor und rechtfertigen den Ausspruch einer Verwarnung.

Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten nicht bzw nicht ordnungsgemäß erfüllt iS von § 81 Abs 5 Satz 1 SGB V. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat er die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen von Zuzahlungen abhängig gemacht. Damit hat er schuldhaft die aus seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung folgenden Verpflichtungen verletzt, wie sich sowohl aus den Bestimmungen des SGB V als auch aus denen des BMV-Ä und des EKV-Ä ergibt. Diese Regelungen beruhen auf dem seit der Schaffung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahre 1883 im wesentlichen unverändert geltenden und für das System zentralen Sach- bzw Naturalleistungsprinzip (§ 2 SGB V) und der Funktion des insoweit der Leistungserbringung dienenden Kassenarztrechts. Das gesamte System ist, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung betont hat und vom Gesetzgeber des SGB V anerkannt wird, vom Naturalleistungsprinzip geprägt und getragen; dieses stellt insoweit ein "grundsätzliches Strukturprinzip" dar (so Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum Entwurf eines GSG, BT-Drucks 12/3608 S 76 zu § 13 SGB V; vgl auch zB BSGE 69, 170, 173 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 4 f mwN; zur Bedeutung ferner zB Schulin in ders <Hrsg>, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 3 RdNr 157 ff; § 6 RdNr 106 ff; Schmitt, ebenda, § 28 RdNr 1 ff, § 29 RdNr 2 ff; Noftz in Hauck, SGB V, K § 2 RdNr 78 ff und § 13 RdNr 16 ff; Engelmann, NZS 2000, 1, 5, jeweils mwN). Auch der einzelne Vertragsarzt hat bei der Umsetzung und Verwirklichung dieses Prinzips eine bestimmte, festgelegte Funktion.

Der Vertragsarzt übernimmt mit seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung die Pflicht, an ihr unter Beachtung der dafür geltenden Vorgaben teilzunehmen. Gemäß § 95 Abs 3 SGB V bewirkt die Zulassung, daß er Mitglied der für seinen Vertragsarztsitz zuständigen KÄV wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist (Satz 1 aaO), und daß die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung für ihn verbindlich sind (Satz 2 aaO). Der Inhalt der Teilnahmeverpflichtung wird vor allem durch § 73 Abs 2 SGB V konkretisiert, wonach die vertragsärztliche Versorgung ua die ärztliche Behandlung umfaßt, die wiederum mit einem entsprechenden umfassenden Leistungsanspruch des Versicherten korrespondiert (§ 11 iVm §§ 20 ff, 27 SGB V). Die ärztlichen Leistungen werden den Versicherten von den KKn zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs 1 iVm § 1 Satz 3 SGB V), und zwar grundsätzlich als Naturalleistungen (§ 2 Abs 2 Satz 1, § 13 Abs 1 SGB V). Da die KKn die Sach- und Dienstleistungen nicht selbst vorhalten, bedienen sie sich zu ihrer Erbringung dritter Personen und/oder Institutionen (Leistungserbringer). Über die Erbringung der Leistungen haben die KKn auf Grund der sog Leistungsverschaffungspflicht (vgl BSGE 69, 170, 173 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 4) Verträge mit den Leistungserbringern zu schließen (§ 2 Abs 2 Satz 2, §§ 69 ff SGB V). Nach der Konzeption des Gesetzes soll also - von besonders geregelten Ausnahmen abgesehen - den Versicherten der GKV die gesamte Krankenbehandlung als Sach- bzw Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden (BSGE 81, 54, 59 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 14 f; BSGE 81, 73, 77 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 51). Die leistungserbringenden Ärzte erhalten die Vergütung für ihre Tätigkeit - vermittelt über die KÄVen - von den KKn als Leistungsträgern der GKV (§ 12 Erstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB I>), die für diesen Zweck wiederum Beiträge von Versicherten, Arbeitgebern und sonstigen Beitragspflichtigen erheben (§ 3 iVm §§ 220 ff, §§ 226 ff, §§ 249 ff SGB V). Die Pflicht der Krankenkassen zur Leistungserbringung in Natur und die Einbindung der Leistungserbringer in diese Aufgabe ist nicht bloßer Selbstzweck, sondern hat zum einen den Schutz der Versicherten vor mangelnder ärztlicher Versorgung infolge der damit eintretenden finanziellen Belastungen des einzelnen zum Ziel (so bereits BSG SozR 2200 § 182 Nr 74 S 132); zum anderen dient das Naturalleistungsprinzip der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung mittels Einflußnahme auch der das System finanzierenden KKn auf die Ausgestaltung des Inhalts und insbesondere der Honorierung des Leistungsgeschehens (vgl zu diesem Aspekt besonders BSGE 53, 150, 155 = SozR 2200 § 222 Nr 1; BSGE 55, 188, 193 f = SozR 2200 § 257a Nr 10; BSGE 73, 271, 275 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 14; BSGE 81, 54, 59 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 14 f; BSG MedR 1998, 230, 232 f; Schulin, aaO, § 6 RdNr 114; Noftz, aaO, K § 13 RdNr 16 f, 20).

Das gesetzlich und gesamtvertraglich austarierte, als Ergebnis eines langen historischen Prozesses geschaffene kollektivrechtliche System zur Befriedigung der individuellen Leistungsansprüche der Versicherten bringt es mit sich, daß Vertragsärzte - von hier nicht einschlägigen Sonderregelungen abgesehen - der Pflicht zur Behandlung der GKV-Versicherten, die grundsätzlich freie Arztwahl genießen (§ 76 Abs 1 SGB V), unterliegen. Da die KKn die Leistungen, die den Versicherten zustehen, diesen in Form von Dienst- und Sachleistungen der Leistungserbringer zur Verfügung stellen, widersprechen Zahlungen der Versicherten an die Leistungserbringer (auch, soweit sie darauf verwiesen werden, sich diese wiederum von ihrer KK erstatten zu lassen) - außerhalb der im SGB V geregelten Ausnahmen - dem gesetzlich vorgegebenen Naturalleistungssystem. Den Versicherten sollen finanzielle Aufwendungen vielmehr grundsätzlich nur in Gestalt der Sozialversicherungsbeiträge entstehen. Machen daher Leistungserbringer Behandlungsmaßnahmen von (zusätzlichen) Zahlungen der einzelnen Versicherten abhängig, so verstoßen sie gegen ein zentrales Prinzip der GKV und handeln der von ihnen mit ihrer Zulassung gemäß § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V übernommenen Verpflichtung zuwider, die ärztlichen Leistungen gemäß den Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung zu erbringen (vgl bereits BSGE 72, 238, 240 f = SozR 3-2500 § 15 Nr 3 S 26 für den Fall eines im Delegationsverfahren tätigen Diplom-Psychologen). Ein Versicherter, der von seinem behandelnden Arzt vor die vermeintlich "freie Wahl" zwischen der Inanspruchnahme einer kostenfreien "Kassenleistung" und einer Leistung gegen Privatzahlung gestellt wird, besitzt letztlich keine echte Entscheidungsfreiheit. Er befindet sich vielmehr in einer Zwangssituation; denn lehnt er die von dem sachkundigen Arzt seines Vertrauens angebotene und empfohlene vermeintlich "bessere" privatärztliche Leistung ab, läuft er Gefahr, den weiteren Zugang zu diesem Arzt seines Vertrauens zu verlieren. Darüber hinaus wird er - wie beim Unterbreiten solcher Behandlungsalternativen einkalkuliert ist - bereits um seiner Gesundheit willen typischerweise auf die angebotene privatärztliche Behandlung nicht verzichten wollen. Schon eine derartige Offerte des Vertragsarztes trägt daher die Gefahr einer faktischen Diskriminierung von Versicherten der GKV in sich und ist geeignet, das Naturalleistungsprinzip auszuhöhlen bzw zu umgehen. Ausnahmen von dem grundsätzlichen Verbot von (zusätzlichen) Zahlungen der Versicherten sind im SGB V nur in wenigen Fällen vorgesehen, so etwa für Teilbereiche der zahnärztlichen Versorgung (§§ 29 f SGB V), beim Erhalt verordneter Arzneimittel (§ 31 Abs 3 SGB V) oder bei Heilmitteln wie Massagen, Bäder und Krankengymnastik (§ 32 Abs 2 SGB V). Eine entsprechende Regelung für den hier betroffenen Bereich der ambulanten OPen besteht dagegen nicht.

Die sich - wie dargestellt - schon aus der vertragsärztlichen Zulassung iVm dem Naturalleistungsprinzip (§ 95 Abs 3 iVm § 2 Abs 2, § 13 Abs 1 SGB V) ergebende Verpflichtung, die Versicherten grundsätzlich ohne gesonderte (Zu-)Zahlungen zu behandeln, ist zusätzlich in den Bundesmantelverträgen normiert. Nach § 13 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä und § 13 Abs 4 Satz 1 EKV-Ä darf der Vertragsarzt die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen. Nach § 18 Abs 3 BMV-Ä und § 21 Abs 3 EKV-Ä darf für vertragsärztliche Leistungen vom Versicherten zudem grundsätzlich keine Zuzahlung gefordert werden; anderes gilt entsprechend den Vorgaben des § 32 Abs 2 Satz 2 SGB V nur für Massagen, Bädern und Krankengymnastik, soweit der Arzt diese als Teil seiner ärztlichen Behandlung erbringt. Bei den Bestimmungen des BMV-Ä und des EKV-Ä handelt es sich um sog Normverträge, die allgemein und damit insbesondere auch für den Vertragsarzt verbindlich sind (allgemein zu Normverträgen zuletzt BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 24/00 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In ihnen werden gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 iVm § 72 Abs 2 und § 82 Abs 2 Satz 2 iVm § 83 Abs 1 SGB V durch Vereinbarungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) mit den Spitzenverbänden der KKn Vorgaben für die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemacht. Mißachtet ein Vertragsarzt deren Inhalt (zu deren Verbindlichkeit für ihn vgl auch § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V), so verletzt er damit seine vertragsärztlichen Pflichten.

Aus der Verpflichtung des Vertragsarztes, den Versicherten der GKV die Leistungen grundsätzlich zuzahlungsfrei zu gewähren, folgt in Verbindung mit der Beschränkung, die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen zu dürfen (§ 13 Abs 6 BMV-Ä und § 13 Abs 4 EKV-Ä), daß finanzielle Aspekte wie die vermeintlich unzureichende Honorierung einer Einzelleistung im Vertragsarztrecht den Arzt nicht berechtigen, einem Versicherten gesetzlich vorgesehene Leistungen nur außerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung zukommen zu lassen oder gänzlich zu verweigern. Darauf kann es schon deshalb nicht ankommen, weil die Frage der kostendeckenden Honorierung für den einzelnen Arzt von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, von denen einige von ihm selbst zu beeinflussen sind (zB die Kostenstruktur und der Standort seiner Praxis, die Qualität seines Dienstleistungsangebotes ua); daraus folgt, daß sich die Frage, ob für eine Leistung eine kostendeckende Vergütung zu erzielen ist, regelmäßig einer generellen Beantwortung entzieht, da es von individuell beeinflußbaren Faktoren abhängt, ob eine bestimmte Einzelleistung kostendeckend zu erbringen ist oder nicht. Dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung insgesamt liegt eine "Mischkalkulation" zugrunde. Dies bedeutet, daß es durchaus Leistungen geben kann, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen ist. Entscheidend ist nämlich, daß der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, daß das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare Einkommen Ärzten hinreichenden Anreiz bietet, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken (vgl zum ganzen zB BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 5; BSGE 75, 187, 189 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f; SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1 S 5 f; SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6; SozR 3-2500 § 85 Nr 30 S 228). Der einzelne Vertragsarzt ist nicht berechtigt, diese sich aus dem Gesamtsystem der vertragsärztlichen Versorgung einschließlich ihrer Finanzierungsweise ergebende Beschränkung durch gewillkürte Herauslösung einzelner Leistungen aus dem vertragsärztlichen Behandlungsangebot zu umgehen. Gründe für die Ablehnung einer Behandlung können sich allenfalls aus einer Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient oder einer besonderen, durch Verweisung der Patienten an andere Vertragsärzte kompensierbaren Überlastungssituation des Vertragsarztes ergeben. Wollte man ein darüber hinausgehendes Ablehnungsrecht aus finanziellen Gesichtspunkten anerkennen, würde dies dem Vertragsarzt ermöglichen, die Erfüllung seiner Behandlungspflichten von Erwägungen zur Höhe der Vergütung abhängig zu machen, was mit dem Verbot des Verlangens von durch die Versicherten zu leistenden Zahlungen gerade unterbunden werden soll (gegen Ablehnungsbefugnis zB auch Krieger, MedR 1999, 519, 522 f; aA Wimmer, NZS 2000, 588, 589 f; Schiller/Steinhilper, MedR 2001, 29, 31 f). Ein Arzt, der die Vergütung im vertragsärztlichen Bereich teilweise oder generell für unzureichend hält, mag auf seine Zulassung verzichten und seine Dienstleistungen allein privatärztlich anbieten. Damit verlöre er allerdings auch die Begünstigungen, die mit dem Status eines Vertragsarztes verbunden sind. Nur die vertragsärztliche Zulassung ermöglicht nämlich den Zugang zu dem heute ca 87 % der Bevölkerung ausmachenden Kreis der GKV-Versicherten (vgl BSGE 86, 223, 229 = SozR 3-2500 § 138 Nr 1 S 7) als potentiellen Patienten und gewährt sichere, insolvenzgeschützte und - auf der Basis der statistischen Veröffentlichungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV; vgl zB Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, 1999, Tabelle D 9) - auch auskömmliche Einnahmen von öffentlich-rechtlichen Institutionen als Schuldnern. Solange ein Arzt aber an seiner Zulassung als Vertragsarzt festhält, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß er auch die mit den Vorteilen der Einbindung in das Sondersystem korrespondierenden Verpflichtungen, vor allem die ihm obliegende Behandlungspflicht, in systemkonformer Weise zu erfüllen hat.

Der in diesem Zusammenhang bisweilen anzutreffende Einwand, aufgrund der seit 1993 durch das GSG eingeführten zahlreichen neuen Regelungen zur Ausgabenbegrenzung im Gesundheitswesen sei eine Neubewertung des Systems geboten, nach der es dem Vertragsarzt gestattet sein müsse, Behandlungen bei unzureichender Honorierung abzulehnen, ist unzutreffend. Ungeachtet dessen, daß nach den erwähnten statistischen Daten zu unterstellen ist, daß vertragsärztliche Tätigkeit insgesamt nach wie vor nicht unzureichend niedrig honoriert wird, haben die Neuregelungen das Naturalleistungssystem nicht in Frage gestellt. Der Vertragsarzt ist nach wie vor nicht berechtigt, Behandlungen aus finanziellen Gründen zu verweigern, weil eine Rechtsänderung im SGB V oder im begleitenden untergesetzlichen Recht insoweit nicht eingetreten ist. Sogar die Partner der Bundesmantelverträge, also auch die den Interessen der Vertragsärzte verpflichtete KÄBV, haben ausdrücklich daran festgehalten. Sie haben nämlich zB im Zusammenhang mit der Einführung der Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 bestimmt, daß das Überschreiten der Budgetgrenzen nicht zur privaten Abrechnung notwendiger GKV-Leistungen berechtigt (s DÄ 1997, A-403, 404 = C-314, 315 unter 2.).

Eine Befugnis des Vertragsarztes, nach Maßgabe der erzielbaren Einnahmen Behandlungen zu übernehmen oder abzulehnen, ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 17. September 1997 (BSGE 81, 86 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18). Die Aussage, der Arzt dürfe sich daran orientieren, ob die Leistungen unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten und der erzielbaren Einnahmen wirtschaftlich erbracht werden können (BSGE aaO S 93 = SozR aaO S 89), steht dort im Zusammenhang mit der in diesem Urteil entschiedenen Rückwirkungsproblematik. Mit dieser Passage ist lediglich dargelegt worden, daß die Ausgestaltung der EBM-Ä-Regelungen Bedeutung für die Dispositionen des Vertragsarztes hat, der - jedenfalls in gewissen Grenzen - daran das Leistungsangebot seiner Praxis ausrichten kann. Indessen hat der Senat nicht ausgesprochen, daß der Vertragsarzt aus wirtschaftlichen Erwägungen Behandlungen bei GKV-Versicherten ablehnen dürfte.

Das im System der GKV fundierte und sich aus dem SGB V ergebende Verbot, vom Versicherten (Zu-)Zahlungen zu verlangen (§ 95 Abs 3 iVm § 2 Abs 2, § 13 Abs 1 SGB V), das als Zuzahlungsverbot zusätzlich in § 18 Abs 3 BMV-Ä und § 21 Abs 3 EKV-Ä normiert ist, gilt für alle vertragsärztlichen Leistungen. Im Bereich ambulanter OPen besteht entgegen der Ansicht des Klägers keine Ausnahme. Denn das ambulante Operieren ist eine ärztliche Behandlung iS des § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und des § 73 Abs 2 Nr 1 SGB V. Die ambulanten OPen sind zunehmend, soweit nach dem Stand der medizinisch-technischen Entwicklung möglich, aus der stationären in die ambulante Versorgung verlagert worden. Nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V (bis 1992: Satz 1) soll die Behandlung nur in solchen Fällen stationär erfolgen, in denen das Behandlungsziel nicht durch ambulante Behandlung erreicht werden kann. Auch § 115 SGB V und der zum 1. Januar 1993 neu geschaffene § 115b SGB V zeigen das Ziel, den bisher traditionell-stationären und den ambulanten Bereich miteinander zu verklammern und Übergänge zwischen ihnen zu schaffen sowie Operationen zunehmend ambulant durchzuführen. Dieses Ziel kommt auch in den Vergütungsregelungen zum Ausdruck, insbesondere in § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V (in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung), der Zuschläge für Leistungen des ambulanten Operierens vorgesehen hat (siehe dazu BSG, Urteil vom 7. Februar 1996, BSGE 77, 279, 284 = SozR 3-2500 § 85 Nr 10 S 58; vgl auch BT-Drucks 12/3608 S 87 f zu § 85 Abs 3a). Der Katalog der OP-Tatbestände des EBM-Ä (insbes Nr 2100 bis 2755) und die OP-Vergütungszuschläge (Nr 80 ff EBM-Ä) sind dementsprechend überarbeitet worden (siehe Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 7. September 1993, DÄ 1993, C-1780 ff). Bei der Überführung der OPen in die vertragsärztliche ambulante Versorgung sind nicht etwa, wie der Kläger geltend macht, generell die größeren OPen, die überwiegend noch stationär durchgeführt werden, ausgenommen worden. Auch diese sollten im Gegenteil, soweit nach dem Stand der medizinisch-technischen Entwicklung möglich und soweit für sie im EBM-Ä ein Vergütungstatbestand vorhanden war oder geschaffen wurde, von der vertragsärztlichen Versorgung miterfaßt werden. Eine Einschränkung derart, daß sie nur im Hinblick auf die Belegärzte zum Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung gemacht worden seien, besteht nicht. Sie sind daher von den Vertragsärzten als vertragsärztliche Leistungen gemäß den Bedingungen des Vertragsarztrechts zu erbringen. Zu den OPen gehört auch der begleitend anfallende Sach- und Personalaufwand, für den der Kläger ausweislich des von ihm den Versicherten vorgelegten Formularvordrucks die Zuzahlungen verlangt hat. Durch die Punktbeträge, die sich aus den Beträgen für die ambulanten OPen gemäß Nr 2100 ff EBM-Ä zuzüglich der Zuschlagsbeträge gemäß Nr 80 ff, 188, 198 EBM-Ä ergeben, wird der mit der OP verbundene besondere personelle und sachliche Aufwand mit abgegolten, wie in der Präambel zu Abschnitt B VI EBM-Ä ausdrücklich bestimmt ist.

Ebensowenig greift der Einwand des Klägers durch, die vertragsärztliche Versorgung umfasse nur die Veranlassung ambulanter OPen, nicht aber deren Durchführung. Damit verkennt er den Inhalt der Regelungen des § 2 Abs 1 Nr 6 BMV-Ä / EKV-Ä und deren systematisches Verhältnis zu den Bestimmungen des § 2 Abs 1 Nr 1 BMV-Ä / EKV-Ä. Nach diesen letzteren gehört die ärztliche Behandlung insgesamt zur vertragsärztlichen Versorgung. Dies schließt auch OPen ein, soweit ein Vertragsarzt sie ambulant durchführt. Der Tatbestand des § 2 Abs 1 Nr 6 BMV-Ä / EKV-Ä, der die Veranlassung ambulanter OPen betrifft, hat nur für solche Vertragsärzte Bedeutung, die diese nicht selbst erbringen bzw erbringen können und daher ihre Durchführung im Wege der Überweisung an einen anderen Vertragsarzt veranlassen müssen.

Nach diesen Maßstäben ist das disziplinarisch beanstandete Verhalten des Klägers ohne Einschränkung rechtswidrig gewesen. Entgegen dem Verbot, Zuzahlungen zu vertragsärztlichen Leistungen zu fordern (§ 18 Abs 3 BMV-Ä und § 21 Abs 3 EKV-Ä), machte er ambulante OPen bei GKV-Versicherten von Zuzahlungen abhängig. Der von ihm den Versicherten in zwei Fällen vorgelegte formularmäßige "Antrag auf Übernahme besonderer Sachkosten" kann nicht, wie er in späteren Schriftsätzen im Revisionsverfahren geltend gemacht hat, nur als Anfrage an die KK für eine weitergehende Kostenübernahme verstanden werden, die er durch die Versicherten lediglich habe überbringen lassen. Eine solche Deutung ist abwegig. Er hat sie auch erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist des § 164 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgebracht; die Ausführungen des Berufungsgerichts, daß die Forderung einer Zuzahlung vorliege, hat er nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen (vgl § 163 SGG). Aber auch unabhängig davon, ob eine Bindung an die berufungsgerichtlichen Feststellungen oder eine eigene Kompetenz des Revisionsgerichts zur Auslegung der vom Kläger ausgehändigten formularmäßigen Erklärung besteht (zur Auslegung von Erklärungen vgl BSG SozR 5070 § 10a Nr 3 S 6, BSGE 63, 167, 171 = SozR 5870 § 10 Nr 9 S 18; SozR 3-1300 § 50 Nr 10 S 24 und BSG USK 93 118 S 599; zur Auslegungsmethodik allgemein s auch Senatsurteile vom 3. März 1999 - B 6 KA 18/98 R -, MedR 1999, 479, 480 mwN, und vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 33/00 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), kann er mit seiner - neuen - Deutung nicht durchdringen. Dies ergibt sich schon aus dem im Formular verwendeten Wortlaut, auf den nach den allgemeinen Maßstäben der Auslegungsmethodik vorrangig abzustellen ist (vgl dazu Urteil vom 31. Januar 2001 aaO). Danach sollte der Versicherte die Zusatzvergütung, wenn er nicht deren Übernahme durch seine KK erreiche, selbst zahlen, sofern er die Durchführung der ambulanten OP in der vom Kläger betriebenen Tagesklinik wünsche. Darin liegt ersichtlich das Verlangen einer Zahlung zusätzlich zu der nach dem EBM-Ä abgerechneten Vergütung, mithin das unzulässige Verlangen einer Zuzahlung.

Die Pflichtverletzung war auch schuldhaft (zum Verschuldenserfordernis s BSG, Beschluß vom 8. Mai 1996 - 6 BKa 67/95 -). Der Kläger ist frühzeitig von der Beklagten auf die Fragwürdigkeit seines Verhaltens hingewiesen und aufgefordert worden, künftig auf Zuzahlungen der Versicherten zu verzichten (Schreiben der Beklagten vom 12. März 1997). Der Kläger hat indessen daran festgehalten, weiterhin Zuzahlungen verlangen zu wollen. Selbst wenn man berücksichtigt, daß das BSG erstmals mit dem vorliegenden Urteil ausdrücklich zum Verbot von Zuzahlungen bei GKV-Versicherten Stellung nimmt, so bestanden doch auch schon bisher erkennbar so erhebliche Zweifel an deren Zulässigkeit, daß ein pflichtbewußter Vertragsarzt sie nicht fordern durfte.

Der Disziplinarbescheid ist auch sonst nicht zu beanstanden. Die Auswahl der Disziplinarmaßnahme, der Ausspruch einer Verwarnung, ist weder unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft. Der Disziplinarausschuß hat bei der Auswahl der Disziplinarmaßnahme einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraum (vgl BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 6 S 26 mwN). Die Verwarnung stellt gemäß dem Katalog des § 81 Abs 5 Satz 2 SGB V die mildest mögliche Maßnahme dar. Gänzlich von einer Disziplinarmaßnahme abzusehen (vgl § 11 Abs 9 Satz 4 KÄV-Satzung), konnte bei einem solchen Fehlverhalten nicht in Betracht kommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Ende der Entscheidung

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