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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 12.09.2001
Aktenzeichen: B 6 KA 89/00 R
Rechtsgebiete: BMV-Ä, EKV-Ä


Vorschriften:

BMV-Ä § 24
EKV-Ä § 27
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 12. September 2001

Az: B 6 KA 89/00 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Clemens und Dr. Kretschmer sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Deppisch-Roth und den ehrenamtlichen Richter Dr. Bluttner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 22. November 2000 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Laboruntersuchungen.

Der Kläger ist im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Gynäkologe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er verfügt über eine Weiterbildung in gynäkologischer Endokrinologie und Reproduktionsmedizin sowie über den Fachkundenachweis für Laboruntersuchungen nach den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) für die Durchführung von Laboratoriumsuntersuchungen (Labor-RL). Im Januar 1999 berichtigte die Beklagte seine Honoraranforderungen für das Quartal III/1998 bei den von ihm auf den Auftrag anderer Vertragsärzte hin erbrachten Leistungen des Speziallabors nach Abschn O III des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä), da diese Leistungen für ihn fachfremd seien.

Der Kläger erhob gegen die Honorarkürzung Widerspruch, den die Beklagte als unbegründet zurückwies: Sie habe alle Frauenärzte ihres Bezirks bereits im Oktober 1997 schriftlich darüber informiert, dass Auftrags-Laborleistungen von anderen Ärzten als Laborärzten nicht abgerechnet werden dürften. Diese Beschränkung werde durch ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 13. November 1991 gestützt. Betreibe ein Gynäkologe ein Auftragslabor, verlagere er seine Praxistätigkeit unzulässig in den Kernbereich von Laborärzten; Laborleistungen dürfe er nur bei eigenen Patientinnen erbringen (Widerspruchsbescheid vom 13. April 1999).

In der Folgezeit berichtigte die Beklagte die Honoraranforderungen des Klägers bei den auf Auftrag hin erbrachten Laborleistungen nach Abschn O III EBM-Ä ebenso für die Quartale IV/1998 bis III/1999. Seine Widersprüche blieben gleichermaßen sämtlich ohne Erfolg (Widerspruchsbescheide vom 17. August und 19. Oktober 1999 sowie vom 10. Mai und 13. Juni 2000).

Der Kläger hat dagegen jeweils Klage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte unterscheide unzulässig zwischen der Erbringung von Laborleistungen bei eigenen und fremden Patientinnen. Ihre Auffassung beruhe allein auf der Beschwerde von Laborärzten, dass die Laborleistungen anderer Fachärzte den für ihr Fachgebiet bereitstehenden Honorartopf schmälerten. Inhalt und Grenzen der Tätigkeit eines Vertragsarztes richteten sich aber nach dem jeweiligen landesrechtlich geregelten ärztlichen Berufsrecht. Laboruntersuchungen gehörten nach der Weiterbildungsordnung (WBO) der Ärztekammer des Saarlandes auch zum Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Er (der Kläger) sei zudem nach §§ 24, 25 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) berechtigt, Laborleistungen auf Überweisung von Fachkollegen zu erbringen. Es gebe keine Rechtsgrundlage, die auftragsweise zu erbringende Laboruntersuchungen den Laborärzten vorbehalte. Die Differenzierung der Labor-RL zwischen Eigen- und Auftragslabors sei 1994 entfallen. Er (der Kläger) genieße im Übrigen Vertrauensschutz, weil er das Schreiben der Beklagten von Oktober 1997 nicht erhalten und erst im September 1999 von deren geänderter Rechtsansicht erfahren habe.

Das Sozialgericht (SG) hat - nach Verbindung der einzelnen Klagen - dem Begehren des Klägers stattgegeben und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide verurteilt, die von ihm in den streitigen Quartalen nach Abschn O III EBM-Ä erbrachten Auftragslaborleistungen (einschließlich Versandkostenpauschale) zu vergüten. Nach § 24 Abs 4 Nr 1 BMV-Ä und § 27 Abs 4 Nr 1 EKV-Ä sei die Überweisung an einen anderen Arzt derselben Fachgruppe zur Inanspruchnahme besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulässig. § 25 BMV-Ä enthalte für die Erbringung von Laborleistungen keine Einschränkungen. Zwar müsse sich der zugelassene Vertragsarzt auf ein Fachgebiet beschränken, so dass fachfremde Tätigkeiten keinen Honoraranspruch auslösten. Was Gegenstand des ärztlichen Fachgebiets sei, ergebe sich aus den jeweiligen WBOen und den dazugehörigen Richtlinien des Landesrechts. Danach sei die Erbringung von Leistungen nach Abschn O III EBM-Ä der Gynäkologie zuzurechnen. Dem LSG NRW sei nicht zu folgen, da für die Differenzierung zwischen Eigen- und Auftragsleistungen eine gesetzliche Grundlage fehle und auch den Bundesmantelverträgen Entsprechendes nicht zu entnehmen sei. Eine Begrenzung der ärztlichen Berufsausübung sei zudem nur im Interesse der Volksgesundheit möglich. Daher sei in den Bundesmantelverträgen bestimmt, dass eine Überweisung innerhalb derselben Arztgruppe nur zulässig sei, wenn sie dazu diene, besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden einzusetzen. Eine darüber hinausgehende Aufteilung der Facharztgebiete in Rand- und Kernbereiche sei nicht praktikabel, wie sich zB an den in vielfältiger Weise spezialisierten Internisten zeige. Die Zuweisung eines Vorbehaltsbereichs an Laborärzte gestatte keine Beschränkung der Gynäkologen; denn ein solcher Vorbehaltsbereich sei nur Reflex des Anliegens, allein fachlich qualifizierte Ärzte zur Behandlung zuzulassen. Da der Kläger die Qualifikation zur Erbringung von Leistungen nach Abschn O III EBM-Ä besitze, rechtfertige der Patientenschutz seinen Ausschluss von Laboruntersuchungen für fremde Patientinnen nicht (Urteil vom 22. November 2000).

Hiergegen richtet sich die Sprungrevision der Beklagten. Sie bekräftigt ihre Auffassung, dass die von dem Kläger auf Überweisung hin erbrachten Laborleistungen fachfremd seien und daher nicht vergütet werden könnten. Für die Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von Laborärzten und Gynäkologen sei entscheidend, dass Letztere neben Laborleistungen weitere diagnostische, therapeutische, präventive oder sonstige Maßnahmen ergreifen müssten; diese Ärzte sollten Patientinnen selbst behandeln und anders als Laborärzte nicht nur den behandelnden Arzt unterstützen. Die WBO sehe die Tätigkeit des Gynäkologen als Einheit, weil sie ihm Prävention, Diagnostik und Therapie insgesamt zuweise. Isolierte diagnostische Hilfeleistungen seien dagegen den Laborärzten vorbehalten, es sei denn, es handele sich um eigene Patientinnen des Gynäkologen. Diese Auffassung habe 1997 auch die Bundesärztekammer vertreten. Aus § 24 BMV-Ä und § 27 EKV-Ä ergebe sich nichts Anderes, weil diese Vorschriften die Grenzen der fachlichen Zuständigkeit des Überweisungsempfängers nicht erweitern könnten. Auch das SG habe es für möglich gehalten, dass die Fachgebietsgrenzen verlassen würden, wenn ein Gynäkologe nur noch Laborleistungen erbrächte.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 22. November 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er weist darauf hin, dass er seine Praxis nicht auf die Erbringung von Laborleistungen für Dritte ausgerichtet habe; die Beklagte habe ihm nämlich zB für die streitigen Quartale III/1998 bis III/1999 lediglich 43.938,51 DM nachgezahlt. Die Fachfremdheit einer Leistung hänge nicht davon ab, ob sie für eine eigene oder eine fremde Patientin bestimmt sei. Die von ihm erbrachten Laborleistungen fielen in das gynäkologische Fachgebiet, weil sie in der WBO dort aufgeführt seien. Wenn die WBO die Leistungen bei den Laborärzten ebenfalls nenne, bedeute das nicht, dass diese Tätigkeiten ausschließlich von dieser Fachgruppe erbracht werden dürften. Aus dem für Gynäkologen einschlägigen Weiterbildungsrecht ergebe sich auch nicht, dass sie die Gegenstände ihres Fachgebiets stets als Einheit anbieten müssten. So sei es zB denkbar, Präventionsleistungen ohne Diagnostik und Therapie oder diagnostische Leistungen ohne Therapie zu erbringen. Ein Gynäkologe dürfe daher diagnostische Maßnahmen eines Fachkollegen unterstützen. Mittlerweile teilten die Rechtsberater der Ärztekammern einhellig diese Rechtsauffassung. Das nicht überzeugende Urteil des LSG NRW habe dagegen Leistungen betroffen, bei denen bereits die Zugehörigkeit zur Gynäkologie fraglich sei.

II

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das SG sie unter Änderung der streitbefangenen Honorarbescheide verurteilt, dem Kläger sämtliche in den Quartalen III/1998 bis III/1999 nach Abschn O III EBM-Ä erbrachten Laborleistungen (einschließlich Versandkostenpauschale) zu vergüten.

Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig, weil die Beklagte die Honoraranforderungen des Klägers nicht um die Vergütung der von ihm auf Überweisung anderer Ärzte hin erbrachten Laborleistungen nach Abschn O III EBM-Ä kürzen durfte; weder sind diese Leistungen für ihn fachfremd noch ergibt sich aus sonstigen Rechtsvorschriften ein Vergütungsausschluss.

Als Rechtsgrundlage für eine Absetzung der streitigen Leistungen von den Honoraranforderungen des Klägers kommen ausschließlich § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä in Betracht. Nach diesen im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften berichtigt die KÄV die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Eine rechtmäßige Honorarkürzung setzte demnach voraus, dass der Kläger die von ihm erbrachten vertragsärztlichen Leistungen fehlerhaft bzw zu Unrecht zur Abrechnung gebracht hätte. Das ist indessen nicht der Fall.

Die vom Kläger ausgeführten Laborleistungen nach Abschn O III EBM-Ä waren insbesondere nicht fachfremd. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats dürfen Vertragsärzte nicht in ihr Fachgebiet fallende Leistungen grundsätzlich nicht abrechnen, auch ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Regelung bedarf (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 34; BSGE 84, 290, 291 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 85). Dieser Vergütungsausschluss soll - in Anbetracht des Umstandes, dass die fachärztliche Versorgung (vgl § 73 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>) in verschiedene Fachdisziplinen aufgeteilt ist, die einer sachgerechten und klaren Abgrenzung bedürfen - sicherstellen, dass Vertragsärzte nur Leistungen aus dem Fachgebiet erbringen, für das sie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Der über die Frage der Fachfremdheit von konkreten Behandlungsmaßnahmen entscheidende Tätigkeitsrahmen eines Gebietsarztes wird durch die auf landesrechtlicher Grundlage beruhende Fachgebietsbezeichnung begrenzt; dieses gilt auch, soweit es in der Eigenschaft als Vertragsarzt erbrachte Leistungen anbelangt (vgl zuletzt BSGE 84, 290, 292 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 85 f mwN; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 7 S 27). Die Berufsordnungen der Länder normieren auf der Grundlage von Ermächtigungen in den Heilberufs- bzw Kammergesetzen die Verpflichtung derjenigen Ärzte, die - wie der Kläger als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe - Gebietsbezeichnungen führen, ihre Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken.

Anknüpfend an diese Rechtsprechung des Senats ist das SG in seinem Urteil der Sache nach davon ausgegangen, dass sich diese Verpflichtung für den Kläger aus der WBO der Ärztekammer des Saarlandes für die Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes ergibt und dass die Erbringung von Laborleistungen nach Abschn O III EBM-Ä grundsätzlich auch zum Fachgebiet der Gynäkologie gehört (Abschn 1 Nr 9 der WBO); dem tritt auch die Beklagte nicht entgegen. Die entsprechende Vorschrift der WBO stimmt mit der Regelung der vom 95. Deutschen Ärztetag 1992 beschlossenen Musterweiterbildungsordnung (Muster-WBO) überein (vgl zur Funktion der Muster-WBO: BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 16 S 84; Urteil des Senats vom 12. September 2001 - B 6 KA 64/00 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Muster-WBO verlangt unter Abschn I Nr 9. "Frauenheilkunde und Geburtshilfe" in der fünfjährigen Weiterbildungszeit ua Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Prävention, Diagnostik und Therapie von Krankheiten des Fachgebiets "einschließlich der gebietsbezogenen Sonographie und Laboratoriumsuntersuchungen"; unter Abschn I Nr 9.1. (9. Spiegelstrich) werden zudem ua eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in "der Methodik und Durchführung des speziellen Labors des Gebietes sowie der Bewertung der Befunde" gefordert. Die zu der Muster-WBO geschaffenen Richtlinien der Bundesärztekammer ergänzen dieses und führen unter Abschn I Nr 9.1.1 "Untersuchungsverfahren und Behandlungsverfahren in der Frauenheilkunde" zahlreiche Untersuchungsarten im Einzelnen auf. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kläger durchgeführten Untersuchungen nicht einer Diagnosestellung auf gynäkologischem Gebiet dienten, liegen nicht vor.

Die Zuordnung der durchgeführten Untersuchungen zum Fachgebiet der Gynäkologie ändert sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deswegen, weil nach den für die Laboratoriumsmedizin geltenden Bestimmungen der WBO der Ärztekammer des Saarlandes und der Muster-WBO unter Abschn I Nr 20 speziell die Tätigkeit eines Laborarztes auf die "Beratung und Unterstützung der ... in der Krankenbehandlung tätigen Ärzte" ausgerichtet ist. Denn selbst wenn die WBO positiv den Inhalt eines bestimmten Fachgebiets beschreibt, wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass - wie hier - insbesondere beim Zusammentreffen mit rein diagnostischen ärztlichen Fachdisziplinen einzelne ärztliche Aufgaben kraft expliziter Regelung gleichermaßen in die Zuständigkeit anderer Fachgebiete fallen können. Auf diese Weise sind aus übergeordneten medizinischen Gründen auch Gebietsüberschneidungen und Mehrfachzuständigkeiten denkbar, ohne dass Angehörigen von diagnostisch ausgerichteten Facharztgruppen - wie Laborärzten - deshalb die Befugnis zur ausschließlichen Leistungserbringung zuzuerkennen wäre. Es sind im Übrigen keine berufsrechtlichen Bestimmungen des Inhalts ersichtlich, dass Gynäkologen sich in ihrer ärztlichen Tätigkeit im einzelnen Behandlungsfall nicht auf bloße Diagnostik beschränken dürften, sondern gehalten wären, neben Laborleistungen immer zusätzlich therapeutische, präventive oder sonstige Maßnahmen zu ergreifen.

Nicht zu folgen ist schließlich der Auffassung der Beklagten, bereits aus dem für Gynäkologen geltenden Weiterbildungsrecht folge, dass Ärzte dieses Fachgebiets Spezial-Laborleistungen nicht auf Überweisung anderer Ärzte hin erbringen dürften. Sie verkennt, dass die berufsrechtliche Frage der inhaltlichen Abgrenzung einzelner medizinischer Fachdisziplinen ebenso wie die Frage, ob der Kläger über die fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten für bestimmte ärztliche Verrichtungen verfügt, hier - wie dargestellt - normativ geklärt ist. Die fachliche Zuordnung dieser ärztlichen Tätigkeit (auch) zur Gynäkologie ist berufsrechtlich aber nicht von der Art und Weise der Leistungserbringung abhängig (zB als Krankenhausarzt, als zugelassener Vertragsarzt oder als privatärztlicher Leistungserbringer); diese Zuordnung wird insbesondere nicht dadurch hinfällig, dass bestimmte Laboruntersuchungen auf den Auftrag eines anderen Facharztes hin erbracht werden. Das Verbot der Behandlung auf Überweisung betrifft den Kläger vielmehr vornehmlich in seiner Stellung als Vertragsarzt und kann in erster Linie dort zu rechtlich unterschiedlichen Formen der Leistungserbringung führen (vgl zur Unterscheidung der Leistungserbringung in Original- und Überweisungsfällen BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 164 f). So hat der Senat die Befugnis eines Vertragsarztes, nur auf Überweisung hin tätig zu werden oder auch Originalfälle behandeln zu dürfen, wiederholt weder unter berufsrechtlichem noch unter rein vergütungsrechtlichem Blickwinkel beurteilt, sondern allein im Zusammenhang mit seinem Zulassungsstatus gewürdigt (BSGE 43, 247, 249 = SozR 2200 § 368f Nr 5 S 7 <Röntgenarzt>; BSGE 58, 18, 21 = SozR 2200 § 368g Nr 13 S 18 <Radiologe>; BSGE 68, 190, 193 = SozR 3-2500 § 95 Nr 1 S 5 <Schmerztherapeut>; BSGE 78, 91, 93 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2 S 5 <Laborarzt>).

Neben dem ärztlichen Berufsrecht bietet auch das Vertragsarztrecht keine normative Grundlage dafür, die von dem Kläger auf den Auftrag anderer Vertragsärzte hin erbrachten Laborleistungen nach Abschn O III EBM-Ä als nicht abrechenbar einzustufen. Eine solche Rechtsgrundlage wäre allerdings erforderlich. Zwar muss das konkrete Leistungsangebot der Praxis eines Vertragsarztes stets so ausgerichtet sein, dass überhaupt von einer Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt iS von § 95 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 iVm § 73 Abs 1 SGB V gesprochen werden kann, dh, dass er die für das Fachgebiet wesentlichen Leistungen anbietet und erbringt (so vor allem Urteil des Senats vom 14. März 2001 - B 6 KA 54/00 R - <zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen>). Innerhalb dieses Rahmens gehört es aber grundsätzlich zur durch Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) geschützten Berufsausübungsfreiheit des Vertragsarztes, welche der auf seinem Fachgebiet liegenden Tätigkeiten er bevorzugt ausüben bzw wie er seine Praxis konkret ausrichten will (so bereits BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 20 S 104 f mwN; SozR 3-2500 § 95 Nr 22 S 96 <für die Doppelzulassung auf zwei Fachgebieten>; vgl auch BSGE 81, 86, 93 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 89). Da die vom Kläger zur Abrechnung gebrachten Leistungen - wie dargelegt - von seinem Fachgebiet mitumfasst sind, bedürfte die gleichwohl vorgenommene Beschränkung seiner ärztlichen Labortätigkeit mittels eines Vergütungsausschlusses wegen Art 12 Abs 1 Satz 2 GG der Regelung durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes (zB auch durch Richtlinien oder eine gesamtvertragliche Regelung); die Anforderungen an die den Eingriff rechtfertigende Norm wären dann darüber hinaus von dessen Intensität abhängig (vgl zB BVerfGE 7, 377, 403; BSGE 78, 91, 94 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2; BSGE 82, 55, 60 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9 S 42, mwN; zuletzt Urteil des Senats vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 24/00 R - SozR 3-2500 § 135 Nr 16 S 88).

Eine gesetzliche Vorschrift des Vertragsarztrechts, die explizit oder mittelbar regelt, dass die vom Kläger auf Überweisung hin erbrachten Leistungen des Speziallabors von der Honorierung ausgeschlossen sind, besteht nicht. Allein das in § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V verankerte Facharztprinzip mit seiner Zuordnung bestimmter ärztlicher Leistungen zu bestimmten Fachgebieten gibt in seiner Allgemeinheit dafür nichts her; zudem geht das insoweit ergänzend heranzuziehende ärztliche Berufsrecht gerade von der Zulässigkeit der Leistungserbringung aus. Entgegen dem von der Beklagten angeführten Urteil des LSG NRW (vom 13. November 1991 - L 11 Ka 107/88 - <unveröffentlicht>) könnte auch aus einer Zuordnung des Speziallabors "nur zum Randbereich" des gynäkologischen Fachgebiets ein Verbot speziell der auftragsweisen Erbringung von Leistungen des Speziallabors nicht abgeleitet werden. Gleich, ob man diese Leistungen mit zum Kernbereich der Gynäkologie rechnen will (weil die Muster-WBO insoweit nicht nur "einfache", sondern "eingehende" - also qualifizierte - Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten des Frauenarztes verlangt) oder sie dort nur im Randbereich verortet (weil zur Abrechenbarkeit im Vertragsarztrecht nach den Labor-RL zusätzliche Fachkundenachweise erforderlich sind <vgl BSGE 82, 55, 59 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9 S 42 und SozR aaO Nr 15 S 78 f>), entbindet jedenfalls eine solche Differenzierung mit Rücksicht auf Art 12 Abs 1 Satz 2 GG nicht davon, dass Entsprechendes (überhaupt) normativ einfachgesetzlich oder untergesetzlich verankert ist.

Auch untergesetzliche Bestimmungen im Bereich des Vertragsarztrechts bieten keine Grundlage dafür, dem Kläger die Abrechenbarkeit der auf Überweisung hin erbrachten Laborleistungen nach Abschn O III EBM-Ä zu versagen.

Weder in den Allgemeinen Bestimmungen des die Laboratoriumsuntersuchungen betreffenden Kapitels O noch in der Präambel zu Abschn O III EBM-Ä - der auf § 87 Abs 1 SGB V beruht - findet sich eine Aussage, die die Rechtsposition der Beklagten stützen könnte. Auch die Leistungsbeschreibungen der Nr 3901 bis 4826 EBM-Ä enthalten keine entsprechende Regelung. Sie beschränken die Abrechenbarkeit nicht auf Laborärzte und differenzieren ebenso wenig danach, ob die Laboruntersuchungen im Auftragswege für Patienten anderer Vertragsärzte oder für die weitere ärztliche Diagnostik und Therapie eigener Patienten vorgenommen worden sind.

Aus den auf § 75 Abs 7 SGB V beruhenden Labor-RL der KÄBV vom 1. Januar 1991 (<DÄ 1991, C-89>, anzuwenden in der ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung, soweit sie nach dem Beschluss vom 9. Mai 1994 fortgelten <DÄ 1992, C-2424 und 1994, C-1683>), ergibt sich nichts Anderes. In Nr 4 Anh zu Abschn E Labor-RL, die gemäß § 81 Abs 3 Nr 1 SGB V iVm der Satzung der Beklagten für die Beteiligten verbindlich sind, wird von anderen Fachärzten als Ärzten für Laboratoriumsmedizin (und mit verwandten Gebietsbezeichnungen) für die Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Leistungen nach Abschn O III EBM-Ä ein gesonderter Befähigungsnachweis verlangt, der von der KÄV unter besonderen Voraussetzungen (ua erfolgreiche Teilnahme an einem Fachgespräch) erteilt wird. Da der Kläger nach den Feststellungen des SG über diesen Befähigungsnachweis verfügt, ist er zur Abrechnung der streitigen Leistungen befugt. Eine Differenzierung zwischen Auftragsleistungen und eigenen ärztlichen Leistungen nehmen die Labor-RL nicht vor.

Auch die Bundesmantelverträge enthalten kein an einen Vertragsarzt gerichtetes Gebot, Versicherte zur Erbringung von Leistungen des Speziallabors nach Abschn O III EBM-Ä ausschließlich an niedergelassene Laborärzte zu überweisen. §§ 24, 25 BMV-Ä bzw §§ 27, 28 EKV-Ä, die die Voraussetzungen für die Überweisung zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen aufführen, sind zwar nicht geeignet, die Grenzen der fachärztlichen Zuständigkeit zu erweitern, sondern regeln nur Modalitäten der Leistungserbringung unabhängig von dieser Frage. Allerdings greifen die in § 24 Abs 3, 4 BMV-Ä, § 27 Abs 3, 4 EKV-Ä vorgesehenen Einschränkungen der Überweisungsmöglichkeiten vorliegend nicht ein. Insbesondere führen § 24 Abs 3 Satz 2 BMV-Ä bzw § 27 Abs 3 Satz 2 EKV-Ä, wonach eine Überweisung "in der Regel" nur an einen Vertragsarzt einer anderen Arztgruppe zulässig ist, nicht dazu, dass der Kläger von anderen niedergelassenen Gynäkologen ausgehende Laboruntersuchungsaufträge hätte ablehnen müssen. Diese Regel wird nämlich in § 24 Abs 4 Nr 1 BMV-Ä, § 27 Abs 4 Nr 1 EKV-Ä für den Fall durchbrochen, dass eine Überweisung zur "Inanspruchnahme besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erfolgt, die vom (bisher) behandelnden Vertragsarzt nicht erbracht werden". Diese Bestimmungen legitimieren daher im Ergebnis gerade die auftragsweise Erbringung von Leistungen des Speziallabors nach Abschn O III EBM-Ä. Da nach den Labor-RL ein besonderer Fachkundenachweis erforderlich ist und die Durchführung entsprechender Laboruntersuchungen das Vorhandensein einer aufwendigen apparativen Praxisausstattung notwendig macht, ergibt sich nämlich die Situation, dass solche Leistungen nicht durchgehend von allen behandelnden Gynäkologen angeboten werden bzw werden können (vgl Urteil des Senats vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 13/00 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 38 S 316). Die letztgenannten Fachärzte sind kraft der genannten bundesmantelvertraglichen Bestimmungen berechtigt, das Untersuchungsmaterial (auch) einem zur Laboruntersuchung berechtigten und fähigen niedergelassenen Fachkollegen zuzuleiten und ihn mit der Leistungserbringung zu beauftragen; die Leistungen des ausführenden Facharztes wiederum stehen spiegelbildlich dann ebenfalls mit den Vorschriften des Vertragsarztrechts in Einklang.

Ein Überweisungsverbot für Leistungen des Speziallabors an andere als Laborärzte könnte den Bundesmantelverträgen oder dem EBM-Ä im Übrigen nicht im Wege ergänzender Auslegung entnommen werden. Dieses muss schon daran scheitern, dass Weiterentwicklungen in diesem Bereich nicht Aufgabe der Rechtsprechung, sondern der dafür zuständigen Vertragspartner bzw des Bewertungsausschusses sind (vgl zB BSG SozR 3-5533 Nr 75 Nr 1 S3 und Nr 100 Nr 1 S 5; Urteil des Senats vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 5/00 R - SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 5). Dies gilt hier umso mehr, als das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2266) den Partnern der Bundesmantelverträge in § 87 Abs 2b SGB V aufgegeben hatte, die Bewertung der Laborleistungen neu zu ordnen. Obwohl sie dabei Gelegenheit gehabt hätten, die von der Beklagten befürworteten Rechtsgrundsätze in die Verträge aufzunehmen, ist Entsprechendes unterblieben. Statt dessen wurde bei Vollzug des Neuregelungsauftrages 1994 zB ein Überweisungsverbot an Laborärzte für Leistungen des einfachen Labors (Abschn O I/O II EBM-Ä) geschaffen. Auch wenn der Senat diese Regelungen als unwirksam angesehen hat (BSGE 78, 91 ff = SozR 3-5540 § 25 Nr 2), deuten sie doch zumindest darauf hin, dass bei den Leistungen des Speziallabors nach Abschn O III EBM-Ä ein Verbot, an andere Fachärzte als Laborärzte zu überweisen, nicht gewollt war.

Die vorstehenden Ausführungen stehen im Übrigen in Einklang damit, dass der Senat bereits in der Vergangenheit bei Fallgestaltungen, in denen andere Fachärzte als Laborärzte zielgerichtet Speziallaboruntersuchungen gemäß Abschn III O EBM-Ä als Auftragsleistungen erbrachten, in dieser Praxistätigkeit keinen Rechtsverstoß gesehen hat (vgl zB BSGE 73, 131, 140 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 28 <Bildung eines Labor-Honorartopfes unter Einschluss der überwiegend auf Leistungen nach Abschn O III EBM-Ä spezialisierten Fachärzte, die keine Laborärzte sind>, ähnlich Urteil des Senats vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 13/00 R - <gemeinsame Punktwertstützung beim O III-Labor bei Laborärzten und sonstigen Fachärzten, SozR 3-2500 § 85 Nr 38>; BSG SozR 3-5533 Nr 75 Nr 1 <Abrechnungsfähigkeit von Befundmitteilungen eines auf labormäßige Hormonanalysen spezialisierten Frauenarztes>).

Da der Kläger nach alledem die Vergütung der von ihm erbrachten streitigen Laborleistungen zu Recht beansprucht, stellt sich die Frage, ob er die Honorierung an sich von der Abrechnung ausgeschlossener Leistungen unter Vertrauensschutzgesichtspunkten verlangen könnte (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 38 f mwN), nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Ende der Entscheidung

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