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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 30.01.2002
Aktenzeichen: B 6 KA 9/01 R
Rechtsgebiete: SGB V, BMV-Ä


Vorschriften:

SGB V § 82
SGB V § 106
BMV-Ä § 48
BMV-Ä § 49
BMV-Ä § 50
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 30. Januar 2002

Az: B 6 KA 9/01 R

Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Dr. Clemens und Dr. Kretschmer sowie die ehrenamtlichen Richter Meyer-Dulheuer und Schmeinck

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. November 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit eines Arzneikostenregresses für das Quartal I/1996.

Die zu 1. beigeladene Krankenkasse beantragte im Dezember 1996 die Prüfung der Verordnungsweise des als praktischer Arzt zugelassenen Klägers. Dieser habe drogenabhängige Patienten ohne erkennbares therapeutisches Konzept behandelt und dabei unter Nichtbeachtung zahlreicher Vorschriften der Arzneimittel-Richtlinien (AMR) in großem Umfang Verordnungen vorgenommen, die medizinisch nicht vertretbar seien und teilweise mit dem Betäubungsmittelgesetz nicht in Einklang stünden. Der Prüfungsausschuss setzte einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 3.136,42 DM fest. Auf den Widerspruch des Klägers hin wurde der Regressbetrag auf 2.870,19 DM reduziert.

Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid des Beklagten aufgehoben, so weit darin ein höherer Regress als 137,68 DM festgesetzt worden sei. Eine unzulässige Verordnung des Kläger sei nur hinsichtlich des Präparats Ponderax festzustellen. Das SG hat dazu auf seine Ausführungen in zwei Urteilen vom 23. September 1998 betreffend die Quartale I sowie III und IV/1995 Bezug genommen, die die gleichen Medikamente und einen vergleichbaren Patientenkreis betroffen hätten (Urteil vom 15. September 1999).

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1. hat das Landessozialgericht (LSG) dieses Urteil abgeändert. Es hat den Bescheid des Beklagten beanstandet, als ein höherer Schadensersatz als 383,35 DM festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat es auf sein Urteil vom 3. November 1999 im Rechtsstreit L 4 KA 38/98 (betreffend die Quartale III und IV/1995) verwiesen, das Gegenstand des Revisionsverfahrens B 6 KA 19/00 R gewesen ist. Die Schadensersatzpflicht dürfe nicht mit dem Vorwurf der Verletzung ärztlicher Sorgfaltspflichten begründet werden. Den Prüfgremien fehle die Kompetenz zur Feststellung eines sonstigen Schadens nach § 12 Abs 3 der ab 1995 geltenden Prüfvereinbarung, weil dem die Neugestaltung des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) zum 1. Januar 1995 entgegenstehe. Da die Schadensfeststellungskompetenz der Prüfgremien auf den in § 48 Abs 1 BMV-Ä umgrenzten Bereich beschränkt sei, könne lediglich die Verordnung von Ponderax [Appetitzügler] sowie AN 1 und Captagon [Amphetamin-Präparate] sowie weiterer Präparate beanstandet werden. Im Übrigen, dh vor allem hinsichtlich der verordneten Suchtersatzstoffe, sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig, weil es für die Festsetzung eines Regresses an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehle (Urteil vom 15. November 2000).

Mit ihrer Revision rügt die zu 1. beigeladene Krankenkasse die fehlerhafte Anwendung der §§ 82 und 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie der §§ 48, 49 und 50 BMV-Ä iVm § 12 der Gemeinsamen Prüfvereinbarung zur vertragsärztlichen Versorgung in Schleswig-Holstein. Sie verweist auf die in den Parallelsachen für die Quartale I sowie III und IV/1995 ergangenen Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. März 2001 - B 6 KA 18/00 R und B 6 KA 19/00 R. Dem LSG könne nicht darin gefolgt werden, dass die genannten Bestimmungen der Festsetzung eines Schadensregresses entgegenstünden. Das BSG sei unter Hinweis auf seine umfassende Rechtsprechung zur Zuständigkeit der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch für den Fall gelangt, dass die Festsetzung von Arzneimittelregressen mit einem Verstoß gegen die AMR oder damit begründet werde, dass von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasste Medikamente verordnet worden seien.

Die Beigeladene zu 1. beantragt sinngemäß,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. November 2000 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die übrigen Beteiligten äußern sich nicht.

II

Die Revision der zu 1. beigeladenen Krankenkasse ist begründet. Das angefochtene Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Ob der vom beklagten Beschwerdeausschuss festgesetzte Arzneikostenregress rechtmäßig ist, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Das führt - ebenso wie in den vom Senat bereits entschiedenen Parallelfällen - zur Zurückverweisung der Sache (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

Die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind nach geltender Rechtslage berechtigt, Arzneikostenregresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise, zB bei Überschreiten von Durchschnittswerten, festzusetzen (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes <GSG> vom 21. Dezember 1992 <BGBl I 2266>). Sie sind auch befugt, Regresse wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln festzusetzen. Die Ermächtigung für die Normierung einer entsprechenden Rechtsgrundlage findet sich in § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V des GSG. Danach können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) über die in § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V vorgesehenen Prüfungen (Auffälligkeitsprüfung, Zufälligkeitsprüfung) hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Von dieser Kompetenz haben die Partner der Gesamtverträge in Schleswig-Holstein mit der 1995 in Kraft getretenen Gemeinsamen Prüfvereinbarung Gebrauch gemacht. Deren § 12 Abs 3 bestimmt nach der Feststellung des Berufungsgerichts: "Der Prüfungsausschuss entscheidet auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadenersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen sind (hierunter fallen auch Verordnungen, die gegen die AMR verstoßen), oder fehlerhafter Ausstellung von Bescheinigungen".

Die in der Vorschrift vorgenommene Zuweisung der Sanktionierung unzulässiger bzw rechtswidriger Verordnungen an die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung steht im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben in § 106 SGB V, mit den Bestimmungen der §§ 48 ff BMV-Ä in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung (nF) sowie mit der langjährigen Rechtsprechung des Senats. Schon unter der Geltung des § 368n Abs 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) als gesetzlicher Grundlage der kassenärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung hat der Senat die Auffassung vertreten, die Verordnung von Arznei- bzw Heilmitteln, die in der kassen- bzw vertragsärztlichen Versorgung nicht verordnungsfähig sind, obliege den Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung. So hat er im Urteil vom 5. Mai 1988 (BSGE 63, 163, 165 = SozR 2200 § 368p Nr 2) ausgeführt, die AMR konkretisierten das für die gesamte kassenärztliche Tätigkeit geltende Wirtschaftlichkeitsgebot. Das habe zur Folge, dass nicht die KÄVen, sondern die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständig seien, die Einhaltung der dieses Gebot umsetzenden Vorschriften durch den Kassenarzt im Einzelfall zu überprüfen und ggf einen Regress festzusetzen. Die Partner der Gesamtverträge seien sogar gehindert, für die Prüfung der Einhaltung der AMR die Zuständigkeit der KÄV vorzuschreiben. Im Urteil vom 21. Juni 1989 (BSGE 65, 154 f = SozR 2200 § 368e Nr 13) hat der Senat den Zusammenhang zwischen der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise und der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel erneut präzisiert. Unter Regressforderungen wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise iS des § 34 Abs 1 Buchst d BMV-Ä in der 1980 geltenden Fassung seien alle Regressforderungen wegen Verordnungen zu verstehen, die nach § 368e RVO unzulässig seien. Denn der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt dürfe nach § 368e Satz 2 RVO keine Leistungen verordnen, die zur Erzielung des Heilerfolgs nicht notwendig oder unwirtschaftlich seien. Es sei geboten, den Begriff der Unwirtschaftlichkeit in § 368e Satz 2 RVO und § 34 Abs 1 Buchst d BMV-Ä aF dahin auszulegen, dass er auch die Verordnung von Mitteln erfasse, die die Kasse aus anderen Gründen nach ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung nicht zu gewähren habe. Der Begriff der Unwirtschaftlichkeit sei in einem weiten Sinne auszulegen. Im Urteil vom 10. Mai 1990 (BSGE 67, 36 ff = SozR 3-1500 § 12 Nr 1) hat der Senat im Ersatzkassenbereich die KÄV als Trägerin der bei ihr gebildeten, damals rechtlich unselbstständigen Prüfungs- und Beschwerdekommission zur Festsetzung eines Regresses wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Haarwasch- und Sonnenschutzmittel für zuständig gehalten.

Für den hier speziell betroffenen Bereich der Behandlung von drogenabhängigen Patienten (ua mit Drogenersatzstoffen) hat der Senat im Ersatzkassenbereich die Zuständigkeit der Prüfungs- bzw Beschwerdekommission nach dem Arzt-/Ersatzkassenvertrag für die Festsetzung eines auf die Unzulässigkeit der Verabreichung von Kodeinpräparaten gestützten Verordnungsregresses ohne nähere Begründung als gegeben angesehen (BSG SozR 3-5550 § 17 Nr 2). Denselben Rechtsstandpunkt hat der Senat im Urteil vom 19. Juni 1996 - 6 RKa 27/95 - (USK 96169 = WzS 1997, 123) hinsichtlich eines Verordnungsregresses im Primärkassenbereich eingenommen. Er hat ausgeführt, nach § 368e Satz 2 RVO bzw § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V dürften Ärzte keine Leistungen verordnen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich seien. Das gelte erst recht für solche Leistungen, die nicht von der Leistungspflicht der GKV erfasst würden.

Die in der dargestellten Rechtsprechung bestätigte umfassende Zuständigkeit der Gremien der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung für die Festsetzung von Arzneiregressen, die mit einem Verstoß gegen die AMR bzw damit begründet werden, dass der Vertragsarzt Medikamente verordnet habe, die nicht von der Leistungspflicht der GKV umfasst sind, sind durch die zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Änderungen der einschlägigen Regelungen des BMV-Ä (§§ 45 ff) nicht berührt worden.

Entgegen der Auffassung des LSG hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung Schadens- bzw Verordnungsregresse wegen eines Verstoßes gegen die AMR bzw generell wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht als Fall der Festsetzung eines "sonstigen Schadens" iS von § 38 Abs 3 BMV-Ä in der ab 1. Oktober 1990 (aF) geltenden Fassung beurteilt. Nach dieser Vorschrift haben die Prüfungseinrichtungen auch den sonstigen Schaden festzusetzen, den ein Kassenarzt einer Krankenkasse infolge schuldhafter Verletzung kassenärztlicher Pflichten verursacht hatte. Dieser Regelung sind Schadensfälle zuzuordnen gewesen, die der Krankenkasse etwa aufgrund der fehlerhaften Ausstellung einer Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit oä entstanden sind (vgl Clemens in Schulin <Hrsg>, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd I, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 36 RdNr 10 mit Fn 13). Nach einer - umstrittenen und inzwischen überholten - Entscheidung (Urteil vom 20. Juni 1983 = BSGE 55, 144 = SozR 2200 § 368n Nr 26) erfasste § 38 Abs 3 BMV-Ä auch den ärztlichen Behandlungsfehler. Kennzeichnend für die in § 38 Abs 3 BMV-Ä aF angesprochenen Regressfälle ist, dass der Arzt seine vertragsärztlichen Pflichten schuldhaft verletzt haben muss (vgl Clemens, aaO, § 35 RdNr 177, 179; § 36 RdNr 51). Für die Festsetzung eines Regresses wegen Verstößen gegen die AMR bzw wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel hat der Senat dagegen zu keinem Zeitpunkt gefordert, dass den Arzt an den unzulässigen Verordnungen ein Verschulden treffen müsse. Schon aus diesem Grunde fallen Regresse wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht in den Anwendungsbereich des § 49 BMV-Ä nF, da diese Vorschrift ebenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arztes voraussetzt. Nach ihr werden nämlich Schadensersatzansprüche, welche eine Krankenkasse gegen einen Vertragsarzt aus der schuldhaften Verletzung vertragsärztlicher Pflichten geltend macht und für deren Prüfung und Feststellung nicht die Verfahren nach den §§ 45, 47 und 48 BMV-Ä vorgeschrieben sind, durch eine Schlichtungsstelle geprüft. Darüber hinaus bestimmt nunmehr § 50 BMV-Ä nF in bewusster Abweichung von dem bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Rechtszustand als Reaktion auf das Senatsurteil vom 20. Juni 1983 (BSGE 55, 144 ff = SozR 2200 § 368n Nr 26), dass Schadensersatzansprüche, welche eine Krankenkasse aus eigenem oder übergeleitetem Recht gegen einen Vertragsarzt wegen des Vorwurfs der Verletzung der ärztlichen Sorgfalt bei der Untersuchung oder Behandlung erhebt, nicht Gegenstand der Verfahren vor den Prüfungseinrichtungen oder den Schlichtungsstellen sind. Die zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Änderungen des BMV-Ä erschöpfen sich im Wesentlichen darin, dass Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Pflichtverletzung bzw wegen Sorgfaltspflichtverletzung bei Untersuchungen und Behandlungen aus der Prüfungs- und Feststellungskompetenz der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung herausgenommen werden. Die Änderungen erstrecken sich mithin nicht auf Regresse wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen.

Im Übrigen sind solche Regresse auch ihrem Gegenstand nach von Schadensregressen anderer Art zu unterscheiden. Bei Verordnungsregressen besteht der zu ersetzende Schaden der Krankenkasse darin, dass sie an Apotheken Geldbeträge für Arzneien gezahlt hat, welche dem Versicherten gegen Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung ausgehändigt wurden und aushändigt werden durften. Der typische Schadensregress außerhalb des Verordnungsverhaltens ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass das Verhalten des Arztes (zB ein Behandlungsfehler oder eine falsche Bescheinigung) Folgekosten der Kasse ausgelöst hat (zB aufwendige Nachbehandlungen, Leistungen wegen Mutterschaft). Der hier zu ersetzende Schaden ist der Struktur nach einem Mangelfolgeschaden nach Bürgerlichem Recht vergleichbar. Der "Schaden", der durch einen Verordnungsregress auszugleichen ist, entspricht dagegen demjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise iS von § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V verursacht wird. Der Unterschied besteht allein darin, dass ein Regress wegen unzulässiger Verordnungen an einzelne Verordnungen des Arztes gegenüber bestimmten Patienten und nicht an sein Verordnungsverhalten in einem bestimmten Zeitraum insgesamt anknüpft.

Die fortbestehende Zuordnung der Regresse wegen nicht verordnungsfähiger Arzneimittel zum Sachbereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung und zur Kompetenz der Prüfgremien nach § 106 SGB V kommt schließlich auch in § 48 Abs 1 BMV-Ä nF deutlich zum Ausdruck. Danach stellen die Prüfeinrichtungen nach § 106 SGB V ua den sonstigen durch einen Vertragsarzt verursachten Schaden fest, der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossen sind, entstanden ist. Der Auffassung des LSG, diese Zuweisung erfasse nur ausdrückliche, auf bestimmte Arzneimittel oder auf Arzneimittelgruppen bezogene Verordnungsausschlüsse im Gesetz, in der Rechtsverordnung nach § 34 Abs 3 SGB V sowie in den Nr 16 und 17 der AMR, kann nicht gefolgt werden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Vertragspartner des Bundesmantelvertrages die aufgrund der Rechtsprechung des erkennenden Senats seit Jahren bestehende Zuständigkeit der Prüfgremien zur Festsetzung von Schadensregressen auch in den Fällen, in denen ein Vertragsarzt Arznei- oder Heilmittel verordnet hat, die von vornherein nicht zur Leistungspflicht der GKV gehören, in Frage stellen wollten. Vielmehr erweist sich § 48 Abs 1 BMV-Ä gerade als Kodifizierung der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Befugnis der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung zur Festsetzung von Schadensregressen bei unzulässigen Verordnungen. Wollte man hingegen der Rechtsauffassung des LSG folgen, zöge dies rechtlich nicht zu tolerierende Unterschiede bei der Sanktionierung unwirtschaftlicher und unzulässiger Verordnungen nach sich. Denn danach könnten seit dem 1. Januar 1995 Ärzte für die Kosten unzulässiger Arzneiverordnungen regelmäßig nicht mehr in Regress genommen werden. Den Gesamtvertragspartnern wäre es nach dieser Ansicht nämlich nicht gestattet, eine entsprechende Zuständigkeit der Prüfgremien zu vereinbaren, und eine Zuständigkeit der Schlichtungsstelle nach § 49 BMV-Ä würde nicht praktisch werden, weil diese von vornherein nur bei schuldhaften Pflichtverletzungen eines Vertragsarztes tätig werden kann. Dies hätte zur Konsequenz, dass ein Vertragsarzt, der "nur" gegen eine bestimmte spezielle Regelung in den AMR verstößt, von den Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung in Regress genommen werden könnte, während ein Arzt, der systematisch Arzneiverordnungen tätigt, die erkennbar von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst sind, oder bei drogenabhängigen Patienten medikamentengestützte Behandlungen durchführt, ohne die dafür in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen normierten Vorschriften einzuhalten, keinem Regress ausgesetzt wäre. Zur Rechtfertigung solcher Differenzierungen sind sachliche Gründe nicht ersichtlich.

Nach allem sind die der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung - hier der beklagte Beschwerdeausschuss - für die Entscheidung über den Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Festsetzung eines Schadensregresses gegen den Kläger zuständig. Der Senat vermag dennoch über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten nicht abschließend zu entscheiden. Der Kläger hat sich im Klage- und Berufungsverfahren gegen die auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung gestützten Vorwürfe gegen seine Behandlungsweise verteidigt. Das LSG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich der Kläger bei seiner Behandlung an die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Methadon-Substitutionsbehandlung bei i.v.-Heroinabhängigen (Anlage 1 Nr 2 zu den NUB-Richtlinien in der 1995 geltenden Fassung; dazu BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6) gehalten hat bzw ob Gesichtspunkte dafür erkennbar sind, dass er Patienten vor der Eingliederung in ein Methadonprogramm sachgerecht behandelt hat (vgl dazu allgemein BSG SozR 3-5550 § 17 Nr 2 S 8 f). Die dazu erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht nunmehr zu treffen und bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Ende der Entscheidung

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