Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 27.11.1997
Aktenzeichen: 1 BvL 12/91 LS
Rechtsgebiete: RGG, GG


Vorschriften:

RGG § 3 Abs. 2 in der Fassung vom 11. November 1986
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsatz:

Unterhalbzeitig beschäftigte Arbeitnehmer dürfen von der zusätzlichen Altersversorgung nach dem Hamburger Ruhegeldgesetz nicht ausgeschlossen werden.


BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvL 12/91 -

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verfahren

zur verfassungsrechtlichen Prüfung

der Vereinbarkeit des § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Ruhegeldgesetz - RGG) in der Fassung vom 11. November 1986 (Hamburgisches GVBl I S. 333) mit dem Grundgesetz

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 7. Mai 1991 sowie Ergänzungsbeschluß vom 13. Februar 1992 (2 Sa 46/90) -

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung des Vizepräsidenten Seidl, der Richter Grimm, Kühling, der Richterinnen Seibert, Jaeger, Haas und der Richter Hömig, Steiner

am 27. November 1997 beschlossen:

§ 2 Absatz 1 in Verbindung mit § 3 des Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Ruhegeldgesetz - RGG) in der Fassung vom 11. November 1986 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 333) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit nichtvollbeschäftigte, aber rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer kein Ruhegeld erhalten.

G r ü n d e :

A.

Gegenstand des Verfahrens ist die zusätzliche Altersversorgung nichtvollbeschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Freien und Hansestadt Hamburg.

I.

Das Gesetz über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Ruhegeldgesetz - RGG) in der Fassung vom 11. November 1986 gewährt den Arbeitnehmern eine Altersversorgung, die in der Regel zu der gesetzlichen Altersrente hinzutritt (Ruhegeld). Das Ruhegeld soll eine Gesamtversorgung im Alter herbeiführen, die der Beamtenversorgung nicht wesentlich nachsteht. Ursprünglich waren nur vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ruhegeldberechtigt. Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind die Teilzeitbeschäftigten schrittweise einbezogen worden. Seit 1995 werden nur noch die in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtigen Arbeitnehmer ausgeschlossen. Die Vorlagefrage betrifft die Fassung des Ruhegeldgesetzes aus dem Jahre 1986, nach der eine durchschnittliche Arbeitszeit von mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Arbeitnehmers Voraussetzung für das Ruhegeld war. "Unterhalbzeitig" Beschäftigte waren also nicht ruhegeldberechtigt.

Die maßgeblichen Vorschriften des Ruhegeldgesetzes lauteten:

§ 2

Voraussetzungen

(1) Die vollbeschäftigten Angestellten und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Arbeitnehmer) erhalten ... ein Ruhegeld, ...

(2) ...

(3) Als vollbeschäftigt gelten Arbeitnehmer, deren regelmäßige Arbeitszeit die für Angehörige ihres Berufszweiges im Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg allgemein geltende Dauer hat und deren Arbeitskraft dadurch voll beansprucht wird.

(4) ...

§ 3

Nichtvollbeschäftigte Arbeitnehmer

(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend für nichtvollbeschäftigte Arbeitnehmer.

(2) Als nichtvollbeschäftigt gelten Arbeitnehmer, deren durchschnittliche Arbeitszeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalls mindestens die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Arbeitnehmers (§ 2 Absatz 3) betragen hat. ...

(3) Zeiten der Beschäftigung als nichtvollbeschäftigter Arbeitnehmer (Absatz 2) zählen für die Wartezeit (§ 4) und als ruhegeldfähige Beschäftigungszeit (§ 9) mit.

Im Jahre 1991 wurde die für Teilzeitkräfte maßgebliche Mindestwochenarbeitszeit auf 18 Stunden festgesetzt (§ 3 Abs. 2 RGG in der Fassung vom 9. April 1991, Hamburgisches GVBl I S. 101). Inzwischen ist die Ruhegeldberechtigung für vor dem 1. April 1995 eingestellte und noch aktiv tätige Arbeitnehmer dahin geändert worden, daß bei der Berechnung der Wartezeit und der ruhegeldfähigen Beschäftigungszeit nur solche Zeiten außer Betracht bleiben, in denen der Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 2 SGB VI nicht der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt (§ 1 Abs. 4 Nr. 3, § 4 Abs. 7 und § 9 Abs. 2 Nr. 1 des Ersten Ruhegeldgesetzes in der Fassung vom 30. Mai 1995, Hamburgisches GVBl I S. 108). Allerdings ist diese Erweiterung durch die Übergangsvorschrift des Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung und Änderung der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg vom 7. März 1995 (Hamburgisches GVBl I S. 53) zeitlich begrenzt worden. Danach werden nur die nach dem 31. März 1995 geleisteten Beschäftigungszeiten von weniger als 18 Stunden in die ruhegeldfähige Beschäftigungszeit zusätzlich miteinbezogen. Für diejenigen Arbeitnehmer, die am Tag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes schon Versorgungsempfänger waren, bestimmt Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes, daß sich Veränderungen in der Berechnung der ruhegeldfähigen Bezüge, der ruhegeldfähigen Beschäftigungszeit und des Gesamtbetrages sowie der mitzählenden Bezüge auf sie nicht auswirken (vgl. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, Drucksache 15/366 vom 18. Januar 1994, S. 16 zu Art. 4 Abs. 2). Für sie gilt ausschließlich das Ruhegeldgesetz in der bisherigen Fassung.

II.

Die 1935 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens war in der Zeit von Februar 1970 bis Januar 1989 bei der beklagten Freien und Hansestadt Hamburg als Raumpflegerin beschäftigt. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug bis Januar 1979 17 Stunden und damit weniger als die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten. In der Zeit von Februar 1979 bis Januar 1989 arbeitete sie jedenfalls mehr als 20 Stunden wöchentlich. Zum 1. Februar 1989 schied sie wegen Erwerbsunfähigkeit aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten aus.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin Ruhegeld unter Zugrundelegung einer ruhegeldfähigen Beschäftigungszeit vom 1. Februar 1979 bis zum 1. Januar 1989. Mit ihrer arbeitsgerichtlichen Klage hat die Klägerin die Anerkennung ihrer vor dem 1. Februar 1979 geleisteten Tätigkeit als ruhegeldfähige Beschäftigungszeit und eine entsprechende Neufestsetzung des Ruhegeldes begehrt. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 3 Abs. 2 RGG in der Fassung vom 11. November 1986 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.

Die Norm sei entscheidungserheblich. Im Falle ihrer Gültigkeit müsse die Berufung zurückgewiesen werden. Anderenfalls müsse das Verfahren vom Gericht ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber eine neue Regelung getroffen habe. Die Vorschrift sei nicht schon wegen Verstoßes gegen Art. 119 Abs. 1 EWG-Vertrag unwirksam. Eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts im Sinne von Art. 119 Abs. 1 EWG-Vertrag liege nicht vor. Von der Ausschlußregelung des § 3 Abs. 2 RGG seien tatsächlich nicht wesentlich mehr Frauen als Männer nachteilig betroffen. Aus den von der Klägerin nicht bestrittenen statistischen Angaben der Beklagten ergebe sich, daß der Frauenanteil in der vom Ausschlußtatbestand betroffenen Gruppe der Arbeitnehmer, deren Beschäftigungszeit weniger als die Hälfte der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollbeschäftigten Arbeitnehmers betrug, im Oktober 1988 bei 50 vom Hundert gelegen habe.

§ 3 Abs. 2 RGG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ein vernünftiger Grund für die Ungleichbehandlung von unterhalbzeitig Beschäftigten gegenüber halb- bis vollzeitig Beschäftigten bei der Ruhegeldgewährung sei nicht ersichtlich. Bestehende Unterschiede zwischen beiden Gruppen seien jedenfalls nicht so gewichtig, daß sie eine Differenzierung bei der Zusatzversorgung rechtfertigen könnten.

Der Umstand der verminderten (Teilzeit-)Arbeitsleistung selbst scheide als sachlicher Differenzierungsgrund aus; er rechtfertige nur eine anteilige Kürzung des Arbeitsentgeltes. Teilzeitarbeit vermittle eine vollwertige Betriebszugehörigkeit, so daß auch unter dem Gesichtspunkt der Betriebstreue keine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen sei. Einem etwaigen geringeren Versorgungsbedarf Unterhalbzeitbeschäftigter werde bereits durch die anteilig geringere Versorgungsleistung Rechnung getragen. Das Ruhegeldgesetz knüpfe zudem nicht an den Versorgungsbedarf an. Daß die unterhalbzeitige Beschäftigung hier allein im Interesse des Arbeitnehmers gelegen habe und der Arbeitgeber wegen besonderer betrieblicher Verhältnisse an einer Förderung der Vollzeitbeschäftigung interessiert gewesen sei, sei weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Der Gesetzgeber habe durch das Diskriminierungsverbot in Art. 1 § 2 BeschFG 1985 deutlich gemacht, daß er jede Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten ablehne. Die in § 3 Abs. 2 RGG vorgenommene Unterscheidung zwischen halb- bis vollzeitig Beschäftigten einerseits und unterhalbzeitig Beschäftigten andererseits sei nicht nachvollziehbar. Allenfalls könne eine Grenze bei der geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV gezogen werden, an die auch das Sozialversicherungsrecht bei der Frage der Versicherungsfreiheit anknüpfe. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens falle jedoch nicht unter diese Gruppe.

Auch die mit dem Ruhegeldgesetz bezweckte materielle Gleichstellung der Angestellten und Arbeiter mit den versorgungsberechtigten Beamten im Bereich der Altersversorgung rechtfertige es nicht, unterhalbzeitig Beschäftigte von den Versorgungsleistungen auszunehmen. Das Ruhegeldgesetz übertrage die Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht auf Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes. Angepaßt werde nur die Altersversorgung. Die Zusatzversorgung der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst folge nicht dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip, sondern bleibe Gegenleistung für erbrachte Arbeit.

III.

Zu der Vorlagefrage haben die Bürgerschaft sowie der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, das Bundesarbeitsgericht, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

1. Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg trägt vor, mit der jüngsten Novellierung des Ruhegeldgesetzes solle dem Anliegen der Herstellung von mehr Gleichheit in der hamburgischen Zusatzversorgung für öffentlich Bedienstete Rechnung getragen werden. Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst seien durch die Orientierung ihrer Zusatzversorgung an der Beamtenversorgung gegenüber vergleichbaren Beschäftigten in der Privatwirtschaft privilegiert. Dieser Ausrichtung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst entspreche aber auch, daß Teilzeitbeschäftigte nur in dem Umfang in die Zusatzversorgung einbezogen worden seien, in dem das Beamtenrecht die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung eröffnet habe.

Für das Ausgangsverfahren stelle sich vor allem die Frage, ob die Klägerin rückwirkend in die Leistungen des Ruhegeldgesetzes einzubeziehen sei. Die Frage sei zu verneinen. Dem Gesetzgeber stehe im Bereich der Sozialgesetzgebung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er umfasse die Entscheidung, die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst am Beamtenrecht zu orientieren und deswegen unterhalbzeitig Beschäftigte auszuschließen. Für die Vergangenheit könne die Orientierung daher nicht als verfassungswidrig eingestuft werden. Bei rückwirkenden Gerichtsentscheidungen müßten zudem Gesichtspunkte der Zumutbarkeit und des Gemeinwohls berücksichtigt werden, darunter vor allem eine übermäßige Kostenbelastung und die faktische Undurchführbarkeit einer Rückabwicklung. Eine rückwirkende Einbeziehung der Unterhalbzeitbeschäftigten könne nur durch Änderung des Ruhegeldgesetzes vorgenommen werden und müsse alle potentiell betroffenen Arbeitnehmer gleichermaßen einbeziehen. Ein finanzieller Ausgleich könne nicht durch rückwirkende Eingriffe in bestehende Versorgungsansprüche herbeigeführt werden. Der genaue Umfang des finanziellen Mehraufwandes könne mangels statistischer Angaben nicht beziffert werden. Eine faktische Undurchführbarkeit der Rückeinbeziehung bisher benachteiligter Teilzeitbeschäftigter sei nicht zu befürchten.

2. Nach Auffassung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg verstößt die zur Prüfung gestellte Norm weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen eine andere Bestimmung des Grundgesetzes.

Dem Gesetzgeber habe bei der Gewährung von Ruhegeld an Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ein weiter Gestaltungsspielraum offen gestanden, dessen Grenzen durch die gerügte Bestimmung nicht überschritten worden seien. Hier habe er sich in statthafter Weise für die Übernahme einer beamtenrechtstypischen Versorgung entscheiden dürfen. Insoweit sei nur die Angleichung an das Beamtenrecht vollzogen worden. Dazu gehöre, daß die Gewährung von Rechten von der Erfüllung beamtenrechtstypischer Voraussetzungen abhängig gemacht werde.

Zu den durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierten tragenden Leitbildern des Beamtenrechts gehöre der Hauptberuflichkeitsgrundsatz. Dieser verbiete unter bestimmten Voraussetzungen die Teilzeitbeschäftigung von Beamten zwar nicht. Eine auf Dauer angelegte unterhalbzeitige Beschäftigung sei mit dem Hauptberuflichkeitsgrundsatz aber in keinem Fall zu vereinbaren, da sie dem einzelnen Beamten die Möglichkeit eröffnen würde, einer anderen, ihn zeitlich stärker beanspruchenden Tätigkeit nachzugehen, neben der die Tätigkeit als Beamter schon zeitlich kaum mehr als Hauptberuf bezeichnet werden könnte. In "innerem Zusammenhang" zum Hauptberuflichkeitsprinzip stehe der ebenfalls als tragendes beamtenrechtliches Prinzip anerkannte Alimentationsgrundsatz, der auch dann gelte, wenn der Beamte eine mindestens halbzeitige Teilzeitbeschäftigung ausübe. In der Übernahme der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Beamtenversorgung in das System der Ruhegeldgewährung liege ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen von Teilzeitbeschäftigten.

3. Der für Betriebsrenten zuständige Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts teilt mit, daß vergleichbare Regelungen in Tarifverträgen wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG als nichtig angesehen worden seien. Für eine unterschiedliche Behandlung unterhalbzeitig beschäftigter Teilzeitarbeitnehmer im Vergleich zu den sonstigen Arbeitnehmern gebe es keine sachliche Rechtfertigung.

4. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme vertreten die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) die Auffassung, das vorlegende Gericht lege seiner verfassungsrechtlichen Prüfung die strengeren Maßstäbe des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zugrunde, die hier nicht einschlägig seien. Verfassungsrechtlich sei nur eine willkürliche Ungleichbehandlung untersagt. Die unterschiedliche Behandlung beider Arbeitnehmergruppen sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Ein maßgeblicher Unterschied liege in dem regelmäßig geringeren Versorgungsbedarf der unterhalbzeitig Beschäftigten, für die die Teilzeitbeschäftigung im allgemeinen ein zusätzliches Einkommen bedeute. Das Grundmodell der betrieblichen Altersversorgung, die dem auf Dauer beschäftigten Vollzeitarbeitnehmer eine Existenzsicherung verschaffen wolle, treffe auf unterhalbzeitig Beschäftigte schon im Ansatz nicht zu. Als alleinige Einkommensquelle reiche eine derartige Teilzeitarbeit nicht aus, so daß sie auch nicht als Grundlage für eine spätere Altersversorgung in Betracht komme. Eine Unterscheidung der Versorgungsleistung nach der Unterhaltssicherungsfunktion der Zuwendung sei somit sachgemäß. Dies müsse erst recht für das Abgrenzungskriterium der geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV gelten, da für freiwillige Versorgungsleistungen des Arbeitgebers keine anderen Maßstäbe gelten könnten als für die Pflichtversicherung.

Auch wenn davon auszugehen wäre, daß die Regelung gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoße, verböte sich eine rückwirkende Gleichstellung der unterhalbzeitig Beschäftigten. Dem Gesetzgeber sei vielmehr aufgrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes eine Übergangsfrist einzuräumen, um den gleichheitswidrigen Zustand zu beseitigen. Zudem gebiete es der Grundsatz des Vertrauensschutzes, daß eine geänderte Rechtsauffassung für die Vergangenheit keine Anwendung finde. Jedenfalls müßten den Arbeitgebern lange Übergangsfristen für die Anpassung ihrer Versorgungsregelungen eingeräumt werden.

5. Der Deutsche Gewerkschaftsbund teilt die Auffassung des vorlegenden Gerichts.

6. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens teilt die im Vorlagebeschluß dargelegte Rechtsauffassung.

B.

I.

Die Vorlage ist zulässig.

Das vorlegende Gericht hat mit vertretbarer Begründung angenommen, daß die zur Prüfung gestellte Regelung nicht schon wegen Verstoßes gegen Art. 119 EWG-Vertrag unwirksam ist (vgl. BVerfGE 85, 191 <203 f.>). Es hat im Ergebnis einleuchtend dargelegt, daß der Ausschluß Unterhalbzeitbeschäftigter vom Ruhegeld Frauen nicht in erkennbar höherer Zahl trifft als Männer.

Die Vorlagefrage ist dahin auszulegen, daß sie sich nicht auf die Gruppe der geringfügig Beschäftigten im Sinne von § 8 SGB IV erstreckt. Das Landesarbeitsgericht räumt ein, daß für diese Arbeitnehmer eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung angebracht sein könnte, und grenzt damit insoweit seine Bedenken gegen die zur Prüfung gestellte Regelung ein.

II.

Die zur Prüfung gestellte Regelung ist in dem sich aus den Gründen ergebenden Umfang mit dem Grundgesetz unvereinbar. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG kann zwar nicht festgestellt werden (1). Die Vorschrift verstößt aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG (2).

1. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verbietet unter anderem Benachteiligungen wegen des Geschlechts. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine solche Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfGE 85, 191 <206>). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann nach der Rechtsprechung auch vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. EuGH, NJW 1986, S. 3020 - Bilka -; EuGH, NZA 1990, S. 771 - Kowalska -; EuGH, NZA 1994, S. 797 - Enderby -; BAGE 53, 161 <167>; 68, 320 <325>; 72, 64 <72 ff.>). Im einzelnen braucht dem hier nicht nachgegangen zu werden, da sich eine faktische Benachteiligung von Frauen durch die Regelung nicht hat feststellen lassen. Nach dem von der Freien und Hansestadt Hamburg für die Zeit bis 1979 vorgelegten statistischen Material war der Frauenanteil in der Gruppe der unterhalbzeitig Beschäftigten nicht höher als in den Gruppen der übrigen Teilzeitkräfte und der Vollzeitbeschäftigten. Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß typischerweise unterhalbzeitig arbeitende Frauen stärker als männliche Arbeitnehmer auf eine Zusatzversorgung angewiesen waren.

2. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet gleiche Behandlung aller Menschen "vor dem Gesetz". Ungleichbehandlungen, für die es keine hinreichenden sachlichen Gründe gibt, sind verboten. Schon daran scheitert die zur Prüfung gestellte Regelung. Auf die näheren Ausformungen, die der allgemeine Gleichheitssatz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefunden hat, braucht daher nicht näher eingegangen zu werden (vgl. dazu insbesondere BVerfGE 82, 126 <146>). Auch ein weiter Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers entbindet nicht von der Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner elementaren Bedeutung.

a) Durch die in Frage stehende Regelung werden die Unterhalbzeitbeschäftigten im Vergleich zu den anderen Teilzeitkräften und den Vollzeitbeschäftigten schlechter behandelt. Im Gegensatz zu diesen erhalten sie für ihre Arbeitsleistung kein Ruhegeld.

Die zur Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung angeführten Gründe überzeugen nicht.

aa) Teilzeitarbeit unterscheidet sich von der Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht. Eine geringere Arbeitszeit darf daher grundsätzlich nur quantitativ, nicht aber qualitativ anders abgegolten werden als Vollzeitarbeit. Dieser Grundsatz ist inzwischen in mehreren arbeitsrechtlichen Gesetzen ausdrücklich verankert, so in § 2 Abs. 1 BeschFG 1985, § 1 BUrlG, § 1 Abs. 2 EntgeltfortzG. Er gilt auch, soweit der Arbeitgeber einen an der Arbeitsleistung orientierten Beitrag zur Altersversorgung leistet; denn auch derartige Leistungen haben Entgeltcharakter (EuGH, NJW 1986, S. 3020 - Bilka -; vgl. auch EuGH, NJW 1991, S. 2204 <2205> - Barber -; BAGE 38, 232 <241>; 53, 161 <167>; 66, 264 <270>; 79, 236 <253>). Nichts anderes folgt aus dem Gesichtspunkt, daß mit der Zusatzversorgung auch die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnt werden solle; seinem Betriebe treu ist ein Arbeitnehmer in dem Maße, in dem er über die Jahre hinweg an seinem Beschäftigungsverhältnis festhält. Der zeitliche Umfang seiner Mitarbeit ist in diesem Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung.

bb) Die Ungleichbehandlung der Unterhalbzeitbeschäftigten im Ruhegeldgesetz kann auch nicht durch beamtenrechtliche Grundsätze gerechtfertigt werden. Zwar soll das Hamburger Ruhegeldgesetz zu einer Gesamtversorgung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen, die der Beamtenversorgung entspricht. Doch ist mit dieser Zielsetzung keine Übernahme der allgemeinen Grundsätze des Berufsbeamtentums in die Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes verbunden. Das Alimentationsprinzip findet weder auf das Entgelt noch auf die Altersversorgung der Arbeitnehmer Anwendung. Die Restriktionen, denen eine Teilzeitbeschäftigung von Beamten unterlag, sind ebenfalls zu keiner Zeit für die privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnisse übernommen worden. Auch bei der schrittweisen Ausdehnung des Ruhegeldes auf Teilzeitbeschäftigte ist eine Orientierung am Beamtenrecht nicht erkennbar. So gab es etwa, als im Jahre 1966 halbzeitig Beschäftigte in die Ruhegeldregelung einbezogen wurden, noch keine Teilzeitbeamten. Arbeitnehmern, die tatsächlich unterhalbzeitig beschäftigt wurden, kann nicht entgegengehalten werden, daß Beamten eine zeitlich eingeschränkte Beschäftigung verwehrt war.

cc) Ebensowenig rechtfertigt die typische Versorgungslage von Unterhalbzeitbeschäftigten ihren Ausschluß von der Zusatzversorgung. Es kann dahingestellt bleiben, ob es zutrifft, daß diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entweder durch eine eigene Haupttätigkeit oder durch einen Dritten, vor allem den Ehegatten, im Alter versorgt sind, so daß kein zusätzlicher eigener Versorgungsbedarf besteht (vgl. dazu die Stellungnahme von BDA/BDI unter Hinweis auf Hanau, NZA 1984, S. 345 <347>, und Wank, RdA 1985, S. 1 <18>; Ahrend/Förster/ Rühmann, DB 1982, S. 1563 <1567>; Blomeyer, in: Arbeitsleben und Rechtspflege, Festschrift für Gerhard Müller, 1981, S. 51 <62>; vgl. zur Darstellung dieser Fragestellung auch Oelers, Das Benachteiligungsverbot für Teilzeitbeschäftigte, Diss. 1988, S. 66 ff., 80; a.A.: BAGE 71, 29 <40 f.>; 79, 236 <245 f.>). Das Ruhegeldgesetz selbst stellt auf einen Versorgungsbedarf nicht ab. Ruhegeld wird regelmäßig als Zuschuß zu bestehenden, die Versorgung bereits abdeckenden Renten gewährt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RGG). Andererseits schließt auch eine fehlende anderweitige Versorgung ein Ruhegeld nicht aus (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RGG). Außerdem ist nicht erkennbar, daß der genannte Gesichtspunkt gerade für die Gruppe der Unterhalbzeitbeschäftigten und nicht in gleicher Weise auch für andere Teilzeitkräfte zutrifft. Schließlich spricht das das Ruhegeldgesetz beherrschende Prinzip der Gesamtversorgung dafür, den Versorgungsbedarf nicht ohne Rücksicht auf einen Teil der Arbeitseinkünfte zu bestimmen; denn dieses Prinzip soll eine Aufrechterhaltung des im Arbeitsleben erreichten Lebensstandards im Ruhestand ermöglichen. Der Lebensstandard wird aber durch sämtliche Einkünfte, also auch die durch unterhalbzeitige Beschäftigung erworbenen, geprägt.

dd) Inwieweit bei reinen Nebentätigkeiten eine qualitative Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt und bei der Altersversorgung zu rechtfertigen wäre, kann dahingestellt bleiben (vgl. zur Vereinbarkeit der geringeren Vergütung einer Nebentätigkeit mit § 2 Abs. 1 BeschFG 1985: BAG, ZTR 1993, S. 210 f. m.w.N.; BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des Ersten Senats, NZA 1993, S. 741). Denn eine solche Unterscheidung hat der Gesetzgeber hier nicht getroffen.

ee) Daß Unterhalbzeitkräfte typischerweise über eine geringere Qualifikation und Berufserfahrung verfügen als andere Arbeitnehmer, ist weder belegt noch wird dieser Gesichtspunkt von der Freien und Hansestadt Hamburg geltend gemacht. Ebensowenig beruft sie sich darauf, daß die Bereitstellung von Teilzeitarbeitsplätzen im hier interessierenden Spektrum für sie aufwendiger sei als der Einsatz von anderen Teilzeit- oder Vollzeitkräften.

ff) Anhaltspunkte dafür, daß die hier maßgebliche Gruppe von Arbeitnehmern sozial weniger schutzwürdig ist als die Vergleichsgruppe der halbzeitig und überhalbzeitig Beschäftigten, sind nicht erkennbar. Nicht einschlägig sind die in diesem Zusammenhang genannten Regelungen in §§ 7, 8 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V sowie § 1228 Abs. 1 Nr. 4 RVO und § 4 Abs. 1 Nr. 5 AVG, die durch den inhaltlich gleichen § 5 Abs. 2 SGB VI mit Wirkung vom 1. Januar 1992 abgelöst wurden (vgl. das Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989, BGBl I S. 2261); denn die Herausnahme der in § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V genannten Gruppen aus der Versicherungspflicht erfolgte nicht wegen mangelnder sozialer Schutzbedürftigkeit, sondern weil der Gesetzgeber ihnen ermöglichen wollte, ihre unter Umständen bereits bestehende günstigere private Krankenversicherung aufrechtzuerhalten (vgl. Heinze, Die neue Krankenversicherung, Fünftes Buch SGB, Kommentar, 1989, Stand: Juni 1994, § 8 Anm. 2 und 5; Breuer, in: von Maydell, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung, 1992, § 8 Rn. 24; Mengert, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II - Sozialgesetzbuch V, 19. Aufl., Stand: Juli 1989, § 8 Rn. 17). Die anderen Vorschriften betreffen dagegen die Gruppe der geringfügig Beschäftigten, die hier nicht Gegenstand der Erörterung ist. Ebensowenig deckt sich der von § 40 a EStG erfaßte Personenkreis mit der hier zu erörternden Gruppe von Arbeitnehmern; denn diese Bestimmung erfaßt auch Arbeitsverhältnisse mit Wochenarbeitszeiten von bis zu 20 Stunden. Außerdem liegt ihr keine verallgemeinerungsfähige Einschätzung über die soziale Schutzwürdigkeit der betroffenen Beschäftigten zugrunde.

b) Die vorstehenden Erwägungen gelten uneingeschränkt für den hier maßgeblichen Zeitraum von 1970 bis 1980. Andere Rechtfertigungsgründe als die hier erörterten werden für diesen Zeitraum nicht geltend gemacht und sind auch nicht erkennbar. Ebensowenig läßt sich feststellen, daß die tatsächlichen Verhältnisse, die bei der Prüfung der möglichen Differenzierungsgründe eine Rolle spielen, damals grundlegend anders waren als heute. Der Umstand, daß ein Ausschluß von Teilzeitbeschäftigten von Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst ebenso wie in der gewerblichen Wirtschaft damals noch überwiegend für zulässig gehalten wurde, kann an der verfassungsrechtlichen Beurteilung nichts ändern (vgl. auch BAGE 79, 236 <250 ff.>; BAG, NZA 1996, S. 607 <608 f.>; NZA 1996, S. 939 <940 f.>; BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des Ersten Senats, NZA 1993, S. 213 <214>).

III.

Die Unvereinbarkeit der zur Prüfung gestellten Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG führt nicht zu ihrer Nichtigkeit. Diese im Gesetz als Regelfall vorgesehene Rechtsfolge (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 1 BVerfGG) kommt dann nicht in Betracht, wenn dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, wie es bei Verstößen gegen den Gleichheitssatz regelmäßig der Fall ist (vgl. BVerfGE 87, 114 <135 f.>; 94, 241 <265>).

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine verfassungsmäßige Regelung zu erlassen. In die Neuregelung sind auch die entsprechenden Vorschriften der früheren und späteren Fassungen des Ruhegeldgesetzes einzubeziehen, soweit dies zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustandes erforderlich ist. Dabei kann der Gesetzgeber die Folgen der Unvereinbarkeit für die Vergangenheit begrenzen, um eine übermäßige Belastung des Haushalts und einen unangemessenen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Maßstäbe dafür ergeben sich aus § 79 Abs. 2 BVerfGG. Der Rechtsgedanke des § 79 Abs. 2 BVerfGG ist auf privatrechtliche Regelungen sinngemäß anzuwenden (vgl. BVerfGE 32, 387 <389>; zum allgemeinen Rechtsgedanken des § 79 Abs. 2 BVerfGG vgl. auch BVerfGE 37, 217 <262 f.>). Er besagt, daß die nachteiligen Wirkungen, die von fehlerhaften Akten der öffentlichen Gewalt in der Vergangenheit ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, daß aber für die Zukunft die sich aus der Durchsetzung solcher Akte ergebenden Folgen abgewendet werden sollen (vgl. BVerfGE 20, 230 <236>). Hier liegt eine Orientierung an dieser Vorschrift besonders nahe, weil die Regelung nur Ansprüche gegen den Fiskus zum Gegenstand hat und ihre Geltendmachung und Verbescheidung in einem Verfahren erfolgt, das dem öffentlichrechtlicher Rententräger vergleichbar ist. Nachzahlungsansprüche können daher - abgesehen von anhängigen Verfahren - ausgeschlossen werden, wohingegen eine Neuberechnung für die Zukunft hier allenfalls unter engen Voraussetzungen versagt werden kann.

Einer Erstreckung der zu treffenden Regelung auf zurückliegende Fälle steht das Protokoll Nr. 2 zum Maastricht-Vertrag vom 7. Februar 1992 (ABlEG Nr. C 191, S. 68 "Barber-Protokoll") nicht entgegen. Es lautet:

Im Sinne des Artikels 119 gelten Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit nicht als Entgelt, sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichem Recht anhängig gemacht haben.

Das Protokoll bezieht sich nach Wortlaut und Zusammenhang nur auf den zeitlichen Anwendungsbereich des Art. 119 EWG-Vertrag in bezug auf Betriebsrenten (vgl. hierzu die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, NJW 1991, S. 2204 - Barber -, an die das Protokoll anknüpft). Über den zeitlichen Anwendungsbereich innerstaatlicher Verfassungsnormen der Mitgliedstaaten und die Folgen einer Verfassungswidrigkeit innerstaatlicher Rechtssätze über die betriebliche Altersversorgung aus zurückliegenden Beschäftigungszeiträumen sagt es nichts aus.

Seidl Grimm Kühling

Seibert Jaeger Haas

Hömig Steiner Steiner

Ende der Entscheidung

Zurück