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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 18.09.2003
Aktenzeichen: B 9 V 10/02 R
Rechtsgebiete: BVG, GG


Vorschriften:

BVG § 35 Abs 6
GG Art 3 Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 9 V 10/02 R

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 18. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Loytved, den Richter Masuch und die Richterin Knickrehm sowie die ehrenamtlichen Richter Manzewski und Dr. Simon

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2002 und des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Juni 2002 geändert.

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen, als sie die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für fremde Führung betrifft.

Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für alle Rechtszüge keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Anrechnung der Beihilfe zu den Aufwendungen für fremde Führung (Führzulage) und des Pauschbetrages für außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung oder Wäsche (Kleiderverschleißpauschale) auf die vom Beklagten übernommenen Kosten der Heimpflege des Beschädigten.

Die Klägerin ist die Witwe des 1914 geborenen und während des Verfahrens am 30. November 2001 verstorbenen Beschädigten (P.). Bei diesem erkannte der Beklagte mit Bescheid vom 2. April 1951 nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz <BVG>) "Erblindung des rechten und Verlust des linken Auges, verschiedene reizlose Narben" als Schädigungsfolgen an. Bis zum 30. Januar 2000 bezog P. vom Beklagten Beschädigtengrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vH, Alterszulage, Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe II, Ausgleichsrente, Pflegezulage der Stufe IV (zuletzt erhöht im Hinblick auf die Kosten einer Ersatzpflegekraft für die erkrankte Klägerin), Führzulage und Kleiderverschleißpauschale (Bescheid vom 14. Juni 1999 über die Anpassung der Versorgungsbezüge ab 1. Juli 1999).

Am 1. Februar 2000 wurde P. zusammen mit der Klägerin in einem Pflegeheim aufgenommen. Von diesem Zeitpunkt an übernahm der Beklagte mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 14. Juni 1999 und 11. Juni 2000 (Anpassung der Versorgungsbezüge ab 1. Juli 2000) antragsgemäß die Heimpflegekosten unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge. An P. und die Klägerin sollten danach noch Beträge in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten (ab 1. Juli 2000: 1.225 DM) sowie der Hinterbliebenenbezüge (ab 1. Juli 2000: 893 DM) zur Auszahlung gelangen. Mit seinem Widerspruch wandte sich P. gegen die Anrechnung der Führzulage und Kleiderverschleißpauschale, ferner begehrte er einen höheren Betrag für Angehörige. Nachdem der Beklagte dem letztgenannten Anliegen durch Bescheid vom 23. April 2001 Rechnung getragen hatte, wies er den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. August 2001). Mit Bescheid vom 10. September 2001 stellte er sodann unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 23. April 2001 die Versorgungsansprüche für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2001 fest.

Das von P. angerufene Sozialgericht Dortmund (SG) hat den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 22. (richtig: 12.) Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2001 (richtig: 27. August 2001) verurteilt, der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Beschädigten P. die Führzulage und die Kleiderverschleißpauschale ohne Anrechnung auf sonstige Versorgungsleistungen während der Zeit der dauernden Heimpflege zu gewähren (Urteil vom 28. Juni 2002). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) - nach Beiladung der Bundesrepublik Deutschland - die erstinstanzliche Entscheidung durch Urteil vom 12. September 2002 geändert und die Klage insoweit abgewiesen, als die Klägerin die Auszahlung der Kleiderverschleißpauschale begehrt. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden:

Der angefochtene Verwaltungsakt sei insoweit rechtmäßig, als der Beklagte die bewilligte Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG auf die Kosten der Heimunterbringung nach § 35 Abs 6 Satz 1 BVG angerechnet habe. Die Kleiderverschleißpauschale unterfalle dem in § 35 Abs 6 Satz 1 BVG verwendeten Begriff der "Versorgungsbezüge". Danach seien in der Regel alle nach dem BVG an den Beschädigten auszuzahlenden wiederkehrenden Geldleistungen iS von § 11 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auf die als wiederkehrende generalisierte Sachleistung gewährte Heimpflege anzurechnen. Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung nach §§ 10 ff BVG einschließlich der Leistungen der orthopädischen Versorgung nach § 13 BVG, die grundsätzlich als Sachleistung erbracht würden, blieben im Falle der Heimpflege anrechnungsfrei. Bei der Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG handele es sich nicht um eine Leistung der Kranken- oder Heilbehandlung, vielmehr stelle sie eine besondere Leistung dar, die denen der Heil- und Krankenbehandlung nahe stehe. Sie habe "rentenähnlichen Charakter" und nehme an den jährlichen Anpassungen nach § 56 BVG teil. Die Inkongruenz der Leistungsarten der Heimpflege und der Kleiderverschleißpauschale spreche nicht gegen eine Zuordnung der Kleiderverschleißpauschale zu den "Versorgungsbezügen". Den Bestimmungen des BVG könne auch nicht der allgemeine Grundgedanke entnommen werden, dass geldwerte Ansprüche, die zur Befriedigung eines konkreten schädigungsbedingten Mehrbedarfs eines Beschädigten dienten, von der Anrechnung nach § 35 Abs 6 Satz 1 BVG ausgenommen blieben. Nach der Konzeption dieser Vorschrift solle einem Beschädigten von den Versorgungsbezügen, also den wiederkehrenden geldwerten Leistungen nach dem BVG, ein Selbstbehalt in Höhe des Betrages der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten zur Deckung seiner sonstigen Bedürfnisse verbleiben, unabhängig davon, welche geldwerten Leistungen aus welchem Grund ihm zustünden.

Die Anrechnung der Führzulage nach § 14 BVG auf die Kosten der Heimunterbringung sei hingegen rechtswidrig. Zwar handele es sich bei dieser Leistung ebenso wie bei der Kleiderverschleißpauschale um eine der Heil- und Krankenbehandlung nahe stehende, wiederkehrende Geldleistung iS von § 11 SGB I, die einen konkreten materiellen schädigungsbedingten Mehrbedarf abdecke und an den jährlichen Anpassungen nach § 56 BVG teilnehme. Wegen ihres Charakters als gesetzgeberisch gewollte Privilegierung einer bestimmten Gruppe von Beschädigten unterfalle sie jedoch nicht dem Begriff der "Versorgungsbezüge" iS von § 35 Abs 6 Satz 1 BVG und bleibe damit in Bezug auf die Kosten der Heimpflege anrechnungsfrei.

Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und der Beklagte die vom LSG zugelassenen Revisionen eingelegt. Beide rügen eine Verletzung von § 35 Abs 6 BVG und halten - allerdings mit entgegengesetzter Zielrichtung - eine Gleichbehandlung der Führzulage und der Kleiderverschleißpauschale bei der Anrechnung der Heimkosten auf die Versorgungsbezüge für geboten.

Die Klägerin vertritt die Ansicht: Die Rechtssystematik des BVG gebiete es, dass die Kleiderverschleißpauschale als Bestandteil der Heil- und Krankenbehandlung angesehen werde. Insoweit sei auch auf die Leistung nach § 26 Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem BVG (Orthopädieverordnung <OrthV>) hinzuweisen. Hinzu komme, dass sich die Versorgung der Heimbewohner nach dem Heimgesetz richte, wonach Kosten für Bekleidung, Wäsche und Schuhwerk nicht zu dem vertraglichen Leistungsangebot gehörten. Die Kleiderverschleißpauschale sei bestimmten Beschädigtengruppen für besondere Tatbestände vorbehalten und könne somit nicht zu den sonstigen Bedürfnissen des Beschädigten iS von § 35 Abs 6 Satz 2 BVG zählen. Durch die Einbeziehung der Kleiderverschleißpauschale in die Anrechnung werde eine bestimmte Beschädigtengruppe, der für spezifische Schädigungsleiden eine Sonderleistung zuerkannt sei, insoweit benachteiligt, als diese Beträge in die Deckung der Heimkosten einflössen, ohne dass hierfür eine Gegenleistung erbracht werde. Dies verstoße auch gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14. März 2000, wonach der Grundrente in zunehmendem Maße eine immaterielle Bedeutung beizumessen sei. Dass die Kleiderverschleißpauschale einen besonderen Status in der Versorgung nach dem BVG einnehme, ergebe sich auch aus § 2 Abs 1 Nr 2 Verordnung über die Einkommensfeststellung nach dem BVG (Ausgleichsrentenverordnung <AusglV>), wonach der Aufwand für Kleider- und Wäscheverschleiß bei der Bemessung der Ausgleichsrente nicht zu den anrechenbaren Einkünften zähle.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Zurückweisung der Revision des Beklagten das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2002 insoweit aufzuheben, als es die Auszahlung von Kleiderverschleißpauschale betreffe, und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 28. Juni 2002 zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

unter Zurückweisung der Revision der Klägerin das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2002 aufzuheben, soweit es die Berufung zurückgewiesen habe, und die Klage gegen das Urteil des SG Dortmund vom 28. Juni 2002 in vollem Umfang abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor: Der Begriff der "Versorgungsbezüge" sei im Gesetz zwar nicht näher definiert. Es spreche aber nicht nur der allgemeine Sprachgebrauch sondern auch die Verwendung dieses Begriffes in verschiedenen Bestimmungen des BVG dafür, dass damit regelmäßig wiederkehrende Geldleistungen gemeint seien, die von den Versorgungsberechtigten bezogen würden. Der Hinweis der Gegenseite, dass die Vorschriften über die Heil- und Krankenbehandlung außer den in §§ 14, 15 BVG enthaltenen Regelungen auch in einzelnen anderen Bestimmungen die Zahlung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen vorsähen, treffe zwar zu. Bei dem in diesem Zusammenhang erwähnten Beispiel des jährlichen Pauschbetrages zur Instandhaltung eines Motorfahrzeuges nach § 26 OrthV handele es sich um eine Geldleistung, die zur Ergänzung der Versorgung mit Hilfsmitteln gezahlt werde. Abgesehen davon, dass die Gewährung dieses Zuschusses an die Nutzung eines nach § 23 OrthV bezuschussten Fahrzeugs gebunden ist, werde dieser jedoch anders als die Leistungen nach §§ 14, 15 BVG weder monatlich gezahlt, noch in § 56 BVG erwähnt. Entgegen der von der Gegenseite vertretenen Auffassung habe sich die Rechtslage mit der zum 1. April 1990 in Kraft getretenen Neufassung des § 35 BVG auch nicht deshalb verändert, weil dabei klargestellt worden sei, dass Bekleidung, Schuhwerk und Wäsche keine Leistungen der Heimpflege seien. Ebenso wie bei der Kleiderverschleißpauschale unterschieden sich auch bei anderen Versorgungsbezügen, deren Rechtscharakter als Versorgungsbezug nicht in Frage gestellt werde, die Leistungszwecke von den Zielsetzungen, die für die Übernahme der Heimpflegekosten maßgebend seien. Mit der seit dem 1. April 1990 maßgeblichen Neufassung des Gesetzes sei ausdrücklich klargestellt worden, dass in Fällen der vorliegenden Art statt der Versorgungsbezüge ein Betrag in Höhe der Grundrente zur Bestreitung "der sonstigen Bedürfnisse" belassen bleibe, also zur Bestreitung aller derjenigen Bedürfnisse, die nicht bereits mit der Übernahme der Heimpflegekosten erfasst würden. Das Urteil des BVerfG vom 14. April 2000, auf das sich die Gegenseitige beziehe, enthalte keine Ausführungen, die für die im anhängigen Rechtsstreit zu beurteilende rechtliche Fragestellung, was unter Versorgungsbezügen iS des § 35 Abs 6 BVG zu verstehen sei, Bedeutung hätten. Das BVerfG habe in dieser Entscheidung sowohl auf die materielle als auch auf die immaterielle Komponente der Grundrente hingewiesen. Auch wenn im Laufe der Zeit die immaterielle Komponente an Bedeutung zugenommen habe, heiße das nicht, dass die Grundrente ihre Funktion, schädigungsbedingten Mehraufwand auszugleichen, verloren habe und deshalb einem Beschädigten auch im Falle der Heimaufnahme neben einem Betrag in Höhe der Grundrente auch eine bis dahin gezahlte Kleiderverschleißpauschale verbleiben müsse. Der Gesetzgeber habe den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum nicht dadurch überschritten, dass er für den Personenkreis der Versorgungsberechtigten, die von § 35 Abs 6 BVG erfasst würden, einheitlich vorgesehen habe, dass diesen der Betrag der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten für sonstige Bedürfnisse zu belassen sei. Bei Personen, bei denen wegen der Schädigungsfolgen dauernde Heimpflege erforderlich sei, werde die Bedarfssituation entscheidend durch den Betreuungs- und Pflegebedarf geprägt. Hierfür und für die Unterkunft und Verpflegung würden nach § 35 Abs 6 Satz 1 BVG die Kosten übernommen. Einem unterschiedlich hohen Pflegebedarf könne insoweit bei Vereinbarung der entsprechenden Pflegekosten bzw Pflegesätze Rechnung getragen werden. Unter diesen Umständen sei eine Regelung nicht geboten, mit der auch bei der Bemessung des diesem Personenkreis zu belassenden Barbetrages nach Art und Ausmaß der jeweiligen Schädigungsfolgen differenziert werde.

Die Auffassung des LSG, § 14 BVG habe eine vom Gesetzgeber gewollte Privilegierung eines bestimmten Personenkreises geschaffen, die diesem auch nach Übernahme der Heimpflegekosten verbleiben müsse, könne nicht überzeugen. Sie finde im Wortlaut des § 35 Abs 6 BVG keine Stütze. Ausnahmen, die für bestimmte Personengruppen gelten könnten, seien dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Dies entspreche der Tatsache, dass bei den Personen, für welche die Kosten der Heimpflege nach § 35 Abs 6 BVG übernommen würden, von vielen unterschiedlichen Faktoren abhänge, ob durch gelegentliche Begleitung und Führung eine gewisse Selbständigkeit außerhalb des Pflegebereichs ermöglicht oder erhalten werden könne. Im Übrigen könne es auch im Heimpflegevertrag geregelt werden, dass das Pflegepersonal insoweit entsprechende Unterstützung leiste. In diesem Fall würden dafür anfallende Kosten als Betreuungskosten nach § 35 Abs 6 Satz 1 BVG übernommen. Im Übrigen verstoße die Auffassung des LSG, dass die Führzulage nach Heimaufnahme belassen bleiben müsse, weil sie Folge einer vom Gesetzgeber gewollten Privilegierung sei, gegen Art 3 und 20 Abs 3 Grundgesetz (GG).

Die Beigeladene hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (vgl § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

II

Die Revision des Beklagten ist begründet, die der Klägerin hingegen unbegründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig. Die Führzulage und die Kleiderverschleißpauschale sind zu Recht bei der Anrechnung der vom Beklagten übernommenen Heimpflegekosten auf die Versorgungsbezüge berücksichtigt worden.

Nach dem Tode des Beschädigten P. ist die Klägerin im Wege eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels in dessen prozessuale Rechtsposition eingetreten. Ihre Rechtsnachfolge ergibt sich aus § 56 SGB I. Nach Abs 1 dieser Vorschrift stehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tode des Berechtigten in erster Linie dem Ehegatten zu, wenn dieser mit dem Berechtigten zur Zeit des Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Der von ihr geltend gemachte Anspruch ist auf laufende Geldleistungen gerichtet, da es sich bei der Führzulage und der Kleiderverschleißpauschale um Leistungen handelt, die in monatlichen Geldbeträgen gezahlt werden (vgl §§ 14, 15 BVG). Bei Unzulässigkeit der streitigen Anrechnung wären diese Leistungen auch zur Auszahlung fällig gewesen. Zwar ist mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen das LSG nicht klar, ob P. und die Klägerin im Pflegeheim noch in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben, nach den Umständen des vorliegenden Falles ist jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin von P. wesentlich unterhalten worden ist. Schon aus der Höhe des ab 1. Februar 2000 gemäß § 35 Abs 6 Satz 2 BVG gewährten Betrages für Angehörige ergibt sich, dass die Klägerin über kein höheres eigenes Einkommen verfügte. Die insoweit mit Abhilfebescheid vom 24. April 2001 festgesetzten 920 DM enthalten auch einen Schadensausgleich in Höhe von 127 DM, der bei erheblichem Einkommen der Klägerin nicht zustande gekommen wäre (vgl § 40a BVG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 12. Dezember 2000, soweit darin die Führzulage und die Kleiderverschleißpauschale auf die Heimpflegekosten angerechnet worden sind, in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 23. April 2001 und des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2001 (vgl § 86 SGG). Damit wird allerdings nur der Leistungszeitraum bis zum 31. Dezember 2000 erfasst, da die genannten Bescheide für die Zeit ab 1. Januar 2001 durch den Bescheid des Beklagten vom 10. September 2001 ersetzt worden sind. Den letztgenannten Verwaltungsakt haben die Vorinstanzen nicht zum Gegenstand ihrer Entscheidungen gemacht. Daran ist der erkennende Senat mangels entsprechender Rügen der Beteiligten gebunden (vgl dazu Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl, § 96 RdNr 12 mwN).

Die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Beklagten vom 12. Dezember 2000 in der Ge-stalt des Bescheides vom 23. April 2001 und des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2001 richtet sich nach § 48 SGB X. Gemäß Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei den Bescheiden vom 14. Juni 1999 und 11. Juni 2000 über die Anpassung der Versorgungsbezüge handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, soweit darin auch die Höhe der auszuzahlenden Führzulage und Kleiderverschleißpauschale festgestellt worden ist. In den für diese Entscheidungen maßgebenden Verhältnissen hat sich in Folge der Übernahme der Heimpflegekosten durch den Beklagten (rückwirkend) ab 1. Februar 2000 eine wesentliche Änderung ergeben. Dies folgt aus § 35 Abs 6 BVG in der hier einschlägigen Fassung des Art 9 Nr 12 Buchst c Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz <PflegeVG>) vom 26. Mai 1994 (BGBl I 1014), durch den der zuvor durch Art 1 Nr 25 Gesetz zur Verbesserung der Struktur der Leistungen nach dem BVG (KOV-Strukturgesetz 1990) vom 23. März 1990 (BGBl I 582) neu gefasste Abs 7 des § 35 BVG zu Abs 6 dieser Vorschrift wurde. Darin ist bestimmt:

Für Beschädigte, die in Folge der Schädigung dauernder Pflege iS des Abs 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist dem Beschädigten von seinen Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wäre. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen des Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.

Nach den insoweit nicht angefochtenen Feststellungen des Bescheides vom 12. Dezember 2000 hatte P. im fraglichen Zeitraum wegen eines sonst nicht sicherzustellenden Pflegebedarfs Anspruch auf Übernahme der Heimpflegekosten. Streitig ist allein, ob die insoweit vorzunehmende Anrechnung dieser Kosten auf die Versorgungsbezüge auch die dem Beschädigten P. zustehende Führzulage und Kleiderverschleißpauschale erfasst. Auf die Klärung dieser Frage kommt es hier auch an, da die monatlichen Abschlagszahlungen an das Heim in Höhe von 6.000 DM den Betrag von etwa 4.600 DM deutlich überstiegen, den P. als monatliche Versorgungsleistungen bei Außerachtlassung der Regelung des § 35 Abs 6 BVG beanspruchen konnte. Nach Auffassung des erkennenden Senats sind die Führzulage und die Kleiderverschleißpauschale in die Anrechnung der Heimpflegekosten auf die Versorgungsbezüge des Beschädigten einzubeziehen.

Der insoweit maßgebliche Begriff der Versorgungsbezüge iS von § 35 Abs 6 Satz 1 BVG ist weit zu verstehen. Der Wortlaut dieser Bestimmung enthält weder eine Beschränkung auf bestimmte Leistungen, noch werden einzelne Bezüge ausdrücklich von der Anrechnung ausgenommen. Allerdings bietet § 35 BVG auch keine nähere Umschreibung des Begriffs der Versorgungsbezüge.

Gewisse Rückschlüsse in Richtung auf ein weites Begriffsverständnis lassen sich immerhin aus dem Wortlaut des § 35 Abs 6 Satz 2 BVG ziehen, der die Höhe der dem Beschädigten und seinen Angehörigen zu belassenden Beträge regelt. Bemerkenswert ist insoweit, dass dabei nicht an bereits vor der Aufnahme in das Heim tatsächlich zustehende Versorgungsbezüge angeknüpft wird. Vielmehr handelt es sich um fiktiv zu ermittelnde Leistungen. Dies liegt bei den Beträgen für die Angehörigen auf der Hand, die sich an der Höhe der hypothetischen Hinterbliebenenbezüge orientieren. Aber auch der Beschädigte erhält einen Betrag in Höhe der Grundrente eines Erwerbsunfähigen selbst dann, wenn sich die ihm an sich zustehende Grundrente nach einer geringeren MdE bemisst. Diese Berechnungsweisen, verbunden mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung "zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse", deuten darauf hin, dass der dem Beschädigten nach erfolgter Anrechnung mindestens verbleibende Betrag einheitlich pauschalierend und abschließend festgelegt werden sollte. Einem solchen Konzept würde eine differenzierende Betrachtungsweise zuwiderlaufen, die einzelne Versorgungsleistungen von dem Anrechnungsvorgang ausnehmen wollte.

Ein entsprechender Befund ergibt sich beim Blick auf die Gesetzesentwicklung und die Materialien zu § 35 Abs 6 BVG. Bereits nach der Vorgängervorschrift in § 10 Abs 4 BVG vom 20. Dezember 1950 (BGBl I 791) konnten für Beschädigte, die dauernder Pflege bedurften, ohne dass die Voraussetzungen für die Heilbehandlung gegeben waren, die Kosten der Anstaltspflege zu Lasten des Bundes unter entsprechender Anrechnung der Versorgungsbezüge übernommen werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht gewährt werden konnte. Erst die Fassung des BVG vom 6. Juni 1956 (BGBl I 469) sah vor, dass dem Beschädigten zur Bestreitung seiner persönlichen Bedürfnisse ein Betrag von 30 DM monatlich zu belassen war. Dieser blieb lange Zeit unverändert und lag damit zeitweise unter der Höhe einer Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 30 vH, die zB nach § 31 Abs 1 BVG idF vom 1. Juli 1960 (BGBl I 453) 35 DM betrug. Nachdem die betreffende Regelung durch das Zweite Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (2. Neuordnungsgesetz <2. NOG>) vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) zunächst praktisch unverändert als Abs 2 in den § 35 BVG eingefügt worden war, wurde der zu belassende Betrag in der Folgezeit wiederholt erhöht (vgl zB Art I Nr 31 Buchst b Drittes Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts <3. Neuordnungsgesetz-KOV - 3. NOG-KOV -> vom 28. Dezember 1966, BGBl I 750; Art I Nr 12 Buchst b Gesetz über die Anpassung der Leistungen des BVG <1. Anpassungsgesetz - 1. AnpG-KOV> vom 26. Januar 1970, BGBl I 121). Nach Art 1 Nr 14 Buchst c 5. AnpG-KOV vom 18. Dezember 1973 (BGBl I 1909) war den betroffenen Beschädigten dann nicht mehr nur "ein geringes Taschengeld" (vgl dazu BT-Drucks 7/1008 S 9), sondern ein Betrag in Höhe der zustehenden Grundrente zu belassen.

Der Inhalt der bis dahin herausgebildeten Regelung legte es nahe, den Begriff der in die Anrechnung einzubeziehenden Versorgungsbezüge differenziert zu betrachten. Da der zu belassende Betrag nur zur Bestreitung der persönlichen Bedürfnisse gedacht war, bestand Anlass zur Prüfung, ob eine bestimmte Versorgungsleistung einen schädigungsbedingten Mehrbedarf abdecken sollte, dem nicht bereits durch die Anstaltspflege Rechnung getragen wurde. Soweit dies der Fall war, sprach vieles dafür, dem Beschädigten diese Leistung weiterhin anrechnungsfrei auszuzahlen. Ausgehend von der Rechtsauffassung, dass die gemäß § 35 Abs 2 BVG alter Fassung (aF) von der Versorgungsverwaltung zu tragenden Kosten der nicht nur vorübergehenden Anstaltspflege in ausreichendem Umfang auch die Kosten für notwendige Bekleidung, Wäsche und Schuhe umfassten (vgl BSG SozR 3100 § 35 Nr 15, 18), hat es das BSG mit Urteil vom 21. September 1983 - 9a RV 28/82 - folgerichtig abgelehnt, dem Beschädigten daneben auch einen Anspruch auf Auszahlung der Kleiderverschleißpauschale zuzusprechen.

Durch das KOV-Strukturgesetz 1990, das der Regelung in § 35 Abs 7 BVG aF ihren hier noch maßgebenden Inhalt gab, erfuhr diese Rechtslage wesentliche Änderungen:

- Die Kosten der zu übernehmenden Heimpflege umfassen jetzt nur noch "Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege".

- Von den Versorgungsbezügen ist allen Beschädigten einheitlich "ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten" zu belassen.

- Dieser Betrag soll "zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse" dienen.

Zur Begründung des Gesetzesentwurfs wurde dazu ausgeführt (BT-Drucks 11/5831 S 15):

"Es wird klargestellt, dass zu den übernahmefähigen Kosten nur die Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich der notwendigen Pflege zählen. Zur Bestreitung aller seiner sonstigen Bedürfnisse soll dem Beschädigten ein Betrag in Höhe der Grundrente verbleiben. Das bedeutet, dass der Betrag nicht nur für die persönlichen Bedürfnisse, sondern für alle Bedürfnisse zu Verfügung gestellt wird, und die Höhe der Grundrente lediglich als Bezugsgröße dient."

Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber den Lebensunterhalt des Beschädigten grundsätzlich als durch die Heimpflege sichergestellt ansieht. Für alle verbleibenden Bedürfnisse wird diesem pauschal ein nicht unerheblicher Betrag belassen. Sonderregelungen für einzelne Gruppen von Beschädigten oder für bestimmte laufende Bedürfnisse, zu deren Deckung spezielle Versorgungsleistungen vorgesehen sind, sollten ersichtlich nicht getroffen werden. Lediglich Leistungen, die auf besondere, typischerweise nicht dauernd in gleicher Weise bestehende Bedarfssituationen zugeschnitten sind und daher nicht laufend monatlich erbracht werden, wie zB Heil- und Krankenbehandlung (dazu gehört auch der von der Klägerin erwähnte Betrag nach § 26 OrthV), blieben danach von der Regelung des § 35 Abs 6 (früher Abs 7) BVG unberührt. Dementsprechend ist es nach der darin zum Ausdruck kommenden Intension des Gesetzgebers nicht mehr angängig, solche Versorgungsleistungen von der Anrechnung auszunehmen, die einem Zweck dienen, der von den Heimpflegekosten nicht mit umfasst wird. Soweit seinen Entscheidungen vom 15. Juli 1992 (SozR 3-3100 § 14 Nr 1) und vom 6. März 1996 (9 BV 115/95) auch für die Zeit ab Inkrafttreten des KOV-Strukturgesetzes 1990 am 1. April 1990 eine gegenteilige Rechtsauffassung zu entnehmen ist, hält der erkennende Senat daran nicht mehr fest.

Wie sich aus § 35 Abs 6 BVG ergibt, werden die an den Beschädigten (und seine Angehörigen) zu zahlenden Geldleistungen mit dessen Aufnahme in ein Pflegeheim und der Übernahme der damit entstehenden Kosten durch den Versorgungsträger auf eine vollständig neue Grundlage gestellt. Solange der Beschädigte noch in seinem häuslichen Bereich lebt, wird seinem individuellen Bedarf durch eine Anzahl spezieller Geldleistungen Rechnung getragen und ihm so ein relativ hoher Betrag zur Verfügung gestellt, mit dem er sein Leben - auch im Hinblick auf die Art und Weise seiner Betreuung - eigenverantwortlich gestalten kann. Der Wechsel in ein Pflegeheim bringt dann insoweit schon tatsächlich eine wesentliche Änderung mit sich, als nun die Unterkunft, Verpflegung und Betreuung des Beschädigten umfassend durch das Heim sichergestellt wird. Da die Kostenübernahme durch den Versorgungsträger gemäß § 35 Abs 6 BVG daran geknüpft ist, dass die erforderliche Pflege nicht anderweitig sichergestellt werden kann, handelt es sich dabei regelmäßig um Fälle, in denen der Beschädigte auch mit Hilfe seiner Angehörigen nicht mehr in der Lage ist, seinen Lebensbedarf in der bisherigen Weise zu decken. Damit können dann auch die vielfältigen, auf einen speziellen Mehrbedarf abgestellten Versorgungsleistungen typischerweise nicht mehr ihren eigentlichen Zweck erfüllen. Unter diesen Umständen ist es konsequent, wenn dem Beschädigten neben der auf Kosten der Versorgungsverwaltung erbrachten Heimpflege nur ein pauschal berechneter Geldbetrag verbleibt.

Gegen diese Auslegung des § 35 Abs 6 BVG lassen sich auch aus dem Urteil des BVerfG vom 14. März 2000 (BVerfGE 102, 41 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3) keine durchschlagenden Argumente herleiten. Zwar hat das BVerfG darin betont, dass die Grundrente für Beschädigte nach § 31 Abs 1 Satz 1 BVG neben einer materiellen auch eine besondere immaterielle Komponente hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der dem Beschädigten gemäß § 35 Abs 6 Satz 2 BVG zu belassende Betrag in Höhe der Grundrente eines Erwerbsunfähigen nicht in hinreichendem Umfang für den Ausgleich von Mehraufwendungen zu Verfügung steht. Das ergibt sich bereits aus den Zahlenverhältnissen der im vorliegenden Fall betroffenen Versorgungsleistungen. Die dem Beschädigten P. im ersten Halbjahr 2000 monatlich zustehenden 4.622 DM schlüsseln sich wie folgt auf:

Grundrente (einschließlich Alterszuschlag) 1.218 DM Schwerstbeschädigtenzulage Stufe II 270 DM Pflegezulage Stufe IV 1.510 DM Kleiderverschleißpauschale 88 DM Führzulage 261 DM Ausgleichsrente 1.149 DM Ehegattenzuschlag 126 DM

Bei der hier anzustellenden Betrachtung haben die Ausgleichsrente und der Ehegattenzuschlag von vornherein auszuscheiden, da diese Leistungen nicht der Abdeckung eines besonderen schädigungsbedingten Mehrbedarfs, sondern dem allgemeinen Lebensunterhalt dienen, der im Rahmen des § 35 Abs 6 BVG zum einen durch die Übernahme der Heimpflegekosten und zum anderen durch den Betrag für Angehörige sichergestellt wird. Weiter ist zu berücksichtigen, dass auch der Pflegebedarf, auf den sich die Pflegezulage bezieht, von der Heimpflege umfasst wird. Entsprechendes gilt für einen im Pflegeheim tatsächlich noch bestehenden Bedarf an fremder Führung, da diese grundsätzlich im Rahmen der zur Heimpflege gehörenden Betreuung zu gewährleisten ist (vgl dazu § 1 Abs 1 Heimgesetz; Dahlem/Giese/Klie, Das Heimgesetz, § 1 RdNr 4, 6, 8). Soweit die Blindenbegleitung nicht in hinreichendem Maße zum Inhalt eines normalen Heimvertrages gehören sollte, könnten die erforderlichen Dienstleistungen besonders vereinbart werden. Jedenfalls rechnen die damit verbundenen Aufwendungen - worauf auch der Beklagte hinweist - zu den Heimpflegekosten, die vom Versorgungsträger nach Maßgabe des § 35 Abs 6 Satz 1 BVG zu übernehmen sind (aA noch BSG SozR 3-3100 § 14 Nr 1). Der Senat braucht im vorliegenden Fall nicht darüber zu entscheiden, ob nicht auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung eines tatsächlich vorhandenen Führhundes entsprechend zu behandeln sind. Als der Anrechnung unterworfene Versorgungsleistungen, die auf einen schädigungsbedingten Mehrbedarf ausgerichtet sind, dem nicht bereits durch die Heimpflege Rechnung getragen wird, verblieben daher hier nur die Schwerstbeschädigtenzulage und die Kleiderverschleißpauschale in Höhe von zusammen 358 DM. Dementsprechend lässt der Grundrentenbetrag von 1.218 DM noch hinreichend Raum für einen immateriellen Ausgleich.

Auch dem Zusammenhang der Vorschriften des BVG lässt sich entnehmen, dass der Begriff der Versorgungsbezüge grundsätzlich alle Geldleistungen bezeichnet, die monatlich gezahlt (vgl § 66 Abs 1 Satz 1 BVG) und zu den gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkten angepasst werden (vgl § 56 BVG; vgl dazu auch die Paragraphenüberschrift idF der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982, BGBl I 21). Eine weitere Eingrenzung ist insoweit jedenfalls im Rahmen des § 35 Abs 6 BVG nicht angebracht. Nach der Rechtsprechung des BSG zu den §§ 62 bis 71 BVG handelt es sich bei Versorgungsbezügen um regelmäßig wiederkehrende Leistungen, wobei Ansprüche auf Heilbehandlung nicht dazu gehören, soweit sie auf unregelmäßig auftretenden Vorgängen beruhen (vgl dazu BSG SozR Nr 6 zu § 67 BVG; BSG, Urteil vom 2. November 1999 - B 2 U 39/98 R -). Diese Auslegung wird gestützt durch § 90 Abs 1 Satz 1 BVG, der laufend gewährte Versorgungsbezüge neben Versorgungskrankengeldern und Übergangsgeldern anspricht.

Dem so verstandenen Begriff der Versorgungsbezüge unterfallen sowohl die Führzulage als auch die Kleiderverschleißpauschale. Insbesondere gehören diese Leistungen nicht zur Heilbehandlung iS von § 9 Nr 1 BVG. Allerdings finden sich die einschlägigen Vorschriften in dem "Heilbehandlung, Versehrtenleibesübungen und Krankenbehandlung" überschriebenen, die §§ 10 bis 24a umfassenden Abschnitt des BVG. Nach § 14 BVG erhalten Beschädigte, bei denen Blindheit als Folge einer Schädigung anerkannt ist, monatlich einen bestimmten Geldbetrag (in den alten Bundesländern im ersten Halbjahr 2000: 261 DM, im zweiten Halbjahr 2000: 263 DM) zum Unterhalt eines Führhundes und als Beihilfe zu den Aufwendungen für fremde Führung. Verursachen die anerkannten Folgen der Schädigung außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung oder Wäsche, so sind die dadurch entstehenden Kosten gemäß § 15 Satz 1 BVG mit einem monatlichen Pauschbetrag (im Falle des Beschädigen P.: im ersten Halbjahr 2000: 88 DM, im zweiten Halbjahr 2000: 89 DM) zu ersetzen. In der Stellung dieser Paragraphen im BVG drückt sich zwar eine Nähe zu den Leistungen der Heilbehandlung aus, dies spricht jedoch nicht zwingend gegen eine Einordnung unter den Begriff der Versorgungsbezüge.

Den gegenüber der Heilbehandlung eigenständigen Charakter der Führzulage und der Kleiderverschleißpauschale veranschaulicht bereits die Gesetzesentwicklung. Während beide Leistungen zuvor in § 13 BVG aF geregelt waren, wurden für sie durch Art I Nr 8 und 9 3. NOG-KOV zum 1. Januar 1967 die §§ 14 und 15 BVG gebildet. Zur Begründung dieser Maßnahme wurde ausgeführt, es habe klargestellt werden sollen, dass es sich dabei nicht um Leistungen der Heilbehandlung iS von § 11 Abs 1 BVG, sondern um besondere Leistungen handele, die denen der Heilbehandlung und Krankenbehandlung nahe stünden (vgl BT-Drucks V/1012 S 21, 24; zu BT-Drucks V/1216 S 3).

Während diese gesetzgeberische Konzeption in Rechtsprechung und Literatur - soweit ersichtlich - übereinstimmend dahin verstanden wird, dass die Kleiderverschleißpauschale nicht zur Heilbehandlung (vgl BSG SozR Nr 2 zu § 15 BVG; Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl, § 15 BVG RdNr 6), sondern zu den Versorgungsbezügen zu rechnen ist (vgl BSG SozR 3100 § 35 Nr 15; zum früheren Recht auch schon BSGE 10, 202), lassen sich hinsichtlich der Führzulage unterschiedliche Auffassungen feststellen. Zwar wird auch diese überwiegend als gesondert neben dem Anspruch auf Heilbehandlung stehende Leistung eingestuft (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 14 BVG; allg dazu auch BSG SozR 2200 § 182b Nr 31; Schieckel/Gurgel/Grüner/Dalichau, BVG, Stand 1989, § 14 Anm 1; Gelhausen, Soziales Entschädigungsrecht, 2. Aufl, RdNr 176 f; Fehl, aaO, § 14 BVG RdNr 1), teilweise jedoch auch als (besondere) Leistung der Heilbehandlung (Rohr/Sträßer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, 6. Aufl, Stand Februar 2003, § 14 BVG) bzw als "quasi-orthopädisches Hilfsmittel" (vgl BSGE 36, 292, 294; BSG SozR 3-3100 § 14 Nr 1) angesehen. Die letztgenannte Betrachtungsweise mag in einem anderen Zusammenhang zwar zur systematischen Abgrenzung von Nutzen sein, indem sie die Nähe der Führzulage zum Bereich der Heilbehandlung stärker betont, der erkennende Senat hält sie dagegen nicht für geeignet, die Frage zu beantworten, ob die Führzulage zu den Versorgungsbezügen iS von § 35 Abs 6 BVG gehört.

Die bloße Einbeziehung in den Leistungsbereich der Heilbehandlung reicht nämlich für sich allein nicht aus, um den Charakter einer Geldleistung als Versorgungsbezug zu verneinen. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob es sich um eine laufend ohne zeitliche Begrenzung für die Zukunft gewährte oder um eine Leistung handelt, die von Umständen abhängt, welche typischerweise nicht dauernd vorliegen, sondern in unregelmäßigen Abständen auftreten (vgl dazu BSGE 10, 202 f; BSG SozR Nr 6 zu § 67 BVG). In dieser Hinsicht lässt sich zwischen der Kleiderverschleißpauschale und der Führzulage kein Unterschied feststellen.

Auch der Regelungszusammenhang des BVG weist darauf hin, dass es sich bei der Führzulage und der Kleiderverschleißpauschale um Versorgungsbezüge handelt. Sie gehören zu den Leistungen nach §§ 10 bis 24a BVG, die in Monatsbeträgen zu gewähren sind. Für diese bestimmt § 18a Abs 4 BVG, dass hinsichtlich des Beginns, der Dauer und der Beendigung der Gewährung nicht die speziellen Regelungen des § 18a BVG, sondern die allgemeinen Bestimmungen des § 60 BVG gelten. Beide Leistungen werden auch von der Anpassungsvorschrift des § 56 BVG erfasst. Soweit § 65 BVG in seinem Abs 1 eine allgemeine Ruhensregelung für den Anspruch auf Versorgungsbezüge und in Abs 3 gesondert eine solche für den Anspruch auf Heilbehandlung und auf Kleiderverschleißpauschale enthält, ist daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass die letztgenannte Leistung im Rahmen des § 35 Abs 6 BVG nicht als Versorgungsbezug angesehen werden kann. Die besondere Behandlung der Kleiderverschleißpauschale in § 65 Abs 3 BVG beruht auf der speziellen Zweckbestimmung der betreffenden Ruhensregelung. Gerade die dortige Erwähnung des Anspruchs auf Kleiderverschleißpauschale neben demjenigen auf Heilbehandlung zeigt, dass diese Leistung nicht zum engeren Bereich der Heilbehandlung gehört.

Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung gibt ebenfalls keine Veranlassung dazu, dem Beschädigten die Führzulage und/oder die Kleiderverschleißpauschale bei Übernahme der Heimpflegekosten in jedem Fall neben dem Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten zu belassen, um eine Benachteiligung gegenüber Krankenversicherten zu vermeiden (vgl dazu allg BSGE 80, 164 = SozR 3-3100 § 13 Nr 3). Zwar ist der Blindenführhund ein Hilfsmittel iS der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl BSGE 51, 206 = SozR 2200 § 182b Nr 19), für den auch die Unterhaltskosten zu übernehmen sind (vgl BSGE 79, 261 = SozR 3-2500 § 33 Nr 21; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 24), dies gilt jedoch nicht für eine Führperson (vgl BSG SozR 2200 § 182b Nr 8, 31). Ebenso wenig gibt es in der gesetzlichen Krankenversicherung eine der Kleiderverschleißpauschale entsprechende Leistung.

Auch der Sinn und Zweck der Führzulage und der Kleiderverschleißpauschale rechtfertigen es nicht, diese Leistungen nicht dem Begriff der Versorgungsbezüge iS von § 35 Abs 6 BVG zuzuordnen. Dies folgt schon daraus, dass es nach der zum 1. April 1990 in Kraft getretenen gesetzgeberischen Konzeption dieser Vorschrift nicht mehr auf eine Übereinstimmung der Zwecke der Heimpflege-Kostenübernahme und der zur Anrechnung gebrachten Versorgungsbezüge ankommt. Insofern ist es unerheblich, dass die Führzulage und die Kleiderverschleißpauschale gemäß § 2 Abs 1 Nr 2 AusglV bei der Feststellung der Ausgleichsrente - also einer andersartigen Leistung - unberücksichtigt bleiben. Der Senat lässt in diesem Zusammenhang offen, ob etwas anderes dann zu gelten hat, wenn die Leistung nach § 14 BVG zum Unterhalt eines tatsächlich vorhandenen Führhundes gewährt wird.

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Einbeziehung der Führzulage und der Kleiderverschleißpauschale in die Anrechnung der Heimpflegekosten auf die Versorgungsbezüge mit dem GG vereinbar. Soweit die Klägerin eine Benachteiligung der betroffenen Beschädigten geltend macht, rügt sie eine Verletzung von § 3 Abs 1 GG. Diese Vorschrift gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Dabei darf er jedoch Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede nicht sachwidrig außer Acht lassen. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt hat, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Innerhalb dieser Grenzen ist der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei (vgl zB BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2).

Nach § 35 Abs 6 BVG werden alle betroffenen Beschädigten grundsätzlich gleich behandelt, indem die vom Versorgungsträger übernommenen Heimpflegekosten auf alle ihnen zustehenden Versorgungsbezüge angerechnet werden und mindestens ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten sowie Beträge für die Angehörigen zur Auszahlung gelangen. Diese Regelung kann sich zwar auf die Beschädigten im Einzelfall unterschiedlich auswirken, je nach dem wie hoch auf der einen Seite die Heimpflegekosten und auf der anderen Seite die zustehenden Versorgungsbezüge sind. Dies rechtfertigt sich jedoch aus den jeweils verschiedenen tatsächlichen Gegebenheiten. Auch soweit die Konzeption des § 35 Abs 6 BVG als solche zu einer Gleichbehandlung von Beschädigten führt, ist sie nicht als sachwidrig anzusehen. Vielmehr trägt sie den durch die Aufnahme in ein Pflegeheim grundlegend geänderten Verhältnissen der Beschädigten in angemessener Weise Rechnung (vgl dazu auch § 67 Abs 5 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz).

Im Hinblick auf die somit für die Versorgungsansprüche des Beschädigten P. eingetretene Änderung der Verhältnisse war der Beklagte gemäß § 48 Abs 1 SGB X auch befugt, die Bescheide vom 14. Juni 1999 und 11. Juni 2000 mit Wirkung ab 1. Februar 2000 aufzuheben. Einschlägig ist insoweit die Nr 1 dieser Vorschrift, wonach die der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden soll, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Die antragsgemäße Übernahme der Heimkosten durch den Beklagten stellte insgesamt gesehen für den Beschädigten P. eine Begünstigung dar, da sich der Wert der ihm gewährten Versorgungsleistungen auch unter Berücksichtigung der streitigen Anrechnung auf zustehende Versorgungsbezüge wesentlich erhöhte (vgl dazu allg Steinwedel in Kasseler Komm, Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X RdNr 40 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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