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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 10.12.2003
Aktenzeichen: B 6 KA 56/02 R
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 10. Dezember 2003

Az: B 6 KA 56/02 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Clemens sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Bert und den ehrenamtlichen Richter Dr. Bluttner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18. September 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Gründe:

I

Streitig ist die Berechtigung eines Vergütungsabschlags bei psychotherapeutischen Leistungen.

Der klagende Verein ist Träger des Saarländischen Instituts für Psychoanalyse und Psychotherapie, das seit dem 1. Januar 1999 als Ausbildungsstätte iS des § 6 Psychotherapeutengesetz (PsychThG) anerkannt und auf der Grundlage des § 117 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung ermächtigt ist. Öffentliche Fördermittel erhält weder der Verein noch das Institut.

Der Kläger hatte gegen die ursprünglichen Honorarbescheide der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) für die Quartale I/2000 bis I/2001 Widerspruch eingelegt und sich dagegen gewandt, dass die Beklagte von der Vergütung einen sog Investitionskostenabschlag von 10 % (§ 120 Abs 3 Satz 2 SGB V) abgezogen hatte. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten hatte diesen Widersprüchen im Mai 2001 stattgegeben, weil die für öffentlich geförderte Krankenhäuser geltende Abschlagsregelung nicht auf den Kläger anzuwenden sei.

Mit dem hier streitigen Bescheid vom 17. September 2001 änderte die Beklagte die ursprünglichen Honorarbescheide für die Quartale I/2000 bis I/2001 - teilweise in der Fassung der Widerspruchsbescheide - und kürzte die Vergütung um 20 %. Nach der Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V seien die üblichen Vergütungen für Leistungen in Polikliniken um diesen Abschlag für Forschung und Lehre zu kürzen. Sie stellte eine Überzahlung in Höhe von 86.558,96 DM fest, die sie mit laufenden Honoraransprüchen des Klägers verrechnete, und wies dessen Widerspruch zurück.

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Behandlungen in den Quartalen I/2000 bis I/2001 ohne 20 %igen Abschlag zu vergüten. Der Kläger falle nicht in den Anwendungsbereich des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V, da er einer poliklinischen Institutsambulanz nicht gleichgestellt sei (Urteil vom 18. September 2002).

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte, entgegen der Rechtsansicht des SG sei § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V auf den Kläger mit der Maßgabe anzuwenden, dass seine Vergütung um 20 % zu vermindern sei. Dies beruhe auf der Verweisung des § 117 Abs 2 Satz 3 SGB V. Die in § 117 Abs 2 SGB V den Ausbildungsstätten nach § 6 Abs 1 PsychThG zugewiesene Funktion entspreche derjenigen, die die Polikliniken im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung einnähmen. Sinn der Ermächtigung sei es, den entsprechenden Ausbildungsinstituten Patienten zum Zwecke der Lehre und Forschung bzw der Ausbildung zuzuweisen. Diese Verknüpfung werde durch die Formulierung des § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V deutlich, wonach Abs 1 entsprechend für die Ermächtigung poliklinischer Institutsambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten im Rahmen des zur Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs und an Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG gelte. Der Gesetzgeber habe ersichtlich nicht zwischen der Ausbildung an Psychologischen Universitätsinstituten oder an Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG unterschieden. Die Verweisung des § 117 Abs 2 Satz 3 SGB V auf § 120 SGB V, in dem die Vergütung der poliklinischen Einrichtungen geregelt sei, könne danach nur so verstanden werden, dass die Leistungen der Psychologischen Universitätsinstitute und diejenigen der Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG einheitlich zu behandeln seien. Das habe zur Folge, dass auch im Falle des Klägers ein Abschlag von 20 % vorzunehmen sei. Aus der Wendung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V, wonach der Poliklinikabschlag "zusätzlich" zu dem Abschlag von 10 % bei Leistungen in öffentlich geförderten Krankenhäusern vorzunehmen sei, ergebe sich nichts anderes.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18. September 2002 aufzuheben, soweit sie - die Beklagte - verpflichtet wurde, dem Kläger Honorar für die Quartale I/2000 bis I/2001 ohne 20 %igen Abschlag zu gewähren, und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen und auszusprechen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren erforderlich war.

Er ist der Auffassung, § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V finde auf ihn keine Anwendung. Im Übrigen sei die Beklagte nicht berechtigt, die bestandskräftig gewordenen Honorarbescheide durch die nunmehr angefochtenen Bescheide zu korrigieren.

II

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, das Honorar des Klägers für psychotherapeutische Leistungen in seiner Ambulanz auf der Grundlage des § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V um 20 % zu reduzieren.

Der Senat lässt offen, ob die angefochtenen Bescheide, mit denen bestandskräftig gewordene Honorarbescheide zu Lasten des Klägers korrigiert worden sind, schon aus verwaltungsverfahrensrechtlichen Gründen rechtswidrig sind (vgl zu Korrekturmöglichkeiten bei bestandskräftigen Honorarbescheiden grundlegend BSGE 89, 62 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 sowie zur Honorarberichtigung nach durchgeführtem Widerspruchsverfahren BSGE 89, 90 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3). Denn die Honorarbescheide sind jedenfalls aus einem anderen Grund rechtswidrig. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Honorarminderung. Ihre Auffassung, auch Ausbildungsstätten nach § 6 Abs 1 PsychThG, die nicht in der Trägerschaft von Hochschulen bzw Hochschulkliniken stehen, würden vom Vergütungsabschlag für Forschung und Lehre erfasst, trifft nicht zu.

Der Vergütungsanspruch des Klägers für die in seiner Ambulanz erbrachten psychotherapeutischen Behandlungsleistungen ergibt sich aus § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V (idF des Gesundheitsstrukturgesetzes <GSG> vom 21. Dezember 1992 - BGBl I 2266) iVm § 117 Abs 2 Satz 3 SGB V (idF des Art 2 Nr 14 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten <PsychThG>, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16. Juni 1998 <BGBl I S 1311>). Nach § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V ist der Zulassungsausschuss verpflichtet, die poliklinischen Institutsambulanzen der Hochschulen (Polikliniken) auf Verlangen ihrer Träger zur ambulanten ärztlichen Behandlung zu ermächtigen. Nach Abs 2 Satz 1 dieser Vorschrift wird unter bestimmten Voraussetzungen die entsprechende Geltung des Abs 1 aaO für die Ermächtigung ua von poliklinischen Institutsambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten und an Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG angeordnet. § 117 Abs 2 Satz 3 SGB V bestimmt schließlich, dass für die Vergütung § 120 SGB V entsprechend gilt.

Nach § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V sind ua die ambulanten ärztlichen Leistungen der Polikliniken und sonstiger ermächtigter ärztlich geleiteter Einrichtungen nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung zu vergüten. Diese Merkmale erfüllt der Kläger im streitbefangenen Zeitraum entsprechend. Er ist Träger einer Ausbildungsstätte, die nach § 6 Abs 1 PsychThG staatlich anerkannt ist. Nach dieser Vorschrift werden die Ausbildungen nach § 5 Abs 1 PsychThG an Hochschulen oder an anderen Einrichtungen vermittelt, die als Ausbildungsstätten für Psychotherapie oder als Ausbildungsstätten für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie staatlich anerkannt sind.

Weiterhin ist der Kläger zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten ermächtigt worden. Rechtsgrundlage der Ermächtigung ist § 117 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 SGB V gewesen. Allerdings zählt der Kläger bei streng wortlautbezogener Interpretation des Abs 2 Satz 1 aaO nicht zu dem Kreis der zu ermächtigenden Ausbildungseinrichtungen. § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V idF des Art 2 Nr 14 des Gesetzes vom 16. Juni 1998 bestimmt, dass "poliklinische Institutsambulanzen an ... Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG" ermächtigt werden müssen (näher dazu BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 S 4). Der Begriff der Poliklinik wird in § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V dahin legal definiert, dass damit die "poliklinischen Institutsambulanzen der Hochschulen" gemeint sind. Danach könnten nur Hochschulambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 Abs 1 PsychThG ermächtigt werden, also nur Ambulanzen von Ausbildungsstätten in der Trägerschaft von Hochschulen. Das war indessen vom Gesetzgeber nicht gewollt, wie sich aus der Gegenüberstellung von "Hochschulen" oder "anderen Einrichtungen" in § 6 Abs 1 PsychThG ergibt. Diese Vorschrift lässt mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die postgraduale Ausbildung von Psychotherapeuten sowohl an Hochschulen als auch an anderen Ausbildungsstätten, die nicht in der Trägerschaft von Hochschulen stehen, durchgeführt werden kann.

In der Begründung zum Gesetzentwurf der damaligen Regierungsfraktionen von CDU/CSU und F.D.P. zum PsychThG wird zu § 6 PsychThG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass derzeit die Zusatzausbildungen zu nichtärztlichen Psychotherapeuten überwiegend an Ausbildungseinrichtungen in privater Trägerschaft durchgeführt würden (BT-Drucks 13/8035 S 18). Daran sollte zunächst nichts geändert werden; es wird lediglich angesprochen, dass "vereinzelt" Aufbaustudiengänge an Hochschulen bestünden, die für Diplompsychologen eine Ausbildung in Psychotherapie anbieten. Es entsprach nicht der Absicht des Gesetzgebers, die Ermächtigung von Ausbildungsstätten nach § 6 Abs 1 PsychThG auf Einrichtungen in der Trägerschaft von Hochschulen zu begrenzen. Im Kern handelt es sich bei den staatlich anzuerkennenden "anderen Einrichtungen" iS des § 6 Abs 1 PsychThG um diejenigen Institute, denen nach dem bis Ende 1998 geltenden Rechtszustand die Ausbildung von Diplom-Psychologen und analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oblag. Diese Berufsgruppe durfte nach den im Primär- und im Ersatzkassenbereich geltenden Psychotherapie-Vereinbarungen (jeweils Anlage 1 zu den Bundesmantelverträgen, idF vom 10. Februar 1994) im Delegationsverfahren tätig werden, wenn sie ihre Zusatzausbildung an einem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anerkannten Ausbildungsinstitut absolviert hatten (§ 3 Abs 5 Satz 1 der Anlage 1 zum BMV-Ä, § 3 Abs 2 Satz 1 der Anlage 1 zum EKV-Ä). Die Anerkennung von Ausbildungsinstituten richtete sich nach den in den Anlagen 1, 2 oder 3 zu den Psychotherapie-Vereinbarungen bzw zu Anlage 1 zu den Psychotherapie-Vereinbarungen festgelegten Kriterien. Diese Ausbildungsinstitute standen nahezu ausnahmslos - wie das auch für den Kläger zutrifft - in privater Trägerschaft und hatten keinen institutionellen Bezug zu Hochschulen (vgl auch Begr zum Gesetzentwurf des PsychThG, BT-Drucks 13/8035 S 18).

Aus dem Verweis des § 117 Abs 2 Satz 1 auf § 6 PsychThG ergibt sich deshalb gerade, dass auch die Ambulanzen von nicht in der Trägerschaft von Hochschulen stehenden Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG in dem Umfang zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung ermächtigt werden sollten, in dem das für die Ausbildung erforderlich war. Ohne Ermächtigung hätten diese Einrichtungen ihre Ausbildungsverpflichtung nicht erfüllen können; denn die Ausbildung hat zum Inhalt, dass die Ausbildungskandidaten unter Anleitung der in § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V näher beschriebenen qualifizierten Personen eine qualifizierte Anleitung auch im therapeutischem Handeln erfahren.

Der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich sein Redaktionsversehen hinsichtlich der Fassung des Ermächtigungstatbestandes in § 117 Abs 2 SGB V korrigiert. § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V ist zum 1. Januar 2003 neu gefasst worden (Art 1 Nr 3a Buchst c Doppelbuchst a des Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser <Fallpauschalengesetz - FPG> vom 23. April 2002 <BGBl I 1412>). Die Vorschrift lautet nunmehr: "Absatz 1 gilt entsprechend für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten ... und der Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes" (die Änderung der §§ 117 und 120 SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung <GMG> vom 14. November 2003 <BGBl I 2190> zum 1. Januar 2004 hat nur redaktionellen Charakter). Im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für das FPG vom 11. September 2001 (BT-Drucks 14/6893) war die entsprechende Änderung des § 117 SGB V noch nicht enthalten. Sie ist in den Beratungen des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages eingefügt worden, wie sich aus der Beschlussempfehlung dieses Ausschusses vom 12. Dezember 2001 ergibt (BT-Drucks 14/7824 S 5). Die Änderung des § 117 SGB V ist im Bericht des Abgeordneten Dr. Faust als "Folgeänderung für die Ambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten sowie an Ausbildungsstätten nach § 6 des PsychThG" bezeichnet worden (BT-Drucks 14/7862 S 4). Damit ist klargestellt, dass die Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 Abs 1 des PsychThG unabhängig davon ermächtigt werden müssen, ob sie in der Trägerschaft einer Hochschule stehen und deshalb begrifflich als "poliklinische Institutsambulanzen" bzw als "Hochschulambulanzen" bezeichnet werden können. Nach dem durch das FPG auch wortlautmäßig festgeschriebenen, der Sache nach aber immer schon gesetzlich gewollten Norminhalt ist § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V daher Grundlage (auch) der Ermächtigung des Klägers gewesen.

Der Umstand, dass Ambulanzen von Ausbildungseinrichtungen nach § 6 Abs 1 PsychThG auch dann ermächtigt werden können bzw müssen, wenn sie nicht in der Trägerschaft von Hochschulen stehen und deshalb keine "poliklinische Institutsambulanz" bzw "Hochschulambulanz" iS des Gesetzes sind, wirkt sich auf den Vergütungsanspruch ihrer Träger aus. Hinsichtlich der Honorierung verweist § 117 Abs 2 Satz 3 SGB V pauschal auf § 120 SGB V idF des GSG, dessen entsprechende Geltung angeordnet ist. Dadurch sind sowohl die Grundlagen des Vergütungsanspruchs (§ 120 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 SGB V) als auch dessen Beschränkungen in § 120 Abs 3 Sätze 1 und 2 SGB V in Bezug genommen. Nach § 120 SGB V werden ua die im Krankenhaus erbrachten Leistungen der Polikliniken nach den für die Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung honoriert (aaO Abs 1). Bei öffentlich geförderten Krankenhäusern ist die Vergütung nach Abs 1 um einen Investitionskostenabschlag von 10 vH, bei den Polikliniken zusätzlich um einen Abschlag von 20 vH für Forschung und Lehre zu kürzen (aaO Abs 3 Satz 2). Diese Fassung des Gesetzes ist für den Vergütungsanspruch des Klägers in den streitbefangenen Quartalen maßgeblich. Seit dem 1. Januar 2003 werden die Leistungen ua der zum Zwecke von Forschung und Lehre ermächtigten Ausbildungseinrichtungen wie diejenigen der Hochschulambulanzen unmittelbar von den Krankenkassen und nicht mehr aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet (§ 120 Abs 2 und 3 SGB V idF des Art 1 Nr 4 Buchst b und c des FPG; dazu näher Manssen, GesR 2003, S 193/194).

Das SG hat zutreffend erkannt, dass die Abschlagsregelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung auf den Kläger nicht anzuwenden ist. Da dieser kein Krankenhausträger ist und auch keine öffentliche Förderung erhält (dazu näher Senatsurteil vom 13. März 2002, SozR 3-2500 § 120 Nr 12), greift § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung (aF) von vornherein nicht ein. Das hat die Beklagte durch die auf die Widersprüche des Klägers erfolgte Korrektur der ursprünglichen Honorarbescheide selbst zum Ausdruck gebracht. Da die Ambulanz des Klägers keine Poliklinik bzw Hochschulambulanz ist, weil sie nicht in der Trägerschaft einer Hochschule steht, scheidet auch eine unmittelbare Anwendung des § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 aF SGB V aus. Seine sinngemäße Anwendung, die wegen der Verweisung des § 117 Abs 2 Satz 3 SGB V ("entsprechend") nicht prinzipiell ausgeschlossen ist, hängt davon ab, ob die Abschlagsregelung des § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF im Hinblick auf Forschung und Lehre institutionell oder funktionell zu verstehen ist.

Bei einem institutionellen Verständnis der Bestimmung bezieht sich die Vergütungsminderung ausnahmslos auf alle Behandlungsleistungen, die von Personen und/oder Einrichtungen erbracht werden, die Teil einer Hochschule oder eines Hochschulklinikums sind oder in deren Diensten stehen, unabhängig davon, ob gerade die konkrete Behandlung den Zwecken von Forschung und Lehre zu dienen bestimmt oder geeignet ist. So verstanden, kann die Vorschrift die Vergütung der Leistungen des Klägers nicht erfassen, weil zwischen ihm und einer Hochschule bzw einem Hochschulklinikum weder institutionelle noch personelle Bezüge bestehen. Lediglich bei der von der Beklagten befürworteten funktionellen Betrachtungsweise könnte ein Vergütungsabschlag gerechtfertigt sein, soweit psychotherapeutische Behandlungen neben dem mit ihnen angestrebten Heilerfolg auch und zugleich Zwecken von Lehre und Forschung gedient haben. Zumindest der Gesichtspunkt der Lehre wäre auf die Leistungen in der Ambulanz des Klägers als einer Ausbildungsstätte iS des § 6 Abs 1 PsychThG prinzipiell anwendbar. Zutreffend ist indessen allein das institutionelle Verständnis des Vergütungsabschlags, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 13. Mai 1998 für zahnärztliche Notfallbehandlungen in einer Poliklinik entschieden hat (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 8 S 39). Daran ist auch für die Ausbildungsstätten nach § 6 Abs 1 PsychThG festzuhalten.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 13. Mai 1998 ausgeführt, der Vergütungsabschlag in § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V aF solle verhindern, dass die Krankenkassen mit den von den Bundesländern zu tragenden Kosten für Forschung und Lehre an den Hochschulen belastet werden. Die Vergütungsminderung für poliklinische Leistungen berücksichtigt angemessen, dass diese Behandlungen typischerweise den Zielen von Forschung und Lehre dienen, ohne dass jedoch der Forschungs- und Lehranteil in jedem einzelnen Behandlungsfall präzise bestimmt werden kann. Andererseits stellen alle poliklinischen Leistungen stets auch medizinisch notwendige ärztliche Behandlungen dar, die grundsätzlich aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung zu honorieren sind. Es war und ist generell unzulässig, in Polikliniken bzw Hochschulambulanzen zu Lasten der kassen- bzw vertragsärztlichen Gesamtvergütung oder der Krankenkassen Leistungen zu erbringen, die ausschließlich den Zwecken von Forschung und Lehre und nicht der ärztlichen Behandlung von konkret bei den Patienten vorhandenen Gesundheitsstörungen dienen. Ebenso ist es ausgeschlossen, hinsichtlich der poliklinischen Institutsleistungen einzelfall- oder fallgruppenbezogen zu unterstellen, dass Leistungen in bestimmten Behandlungsfällen konkret überhaupt keinen Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen, sodass der gesetzlich vorgesehene Vergütungsabschlag im Einzelfall nicht gerechtfertigt sei. Solange eine ärztliche Behandlung als poliklinische Leistung bzw als Leistung einer Hochschulambulanz zu beurteilen ist, ist auf das dafür von der KÄV geschuldete Honorar der Vergütungsabschlag des § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF vorzunehmen. Ausnahmen sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor. Solche sind im Hinblick auf die bewusst generalisierende und typisierende Regelung auch nicht geboten (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 8 S 43/44).

Dieser Vergütungsabschlag ist aber nur bei solchen Leistungen vorzunehmen, die von einer Institution in der Trägerschaft einer aus Haushaltsmitteln der Länder - bei den Bundeswehr-Hochschulen ggf des Bundes - finanzierten Hochschule erbracht werden. Institutionen, die nicht einer Hochschule oder Hochschulklinik zuzurechnen sind, werden von § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF von vornherein nicht erfasst. Eine erweiternde Auslegung auf alle Einrichtungen, in denen mit bestimmten ärztlichen bzw psychotherapeutischen Behandlungen zumindest auch die Zwecke von Lehre und/oder Ausbildung verfolgt werden, gäbe der Norm einen völlig anderen, vom Willen des Gesetzgebers nicht mehr gedeckten Inhalt. Mit ihr würde dann nicht mehr das Ziel verfolgt, eine finanzielle Doppelförderung von solchen Hochschulleistungen zu verhindern, die (auch) der Krankenbehandlung dienen. Stattdessen wäre Inhalt der Norm, dass die Behandlungsleistungen, die auch Lehre und Forschung dienen, niedriger als andere vertragsärztliche und vertragspsychotherapeutische Behandlungen vergütet werden sollen, bei denen Lehre, Ausbildung und/oder Forschung keine Rolle spielen. Eine solche generalisierende Absenkung des Vergütungsniveaus für alle Behandlungsleistungen, die auch der Lehre bzw Ausbildung dienen, hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht einführen wollen. Dafür spricht auch, dass ein entsprechender gesetzgeberischer Wille etwa auch seinen Niederschlag bei der Vergütung solcher vertragsärztlichen Leistungen hätte finden müssen, die von Weiterbildungs- und Ausbildungsassistenten iS des § 3 Abs 3, § 32 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte erbracht werden und rechtmäßig erbracht werden dürfen.

Die Rechtsanwendung ist an die gesetzlich gewollte Verbindung zwischen dem Vergütungsabschlag nach § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF und der institutionellen Förderung von Hochschuleinrichtungen aus Mitteln der Länder und ggf des Bundes als Grund und Grenze für den Anwendungsbereich des Vergütungsabschlags gebunden. Das gilt unabhängig davon, ob eine generelle Verminderung der Vergütung für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen, die auch den Zwecken von Lehre bzw Ausbildung dienen, sachgerecht begründet werden könnte. Danach schließt allein das Fehlen der institutionellen Verbindung des Klägers mit einer Hochschule bzw einer Hochschulklinik die entsprechende Anwendung des § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V aF auf seinen Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten in den streitbefangenen Quartalen aus.

Dieses Ergebnis findet schließlich seine Bestätigung in der in § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V aF enthaltenen Wendung, die Vergütungsminderung im Hinblick auf Forschung und Lehre sei "zusätzlich" zu derjenigen wegen öffentlicher Krankenhausförderung vorzunehmen. Alle Polikliniken bzw Hochschulambulanzen in der Bundesrepublik Deutschland, in denen ärztliche bzw psychotherapeutische Leistungen erbracht werden, erhalten öffentliche Fördermittel iS des § 120 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V aF (dazu näher für die Polikliniken BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 6 S 33 f sowie allgemein für die öffentliche Förderung BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 12). Deshalb ist der Gesetzeswortlaut hinsichtlich des Merkmals "zusätzlich" entgegen der Auffassung der Beklagten nicht unter systematischen Gesichtspunkten korrekturbedürftig. Bei dem gebotenen institutionellen Verständnis von Forschung und Lehre im Sinne einer Bindung an die Trägerschaft von Hochschulen bzw. Hochschulkliniken sind nämlich keine Fälle denkbar, in denen nur die Vergütungsminderung für Forschung und Lehre, nicht aber diejenige wegen öffentlicher Förderung vorzunehmen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 155 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Senat berücksichtigt, dass der Kläger zunächst seinerseits Revision eingelegt und unter dem Gesichtspunkt eines festen Punktwertes von 10 Pf eine höhere als ihm in den ursprünglichen Honorarbescheiden zugebilligte Vergütung begehrt hat. Er hat die Revision später zurückgenommen und muss deshalb die darauf entfallenden Kosten tragen (§ 155 Abs 2 VwGO). Der Senat geht davon aus, dass der Betrag, hinsichtlich dessen der Kläger durch die Rücknahme der Revision unterlegen ist, annähernd demjenigen entspricht, hinsichtlich dessen er in diesem Verfahren obsiegt hat. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 197a SGG iVm § 162 Abs 2 Satz 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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