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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Beschluss verkündet am 09.08.1998
Aktenzeichen: B 9 VS 9/98 B
Rechtsgebiete: SGG


Vorschriften:

SGG § 160 Abs 2 Nr 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT BESCHLUSS

in dem Rechtsstreit

Az: B 9 VS 9/98 B

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Land Hessen, vertreten durch das Hessische Landesamt für Versorgung und Soziales - Landesversorgungsamt -, Adickesallee 36, 60322 Frankfurt,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 27. August 1998 durch den Vorsitzenden Richter Kummer, die Richter Prof. Dr. Bürck und Dau sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Stahl und Mülder

beschlossen:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. März 1998 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger erhält wegen der mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 vH bewerteten Folgen einer Wehrdienstbeschädigung Versorgung. Der Beklagte hat ihm in der Vergangenheit nach der Orthopädieverordnung (OrthV) Zuschüsse zur Anschaffung von Autos gewährt und die notwendigen Kosten für Sonderausstattungen und für Änderungen an den Bedienungseinrichtungen dieser Autos übernommen. Auch ein Ende 1991 erworbenes Auto finanzierte der Kläger auf diese Weise. Streitig ist, ob der Beklagte über die genannten Leistungen hinaus die Kosten von 70,00 DM für den Rückbau einer Änderung von Bedienungseinrichtungen im Altwagen zu übernehmen hat, den der Kläger verkauft hat.

Das Sozialgericht hat insoweit die Klage gegen die ablehnenden Bescheide des Beklagten abgewiesen (Urteil vom 25. August 1997). Es hat ausgeführt: Die OrthV beschränke die Übernahme von Wiederherstellungskosten auf die Fälle des § 13 Abs 4 (Ausbau eines fest montierten Hebegerätes zur Umlagerung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes) und des § 18a Abs 3 (Rückbau einer behinderungsgerechten Sanitärausstattung nach Wohnungswechsel oder Tod). Es gebe keinen Rechtssatz, der zwingend gebiete, durch die Schädigungsfolgen entstandene Kosten vollständig und umfassend zu übernehmen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 3. März 1998). Es gebe keine gesetzliche Grundlage für die geforderte Kostenübernahme. Die Ausbaukosten seien auch nicht schädigungsbedingt. Denn der Kläger habe sie aufgewendet, weil er sich gegenüber dem Altwagenkäufer zum Ausbau verpflichtet habe. Abschließend heißt es in dem Berufungsurteil:

"Im übrigen schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung und Meinungsbildung den Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden an und weist die Berufung aus den dort niedergelegten zutreffenden Gründen als unbegründet zurück. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird insoweit abgesehen (§ 153 Abs 2 SGG)."

Der Kläger macht mit der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung der Frage geltend,

"ob auch die Kosten für den Ausbau eines Zusatzgerätes aus einem von der Versorgungsverwaltung bezuschußten Fahrzeug von dieser zu ersetzen sind, wenn sie den Einbau und das benötigte Zusatzgerät selbst bezahlt hatte"

und rügt als Verfahrensfehler eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör dadurch, daß das LSG in der Berufungsbegründung vom 30. Juni 1997 und im Schriftsatz des Klägers vom 23. Februar 1998 enthaltene neue Ausführungen zur Auslegung der OrthV nicht zur Kenntnis genommen, sondern auch insoweit auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils verwiesen habe.

II

Die Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet.

Eine Rechtssache hat iS des § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn eine in diesem Verfahren rechtserhebliche Frage klärungsbedürftig, also zweifelhaft, ist. Daran fehlt es, wenn die Frage bereits höchstrichterlich geklärt ist oder die Antwort praktisch außer Zweifel steht, etwa, weil sie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNrn 116 f mit Nachweisen). So liegt es hier. Die Antwort auf die vom Kläger gestellte Frage ergibt sich ohne weiteres aus der OrthV: Entstehen dem Beschädigten Kosten durch Rückumwandlung behinderungsgerecht hergerichteter Sachen, so werden diese Kosten nur in den Fällen der § 13 Abs 4 und § 18a Abs 4 OrthV übernommen. Entgegen der Auffassung des Klägers verbietet es sich allgemein, diese Vorschriften in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, weil sie in den genannten Fällen ersichtlich den besonders hohen Kosten bei Gebäudeveränderungen Rechnung tragen sollen. Speziell auf Rückbaukosten bei Kraftfahrzeugen lassen sich die Regelungen nicht übertragen, weil der Verordnungsgeber die Ansprüche Beschädigter hier detailliert in insgesamt zehn Vorschriften und damit erschöpfend geregelt hat. Zweifel an der Richtigkeit dieser Auslegung vermag insbesondere nicht der vom Kläger behauptete Rechtssatz zu begründen, wonach es Sinn und Zweck des Bundesversorgungsgesetzes iVm der OrthV sein soll, den (gemeint offenbar: jeden) durch die Schädigungsfolgen wesentlich bedingten alltäglichen Mehraufwand auszugleichen. Denn der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß auch die Grundrente nebst Schwerbeschädigtenzulage außer dem Ausgleich immaterieller Schäden zugleich der Abgeltung des Mehraufwandes bestimmt ist, der dem Beschädigten als Folge der Schädigung "in allen Lebenslagen" erwächst (vgl zuletzt BSG SozR 3-3100 § 35 Nr 7 mwN).

Soweit der Kläger geltend macht, das LSG habe neue, erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene Ausführungen zur Interpretation der OrthV nicht zur Kenntnis genommen, dürfte die Beschwerde schon nicht zulässig sein. Denn der Kläger legt in der Beschwerdebegründung nicht dar, um welche Argumente es sich handelt. Wollte man insoweit den Hinweis des Klägers auf zwei Schriftsätze genügen lassen, so liegt der behauptete Verfahrensfehler aber nicht vor, weil das Gericht zwar den Vortrag eines Beteiligten - auch zur Rechtslage - zur Kenntnis nehmen und in seine Erwägungen einbeziehen muß. Daß dies geschehen ist, ist aber grundsätzlich anzunehmen, wenn das Gericht den Vortrag - wie hier - entgegengenommen hat. Es muß in den Entscheidungsgründen nicht zu den einzelnen vorgetragenen Fragen Stellung nehmen. Nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung oder Verteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen müssen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 62 RdNr 7 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Der Kläger hat für den vorliegenden Fall auch mit der "im übrigen" erfolgten Bezugnahme des LSG auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe (§ 153 Abs 2 SGG) keine Umstände aufgezeigt, aus denen sich ergibt, daß das LSG die im Berufungsverfahren gemachten Rechtsausführungen nicht zur Kenntnis genommen und in seine Überlegungen einbezogen hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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