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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 27.06.2001
Aktenzeichen: B 6 KA 66/00 R
Rechtsgebiete: SGB X, SGB V


Vorschriften:

SGB X § 20
SGB V § 106 Abs 3 Satz 1
SGB V § 106 Abs 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 27. Juni 2001

Az: B 6 KA 66/00 R

in dem Rechtsstreit

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Dr. Kretschmer sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Dawid und den ehrenamtlichen Richter Göbel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 1999 aufgehoben.

Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 1999 werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 2. haben den Klägern die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens je zur Hälfte zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses.

Im Dezember 1994 beantragten die Landesverbände der Primärkassen (Beigeladene zu 3. bis 6.) und die Verbände der Ersatzkassen (Kläger zu 1. und 2.) bei dem Prüfungsausschuß, die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arzneimitteln für das Quartal I/1994 ua bei dem Beigeladenen zu 1., einem seit 1993 in Berlin-Schöneberg niedergelassener Allgemeinmediziner, zu überprüfen. Entsprechende Prüfanträge wurden in der Folgezeit auch für die Quartale IV/1994 (im September 1995), I/1995 (im Dezember 1995) sowie IV/1995 (im August 1996) gestellt. Die Antragsschreiben der Krankenkassen enthielten keine Begründung und wurden dem Prüfungsausschuß zunächst ohne Behandlungsausweise und Verordnungsblätter übersandt. Begründungen und - teilweise - weitere Unterlagen wurden für das Quartal I/1994 im Januar 1996, für die Quartale IV/1994 und I/1995 im April 1996 sowie für das Quartal IV/1995 im November 1996 nachgereicht; zum Zeitpunkt seiner jeweiligen Entscheidung lagen dem Ausschuß in allen Fällen vollständige Unterlagen vor.

Der Prüfungsausschuß setzte zu Lasten des Beigeladenen zu 1. für die Quartale I/1994 sowie IV/1995 Schadensersatzpflichten wegen unwirtschaftlicher Arzneiverordnung in Höhe von 30% des den Fachgruppendurchschnitt übersteigenden Betrages (21.321,40 DM) bzw 53,73 DM pro Fall (= 40.351,23 DM bei 751 Fällen) fest (Beschlüsse vom 19. März 1996 und 24. Juli 1997). Für die Quartale IV/1994 und I/1995 lehnte der Ausschuß entsprechende Maßnahmen ab, da diese - trotz vorliegender außerordentlicher Unwirtschaftlichkeit - mit Rücksicht auf bereits zuvor für die Quartale I bis III/1994 festgesetzte Regresse die Existenz der Praxis des Beigeladenen zu 1. gefährden würden (Beschluß vom 12. Juni 1996).

Auf die Widersprüche des Beigeladenen zu 1. und der Krankenkassen änderte der beklagte Beschwerdeausschuß sämtliche Entscheidungen des Prüfungsausschusses und bemaß statt dessen den Schadensersatz für jedes der Quartale mit je 1.000,-- DM. Der Beigeladene zu 1. weise im Vergleich zum Durchschnitt der Fachgruppe zu beanstandende Überschreitungen von 200 %, 183 %, 211 % und 173 % auf; da die Prüfungen erstmals im März 1996 stattgefunden hätten, habe er sein Verordnungsverhalten aber nicht vor dem Quartal II/1996 umstellen können; die Überschreitungen in den Quartalen IV/1996 und I/1997 zeigten mit 131 % und 119 % eine leicht rückläufige Tendenz; der Schaden sei wegen geltend gemachter Praxisbesonderheiten geschätzt worden; weiterer Schadensersatz könne die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise derzeit nicht verbessern (Beschluß vom 2. Februar 1998).

Der dagegen erhobenen Klage der Ersatzkassenverbände hat das Sozialgericht (SG) stattgegeben und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet. Zwar sei das Prüfverfahren fehlerfrei durchgeführt worden, weil die zur Anwendung gelangte regionale Berliner Prüfvereinbarung (PV), die die Zulässigkeit von Prüfanträgen an die gleichzeitige Vorlage der Behandlungsausweise und Verordnungsblätter knüpfe, wegen Verstoßes gegen Bundesrecht unwirksam sei; die vom Beklagten gegebene Begründung sei jedoch in mehreren Punkten nicht nachvollziehbar, weil er keine Folgerungen daraus ziehe, daß der Beigeladene zu 1. bei Gesamthonorar und Arzneikosten Überschreitungen aufweise; widersprüchlich werde einerseits die unterbliebene Beratung des Beigeladenen zu 1. bedauert, andererseits in nicht nachvollziehbarer Höhe Schadensersatz festgesetzt; zu Unrecht halte der Beklagte dabei Schadensersatz für ungeeignet, um den Beigeladenen zu 1. zu wirtschaftlicher Verordnungsweise zu bewegen (Urteil vom 24. Februar 1999).

Auf die Berufungen des Beklagten und der zu 2. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) hin - die sich inhaltlich allein gegen die vom SG angenommene Fehlerfreiheit des Verwaltungsverfahrens gewandt haben - hat das Landessozialgericht (LSG) das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, da für die streitigen Quartale fristgerechte Prüfanträge fehlten. Anträge auf Prüfung der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten müßten begründet und mit den Behandlungsausweisen sowie den diesen zugeordneten Verordnungsblättern versehen werden (§ 9 Nr 1 PV). Fehlten dem Prüfungsausschuß Unterlagen einzelner Krankenkassen, seien Regreßmaßnahmen für diese Kassen nicht zu vollziehen (§ 9 Nr 8 PV). Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise könne nur innerhalb von neun Monaten nach Abschluß des zu prüfenden Quartals beantragt werden (§ 9 Nr 9 PV). Das Fehlen beizufügender Unterlagen habe materiell-rechtliche Bedeutung. Für das Quartal I/1994 hätten die Krankenkassen zB erst nach mehr als 21 Monaten Begründung und Unterlagen vorgelegt. Die Bestimmungen der PV über Form und Fristen der Prüfanträge stünden in Einklang mit dem Bundesrecht, da eine PV Einzelheiten zu den bei der Prüfung maßgeblichen Beweismethoden regeln dürfe. Hierzu gehörten auch Art und Umfang der in die Prüfung einzubeziehenden Leistungen sowie damit zusammenhängende Fragen des Nachweises der Unwirtschaftlichkeit, zB zur Darlegungs- und Nachweislast. Die Antragsfristen dienten als Ausschlußfristen der Verfahrensbeschleunigung und der Wahrung der Interessen der Vertragsärzte. Daß Antragsfristen für das Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren durch PVen festgelegt werden dürften, ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Würden nicht bearbeitungsfähige Anträge zur Wahrung der gesamtvertraglich mit den KÄVen vereinbarten Antragsfristen ausreichen, könnten die antragsbefugten Krankenkassen diese Fristen durch das Nachreichen von Unterlagen nach Belieben umgehen (Urteil vom 27. Oktober 1999).

Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen wenden sich die Kläger gegen dieses Urteil. Sie rügen die Verletzung des § 106 Abs 3 Satz 1 und Abs 5 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) alte Fassung (aF) sowie des § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die PV diene mit ihrer Pflicht zur Vorlage von antragsbegründenden Unterlagen nicht der beweisrechtlichen Vorbereitung der Entscheidungen der Prüfgremien. Denn die Gremien seien bereits aufgrund des Amtsermittlungsprinzips zur selbständigen Erforschung des Sachverhalts verpflichtet. Das Erfordernis, antragsbegründende Unterlagen vorzulegen, sei eine rein verwaltungsverfahrensrechtliche Regelung, die sich auf den Inhalt des Prüfantrages beziehe und deren Zulässigkeit sich nach den Vorgaben des SGB V und des SGB X richte. Die Beteiligten seien danach nicht verpflichtet, Prüfanträge zu begründen und zu untermauern. § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V aF ermächtige nicht dazu, über die bloße Antragstellung hinausgehende inhaltliche Elemente (zB eine spezifizierte Begründung) zu vereinbaren. Es gehöre auch in antragsabhängigen Verfahren zur Amtsermittlung, daß die zuständige Behörde notwendige Urkunden und Akten selbst beiziehe. Die in § 21 Abs 2 SGB X angeordnete Mitwirkungspflicht der Beteiligten müsse dagegen im Einzelfall ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sein. Mangels entsprechender Anordnung in § 106 SGB V könne die Mitwirkung im Verwaltungsverfahren in der Regel nicht erzwungen werden. Das BSG habe zudem bereits 1987 in einem vergleichbaren Fall einem Arzt versagt, sich darauf zu berufen, daß nach § 17 Nr 3 Satz 1 Ärzte-/Ersatzkassen-Vertrag (EKV-Ä) aF dem Antrag beizufügende "entsprechende Vermerke" nicht bzw nicht fristgemäß vorgelegt worden seien. Der Senat habe seinerzeit den fristgerecht gestellten Antrag für die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung für ausreichend erachtet; gehe die Begründung beim Prüfungsausschuß später oder überhaupt nicht ein, sei er an einer materiellen Entscheidung nicht gehindert. Die Interessen des Vertragsarztes würden durch eine erst nach Ablauf der Antragsfrist eingehende Begründung nicht nachhaltig beeinträchtigt. Dessen Mitwirkungspflicht bestehe unabhängig davon, ob ein mit Begründung versehener Prüfantrag vorliege. Der Arzt sei durch die Antragsfrist hinreichend geschützt, weil er nach deren Ablauf wisse, ob mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu rechnen sei, und sich sowieso erst im Verlauf des Verfahrens inhaltlich mit Fragen zu seiner Behandlungs- und Verordnungsweise auseinandersetzen könne. Auch isoliert betrachtet lasse § 106 Abs 3 Satz 1 und Abs 5 Satz 1 aF SGB V nicht zu, das Antragsrecht einzuschränken. Sein Abs 3 Satz 1 SGB V gebe nach seiner systematischen Stellung die allgemeinen Regelungen vor und erlaube die Ausgestaltung des Prüfverfahrens durch Vereinbarungen; Abs 5 Satz 1 aaO aF regele sodann als spezielle Norm die Antragstellung als besonderes Element des Prüfverfahrens, ohne ein Begründungserfordernis dafür aufzustellen, was zeige, daß die Begründung nachgeholt werden könne. Die Prüfgremien könnten zudem jederzeit eigenständig Unterlagen anfordern und seien bei ihrer Sachbearbeitung nicht auf eine Antragsbegründung angewiesen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 1999 aufzuheben und die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 1999 zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 1999 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 2. beantragen,

die Revisionen zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2. hält das Berufungsurteil für zutreffend. Daß § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V aF keine Regelungen über Form und Frist von Prüfanträgen enthalte, schließe die Befugnis der Vertragspartner der PVen zu entsprechenden Festlegungen nicht aus, zumal § 106 Abs 3 Satz 1 SGB V dazu ausdrücklich ermächtige. Dem stehe nicht entgegen, daß das BSG das Tatbestandsmerkmal "Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit" eng iS von "Beweismethoden zur Festlegung von Unwirtschaftlichkeit" ausgelegt habe. Hierunter fielen auch damit notwendig zusammenhängende Verfahrensfragen, zB Darlegungs- und Beibringungspflichten. Eine andere Auslegung widerspräche dem Willen des Gesetzgebers und ließe § 106 Abs 3 Satz 2 SGB V aF leerlaufen. Es sei eine Besonderheit des Prüfverfahrens, daß ausschließlich die antragsbefugten Krankenkassen und ihre Verbände die für die Prüfung unverzichtbaren Beweisurkunden (Behandlungsausweise und Verordnungsblätter) vorlegen könnten, ohne die ein Prüfantrag nicht bearbeitungsfähig sei. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, daß die Krankenkassen Prüfungen verzögern könnten und häufig Sitzungen der Prüfgremien vertagt werden müßten, was im Rahmen quartalsbezogener Wirtschaftlichkeitsprüfungen weder praktikabel noch akzeptabel sei. Der betroffene Vertragsarzt könne zudem allein aufgrund eines formlosen Antrages Art und Umfang der Unwirtschaftlichkeit seiner Verordnungsweise nicht erkennen und sein Verordnungsverhalten nicht alsbald darauf ausrichten. § 9 Nr 8 und Nr 9 PV stellten insoweit ein Äquivalent zur Mitwirkungspflicht des Vertragsarztes dar.

Die weiteren Beteiligten äußern sich im Revisionsverfahren nicht.

II

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind begründet.

Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des SGs sind zurückzuweisen. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die zur Anwendung gelangte PV der Festsetzung eines Arzneimittelregresses gegen den Beigeladenen zu 1. entgegenstehe. Die auf landesrechtlicher Ebene von den Gesamtvertragsparteien geschlossene PV ist - soweit sie vorliegend entscheidungserheblich ist - mit dem SGB V und dem SGB X teilweise nicht vereinbar.

Gemäß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes <GSG> vom 21. Dezember 1992 <BGBl I 2266>) wird die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung ua durch arztbezogene Prüfung der ärztlich verordneten Leistungen nach Durchschnittswerten geprüft. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen stellt die statistische Prüfung in Gestalt eines Vergleichs der Abrechnungswerte des betroffenen Arztes mit denjenigen seiner Fachgruppe im selben Quartal die Regelprüfmethode dar (dazu zB BSGE 84, 85, 86 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47 S 250; zuletzt BSG, Urteile vom 6. September 2000 - B 6 KA 45/99 R - sowie - B 6 KA 46/99 R - = SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 272). Ergibt diese Prüfung, daß die Verordnungskosten des Arztes je Fall die durchschnittlichen entsprechenden Kosten seiner Fachkollegen in einem Ausmaß überschreiten, bei dem sich der Mehraufwand nicht durch Unterschiede in Praxisstruktur und Behandlungsnotwendigkeiten erklären läßt, so hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit und kann gemäß § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V zu Ersatzforderungen gegen den Vertragsarzt führen (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 27 S 152 f, 154). Dabei sollen gemäß § 106 Abs 5 Satz 2 SGB V gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen gegen den betroffenen Vertragsarzt in der Regel vorangehen. Zur Entscheidung berufen ist insoweit auf Antrag der Krankenkasse, ihres Verbandes oder der KÄV der Prüfungsausschuß (§ 105 Abs 5 Satz 1 SGB V) bzw - auf Widerspruch hin - der Beschwerdeausschuß (§ 105 Abs 5 Satz 4 SGB V). Der Gesetzgeber hat das hier noch einschlägige Antragsverfahren erst vom 1. Januar 2000 an mit dem "Gesetz zur Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000" vom 22. Dezember 1999 (GKV-GRG 2000, <BGBl I 2626>) durch ein von Amts wegen durchzuführendes Prüfverfahren ersetzt.

Gemäß § 106 Abs 3 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 3 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung <seither Abs 2 Satz 4 idF des GKV-GRG 2000>) vereinbaren die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit den KÄVen "die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Abs 2" gemeinsam und einheitlich. Die genannten Vertragspartner bilden nach Abs 4 Satz 1 aaO bei den KÄVen gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse. Die Vertragspartner haben nach Abs 3 Satz 2 aaO (in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung) mit der Entscheidung über die Einzelheiten der Prüfungen Art und Umfang der Leistungen, die in die Prüfungen einbezogen werden, zu beschränken, wenn das Ziel der Prüfung auch auf diese Weise erreicht werden kann. Diese Regelung ist unter Hinweis darauf, daß sie wegen ihrer Unbestimmtheit zu Rechtsunsicherheit geführt habe (so Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 14/1245, S 81 zu § 106 Abs 4), mW vom 1. Januar 2000 gestrichen worden (Art 1 Nr 44 Buchst d, bb des GKV-GRG 2000).

Die gesetzliche Ermächtigung zur Regelung des Verfahrens zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit in § 106 Abs 3 Satz 1 SGB V haben die zu 2. beigeladene KÄV einerseits und die Primär- und Ersatzkassen (Beigeladene zu 3. bis 6. sowie Kläger zu 1. und 2.) andererseits im hier betroffenen KÄV-Bezirk mit der "Vereinbarung über das Verfahren zur Überwachung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit" vom 10. Januar 1994 ausgefüllt, die für die Abrechnungsquartale ab dem Quartal IV/1993 Anwendung findet (§ 19 Abs 1 PV). In der PV ist nach den Feststellungen des LSG ua geregelt, daß eine wirksame Antragstellung grundsätzlich die Beifügung einer Begründung sowie die Vorlage von Behandlungsausweisen und Verordnungsblättern innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des zu prüfenden Verordnungsquartals voraussetzt. Der Senat ist an diese Feststellungen gebunden, weil es hier um eine landesrechtliche PV geht, deren Geltungsbereich sich ersichtlich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (§ 162 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Selbst wenn in Bezirken anderer LSGe ähnliche Regelungen existieren sollten, ist weder mit der Revision geltend gemacht und konkret dargelegt worden noch sonst für den Senat ersichtlich, daß in den anderen LSG-Bezirken bewußt und gewollt um der Rechtseinheit willen inhaltlich übereinstimmende Vorschriften geschaffen worden wären; eine bloß zufällige Übereinstimmung mit der streitigen regionalen Regelung reichte insoweit nicht aus (vgl BSGE 56, 45, 51 = SozR 2100 § 70 Nr 1 S 7; BSG SozR 4100 § 117 Nr 14 S 63; SozR 3-2500 § 95 Nr 7 S 31 mwN und Nr 9 S 36; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 162 RdNr 5a mwN). Eine Auslegung der PV durch den Senat scheidet daher aus. Es ist ferner nicht ersichtlich, daß das LSG wesentliche landesrechtliche Bestimmungen übersehen und völlig unberücksichtigt gelassen hat, so daß dem Senat auch aus diesem Grund verschlossen ist, in eine eigene ergänzende Überprüfung einzutreten (BSGE 77, 53, 59 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 S 190 mwN; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 8 S 30).

Die Anwendung der im oben dargestellten Sinne vom LSG festgestellten Regelungen der PV auf den hier vorliegenden Sachverhalt ergibt, daß danach die Prüfanträge der Krankenkassen verspätet gestellt worden wären. Zwar sind alle Anträge fristwahrend formlos innerhalb der maßgeblichen Neun-Monats-Frist beim Prüfungsausschuß eingegangen. Begründung und ergänzende Beweismittel lagen auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Ausschusses vor. Sie wurden aber erst nach Ablauf der Antragsfrist eingereicht.

Entgegen der Auffassung des LSG, des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. stehen die Fristregelungen der PV indessen einer inhaltlichen Entscheidung des Beklagten über die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Beigeladenen zu 1. nicht entgegen; denn die Vorschriften der PV, auf die sich das LSG entscheidend gestützt hat, sind keine zulässigen Vereinbarungen über "die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit" nach § 106 Abs 3 iVm Abs 2 SGB V aF, daher von der gesetzlichen Ermächtigung nicht gedeckt und wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam.

Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 14. Mai 1997 (BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 10 S 34 ff; vgl auch BSG SozR aaO Nr 12 S 42 sowie bereits BSG SozR aaO Nr 4 S 18; Siewert in von Maydell <Hrsg>, GK-SGB V, § 106, RdNr 70 mwN; Spellbrink, Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassenarztrecht nach dem GSG, 1994, RdNr 248 mwN) zu § 106 Abs 3 SGB V entschieden hat, bezieht sich diese Regelungsermächtigung - enger als bei der bis 31. Dezember 1988 in Geltung gewesenen Vorgängervorschrift des § 368n Abs 5 Satz 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) - nicht mehr umfassend auf "das" Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne des eigentlichen Verwaltungsverfahrens nach § 8 SGB X, sondern ist auf die Beweismethoden zur Feststellung von Unwirtschaftlichkeit beschränkt. Mit der zum 1. Januar 1989 geschaffenen Gesetzesfassung ist nämlich dem Anliegen des Bundesrats, die Regelung des Verfahrens vor den Ausschüssen aus der Regelungskompetenz der Vertragspartner des Gesamtvertrages auszunehmen, Rechnung getragen worden (ausführlich: BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 10 S 36). Generell reicht die Normierungskompetenz der Partner der Gesamtverträge daher nur so weit, wie SGB V und SGB X Regelungslücken enthalten (so Siewert aaO, ebenda; vgl Schäfer in Schermer/Maaßen/Wiegand/Zipperer, SGB V, 1200 § 106 RdNr 38; Kötter in GKV-Lehr- und Praxiskommentar - SGB V, 1998, § 106 RdNr 65; Engelhard in Hauck, SGB V, K § 106 RdNr 241, 255; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, § 106 RdNr 32). Auch soweit es die allgemeine Ermächtigung des § 83 SGB V den Gesamtvertragsparteien ermöglicht, durch untergesetzliche Vereinbarungen von Regelungen des SGB X abzuweichen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 2 S 8 f; vgl auch - zum Recht der RVO - BSGE 38, 201, 202 = SozR 5548 § 3 Nr 1), kann dies jedenfalls im Rahmen der nur engere Spielräume eröffnenden Spezialnorm des § 106 Abs 3 Satz 1 SGB V nicht gelten (vgl Spellbrink, aaO, RdNr 253).

Zwar hat der Senat es akzeptiert, daß in Prüfvereinbarungen Antragsfristen für die Einleitung eines Prüfverfahrens festgelegt werden (vgl BSGE 68, 93, 95 = SozR 3-2500 § 106 Nr 3 S 8 <für eine 12-monatige Antragsfrist unter Geltung der RVO>; s auch BSGE 72, 214, 219 = SozR 3-1500 § 35 Nr 5 S 10 <für die gesamtvertragliche Festlegung der Frist zur Ausfertigung von Prüfungsentscheidungen>; Spellbrink, aaO, RdNr 254). Während hiermit in zulässiger Weise konkretisiert wird, auf welches der zurückliegenden Quartale sich ein Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit noch längstens beziehen kann, gehört die Frage, welche Anforderungen inhaltlich an einen wirksamen Prüfantrag zu stellen sind, nicht mehr zu den Elementen, die dem Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung im oben dargestellten Sinne zuzurechnen sind. Wenn gesamtvertraglich Voraussetzungen dafür aufgestellt werden, daß das Verwaltungsverfahren bei einer Behörde in Gang gesetzt wird und in diesem Zusammenhang dem Initiator dieses Verfahrens Pflichten auferlegt werden, ist dieser Komplex vielmehr dem Bereich des im wesentlichen im SGB X geregelten sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens (vgl §§ 8 ff SGB X) zuzuordnen. Insoweit geht es nämlich nicht in erster Linie um die Festlegung der Beweismethoden zur Feststellung der Unwirtschaftlichkeit von Vertragsärzten, sondern um Regelungen, die damit zwar in Zusammenhang stehen, jedoch eher am Rande des eigentlichen, speziellen Prüfungsgegenstandes liegen. Denn die den Gesamtvertragsparteien vom Gesetzgeber überantwortete Regelungsmaterie ist letztlich nur ein Ausdruck des in der Rechtsprechung des Senats wiederholt hervorgehobenen Grundsatzes, daß die Prüfgremien bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung ihre Prüfmethode weitgehend frei selbst auswählen (vgl BSGE 75, 220, 222 = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 S 133 f; BSG, Urteil vom 6. September 2000 - B 6 KA 46/99 R - = SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 276). Bei den hier in der PV getroffenen Festlegungen geht es dagegen weder um die Präferenz für eine bestimmte statistisch vergleichende Prüfmethode - etwa im Sinne der Maßgeblichkeit des arithmetischen Mittels oder der Gauß'schen Normalverteilung - noch werden zB die Möglichkeiten und Grenzen der Durchführung von Einzelfallprüfungs- oder Vertikalvergleichsverfahren festgelegt oder Gesamtfallwert-, Sparten- oder Einzelleistungsvergleiche in ihren Voraussetzungen geregelt. Ebenso handelt es sich nicht - aus Gründen des Überlastungsschutzes der Prüfgremien und der Arbeitsökonomie - um eine bloße Beschränkung von Art und Umfang der Leistungen, die in die Prüfungen einbezogen werden sollen (§ 106 Abs 3 Satz 2 SGB V aF). Vielmehr sind - unabhängig von der konkret angewandten Prüfmethode im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten - im wesentlichen äußere Modalitäten auf dem Weg der Prüfgremien zur Ermittlung der Unwirtschaftlichkeit eines Vertragsarztes festgelegt worden.

Des weiteren wird die Nähe dieser Festlegungen zum Recht des Verwaltungsverfahrens daran deutlich, daß die formale Rechtsstellung eines Antragsberechtigten durch das Aufstellen von Anforderungen an die Wirksamkeit seines Antrages (in Form einer Begründungspflicht und eines Zwanges zur Beibringung von Beweismitteln innerhalb einer bestimmten Frist) im Vergleich zu dessen Stellung nach dem SGB X in mehrfacher Hinsicht wesentlich verschlechtert wird. Während danach ein verfahrenseinleitender Antrag grundsätzlich formlos gestellt werden kann (vgl § 18 Satz 2 Nr 1 SGB X sowie bereits BSGE 7, 118, 120; ferner zB Krasney in Kasseler Kommentar, § 18 SGB X RdNr 9 mwN; von Wulffen in: ders, SGB X, 4. Aufl 2001, § 18 RdNr 5), erlegt die PV dem Antragsteller besondere Obliegenheiten bzw qualifizierte Mitwirkungspflichten bei der Einleitung und Durchführung eines Verwaltungsverfahrens auf. Nach dem Verwaltungsverfahrensrecht des SGB ermittelt dagegen die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen, bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und ist an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden (§ 20 Abs 1 SGB X); sie hat dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen (§ 20 Abs 2 SGB X) und bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (§ 21 Abs 1 Satz 1 SGB X); die Beteiligten "sollen" lediglich bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken, insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben, während eine weitergehende Pflicht insoweit nur nach Maßgabe besonderer Rechtsvorschriften besteht (§ 21 Abs 2 SGB X). In Abweichung hiervon entfaltet die gesamtvertragliche Kombination der zeitlichen Begrenzung der Antragsstellung auf neun Monate insbesondere in Verbindung mit der gleichzeitigen Pflicht zur Begründung innerhalb desselben Zeitraums eine besonders nachhaltige Ausschlußwirkung. Denn nach der Rechtsprechung des Senats muß ein Vertragsarzt noch bis zum Ablauf von vier Jahren nach der vorläufigen Honorarabrechnung für das betreffende Quartal mit einem Honorarkürzungsbescheid wegen unwirtschaftlicher Behandlungs- oder Verordnungsweise rechnen (BSGE 72, 271, 275 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 109 ff unter Aufgabe früherer entgegenstehender Rspr; BSGE 76, 285, 288 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 166; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 215). Durch die Vereinbarung der Antragsfrist verbunden mit der qualifizierten Beibringungspflicht innerhalb von neun Monaten wird die Möglichkeit der Antragsberechtigten, bei den Prüfgremien ein Verwaltungsverfahren einzuleiten, über Gebühr einseitig zu Lasten der Kostenträger eingeengt; zudem bleiben dabei - wie darzulegen ist - zentrale Prinzipien des Rechts der Wirtschaftlichkeitsprüfung außer Acht. Dem steht nicht entgegen, daß die PV teilweise auch Regelungen enthält, die Ausdruck des Amtsermittlungsprinzips sind.

Die dargestellten Bestimmungen des SGB X gelten auch für den zu entscheidenden Sachverhalt im Recht der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung. Sie finden gemäß § 37 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) für alle Sozialleistungsbereiche des SGB Anwendung, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; dies gilt auch im Verhältnis zum Krankenversicherungs- und Kassenarztrecht des SGB V (vgl zB BSG SozR 1300 § 63 Nr 12 S 41 f; BSGE 74, 44, 48 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 S 45).

Modifikationen des SGB X zu Lasten desjenigen, der nach Antragstellung die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit eines Vertragsarztes begehrt, finden sich weder in den Regelungen des § 106 SGB V noch lassen sie sich aus der Rechtsprechung des Senats herleiten. Der Senat hält daher die teilweise schon in der Literatur geäußerten Bedenken gegen die in PVen vorgesehene Pflicht zur Antragsbegründung für berechtigt (so Engelhard in: Hauck, SGB V, K § 106 RdNr 262 <Bearbeitungsstand II/99> sowie RdNr 264 <Bearbeitungsstand IX/00>; vgl Hencke in Peters, aaO, § 106 SGB V RdNr 32 <Bearbeitungsstand November 2000; vgl auch RdNr 38 der Vorbearbeitung>; allgemein auch Spellbrink, aaO, RdNr 256, 292 f; aA wohl Hess in Kasseler Kommentar, § 106, SGB V, RdNr 57 <Bearbeitungsstand Dezember 2000>). Entscheidend ist insoweit vor allem, daß es im Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung abweichend vom Zulassungsrecht an einer ausdrücklichen, § 44 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) entsprechenden Vorschrift fehlt, wonach - auch dort allerdings nur beschränkt auf das gerichtliche Vorverfahren - bestimmt ist, daß abweichend von § 84 SGG Einwendungen in einem Widerspruch binnen eines Monats "mit Angabe von Gründen" geltend zu machen sind (zur Rechtmäßigkeit dieser Sonderregelung s BSG SozR 3-5520 § 44 Nr 1). Statt dessen geht der Senat für die Wirtschaftlichkeitsprüfung seit jeher davon aus, daß an einen Prüfantrag keine besonderen Anforderungen gestellt werden dürfen und die Prüfgremien kraft des für sie verbindlichen § 20 SGB X den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären haben.

Ähnlich wie schon zuvor im Ersatzkassenbereich hat die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertrags-(zahn)ärztlichen Tätigkeit unter der Geltung des SGB V gemäß § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung grundsätzlich auf Antrag hin stattzufinden. Entscheidungen der Prüfgremien, denen keinerlei Antragstellung eines Berechtigten vorangegangen war, sind damit mangels Vorliegens einer wesentlichen Verfahrensvoraussetzung rechtswidrig und aufzuheben (so BSG SozR 5550 § 17 Nr 1 S 2; BSGE 72, 214, 221 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5 S 12; BSGE 76, 149, 151 = SozR 3-2500 § 106 Nr 28 S 158; BSG USK 87205; USK 94126). Die Antragstellung setzt dagegen nach dem Gesetz keinen formgebundenen, qualifizierten Prüfantrag voraus. Dieser hat nämlich, anders als es das Berufungsgericht in bezug auf die streitige PV angenommen hat, keine materiell-rechtliche Bedeutung, sondern ist eine bloße Verfahrensvoraussetzung (BSGE 76, 149, 152 = SozR 3-2500 § 106 Nr 28 S 159). Ein wirksamer Prüfantrag kann daher im schlüssigen Verhalten eines Antragsberechtigten liegen oder auch noch nachträglich während des schon laufenden Prüfverfahrens gestellt werden (so BSGE aaO S 151 = SozR aaO, S 158; BSG SozR 3-5533 Allg Nr 2 S 10 f sowie Urteil vom 9. September 1998 - B 6 KA 57/97 R - S 6 f; BSG USK 9596). Ebenso reicht es aus, wenn ein Prüfantrag bei einer falschen Stelle (zB bei der KÄV) gestellt wurde, die ihn an die sachlich zuständigen Prüfgremien weiterleitet (BSGE 68, 93, 95 = SozR 3-2500 § 106 Nr 3 S 8; vgl auch § 16 Abs 2 SGB I, § 91 SGG). Dabei ist von Bedeutung, daß das Antragserfordernis weder direkt noch indirekt dem Schutz des geprüften Arztes dient, sondern nur eine notwendige Folge der Verselbständigung der Prüfungseinrichtungen ist (BSGE 76, 149, 159 = SozR 3-2500 § 106 Nr 28 S 159). Schon in seiner älteren Rechtsprechung zu § 20 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte idF vom 2. Mai 1962 (BMV-Z aF), der vorsah, daß Anträge auf Prüfung der kassenzahnärztlichen Behandlungs- und Verordnungsweise zu begründen sind, ist der Senat im übrigen davon ausgegangen, daß die Begründung eines nur fristwahrend gestellten Prüfantrages - entsprechend der Rechtslage in anderen Verfahren - noch nachgereicht werden kann und nur die Grenze der Verwirkung zu beachten ist (BSGE 41, 275, 277 f = SozR 5548 § 3 Nr 2 S 8; zum Ganzen: Engelhard in Hauck, aaO, K § 106 RdNr 264). Die antragstellenden Institutionen sind auch nicht verpflichtet, in ihren Prüfanträgen eine spezifische, zu überprüfende Leistungsposition zu erwähnen; denn die Prüfgremien sind aufgrund der Anträge zur gesamten Überprüfung der Wirtschaftlichkeit berechtigt und verpflichtet (so BSGE 78, 278, 284 = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 199).

Die vom LSG zugrunde gelegte rechtliche Sichtweise ist nicht im Hinblick auf einen notwendigen Schutz der betroffenen Vertragsärzte geboten. Denn die von den Vertragspartnern der Gesamtverträge vereinbarten Regelungen der Antragsfristen dienen nicht unmittelbar dem Interesse des einzelnen Arztes, sondern dem der beschleunigten Bearbeitung im Verhältnis der die Prüfgremien personell tragenden Gesamtvertragspartner. Daraus erklärt sich, daß das BSG gesamtvertragliche Bestimmungen über qualifizierte Anforderungen an Prüfanträge bisweilen als lediglich "verwaltungsinterne Regelung" (BSG SozR 5550 § 17 Nr 1 S 2) bzw "verwaltungsinterne Angelegenheit" (BSG USK 87205) angesehen hat. Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung, die notwendigerweise eine Prüfung erst nach Vorlage der Honoraranforderung durch den Vertragsarzt voraussetzt, ist für ihn eine gewisse Schutzwirkung allein schon durch die Ausschlußfrist von vier Jahren nach Bekanntgabe der vorläufigen Honorarabrechnung, durch das Gebot, ihm rechtliches Gehör zu gewähren, sowie den Gesichtspunkt der Verwirkung gewährleistet. Ansonsten ist es einem Arzt durchaus zumutbar, sich unabhängig von der Art der erlangten Kenntnis von einem förmlichen Verfahren darauf einzustellen, daß ihm möglicherweise nachträgliche Honorarkürzungen bzw Arzneimittelregresse wegen unwirtschaftlicher Behandlungs- bzw Verordnungsweise drohen (vgl BSGE 76, 149, 152 = SozR 3-2500 Nr 28 S 159; SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 172 und Nr 39 S 215). Nachfolgend eintretende weitere Umstände (zB die Ersetzung des ursprünglichen Kürzungsbescheides nach seiner Aufhebung in einem sozialgerichtlichen Verfahren durch einen neuen Bescheid <BSG SozR aaO Nr 39>) sind insoweit ohne Belang.

Ebenso wenig wie das Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung besondere Anforderungen für die Antragstellung aufstellt, enthält es Besonderheiten hinsichtlich qualifizierter Mitwirkungs- und Beibringungspflichten der antragstellenden Institutionen. Die Prüfgremien haben hier vielmehr - wie in den anderen Sozialleistungsbereichen des SGB auch - kraft des in § 20 Abs 1 SGB X normierten Untersuchungsgrundsatzes den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen (vgl nur BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 100 f; BSGE 70, 246, 251, 254 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 49, 51 f; Engelhard in Hauck, aaO, K § 106 RdNr 287 - 291 mwN; Siewert in GK-SGB V, aaO, § 106 RdNr 114 -116 mwN). Dazu gehört es, alle zulässigen Erkenntnisquellen heranzuziehen, die über die Ermittlung von Hilfstatsachen Schlüsse auf die (Un)wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise des Vertragsarztes zulassen (BSGE 70, 246, 254 = SozR aaO S 51 f), wobei den Prüfgremien Beweiserleichterungen zugute kommen. Da die Gremien in der Auswahl ihrer Beweismethoden frei sind, ist Voraussetzung für weitergehende Ermittlungen - etwa hinsichtlich des Vorliegens von Praxisbesonderheiten oder kompensatorischer Einsparungen -, daß der geprüfte Arzt entsprechende substantiierte Umstände dafür darlegt oder daß besondere offenkundige Anhaltspunkte dafür vorliegen, die von den Prüfgremien auch ohne besonderen Hinweis aufgegriffen werden müssen (vgl zB BSGE 71, 194, 201 = SozR 3-2500 § 106 Nr 15 S 92 f; Nr 42 S 233; BSG SozR 2200 § 368n Nr 36 S 120; Nr 50 S 172). Eine über die allgemeinen Regelungen hinausgehende Beibringungspflicht der antragstellenden Institutionen sieht das Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung dagegen grundsätzlich nicht vor.

Die vom LSG vorgenommene Auslegung der PV mißt schließlich den Wirtschaftlichkeitsprüfungen des Vertragsarztrechts einen nur unzureichenden Stellenwert bei. Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, haben diese Prüfungen bereits nach dem Willen des Gesetzgebers große Bedeutung für Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Daher folgt aus § 106 SGB V nicht nur das Recht, sondern auch die Verpflichtung der Träger der gemeinsamen Selbstverwaltung zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Leistungserbringer, die eine Schlüsselstellung bei der Erbringung und Veranlassung von Krankenbehandlung iS des § 27 SGB V einnehmen. Es ist danach ausgeschlossen, daß einzelne Ärzte oder Gruppen von Ärzten gar keinen entsprechenden Prüfungen unterliegen; Prüfverfahren müssen stets dieser gesetzlichen Intention entsprechend ausgestaltet und durchgeführt werden (vgl zuletzt BSG vom 6. September 2000 = SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 274). Dieser Hintergrund verbietet es den Gesamtvertragspartnern, verfahrensmäßige Anforderungen im Prüfungsablauf aufzustellen, die in starkem Maße vom gesetzlichen Leitbild eines typischen Verwaltungsverfahrens im Bereich des SGB abweichen und in einer Vielzahl von Fällen dazu führen könnten, daß einzelne Vertragsärzte faktisch keiner Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen, weil die gesamtvertraglich festgelegten, gesetzlich aber nicht vorgesehenen Begründungs- und Beibringungsfristen nicht eingehalten werden (können).

Das Urteil des LSG konnte nach alledem keinen Bestand haben. Da das erstinstanzliche Urteil allein von dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2. (nicht dagegen von dem Hauptbetroffenen, dem zu 1. beigeladenen Arzt) mit der Begründung nicht fristgerechter Antragstellungen angefochten worden ist, ohne daß sich diese Berufungskläger darauf gestützt hätten, das SG habe zu Unrecht auch aus materiell-rechtlichen Gründen die Entscheidung des Beklagten aufgehoben, hält der Senat ein neuerliches zweitinstanzliches Verfahren (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG) nicht für angezeigt. Zu Recht hat das SG auf die einzelnen gravierenden Begründungsmängel der Entscheidung des Beklagten hingewiesen und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Er hat nämlich wegen teilweise inhaltsleerer, teilweise widersprüchlicher Ausführungen seine Subsumtionserwägungen nicht derart verdeutlichen können, daß im Rahmen des Möglichen bei der gerichtlichen Kontrolle die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe für die Voraussetzungen einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise des Beigeladenen zu 1. erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl dazu zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 25 S 139 mwN). Auch auf der Rechtsfolgenseite der vom Beklagten bejahten Unwirtschaftlichkeit finden sich Begründungsmängel. So bleibt insbesondere unklar, welche Gründe ihn trotz vorliegender Hinweise auf höhere Schadensbeträge dazu bewogen haben, den Schaden auf lediglich 1.000,-- DM pro Quartal zu schätzen. Der Beklagte wird - trotz des Vorrangs von Beratungsmaßnahmen in § 106 Abs 5 Satz 2 SGB V - auch zu berücksichtigen haben, daß bei Überschreitungen des Vergleichsgruppendurchschnitts im Bereich des offensichtlichen Mißverhältnisses eine Honorarkürzung nicht deshalb rechtswidrig ist, weil ihr keine gezielte Beratung vorangegangen ist (BSGE 78, 278, 281 = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 195 f; SozR 3-2500 § 106 Nr 39 S 216). Daß ein - wie vom Beklagten festgestellt - extrem unwirtschaftlich behandelnder Vertragsarzt aufgrund der sich aus eben dieser Behandlungsweise ergebenden Verbindlichkeiten einer Gefährdung seiner beruflichen Existenz ausgesetzt ist, kann dabei kein anzuerkennender Gesichtspunkt für eine Verminderung oder gar das Unterbleiben eines Verordnungsregresses sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die mögliche Gefährdung der Fortexistenz einer Praxis nicht geeignet, fortdauernde Verstöße des betroffenen Vertragsarztes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot mildernd zu bewerten. Solche Verstöße können vielmehr Disziplinarmaßnahmen bis zum Ruhen der Zulassung (vgl § 81 Abs 5 Satz 2 SGB V) oder sogar die Entziehung der Zulassung zur Folge haben (vgl zuletzt BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 6 S 23 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Ende der Entscheidung

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