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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 22.06.2005
Aktenzeichen: B 6 KA 80/03 R
Rechtsgebiete: SGB V, EBM-Ä


Vorschriften:

SGB V F. 20.12.1988 § 85 Abs 4 S 1
SGB V F. 20.12.1988 § 85 Abs 4 S 2
SGB V F. 20.12.1988 § 85 Abs 4 S 3
SGB V § 87 Abs 1 S 1
SGB V § 87 Abs 3
EBM-Ä Kap A Abschn I Teil B Nr 1

Entscheidung wurde am 12.12.2005 korrigiert: die Rechtsgebiete, Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
1. Die Berechnung der regionalisierten Praxisbudgets unter Heranziehung der teilbudgetierten Abrechnungswerte des ersten Halbjahres 1996 war rechtmäßig.

2. Interpretationsbeschlüsse des Arbeitsausschusses des Bewertungsausschusses zur Anwendung des EBM-Ä sind für die Gerichte nicht verbindlich.


BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 22. Juni 2005

Az: B 6 KA 80/03 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Wenner und Gasser sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Wiese und den ehrenamtlichen Richter Dr. Korschanowski

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 13. August 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der Beklagten deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Höhe des vertragsärztlichen Honorars.

Die Klägerin, eine aus drei Augenärzten bestehende Gemeinschaftspraxis, nimmt seit September 1993 an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) teil. Sie betreibt eine auf ambulante Operationen spezialisierte "Augen-Tagesklinik" mit überregionaler Versorgungsfunktion und ist zudem belegärztlich tätig. Die Klägerin rechnete im Quartal IV/1997 insgesamt 3.592 ambulante Behandlungsfälle von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen sowie weitere 40 stationäre Behandlungsfälle ab. Sie erbrachte bei einem Überweisungsanteil von 51,6 % - gegenüber 10,7 % in der Fachgruppe der Augenärzte - zahlreiche Einzelleistungen, die lediglich von bis zu 5 % aller Augenärzte ausgeführt wurden, insbesondere Katarakt- und Glaukomoperationen nach Nr 1352 ff des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä). Die Abrechnung der Klägerin umfasste insgesamt 19.503.185 Punkte. Hiervon fielen 4.326.351 Punkte in das Praxisbudget für Augenärzte, sodass sich nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B EBM-Ä eine Verminderung um 2.043.460 Punkte ergab; zudem erfolgte bei den Zusatzbudgets für Sonographie, Fluoreszenzangiographie und Laserchirurgie eine Reduzierung um 377.160 Punkte. Die verbleibende Punktmenge von 17.082.565 Punkten wurde im Rahmen der Honorarverteilung nur zum Teil honoriert. In den §§ 7 und 8 des ab 1. Juli 1997 geltenden Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der Beklagten waren drei verschiedene Mechanismen zur Beschränkung der zu vergütenden Punktmengen vorgesehen. Die Klägerin war im Quartal III/1997 jedoch nur von der Begrenzung nach § 7 Abs 2 ff HVM (nach Fallzahlenbereichen quotierte Begrenzung der Fallwerte unter Zugrundelegung von Fachgruppenbudgets) betroffen. Dies führte zu einer weiteren Kürzung ihrer Honoraranforderung um 13.100.429 Punkte (bzw um 76,7 % der nach dem EBM-Ä anerkannten Punktmenge); die Gesamtkürzung belief sich auf 15.521.049 Punkte oder 79,6 % der ursprünglichen Leistungsanforderung.

Die Beklagte setzte auf dieser Grundlage für das Quartal IV/1997 zunächst ein Honorar in Höhe von 476.626,04 DM fest (Honorarbescheid vom 25. Juni 1998). Später bewilligte sie eine Härtefallzahlung in Höhe von 838.993,32 DM. Auf den Widerspruch der Klägerin reduzierte die Beklagte die HVM-bedingte Kürzung auf 10 % der im Rahmen der Fallwertbegrenzung zu berücksichtigenden Punktmenge (dh auf 1.708.256,6 Punkte); unter Anrechnung der Härtefallzahlung ergab sich dadurch ein Quartalshonorar von 1.769.708,08 DM. Die Teilabhilfe sei geboten, weil das umfangreiche ambulante Operieren und die Belegarzttätigkeit der Klägerin berücksichtigt und auch den Erfordernissen der Sicherstellung Rechnung getragen werden müsse. Es sei jedoch davon auszugehen, dass trotz der vorliegenden Praxisbesonderheiten eine Steuerung der Leistungsaufwendungen in einem bestimmten Umfang möglich sei. Deshalb werde eine Begrenzung in Höhe von 10 % aufrechterhalten (Widerspruchsbescheid vom 25. November 1998).

Im Quartal I/1998 rechnete die Klägerin für 3.815 Behandlungsfälle insgesamt 21.444.968 Punkte ab. Nach den Regelungen zu den Praxis- und Zusatzbudgets im EBM-Ä wurden 2.878.087 Punkte nicht vergütet; weitere 5.570.064,4 Punkte (dh 30 %) blieben auf Grund der Mengenbegrenzung in § 7 Abs 2 ff HVM bei der Honorierung unberücksichtigt. Der Honorarbescheid vom 30. Juli 1998 setzte die Vergütung der Klägerin für das Quartal I/1998 auf 1.046.583,64 DM fest. Später bewilligte die Beklagte weitere 212.634,90 DM als Härtefallzahlung. Zudem half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin teilweise ab, indem sie auch hier mit derselben Begründung wie im Vorquartal die HVM-bedingte Kürzung der vergüteten Punktmenge auf 10 % (1.856.688 Punkte) reduzierte. Unter Anrechnung der Härtefallzahlung resultierte daraus ein Quartalshonorar in Höhe von 1.337.425,01 DM (Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1998).

Im Quartal II/1998 brachte die Klägerin für 3.573 Behandlungsfälle insgesamt 20.096.947 Punkte zur Abrechnung. Auf Grund der Bestimmungen des EBM-Ä fanden von den 4.457.389 unter das Praxisbudget fallenden Punkten lediglich 2.179.719 Punkte Berücksichtigung. Auch die Leistungsanforderungen in den Zusatzbudgets unterlagen einer Kürzung um 191.178 Punkte, obwohl im Vergleich zum Vorquartal die Fallpunktzahlen für die Zusatzbudgets Fluoreszenzangiographie und Laserchirurgie deutlich angehoben worden waren. Insgesamt reduzierte sich die von der Klägerin abgerechnete Punktmenge auf Grund der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä um 2.468.848 Punkte. In diesem Quartal kamen Mengenbegrenzungsregelungen des HVM nicht zur Anwendung. Die Beklagte setzte das Honorar der Klägerin auf 1.345.808,04 DM fest und wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Honorarbescheid vom 29. Oktober 1998, Widerspruchsbescheid vom 30. September 1999).

Im Quartal III/1998 rechnete die Klägerin in 3.644 Behandlungsfällen insgesamt 20.245.727 Punkte ab. Auf Grund der Bestimmungen des EBM-Ä zu den Praxis- und Zusatzbudgets ergab sich eine Reduzierung der Punktzahlanforderung der Klägerin um 2.433.579 Punkte. Außerdem kam in diesem Quartal die Zuwachsbegrenzung des praxisindividuellen Fallwertes nach § 8 HVM zur Anwendung. Auf der Grundlage der Abrechnungsergebnisse des Vorjahresquartals III/1997 errechnete sich unter Berücksichtigung einer zugestandenen Erhöhung der Fallzahl um 5 % ein um 1,43 % erhöhter Fallwert von 4.297 Punkten; dies hatte deshalb eine Kürzung der Honoraranforderung der Klägerin um weitere 2.154.675 Punkte (bzw um 12,1 %) zur Folge. Die Beklagte bewilligte zunächst ein Honorar in Höhe von 1.682.946,91 DM (Honorarbescheid vom 4. Februar 1999). Nachfolgend half sie dem Widerspruch der Klägerin teilweise ab, indem sie von der Möglichkeit Gebrauch machte, auf Grund von Praxisbesonderheiten Abweichungen von der Honorarbegrenzung festzulegen. Die Beklagte berücksichtigte die Veränderung des Leistungsspektrums der Klägerin, die in der Erhöhung der Zusatzbudgets Fluoreszenzangiographie und Laserchirurgie sowie in der Erteilung der Sonographiegenehmigung an einen der Gemeinschaftspraxispartner im November 1997 ihren Niederschlag gefunden hatte. Auf dieser Grundlage errechnete sich eine Kürzung um lediglich 9,6 % und ein Quartalshonorar in Höhe von 1.729.885,36 DM (Widerspruchsbescheid vom 30. September 1999).

Die Klagen gegen diese Bescheide blieben in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg. Nach Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) waren die Praxisbudgets auch insoweit rechtmäßig, als die regionalisierte Festsetzung der Fallpunktzahlen unter Zugrundelegung der teilbudgetierten Abrechnungswerte für die beiden ersten Quartale des Jahres 1996 erfolgte. Der Umstand, dass das Bundessozialgericht (BSG) die rückwirkende Inkraftsetzung der Teilbudgets für die ersten beiden Quartale des Jahres 1996 als verfassungswidrig und unwirksam bewertet habe, hindere nicht daran, bei der Bemessung der Praxisbudgets für 1997 und später an die Abrechnungswerte anzuknüpfen, die sich bei Anwendung jener prinzipiell für zulässig erachteten Regelungen in den Quartalen I/1996 und II/1996 ergaben. Die Mengenbegrenzungsregelung in § 7 Abs 2 bis 8 HVM und deren Umsetzung durch die Beklagte sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie habe ihre Rechtsgrundlage in § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auch nach Einführung der Praxisbudgets im EBM-Ä sei es Aufgabe der KÄV, im Rahmen der Honorarverteilung das Notwendige und Mögliche zur Gewährleistung ausreichender Punktwerte zu tun und auf regionaler Ebene unerwünschte Verwerfungen zwischen den einzelnen Arztgruppen zu verhindern. Deshalb sei die Regelung zu den Praxisbudgets nicht abschließend und ihre Verschärfung durch Vorschriften in einem HVM statthaft. Die Ausnahmevorschrift in § 7 Abs 9 HVM sei als Härtefallregelung ausreichend. Ihre Anwendung im Falle der Klägerin lasse Ermessensfehler nicht erkennen. Zwar sei die Begründung für eine Beschränkung der Kürzungen auf 10 % nur ansatzweise in den Widerspruchsbescheiden erkennbar. Die Beklagte habe jedoch berücksichtigen dürfen, dass infolge der mengenbegrenzenden Maßnahmen sich der Punktwert in der Fachgruppe der Augenärzte um mindestens 20 % erhöht habe. Weil hiervon auch die Klägerin profitiere, habe selbst bei Berücksichtigung der Spezialisierung ihrer Praxis eine Mindestkürzung um 10 % aufrechterhalten werden dürfen, zumal die Klägerin auch normales augenärztliches Patientenklientel behandele. Die genaue Bezeichnung und Quantifizierung der Praxisbesonderheiten sei bei einer Reduzierung der Kürzung von 79 % bzw 30 % auf 10 % entbehrlich.

Auch die Anwendung der Begrenzungsregelung des § 8 HVM im Quartal III/1998 sei rechtmäßig. Die Begrenzung auf der Grundlage der eigenen Abrechnungswerte der Vertragsarztpraxis im entsprechenden Vorjahresquartal habe ihre Rechtsgrundlage in § 85 Abs 4 Satz 1 SGB V und sei zur flankierenden Absicherung einer Stützung des Verteilungspunktwertes im Grundsatz erforderlich sowie geeignet. Die Mengenzuwachsbegrenzung sei weder allein fallzahl- noch allein fallwertabhängig. Für ihre Rechtmäßigkeit sei entscheidend, dass die den Grenzwert übersteigenden Leistungsanforderungen nicht gänzlich unberücksichtigt blieben, sondern in einem Verhältnis zu der zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung honoriert würden. Auch die vorgenommene Beschränkung einer Steigerung der Fallzahl sei bei Berücksichtigung der Ausnahmeregelung in § 8 Abs 4 HVM rechtmäßig. Der Vergleich mit dem eigenen Leistungsverhalten der Ärzte im Vorjahresquartal ermögliche ebenso wie bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine individuelle und gerechte Lösung. Die Regelung lasse auch Praxen mit überdurchschnittlichen Behandlungsfallzahlen hinreichend Raum zu einer Weiterentwicklung. Bei Praxen mit durchschnittlicher Fallzahl griffen Honorarkürzungen als Folge der Überschreitung der Grenze zulässigen Fallwachstums erst ein, wenn die Zahl der Behandlungsfälle gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres um mehr als 5 % ansteige. Insgesamt beinhalte die Regelung einen vertretbaren Ausgleich zwischen dem Interesse des einzelnen Arztes an einem möglichst ungehinderten Wachstum seiner Praxis und den Interessen aller Vertragsärzte an möglichst stabilen Punktwerten im Interesse der Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, die Praxisbudgets seien von der Beklagten in rechtswidriger Weise ermittelt worden. Bei der Berechnung der KÄV-bezogenen "regionalisierten" Fallpunktzahlen für die Praxisbudgets sei der "prozentuale Anteil der in den Praxisbudgets aufgenommenen Leistungen der ersten beiden Quartale des Jahres 1996 am Gesamtleistungsbedarf der betreffenden Arztgruppe ('dreg')" entsprechend den tatsächlichen Abrechnungsergebnissen, dh ohne Anwendung der Teilbudgets (gemäß Beschluss des Bewertungsausschusses vom 13. Juni 1996, Beilage zu Heft 26 des DÄ vom 28. Juni 1996) zu berücksichtigen gewesen. Das gebiete der Wortsinn des Begriffes "Gesamtleistungsbedarf". Ohne eine ausdrückliche Bezugnahme im Normtext, die hier fehle, sei ein Rückgriff auf die vom BSG für die Quartale I/1996 und II/1996 als verfassungswidrig und unwirksam bewertete Teilbudgetierung nicht möglich. Schließlich müsse nach den allgemeinen Grundsätzen der Methodenlehre die Auslegung des bei den Praxisbudgets relevanten Gesamtleistungsbedarfs der ersten beiden Quartale des Jahres 1996 in derselben Weise erfolgen wie bei den Zusatzbudgets. Für diese habe das BSG aber eine Ermittlung anhand der tatsächlichen Abrechnungswerte angenommen. Auf Grund des fehlerhaften Vorgehens der Beklagten, dem auch der Interpretationsbeschluss Nr 23 des Arbeitsausschusses des Bewertungsausschusses vom 21. November 1997 (DÄ 1997, A-3436) keine Rechtmäßigkeit verleihen könne, habe sich das Praxisbudget insgesamt verringert.

Die Regelung in § 7 Abs 2 ff HVM sei an den Kriterien zu messen, die das BSG für die Zulässigkeit von Vorschriften zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit entwickelt habe. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Überschrift der Norm, welche den entsprechenden Regelungswillen des Normgebers verdeutliche und die einer Umdeutung der Vorschrift in eine bloß mengenbegrenzende Regelung entgegenstehe. Danach müsse § 7 HVM als nichtig betrachtet werden, weil er keinerlei Grenzwert vorgebe. Falls die Norm aber als mengensteuernde Regelung akzeptiert werde, verstoße es gegen den Grundsatz der Normenklarheit und der Normenwahrheit, dass nicht erkennbar sei, wann § 7 HVM und wann die weitere mengensteuernde Regelung in § 8 HVM zur Anwendung komme. Jedenfalls habe die Beklagte § 7 Abs 2 ff HVM in rechtswidriger Weise angewandt. Die Auffassung des LSG, eine Quantifizierung der anerkannten Praxisbesonderheiten sei im Hinblick auf die erhebliche Reduzierung der Kürzungsmaßnahmen entbehrlich, sei mit § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht vereinbar. Der Normgeber habe insoweit auf die Regelungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung Bezug genommen. Diese erforderten es, die Praxisbesonderheiten zu quantifizieren und die hierfür zu Grunde gelegten Kriterien im Bescheid nachvollziehbar darzulegen. Aus ihren - der Klägerin - Abrechnungsunterlagen sei ihr atypisches Patientenklientel auf Grund des Umfangs ihrer ambulanten Operationstätigkeit klar erkennbar gewesen.

Die Kürzung nach § 8 HVM im Quartal III/1998 verstoße insoweit gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, als die Regelung eine Steigerung des Punktzahlvolumens bei gleich bleibender Fallzahl nicht zulasse. Im Hinblick auf eine sich verändernde Morbidität und zur Fortentwicklung der Praxis müsse es möglich sein, bei konstanter Fallzahl in gewissem Mindestmaß einen Mengenzuwachs zu realisieren.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Brandenburg vom 13. August 2003 und des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Juli 2000, den Honorarbescheid der Beklagten vom 25. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 1998, den Honorarbescheid vom 30. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 1998, den Honorarbescheid vom 29. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 1999 sowie den Honorarbescheid vom 4. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie - die Klägerin - hinsichtlich ihrer Honoraransprüche für die Quartale IV/1997 bis III/1998 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Bewertungsausschuss habe bei seiner Beschlussfassung vom 19. November 1996 zur Einführung der Praxisbudgets noch nicht von der Rechtswidrigkeit der rückwirkenden Teilbudgetierung ausgehen müssen, da das BSG diese Entscheidung erst am 17. September 1997 getroffen habe. Deshalb sei anzunehmen, dass der Normgeber den von ihm als rechtmäßig erachteten teilbudgetierten Gesamtleistungsbedarf der ersten beiden Quartale des Jahres 1996 zur Grundlage der Berechnung der Praxisbudgets habe machen wollen. Andernfalls wären die erheblichen Verwerfungen im Abrechnungsverhalten des ersten Halbjahres 1996 mit einer nicht nachvollziehbaren Leistungsausweitung um ca 30 % in die Praxisbudgets übertragen worden. Im Übrigen habe die Berechnung der Praxisbudgets auf der Grundlage des unbudgetierten Gesamtleistungsbedarfs nicht zwangsläufig auch einen höheren Honoraranspruch der Klägerin zur Folge, weil wegen der begrenzten Gesamtvergütung in diesem Falle die Auszahlungspunktwerte reduziert werden müssten.

Die drei verschiedenen Mechanismen zur Mengenbegrenzung in dem ab 1. Juli 1997 geltenden HVM dienten alle dem Ziel, die Auszahlung eines festen Punktwertes für die praxisbudgetierten Leistungen in Höhe von 7,49 Pf zu ermöglichen und gleichzeitig eine Stabilisierung des Punktwertes für die nicht budgetierten Leistungen zu erreichen. Sie beinhalteten reine Maßnahmen der Mengensteuerung und keine Begrenzung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit iS von § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V. Die insoweit fehlerhafte Überschrift des § 7 HVM führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Bestimmung. Zudem erfolge keine gleichzeitige Anwendung der Mengenbegrenzungen nach § 7 Abs 2 ff HVM bzw nach § 8 HVM und damit auch keine doppelte Kürzung; es werde lediglich die Regelung mit dem höchsten Kürzungsvolumen berücksichtigt. Außerdem könne jeder Vertragsarzt auf Grund der Regelungen seinen individuellen Grenzwert, ab dem Kürzungen vorgenommen würden, exakt bestimmen. Das genüge für die erforderliche Transparenz und Vorhersehbarkeit.

Die angefochtenen Widerspruchsbescheide erfüllten auch die Anforderungen des § 35 SGB X. Die Beklagte habe in Ausübung ihres Ermessens auf Grund der umfangreichen Operationstätigkeit der Klägerin und der deshalb eingeschränkten Vergleichbarkeit mit den Ärzten ihrer Fachgruppe eine Aufhebung der Punktmengenkürzungen bis auf 10 % des angeforderten Leistungsvolumens beschlossen. Die Gründe für die nicht vollständige Aufhebung seien im Verlauf des Gerichtsverfahrens im Schriftsatz vom 14. März 2002 vorgetragen worden. Nur durch die Kürzung der Punktmengen bei allen Augenärzten sei es möglich gewesen, in dieser Fachgruppe im Vergleich zu den unbudgetierten Vorjahresquartalen eine Punktwerterhöhung um mindestens 20 % zu erzielen. Hätte man nur der Klägerin die abgerechnete Punktmenge ungekürzt belassen und mit den nunmehr höheren Punktwerten vergütet, wäre sie ungerechtfertigt bevorzugt worden. Zudem behandele die Klägerin teilweise auch normales augenärztliches Patientenklientel, bei dem andere Praxen Honorarkürzungen hinnehmen mussten. Deshalb habe man eine Mindestkürzung von 10 % als Ausgleich für die eingetretene Punktwertstabilisierung und für ein gewisses Maß an Leistungsidentität im Vergleich zu den Fachkollegen beibehalten. Insgesamt sei die Klägerin durch diese Vorgehensweise sogar bevorteilt worden, da sich die Punktwerte im unbudgetierten Leistungsbereich im Quartal IV/1997 um ca 69 % und im Quartal I/1998 um ca 22 % gegenüber dem Vorjahresquartal erhöht hätten. Auch die Entwicklung der Fallwerte spiegele eine reale Begünstigung der Klägerin wider. Dies alles mache eine genauere Quantifizierung der Praxisbesonderheit der Klägerin entbehrlich. Auch die Mengenbegrenzungsregelung in § 8 HVM sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Bei dieser Regelung werde nicht nur auf die individuelle Fallpunktzahl, sondern ebenso auf die individuelle Fallzahl des Vorjahresquartals abgestellt. Sie gestehe jedem Vertragsarzt eine Steigerung der Fallzahl um 5 % bei gleich bleibendem Fallwert oder aber eine gewisse Steigerung des Fallwertes bei gleich bleibender Fallzahl zu. Insgesamt sei die Regelung zur Erreichung des Ziels der Gewährung eines festen Punktwertes unverzichtbar.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin durch die von ihr angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale IV/1997 bis III/1998 nicht in rechtswidriger Weise beschwert ist (§ 54 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Weder die Berechnung der regionalisierten Praxisbudgets des EBM-Ä noch die Mengenbegrenzungsregelungen im HVM und deren Umsetzung sind zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung vertragsärztlichen Honorars ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V (hier anzuwenden in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes <GRG> vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477). Danach steht jedem Vertragsarzt ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen im HVM zu. Das Nähere zu Inhalt und Umfang der abrechnungsfähigen Leistungen ist im EBM-Ä bestimmt, an dessen Vorgaben die KÄV bei der Ausgestaltung ihrer Honorarverteilung gebunden ist (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 51).

Die von der Beklagten vorgenommene Umsetzung der Praxisbudgets, die im Zeitraum 1. Juli 1997 bis 30. Juni 2003 gemäß den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM-Ä anzuwenden waren, ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die nach Nr 3 der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B EBM-Ä iVm Anlage 3 vorzunehmende regionalisierte Berechnung der Fallpunktzahlen in der Weise durchgeführt, dass sie für den in die Berechnungsformel einzustellenden "regionalen prozentualen Anteil der in den Praxisbudgets aufgenommenen Leistungen der ersten beiden Quartale des Jahres 1996" die teilbudgetierten Abrechnungswerte des ersten Halbjahres 1996 zu Grunde gelegt hat. Die Auslegung der Berechnungsvorschrift in jener Anlage 3 iS einer Heranziehung der mit Hilfe der Teilbudgetierung bereinigten Abrechnungswerte des ersten Halbjahres 1996 ist nicht zu beanstanden.

Für die Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsregelungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgeblich. Soweit der Wortlaut einer Vergütungsregelung zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, kann eine systematische Interpretation iS einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen. Hingegen kommt eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 mwN; BSG SozR 4-5533 Nr 273 Nr 1 RdNr 7). Diese einschränkenden Vorgaben für eine gerichtliche Auslegung der Vergütungstatbestände des EBM-Ä beruhen auf der vertraglichen Struktur der Vergütungsregelung und der Art ihres Zustandekommens im Wege der Normsetzung durch Vertrag im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Krankenkassen und die KÄVen (BSG SozR 3-5533 Nr 100 Nr 1 S 4 f). Die Verpflichtung der Gerichte zur Respektierung des Regelungsspielraum der Vertragspartner korrespondiert allerdings mit deren Verpflichtung, unklare Regelungen der Gebührenordnungen alsbald zu präzisieren und änderungsbedürftige selbst zu korrigieren. Diese Grundsätze sind auch bei der Auslegung der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM-Ä samt Anlagen zu beachten, da die Praxisbudgets gleichfalls das Ergebnis einer vertraglichen Normsetzung unter Ausgleich der unterschiedlich akzentuierten Interessen von Krankenkassen und Vertragsärzteschaft darstellen.

Der Bewertungsausschuss hat zur Erfüllung seines Auftrags einer Beseitigung von Unklarheiten, die im Zusammenhang mit den von ihm getroffenen Regelungen gegebenenfalls auftreten, in seinem Beschluss vom 31. August 1995 das Instrumentarium der Interpretationsbeschlüsse des Arbeitsausschusses geschaffen. Jener Beschluss hat folgenden Wortlaut (DÄ 1996, A-851): "Der Arbeitsausschuss des Bewertungsausschusses wird ermächtigt, über Auslegungsfragen zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab verbindlich zu beschließen und insbesondere die Entscheidungen des Bewertungsausschusses zu EBM-Leistungsbeschreibungen zu interpretieren. Die Auslegungsbeschlüsse ergehen einstimmig; sie werden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlicht." In Wahrnehmung dieses Auftrags hat der Arbeitsausschuss des Bewertungsausschusses am 21. November 1997 im Interpretationsbeschluss Nr 23 zur Berechnung der Budget-Fallpunktzahlen nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Anlagen 2 bis 4 festgelegt, dass "die Punktzahlanforderungen für die beiden ersten Quartale des Jahres 1996 unter Anwendung der Teilbudgets zu berücksichtigen" sind (DÄ 1997, A-3436).

Ein solcher lediglich vom Arbeitsausschuss des Bewertungsausschusses gefasster Interpretationsbeschluss kann allerdings der - nach den dargestellten Grundsätzen beschränkten - Auslegungsbefugnis der Gerichte keine verbindlichen Grenzen setzen. Die Regelungskompetenz der Vertragspartner in Gebührenfragen ist nach den Bestimmungen in § 87 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 SGB V den von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) bzw den Verbänden der Krankenkassen bestellten Vertretern im Vertragsorgan Bewertungsausschuss vorbehalten oder wird gegebenenfalls nach § 87 Abs 4 und 5 SGB V vom erweiterten Bewertungsausschuss wahrgenommen. Ein Arbeitsausschuss ist dort ebenso wenig vorgesehen wie eine Subdelegation der Entscheidungsbefugnis auf andere Repräsentanten der Vertragspartner mit nicht näher bestimmter Legitimation (zu den Legitimationsanforderungen s BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 71 ff). Auch die zwischenzeitlich eingeführte verstärkte staatliche Aufsicht über alle Entscheidungen des Bewertungsausschusses (§ 87 Abs 6 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl I 2190) schließt es aus, die dem Vertragsorgan selbst zukommende Befugnis zur Präzisierung und gegebenenfalls zur Klarstellung seiner Regelungen auf eine untergeordnete Ebene zu verlagern. Beschlüsse des Arbeitsausschusses des Bewertungsausschusses können daher lediglich die Entscheidungen des Bewertungsausschusses vorbereiten. Unterbleibt jedoch eine entsprechende Beschlussfassung des Bewertungsausschusses, können die Gerichte bei ihrer eigenen Entscheidung die Ergebnisse des Arbeitsausschusses zwar als Stellungnahmen fachkundiger Personen würdigen und gegebenenfalls berücksichtigen. Die "Interpretationsbeschlüsse" stellen aber weder authentische Interpretationen durch den Normgeber noch vertragliche Vereinbarungen mit normativer Wirkung dar (zur fehlenden Verbindlichkeit der Interpretationsbeschlüsse s bereits BSG SozR 3-2500 § 115b Nr 2 S 5).

Dennoch ist die vom Arbeitsausschuss im Interpretationsbeschluss Nr 23 favorisierte und von der Beklagten in den angefochtenen Honorarbescheiden zu Grunde gelegte Auslegung der Anlage 3 zu den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM-Ä im Ergebnis zutreffend. Allerdings lässt der Wortlaut der Definition des Faktors dreg in Anlage 3 mehrere Deutungen zu. Vom Wortsinn mit umfasst wird aber ebenfalls, dass mit der Formulierung "Anteil der in den Praxisbudgets aufgenommenen Leistungen der ersten beiden Quartale des Jahres 1996 am Gesamtleistungsbedarf" diejenige Leistungsmenge gemeint ist, die sich nach Anwendung der Regelungen zur Teilbudgetierung ergab. Für diese Auslegung der Regelung spricht zudem, dass der Bewertungsausschuss bei seinen Beschlussfassungen über die Einführung der Praxisbudgets am 19. November 1996 und erneut am 11. März 1997 (vgl die Erläuterung in DÄ 1997, A-863) diese Vergütungsregelung als Fortentwicklung der als Notprogramm gegen den Punktwertabsturz im ersten Quartal 1996 eingeführten, aber wegen ihrer Beschränkungen als unzureichend erkannten Teilbudgets konzipiert hat (vgl "Die Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 - Gründe und Inhalte", unter 1.3 und 1.4, DÄ 1997, A-860). Ebenso wie die Teilbudgets sollten die Praxisbudgets dem Ziel dienen, eine medizinisch nicht begründbare Leistungsmengenausweitung, wie sie nach der Einführung des neu gestalteten EBM-Ä zum 1. Januar 1996 in besonderem Maße zu beobachten war, zu verhindern und die Punktwerte auf einer angemessenen Höhe zu stabilisieren. Dass die Praxisbudgets auf der früheren Teilbudgetierung aufbauen und diese konsequenter als bisher fortführen, keinesfalls aber deren positive Wirkungen außer Acht lassen und dadurch medizinisch nicht erklärbare Leistungsausweitungen in die Zukunft festschreiben sollten, wird besonders in Nr 6 der ergänzenden Vereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der KÄBV zur Einführung von Praxisbudgets (DÄ 1997, A-403) deutlich. Danach sollten die eigentlich noch bis zum 30. Juni 1997 fortgeltenden Teilbudgets nur unter der Voraussetzung schon vorher abgelöst werden, dass die KÄVen die Regelungen zu den Praxisbudgets bereits ab 1. Januar 1997 im Rahmen ihrer Honorarverteilung zur Anwendung brachten. Auf Grund dieser Erläuterungen der Vertragspartner des EBM-Ä im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der endgültigen Beschlussfassung über die Einführung der Praxisbudgets wird offenbar, dass der Normgeber im Zusammenhang mit der Berechnung der regionalisierten Fallpunktzahlen von der Heranziehung der teilbudgetierten Leistungen des ersten Halbjahres 1996 ausgegangen ist. Nur diese Vorgehensweise entsprach zudem zum damaligen Zeitpunkt seinen eigenen vorangegangenen Beschlüssen, nachdem die rückwirkende Inkraftsetzung der Teilbudgetierung erst durch die Entscheidung des Senats vom 17. September 1997 (BSGE 81, 86, 88 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 83) verbindlich als nichtig erkannt wurde.

Entgegen der Auffassung der Klägerin nötigen systematische Erwägungen und der Umstand, dass bei der Berechnung der Fallpunktzahlen für die Zusatzbudgets gemäß Anlage 4 zu den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM-Ä die unbudgetierten Punktzahlanforderungen der ersten beiden Quartale des Jahres 1996 heranzuziehen waren (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 1 RdNr 12), zu keiner anderen Beurteilung. Die Zusatzbudgets orientierten sich nach der Konzeption des Normgebers nicht - wie die Praxisbudgets - an den zur Deckung des Praxisbetriebs einer Arztgruppe erforderlichen typischen Kosten, sondern sollten iS einer ergänzenden Feinsteuerung ein spezielles tatsächliches Leistungsgeschehen abbilden. Dieser konzeptionelle Unterschied erfordert es, bei der Berechnung der Zusatzbudgets gezielt den tatsächlichen Leistungsbedarf in einem noch nicht von der Budgetierung betroffenen Zeitraum zu ermitteln (so bereits BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 30 S 166 ff; aaO Nr 31 S 177), bei den Praxisbudgets dagegen jedenfalls hinsichtlich der wenigen Leistungsziffern, die bereits im ersten Halbjahr 1996 von den Teilbudgets erfasst waren (Nr 10, 11, 17, 18, 42, 44, 60, 801 und 851 EBM-Ä), die um die Teilbudgetierung bereinigten Abrechnungswerte des ersten Halbjahres 1996 heranzuziehen und so die damals entstandenen Verwerfungen im Abrechnungsverhalten (s BSGE 86, 30, 43 f = SozR 3-2500 § 83 Nr 1 S 16 f, mwN) zumindest teilweise auszugleichen. Diese differenzierte Vorgehensweise ist aber auch dadurch bedingt, dass fast alle der im ersten Halbjahr 1996 unter die Teilbudgetierung fallenden Leistungen ohnehin nicht den Zusatzbudgets nach Nr 4.1 und 4.2 der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM-Ä in der ab 1. Juli 1997 geltenden Fassung zugeordnet waren. Lediglich die Leistung nach Nr 851 EBM-Ä war auch Bestandteil des Zusatzbudgets "Psychosomatik, übende Verfahren". Da die Teilbudgetierung bezüglich Nr 851 EBM-Ä aber nur im Verbund mit den anderen Gesprächsleistungen der Nr 10, 11, 17, 18, 42 und 44 EBM-Ä erfolgte, konnte ohnehin keine Leistungsmenge lediglich für Nr 851 EBM-Ä "unter Anwendung der Teilbudgets" ermittelt werden. Insofern geht der Interpretationsbeschluss Nr 23 des Arbeitsausschusses des Bewertungsausschusses fehl, wenn darin die Heranziehung der teilbudgetierten Punktzahlanforderungen auch auf die Berechnung der Zusatzbudgets nach Anlage 4 der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM-Ä bezogen wird.

Die Auslegung der Norm iS einer Heranziehung der teilbudgetierten Abrechnungswerte des ersten Halbjahres 1996 ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Allerdings war die mit Beschluss des Bewertungsausschusses vom 13. Juni 1996 eingeführte Teilbudgetierung von bestimmten Beratungs- und Untersuchungsleistungen, soweit sie sich Rückwirkung auch für die ersten beiden Quartale des Jahres 1996 beimaß (BSGE 81, 86, 88 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 83), verfassungswidrig und deshalb unwirksam. Das hat aber lediglich zur Folge, dass die Teilbudgetierung jener Leistungen nicht der Honorarfestsetzung für die Quartale I/1996 und II/1996 zu Grunde gelegt werden durfte. Das aus den verfassungsrechtlichen Grenzen einer echten Rückwirkung, nicht etwa aus dem Regelungsgehalt der Teilbudgetierung selbst hergeleitete Anwendungsverbot für die Honorarbescheide der genannten Quartale hindert jedoch die Vertragspartner des EBM-Ä nicht daran, bei der Bestimmung der angemessenen Höhe der ab 1. Juli 1997 geltenden Praxisbudgets an die - um medizinisch nicht erklärbare Leistungsausweitungen bereinigten - Abrechnungswerte anzuknüpfen, die sich im ersten Halbjahr 1996 unter Berücksichtigung jener Teilbudgetierung ergeben hätten.

Des Weiteren ist auch die Anwendung der Mengenbegrenzungsregelungen im HVM durch die Beklagte rechtmäßig.

Bei der Beklagten bestanden in dem hier streitigen Zeitraum gesonderte, inhaltlich aber weitgehend übereinstimmende HVM für die Bereiche der Primärkassen und der Ersatzkassen. Die zum 1. Januar 1998 und zum 1. April 1998 beschlossenen Änderungen der HVM betrafen die für den Primär- und Ersatzkassenbereich identischen Mengenbegrenzungsregelungen in § 7 und § 8 HVM nicht. Zunächst war in § 7 Abs 1 HVM "ergänzend" zur Regelung in Nr 2 der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM-Ä bei der Berechnung der Praxisbudgets für Praxen mit überdurchschnittlichen Fallzahlen im Fallzahlenbereich C (alle Fälle über 150 % des regionalen Fallzahldurchschnitts) eine Absenkung der Fallpunktzahlen nicht nur - wie laut EBM-Ä - um 20 %, sondern ansteigend um bis zu 90 % vorgesehen. Die Rechtmäßigkeit dieser Begrenzungsregelung und ihre Vereinbarkeit mit den höherrangigen bundesrechtlichen Vorschriften des EBM-Ä bedarf hier allerdings keiner Erörterung, da die Klägerin wegen ihrer stets unterdurchschnittlichen Fallzahlen hiervon nicht betroffen war (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 26, 51 und 59).

Nach der weiteren Begrenzungsregelung in § 7 Abs 2 bis 7 HVM wurde in Anlehnung an die Regelungstechnik der Praxisbudgets für jede Facharztgruppe ein bestimmter Fallzahldurchschnitt und ein Fallpunktzahldurchschnitt für die vergütungsfähigen Leistungen normativ festgelegt (§ 7 Abs 3 HVM). Gemeinschaftspraxen erhielten einen um 10 % erhöhten Fallpunktzahldurchschnitt (§ 7 Abs 4 HVM), während der Fallzahldurchschnitt mit der Anzahl der Praxispartner vervielfältigt wurde (§ 7 Abs 7 HVM). Der normativ vorgegebene Fallpunktzahldurchschnitt wurde sodann nach Maßgabe der Zahl der abgerechneten Fälle praxisindividuell angepasst (quotiert), indem für die im Quartal abgerechneten Fälle des Fallzahlbereichs A (bis 50 % des Fallzahldurchschnitts der Arztgruppe) der Fallpunktzahldurchschnitt um 10 % erhöht, für die übrigen Fallzahlbereiche B (über 50 % bis 150 % des Fallzahlendurchschnitts der Arztgruppe), C (über 150 % bis 250 %) und D (über 250 % des Fallzahlendurchschnitts der Arztgruppe) dagegen um 10 %, um 20 % bis 89,3 % ansteigend bzw um 90 % abgesenkt wurde. Der auf diese Weise individualisierte Fallpunktzahldurchschnitt ergab nach Multiplikation mit der Zahl der arztindividuell im Quartal abgerechneten Fälle das Punktekontingent, für das der Arzt im Rahmen der Honorarverteilung höchstens eine Vergütung beanspruchen konnte (§ 7 Abs 6 letzter Satz HVM). Auf Antrag konnten Ausnahmen von den Begrenzungsmaßnahmen nach § 7 Abs 2 ff HVM zugelassen werden, sofern Überschreitungen vorlagen, die auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen waren. Eine Freistellung von den Begrenzungen war "bis zur Höhe des Produktes der quartalsbezogenen Durchschnittswerte der jeweiligen Arztgruppe gemäß Abs 3" möglich; die Quotierung der Fallpunktzahlen nach Fallzahlenbereichen unterblieb dann (§ 7 Abs 9 HVM).

In vergleichbarer Weise war die Mengenzuwachsbegrenzungsregelung in § 8 HVM ausgestaltet. Die Berechnung des höchstens zu vergütenden Punktzahlvolumens erfolgte nach dieser Bestimmung jedoch nicht in Relation zu den durchschnittlichen Fallzahlen und Fallpunktzahlen (Fallwerten) der Arztgruppe. Vielmehr zielte diese Regelung auf eine Begrenzung des Mengenzuwachses je Arzt, sodass als Bezugspunkt die Fallzahl und Fallpunktzahl des betroffenen Arztes im entsprechenden Quartal des Vorjahres herangezogen wurde. Die Fallzahl des Vorjahres wurde allerdings um 5 % erhöht; zudem waren die Fallzahlenbereiche B, C und D anders als in § 7 Abs 6 HVM definiert (über 50 % bis 100 %, über 100 % bis 200 % sowie über 200 % der Fallzahlen). Die Begrenzung der vergütungsfähigen Punktmenge unterblieb bei neu gegründeten Praxen in den ersten sechs Abrechnungsquartalen (§ 8 Abs 4 Satz 1 HVM). Der Vorstand der Beklagten konnte auf Antrag Abweichungen von diesen Begrenzungsregelungen festlegen, sofern Überschreitungen auf längere Praxisabwesenheit im Vorjahresquartal oder auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen waren (§ 8 Abs 4 Satz 2 HVM).

Jene Begrenzungsregelungen des HVM unterliegen nur in dem Umfang der revisionsgerichtlichen Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit, als sie in den streitigen Quartalen bei der Honorarfestsetzung der Klägerin zur Anwendung gelangten. Das ist hinsichtlich der Honorarbescheide für die Quartale IV/1997 und I/1998 die Begrenzung nach Maßgabe arztgruppenspezifischer Honorarbudgets in § 7 Abs 2 ff HVM und hinsichtlich des Honorarbescheids für das Quartal III/1998 die Begrenzung des Mengenzuwachses im Vergleich zur eigenen Abrechnung des Arztes im entsprechenden Vorjahresquartal nach § 8 HVM. Entgegen der Ansicht der Klägerin verletzen diese Bestimmungen des HVM in dem hier zu beurteilenden Umfang nicht Bundesrecht (§ 162 SGG). Rechtsgrundlage für diese Regelungen zur Honorarbegrenzung durch individuelle Leistungsbudgets ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V (idF des GRG). Der Senat hat wiederholt die Bildung individueller Budgets in einem HVM durch Begrenzung des gesamten je Arzt abrechenbaren Punktzahlvolumens gebilligt (zusammenfassend BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 53 ff). An dieser Gestaltungsmöglichkeit der Honorarverteilung haben die zum 1. Juli 1997 eingeführten Praxisbudgets grundsätzlich nichts geändert (BSG, aaO, RdNr 51 unter Hinweis auf BSGE 86, 16, 26 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 125). Die Budgets können sowohl nach Abrechnungswerten des Fachgruppendurchschnitts als auch nach eigenen Abrechnungsergebnissen des jeweiligen Arztes in vergangenen Zeiträumen bemessen werden; auch eine Kombination dieser Begrenzungsprinzipien ist möglich (BSG, aaO, RdNr 55 ff). Allerdings sind bei der Ausgestaltung der individuellen Budgets bestimmte Anforderungen zu beachten. Insbesondere muss jeder Arzt die Möglichkeit haben, durch Erhöhung der Zahl der behandelten Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Deshalb sind Ausnahmeregelungen für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen, insbesondere Praxen in der Aufbauphase, erforderlich (BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, jeweils RdNr 19 bis 21, und BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9, jeweils RdNr 18 bis 20). Überdies muss in einem HVM, der individuelle Budgets festschreibt, eine allgemeine Härteklausel enthalten sein, die es erlaubt, in besonderen Fällen Ausnahmen von einer Fallwert- und/oder Fallzahlbegrenzung zu bewilligen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 10 RdNr 16; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 53).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die von der Klägerin beanstandeten und hier entscheidungserheblichen Regelungen im HVM der Beklagten als rechtmäßig. Zunächst steht es der Wirksamkeit der Begrenzungsregelung in § 7 Abs 2 ff HVM nicht entgegen, dass die Überschrift dieser Vorschrift - "Maßnahmen zur Verhütung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit" - auf die nicht einschlägige Rechtsgrundlage des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V Bezug nimmt. Wie die Beklagte zwischenzeitlich selbst einräumt, beinhaltet die Regelung in § 7 Abs 2 ff HVM keine Begrenzung, die nur eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit und die damit verbundenen Gefahren für die Qualität der Leistungserbringung erfasst (s hierzu BSGE 89, 173, 174 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 369). Ihr Begrenzungsmechanismus setzt bereits wesentlich früher ein. Beispielsweise unterliegt eine Praxis, deren Fallzahl exakt dem Durchschnitt ihrer Arztgruppe entspricht, bereits dann der Begrenzung, wenn ihr Fallwert nur geringfügig über dem normativ festgelegten Fallpunktzahlendurchschnitt liegt; von einer übermäßigen Ausdehnung kann in einem solchen Falle keine Rede sein. Erklärtes Ziel der Regelung ist es vielmehr, mit Hilfe einer breit angelegten und strikten Beschränkung der bei der Honorarverteilung zu berücksichtigenden Punktmengen einen festen Punktwert von zumindest 7,49 DPf jedenfalls für die der Praxisbudgetierung unterfallenden Leistungen garantieren zu können und den Punktwert für die übrigen Leistungen zugleich zu stabilisieren (§ 6 Abs 4 Satz 3 iVm § 9 Abs 5 HVM). Die somit den Inhalt der Norm nicht zutreffend wiedergebende Ausgestaltung der Überschrift von § 7 HVM hat auf die Wirksamkeit der Regelung jedoch keine Auswirkung, da für den HVM als Satzung das Zitiergebot des Art 80 Abs 1 Satz 3 Grundgesetz nicht gilt (BSGE 89, 173, 181 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 376 f).

Dem in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobenen Einwand, nicht der tatsächliche Regelungsgehalt, sondern der in ihrer Überschrift zum Ausdruck gekommene "grundsätzliche Regelungswille des Normgebers" bestimme die Maßstäbe zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer untergesetzlichen Norm, ist nicht zu folgen. Gegenstand der inzidenten Normenkontrolle im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Honorarbescheids ist nicht das Wollen des Normgebers, sondern die Norm selbst in ihrer konkreten Ausprägung und Wirkungsweise, soweit sie für den Erlass des Verwaltungsakts von Bedeutung ist. Ist diese Norm in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, etwa weil ein gesetzliches Gebot zur Zitierung der - zutreffenden - Rechtsgrundlage nicht besteht, so können die Maßstäbe für die Prüfung auf ihre materielle Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht nur im Lichte der durch diese Norm bewirkten Rechtsfolgen bestimmt werden.

Da die Regelung in § 7 Abs 2 ff des HVM der Beklagten inhaltlich keine Maßnahme zur Verhütung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit darstellt, geht auch die weitere Rüge der Klägerin fehl, dass sie den Anforderungen der Rechtsprechung an die vorherige Festlegung eines festen Grenzbetrages nicht genüge und schon deshalb unwirksam sei (vgl BSG SozR 3-2200 § 368f Nr 3 S 5 ff).

Auch der Umstand, dass in § 7 Abs 2 ff und in § 8 HVM zwei unterschiedliche Mengenbegrenzungsmechanismen enthalten sind, führt nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Regelungen. Die Regelungen stehen im HVM gleichwertig nebeneinander, sodass nicht von vornherein nach dem Grundsatz der Spezialität nur eine von ihnen im Einzelfall heranzuziehen ist (vgl § 7 Abs 10 HVM). Beide Vorschriften gründen auf derselben Regelungstechnik eines praxisindividuellen Leistungsbudgets, dessen Volumen sich aus dem Produkt der in dem betreffenden Quartal von dem Vertragsarzt individuell abgerechneten und nicht begrenzten Fallzahl und einem begrenzten Fallpunktwert (Fallwert) errechnet. Unterschiedlich ist lediglich der Ansatzpunkt der Fallwertbegrenzung; sie erfolgt einerseits im Vergleich zu einem normativ festgelegten Durchschnittswert der Arztgruppe, andererseits - unter dem besonderen Aspekt der Zuwachsbegrenzung - im Vergleich zum eigenen Fallwert des Arztes im Vorjahr. Beide Begrenzungsmechanismen sind durch die Steuerungszwecke der Honorarverteilung gerechtfertigt. Sie können auch in Kombination miteinander eingesetzt werden, sofern sie sich in ihren Wechselwirkungen nicht in einem solch erheblichen Ausmaß gegenseitig verstärken, dass eine unzumutbare Belastung zu besorgen ist (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 58). Eine solche wechselseitige Verstärkung der Begrenzungsregelungen ist nach dem HVM der Beklagten jedoch ausgeschlossen. Weil beide Regelungen im Ergebnis zur Festlegung einer maximal bei der Honorarverteilung zu berücksichtigenden Punktzahlobergrenze führen und nicht einen absoluten Kürzungsbetrag festsetzen, kann auch die gleichzeitige Anwendung beider Begrenzungsmechanismen immer nur eine bei der Honorarverteilung maßgebliche Begrenzung ergeben. Das ist zwangsläufig der niedrigere der beiden Punktzahlgrenzwerte; der jeweils höhere Punktzahlgrenzwert entfaltet nach Ausschöpfung des kleineren Budgets naturgemäß keine Wirkung mehr. Eine Kumulation von Belastungen kann deshalb nicht eintreten. Dieses Ergebnis ist für den betroffenen Arzt auch ohne weiteres erkennbar. Eine Kollision mit dem Grundsatz der Normenklarheit (vgl hierzu BVerfGE 21, 73, 79; 108, 1, 20) besteht daher nicht.

Die Begrenzungsregelungen in § 7 Abs 2 ff des HVM der Beklagten nimmt auch in ausreichendem Maß Rücksicht auf umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen. Das folgt bereits daraus, dass auf Grund der Struktur der auf den Durchschnitt der Arztgruppe bezogenen Regelung eine Begrenzung nicht eintreten kann, solange die Fallzahl einer Praxis kleiner oder genauso groß ist wie der Fallzahldurchschnitt ihrer Arztgruppe (in diesem Fall ergibt die Quotierung nach Fallzahlenbereichen stets einen Wert größer oder gleich 1) und zugleich der individuelle Fallwert dieser Praxis den Fallpunktzahlendurchschnitt der Arztgruppe nicht übersteigt. Die Erreichung zumindest des Durchschnittsumsatzes der Arztgruppe bleibt deshalb prinzipiell ohne Begrenzungen möglich.

Bei der praxisbezogenen Mengenzuwachsbegrenzungsregelung in § 8 HVM verhält es sich hingegen anders. Soweit in § 8 Abs 4 Satz 1 HVM neu gegründete Praxen in der Aufbauphase nur für die Dauer von sechs Quartalen von der Zuwachsbegrenzung freigestellt werden, genügt dies nicht den Erfordernissen der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Der Senat hat insoweit einen Zeitraum von wenigstens drei Jahren für erforderlich gehalten (BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, jeweils RdNr 23, unter Bezugnahme auf BSGE 83, 52, 58 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 208; BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9, jeweils RdNr 18). Auch die anschließend eingeräumte Zuwachsmöglichkeit von 5 % gegenüber der arztindividuellen Fallzahl des Vorjahresquartals (§ 8 Abs 2 Satz 1 HVM) ist problematisch, weil sie sich nicht auf den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe bezieht, dessen Erreichung in angemessener Frist ermöglicht werden muss (BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, jeweils RdNr 20; BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9, jeweils RdNr 18 f). Indes bestand die Praxis der Klägerin im hier für die Begrenzung nach § 8 HVM allein maßgeblichen Quartal III/1998 bereits seit fünf Jahren und wies zwar unterdurchschnittliche Fallzahlen, aber infolge ihrer Konzentration auf ambulante Operationen einen um ein Vielfaches über dem Durchschnitt der Arztgruppe liegenden Fallwert auf. Eine vom Umsatz her unterdurchschnittliche Praxis, die der besonderen Rücksichtnahme bedarf, lag deshalb nicht vor. Mithin kann sich aus einem insoweit bestehenden Regelungsdefizit im HVM der Beklagten keine Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin ergeben haben (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 10 RdNr 18; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 59).

Der weiteren von der Klägerin in diesem Zusammenhang erhobenen Forderung, im Rahmen der arztindividuellen Begrenzungsregelung müsse nicht nur eine gewisse Fallzahlsteigerung, sondern bei konstanter Fallzahl auch ein gewisser Mengenzuwachs ermöglicht werden, wird die Regelung in § 8 Abs 2 Satz 1 des HVM der Beklagten gerecht. Dort wird bei der Berechnung des Individualbudgets zwar nur die arztindividuelle Fallzahl des Vorjahresquartals um 5 % aufgestockt, dies aber selbst dann, wenn sie sich tatsächlich nicht erhöht hat oder sogar gesunken ist. Im Falle von unterdurchschnittlichen, aber im Zeitverlauf gleich bleibenden Fallzahlen bewirkt diese Regelung somit gleichwohl eine Erhöhung der abrechenbaren Punktmenge und damit auch einen in gewissem Mindestmaß erhöhten Fallwert. Wenn die Klägerin im Quartal III/1998 trotz eines Rückgangs der individuellen Fallzahl gegenüber dem Vorjahresquartal um ca 8 % der Mengenzuwachsbegrenzung unterlag, dann nur deshalb, weil ihr Fallwert in demselben Zeitraum um 15,4 % und damit deutlich stärker anstieg. Das widerspricht nicht dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 10 RdNr 17 zum spiegelbildlichen Fall hoher Fallzahlsteigerungen, aber unterdurchschnittlicher Fallwerte).

Schließlich enthielt der HVM der Beklagten hinsichtlich der Mengenzuwachsbegrenzungsregelung in § 8 Abs 4 Satz 2 auch die erforderliche allgemeine Härteklausel, welche es ermöglichte, in besonderen Fällen Ausnahmen von der Honorarbegrenzung zu bewilligen. Die Beklagte hat davon im Quartal III/1998 zumindest im Widerspruchsverfahren Gebrauch gemacht und im Wege der Teilabhilfe diejenige Punktmenge von der Begrenzung frei gestellt, die auf das seit dem Vorjahresquartal veränderte Leistungsspektrum der Klägerin - Erteilung der Sonographie-Genehmigung an einen der Praxispartner, Erhöhung zweier Zusatzbudgets - zurückzuführen war. Einwendungen gegen diese Entscheidung oder die ihr zu Grunde liegende Berechnung hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht.

Dagegen war die in § 7 Abs 9 HVM enthaltene Ausnahmeregelung für die fachgruppenbezogene Mengenbegrenzung nicht als allgemeine Härteklausel ausgestaltet. Ihr Wortlaut gestattete es lediglich, im Falle des Vorliegens von Praxisbesonderheiten "Ausnahmen bis zur Höhe des Produktes der quartalsbezogenen Durchschnittswerte der jeweiligen Arztgruppe" zuzulassen, wobei die Quotierung des Fallpunktzahldurchschnitts nach Fallzahlbereichen (§ 7 Abs 6 HVM) dann unterblieb. Nach jener Regelung konnte den Besonderheiten und Härten im Einzelfall nur insoweit Rechnung getragen werden, als maximal der Fallzahl- und Fallpunktzahldurchschnitt der jeweiligen Arztgruppe heranzuziehen war; die Berücksichtigung einer vom Durchschnitt der Arztgruppe deutlich abweichenden Praxisstruktur war danach nicht in vollem Umfang möglich. Die Beklagte hat allerdings zumindest im Falle der atypischen Praxis der Klägerin diese Regelung nicht entsprechend ihrem Wortlaut, sondern ohne Rücksicht auf die dort enthaltene Begrenzung der Ausnahmemöglichkeit faktisch iS einer allgemeinen Härteklausel angewandt (vgl dazu Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - B 6 KA 84/03 R -, Umdruck S 20/21). Mithin hatte das Fehlen einer allgemeinen Härteklausel in § 7 des damals geltenden HVM der Beklagten keine Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin zur Folge.

Darüber hinaus ist auch der Inhalt der Härtefallentscheidungen, welche die Beklagte hinsichtlich der Mengenbegrenzungen nach § 7 Abs 2 ff HVM in den Quartalen IV/1997 und I/1998 im Wege der Teilabhilfe getroffen hat, im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Beklagte ist jedenfalls in den Widerspruchsbescheiden davon ausgegangen, dass die Praxis der Klägerin in wesentlichem Umfang durch ambulante Operationen und durch die Belegarzttätigkeit geprägt ist und deshalb vom durchschnittlichen Spektrum einer Augenarztpraxis deutlich abweicht. Sie hat damit zu Recht angenommen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme von der Mengenbegrenzung nach Maßgabe des Fallpunktzahldurchschnitts der Arztgruppe vorlagen, sodass der Umfang einer Befreiung nach pflichtgemäßem Ermessen entsprechend dem Zweck der Begrenzungsregelung festzulegen war. Die Beklagte hat ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie die Kürzung der bei der Honorarverteilung zu berücksichtigenden Punktmengen infolge der Mengenbegrenzungsregelung auf einen Restbetrag von 10 % des regulären Kürzungsumfangs reduziert hat. Zur Begründung dieser Ermessensentscheidung hat sie im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass der Klägerin trotz der vorliegenden Praxisbesonderheiten eine Steuerung der Leistungsmenge in gewissem Umfang möglich sei. Im Verfahren vor dem Berufungsgericht hat die Beklagte ergänzend vorgetragen, mit der Belassung einer Restkürzung in Höhe von 10 % habe vor allem auch dem Umstand Rechnung getragen werden sollen, dass auch die Klägerin von der Punktwerterhöhung um mindestens 20 % gegenüber den unbudgetierten Vorjahresquartalen, die nur durch die Mengenbegrenzung bei allen Augenärzten habe erreicht werden können, profitiert habe. Da die Klägerin neben ihrer ambulanten Operationstätigkeit teilweise auch durchschnittliches augenärztliches Patientenklientel behandele, müsse sie gleichfalls mit einem gewissen Kürzungsbetrag zu dieser Punktwertstabilisierung beitragen.

Bei der Überprüfung dieser Ermessensentscheidungen sind die Gerichte nicht darauf beschränkt, nur die Gründe in der Form zu würdigen, wie sie gemäß § 35 Abs 1 Satz 3 SGB X in der schriftlichen Begründung der Bescheide ihren Niederschlag gefunden haben. Jedenfalls dann, wenn die bei Erlass der Bescheide von der Behörde tatsächlich angestellten Erwägungen lediglich unvollständig oder unklar in der Begründung wiedergegeben wurden, können sie auch noch im Laufe des anschließenden Gerichtsverfahrens in den Tatsacheninstanzen präzisiert oder ergänzt werden (Nachholung der Begründung gemäß § 41 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB X, s hierzu von Wulffen/Wiesner, SGB X, 5. Aufl 2005, § 41 RdNr 7; Castendiek in SGG, Handkommentar, 1. Aufl 2003, § 54 RdNr 35; ausdrücklich in diesem Sinne § 114 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung). Dementsprechend ist die von der Beklagten vor dem LSG vorgetragene ergänzende Erläuterung für die Belassung der Punktmengenkürzung von 10 % hier in die Beurteilung mit einzubeziehen.

Diese Begründung lässt Ermessensfehler iS von § 54 Abs 2 Satz 2 SGG, welche zur Rechtswidrigkeit der Härtefallentscheidung führen könnten, nicht erkennen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, hat die Beklagte ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Härtefallregelung ausgeübt. Die Funktion der Härtefallklausel besteht darin, im atypischen Einzelfall mögliche unbillige Belastungen einer generell gerechtfertigten Regelung zu verhindern. Eine zweckentsprechende Umsetzung der Härtefallklausel darf deshalb nicht nur die Umstände im Blick haben, welche die Abweichung vom typischen Fall und die dadurch hervorgerufene Belastung ausmachen. Vielmehr ist es gerechtfertigt und geboten, ebenso die gegebenenfalls vorhandenen günstigen Auswirkungen der Regelung auch in den atypischen Fällen mit in die Ermessensentscheidung einzustellen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Entscheidung über den Umfang der Befreiung der Klägerin von der Mengenbegrenzung auch berücksichtigt hat, dass die Begrenzungsregelung selbst dem billigenswerten Ziel der Punktwertstabilisierung diente und diese Wirkung der Klägerin gleichfalls zugute kam. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang den Umfang der durch die Mengenbegrenzungsregelungen bewirkten Punktwertanhebung auch für die Klägerin mit zumindest 20 % festgestellt und andererseits den von ihr in Form von Mengenbegrenzungen beizusteuernden "Eigenanteil" lediglich in Höhe von 10 % ihrer abrechnungsfähigen Punktmenge bemessen hat, so überschreitet dies nicht die Grenzen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung.

Entgegen dem Vorbringen der Revision war die Beklagte nicht verpflichtet, im Rahmen der Härtefallentscheidung in derselben Weise wie bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung die von ihr anerkannten Praxisbesonderheiten betragsmäßig zu quantifizieren. Die Praxisbesonderheiten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten oder nach Richtgrößen (§ 106 Abs 2 Nr 1, Abs 5a SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) haben eine grundlegend andere Funktion als die in § 7 Abs 9 HVM genannten Praxisbesonderheiten. Die Praxisbesonderheiten in der Wirtschaftlichkeitsprüfung dienen dazu, im Einzelfall den mit Hilfe von Richtgrößen oder Durchschnittswerten begründeten Anscheinsbeweis einer in bestimmtem Umfang vorliegenden Unwirtschaftlichkeit der Behandlungs- oder Verordnungsweise des Vertragsarztes zu widerlegen, indem ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf des eigenen Patientenklientels sowie die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden. Dem gegenüber haben die Praxisbesonderheiten im Rahmen der Honorarverteilung mit der Frage der Wirtschaftlichkeit nichts zu tun; sie sind hier Synonym für atypische Umstände, die eine ermessensgeleitete Härtefallentscheidung in Abweichung von den generellen Verteilungsregelungen auslösen. Diese Unterschiede verbieten es, die für die Wirtschaftlichkeitsprüfung entwickelten Grundsätze zur Quantifizierung der Praxisbesonderheiten in den Bereich der Honorarverteilung zu übertragen. Die Kriterien für die Rechtmäßigkeit der Härtefallentscheidung sind vielmehr durch den ihr innewohnenden Ermessensspielraum und damit letztlich durch die Maßstäbe in § 54 Abs 2 Satz 2 SGG vorgegeben. Da die Beklagte diese Maßstäbe beachtet hat, sind die angefochtenen Honorarbescheide insgesamt rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).

Ende der Entscheidung

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