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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 1 BvL 5/05
Rechtsgebiete: SGB VI, GG, RentenreformG 1999, Rentenversicherungs-NachhaltigkeitsG


Vorschriften:

SGB VI § 38
SGB VI § 41 Abs. 1
SGB VI § 55 Abs. 1 Satz 1
SGB VI § 55 Abs. 1 Satz 2
SGB VI § 55 Abs. 2
SGB VI § 56 Abs. 1
SGB VI § 57
SGB VI § 63 Abs. 1
SGB VI § 77
SGB VI § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
SGB VI § 262 Abs. 1
SGB VI § 237
SGB VI § 237 Abs. 1
SGB VI § 237 Abs. 1 Nr. 4
SGB VI § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
SGB VI § 237 Abs. 3
SGB VI § 237 Abs. 3 Satz 3
SGB VI § 237 Abs. 4
SGB VI § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
SGB VI § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
SGB VI § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3
SGB VI § 249 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 1
GG Art. 14
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 2
GG Art. 100 Abs. 1
GG Art. 100 Abs. 1 Satz 1
RentenreformG 1999 Art. 1 Nr. 8
RentenreformG 1999 Art. 1 Nr. 22
RentenreformG 1999 Art. 1 Nr. 76
RentenreformG 1999 Art. 1 Nr. 133
Rentenversicherungs-NachhaltigkeitsG Art. 1 Nr. 44 Buchst. a
Rentenversicherungs-NachhaltigkeitsG Art. 15 Abs. 1
1. Die Begünstigung von Versicherten mit 45 Pflichtbeitragsjahren beim Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

2. Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 Abs. 3 i.V.m. § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.


BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvL 3/05 - - 1 BvL 4/05 - - 1 BvL 5/05 - - 1 BvL 6/05 - - 1 BvL 7/05 -

In den Verfahren

zu den verfassungsrechtlichen Prüfungen,

1. von § 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI, eingefügt durch Art. 1 Nr. 76 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998), geändert durch Art. 1 Nr. 44 Buchstabe a in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1791),

2. von § 237 Abs. 3 in Verbindung mit Anlage 19 SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 76 und 133 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998) in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827)

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2004 - B 4 RA 7/03 R -,

- 1 BvL 3/05 -,

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2004 - B 4 RA 42/02 R -,

- 1 BvL 4/05 -,

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2004 - B 4 RA 3/03 R -,

- 1 BvL 5/05 -,

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2004 - B 4 RA 50/03 R -,

- 1 BvL 6/05 -,

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2004 - B 4 RA 64/02 R -,

- 1 BvL 7/05 -

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung der Richterin und Richter Präsident Papier, Hohmann-Dennhardt, Bryde, Gaier, Eichberger, Schluckebier, Kirchhof, Masing am 11. November 2008 beschlossen:

Tenor:

1. § 237 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Artikel 1 Nummer 76 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 2998), zuletzt geändert durch Artikel 1 Nummer 8 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 4. Dezember 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 3183), ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz) vereinbar.

2. § 237 Absatz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Artikel 1 Nummer 76 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 2998) in Verbindung mit § 77 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Artikel 1 Nummer 22 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (Bundesgesetzblatt I Seite 1827) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe:

A.

Die Vorlagen des Bundessozialgerichts betreffen den vorzeitigen Bezug von Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Sie werfen die Frage auf, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor dem 1. Januar 1942 geborene Versicherte mit 45 Pflichtbeitragsjahren im Hinblick auf Beginn und Höhe der Altersrente begünstigt, und dass § 237 Abs. 3 in Verbindung mit Anlage 19 SGB VI in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI die Altersrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme durch Kürzung des Zugangsfaktors auf Dauer vermindert.

I.

1. Die Arbeitslosigkeit von Angestellten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, wurde infolge der weltweiten Wirtschaftskrise durch Gesetz vom 7. März 1929 (RGBl I S. 75) neu als Leistungsfall in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen (§ 397 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG) und durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter im Jahr 1957 auf die Arbeiter erweitert (§ 1248 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung - RVO). Bis zum 31. Dezember 1991 wurden die Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres ohne Abschläge gewährt. Das bis dahin geltende Recht kannte keine Abschläge; es gewährte vielmehr bei Hinausschieben des Bezugs der Rente ab Vollendung des 65. Lebensjahres Zuschläge für jeden zusätzlichen Kalendermonat bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres, in dem die Voraussetzungen für ein Altersruhegeld erfüllt und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden waren (§ 1254 Abs. 1a RVO, § 31 Abs. 1a AVG).

2. Mit Inkrafttreten des SGB VI am 1. Januar 1992 wurde die Altersgrenze für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit von 60 Jahren erstmals für die ab dem 1. Januar 1941 geborenen Versicherten, also ab dem Rentenzugangsjahr 2001, stufenweise in Abhängigkeit vom jeweiligen Geburtsmonat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres angehoben (§ 41 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung <Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992> vom 18. Dezember 1989, BGBl I S. 2261). Die Versicherten erhielten jedoch die Möglichkeit, ab dem 60. Lebensjahr vorzeitig eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch zu nehmen; für die Geburtsjahrgänge ab 1949 wurde die Altersgrenze in Abhängigkeit vom jeweiligen Geburtsmonat in Monatsschritten erhöht. Zugleich wurde für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Rentengewährung der Zugangsfaktor für die gesamte Dauer des Rentenbezugs gekürzt (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI i.d.F. des Rentenreformgesetzes 1992, ab dem 1. Januar 2001 inhaltsgleich § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI). Der Zugangsfaktor bestimmt neben anderen Faktoren, wie viel persönliche Entgeltpunkte ein Altersrentner bei der Ermittlung des Monatsbeitrags der Rente erhält. Während der Zugangsfaktor für die normalen Renten wegen Alters, die mit Ablauf der Vollendung des 65. Lebensjahres beginnen, mit 1,0 anzusetzen ist, wird der Zugangsfaktor für jeden Monat, für den eine Rente vorzeitig in Anspruch genommen wird, um 0,003 gekürzt. Der gekürzte Zugangsfaktor bestimmt auch die Höhe einer nachfolgenden Regelaltersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres und einer daraus abgeleiteten Hinterbliebenenrente auf Dauer.

Die Vorschrift lautet:

"§ 77 Zugangsfaktor

(1) ...

(2) Der Zugangsfaktor ist ...

1. ...

2. bei Renten wegen Alters, die a) vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0..."

Diese Vorschrift ist im Wesentlichen Gegenstand der zweiten Frage der Vorlagen des Bundessozialgerichts.

Das Rentenreformgesetz 1992 sollte durch Verlängerung der Lebensarbeitszeit die Proportion von Beitragszahlern zu Rentnern verbessern und damit demographisch bedingte Belastungen der Rentenversicherung mindern (vgl. BTDrucks 11/4124, S. 144). Die Altersgrenze für den vorzeitigen Bezug der Rente wurde so gezogen, dass die Versicherten bis zu drei Jahre früher als nach der für sie jeweils maßgebenden Altersgrenze eine Altersrente beziehen konnten. Die Altersgrenzen wurden gesetzlich stufenweise nach Geburtsjahrgängen angehoben, damit die Versicherten ihre Lebensplanung darauf einstellen konnten. Längere Rentenlaufzeiten wegen vorgezogenen Rentenbeginns sollte der gekürzte Zugangsfaktor ausgleichen, damit aus einem vorzeitigen Rentenbezug kein finanzieller Vorteil gegenüber anderen Versicherten entstünde (vgl. BTDrucks 11/4124, S. 144).

Mit Wirkung ab 1. August 1996 wurde die Anhebung der Altersgrenze für die Rente auf ab dem 1. Januar 1937 geborene Versicherte vorverlegt. Für die Geburtsjahrgänge 1940 bis 1948 wurde sie auf die Vollendung des 63. Lebensjahres festgesetzt, für ab dem 1. Januar 1949 geborene Versicherte darüber hinaus stufenweise erhöht (§ 41 Abs. 1a SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand; im Folgenden: Ruhestandsförderungsgesetz vom 23. Juli 1996, BGBl I S. 1078). Ab Vollendung des 60. Lebensjahres, für die Geburtsjahrgänge ab 1949 entsprechend dem Geburtsmonat stufenweise erhöht, konnte weiterhin vorzeitig die gekürzte Altersrente bezogen werden. Hintergrund dieser Neuregelung war der enorme Zuwachs an Frühverrentungen nach Zeiten der Arbeitslosigkeit. Er belastete die gesetzliche Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung in einem Umfang, der nur über höhere Beitragssätze zu finanzieren gewesen wäre. Weil im Altersteilzeitgesetz zugleich eine Möglichkeit für Arbeitnehmer geschaffen wurde, ab Vollendung des 55. Lebensjahres gleitend vom Erwerbsleben in den Ruhestand überzugehen (vgl. BTDrucks 13/4336, S. 14 f.), wurde die bisherige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit umbenannt (vgl. BTDrucks 13/4336, S. 16).

Das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) hob ab dem 1. Januar 1997 für alle seit dem 1. Januar 1937 geborenen Versicherten stufenweise die Altersgrenze nach Geburtsmonat gestaffelt auf die Vollendung des 65. Lebensjahres an (§ 41 Abs. 1 in Verbindung mit der neuen Anlage 19 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes). Die bisherige Grenze der Vollendung des 63. Lebensjahres für die Geburtsjahrgänge 1940 bis 1948 entfiel. Die vorzeitige gekürzte Altersrente stand ab 1937 geborenen Versicherten weiterhin bei Vollendung des 60. Lebensjahres offen. Der Gesetzgeber wies auf die seit dem zweiten Halbjahr 1995 ungünstig verlaufene wirtschaftliche Entwicklung hin, insbesondere die negative Entwicklung des Arbeitsmarktes, die zu Mehrausgaben und Mindereinnahmen in der Rentenversicherung führte, und verlängerte zur Begrenzung der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung die Lebensarbeitszeit, indem er die schon 1992 beschlossene stufenweise Anhebung der Altersgrenze für die vorgezogene Altersrente zeitlich erweiterte (vgl. BTDrucks 13/4610, S. 18).

Durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998) wurde § 41 Abs. 1 SGB VI mit Wirkung zum 1. Januar 2000 aufgehoben und die Anhebung der Altersgrenzen in § 237 Abs. 3 SGB VI geregelt.

Die Vorschrift lautet:

"(3) Die Altersgrenze von 60 Jahren wird bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenzen und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrenten bestimmen sich nach Anlage 19."

3. Das Rentenreformgesetz 1999 fügte auch § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI (ab dem 1. Januar 2000 inhaltsgleich: § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) neu ein.

Die für die Ausgangsverfahren einschlägige Vorschrift lautet:

"(4) Die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit wird für Versicherte, die

1. ...

2. ...

3. vor dem 1. Januar 1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe versicherungspflichtig waren, wie folgt angehoben:

 Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um MonateAuf Alter vorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter 
  JahrMonatJahrMonat
vor 19410600600
1941     
Januar-April1601600
Mai-August2602600
September-Dezember3603600
1942     
Januar-April4604600
Mai-August5605600
September-Dezember6606600
1943     
Januar-April7607600
Mai-August8608600
September-Dezember9609600
1944     
Januar-Februar106010600

In dieser Fassung ist § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI Gegenstand der ersten Frage der Vorlagen des Bundessozialgerichts. Das Recht zum früheren Rentenbezug für Versicherte bis zum Jahrgang 1941, die 45 Jahre Pflichtbeiträge aufweisen, hat zum einen zur Folge, dass sie vor der Regelaltersgrenze eine Rente beziehen können. Zum anderen werden sie bei Abschlägen nach dem Zugangsfaktor des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI begünstigt.

Von den niedrigeren Altersgrenzen können nur Versicherte mit 45 Pflichtbeitragsjahren profitieren. Pflichtbeitragszeiten sind nach der Legaldefinition des § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI nur solche Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Dazu zählen auch Zeiten der Kindererziehung in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes (für vor dem 1. Januar 1992 geborene Kinder nach § 249 Abs. 1 SGB VI für die ersten zwölf Monate), sowie Pflichtbeitragszeiten während des Wehr- oder Zivildienstes und während des Bezugs von Kranken-, Verletzten- oder Übergangsgeld. Nicht enthalten sind Berücksichtigungszeiten für die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr nach § 57 SGB VI. Um keine neuen Möglichkeiten zu Frühverrentungen zu Lasten der Sozialversicherung zu eröffnen, wurden die Beitragszeiten während des Bezugs von Lohnersatzleistungen der Bundesanstalt für Arbeit ausdrücklich ausgenommen (vgl. BTDrucks 13/8011, S. 50). Der Gesetzgeber rechnete mit Mehraufwendungen in den Jahren 2002 bis 2005, für welche der Beitragssatz um 0,1 Prozentpunkte erhöht werden müsste (vgl. BRDrucks 603/97, S. 82). Er wollte sicherstellen, dass die Anhebung der Altersgrenzen für Versicherte der Jahrgänge vor 1942, die 45 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt haben, wie im Rentenreformgesetz 1992 blieb (vgl. BTDrucks 13/8011, S. 62).

Da die ersten von der Anhebung der Altersgrenzen betroffenen Versicherten im Jahr 1997 ihr 60. Lebensjahr vollendeten, wurde das Gesetz rückwirkend zum 1. Januar 1997 geändert. Die Möglichkeit, unter den günstigeren Voraussetzungen des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI früher eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit in Anspruch zu nehmen, beschränkt sich danach auf die vor dem 1. Januar 1942 geborenen Versicherten. Diese hatten spätestens am 31. Dezember 2006 das 65. Lebensjahr vollendet und konnten damit einen Anspruch auf Altersrente ohne Kürzung spätestens am 1. Januar 2007 erwerben. Spätere Rentenzugänge können nicht mehr den Tatbestand des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI erfüllen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2000 wurde der Anspruch auf Leistung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit auf vor dem 1. Januar 1952 geborene Versicherte beschränkt. Damit wurde diese Rentenart mit Wirkung zum 1. Januar 2017 abgeschafft.

4. Das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20. April 2007 (BGBl I S. 554) hat als Ausnahme zu der neuen Regelaltersrente ab dem 67. Lebensjahr eine "Altersrente für besonders langjährig Versicherte" geschaffen. Nach § 38 SGB VI n.F. haben 65-jährige Versicherte diesen Rentenanspruch ohne Kürzungen, wenn sie eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Damit wird künftig an Stelle der abgeschafften, begünstigten Altersrente nach 45 Pflichtbeitragsjahren eine ungekürzte Rente nach 45 Jahren Wartezeit ab dem Alter von 65 Jahren geschaffen.

II.

Die Kläger der fünf Ausgangsverfahren beantragten vorzeitig eine vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit nach § 237 SGB VI ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres und erhielten aufgrund des geminderten Zugangsfaktors nur eine gekürzte Rentenleistung nach § 237 Abs. 3 in Verbindung mit Anlage 19 SGB VI in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI. Vier der Kläger waren vor dem 1. Januar 1942 geboren, ihnen fehlte jedoch für einen günstigeren Rentenbezug nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI die Voraussetzung von 45 Pflichtbeitragsjahren. Der fünfte Kläger hat darüber hinaus nicht die Voraussetzung des Geburtsjahres erfüllt. Den Ausgangsverfahren liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

1. Der am 4. September 1941 geborene und mittlerweile verstorbene Kläger des Ausgangsverfahrens der konkreten Normenkontrolle 1 BvL 3/05 bezog seit dem 1. Oktober 2001 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Mit seiner Arbeitgeberin schloss er am 26. Mai 1997 einen Aufhebungsvertrag, der zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1997 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 150.000 DM führte. Danach war er im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses vom 1. Februar 1998 bis zum 31. Dezember 1998 erneut bei seiner früheren Arbeitgeberin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1999 war der Kläger des Ausgangsverfahrens arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld bis zum 28. August 2001. Mit Vollendung des 60. Lebensjahres am 4. September 2001 begehrte der Kläger des Ausgangsverfahrens eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte legte der Rentenberechnung im Rentenbescheid vom 11. Oktober 2001 wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente, das heißt vor Erreichen der für eine ungekürzte Rentenleistung maßgeblichen Grenze von 64 Jahren und neun Monaten, einen nach § 237 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit Anlage 19 SGB VI verminderten Zugangsfaktor zugrunde. Der Zugangsfaktor wurde für den insgesamt 57 Monate umfassenden vorzeitigen Rentenbezug von 1,0 auf 0,829 gekürzt. Anstelle der vom Kläger in 544 Beitragsmonaten insgesamt erzielten 68,7973 Entgeltpunkte wurden daher nur 57,0330 persönliche Entgeltpunkte berücksichtigt. Der Geldwert seines Stammrechts auf Altersrente verringerte sich dadurch von 3.367,86 DM auf 2.791,96 DM monatlich. Die Festsetzung seiner Rente wurde bestandskräftig. Mit einem Neufeststellungsantrag vom April 2002 begehrte der Kläger die Festsetzung seiner Rente auf der Grundlage des § 41 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992. Nach der damals für eine ungekürzte Rentenzahlung für den Geburtsmonat September 1941 gültigen Altersgrenze von 60 Jahren und drei Monaten wäre der Zugangsfaktor lediglich um 0,009 auf 0,991 zu kürzen gewesen. Seine Entgeltpunkte wären damit nur um 0,9% anstelle von 17,1% gekürzt worden. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte lehnte die begehrte Neuberechnung der Altersrente ab. Die vom Kläger hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe blieben erfolglos. Das Sozialgericht Berlin wies seine Klage ab und ließ die Sprungrevision zu. Nach dem Tod des Klägers führt die Ehefrau als Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit fort.

2. Der am 30. April 1941 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens in dem Normenkontrollverfahren 1 BvL 4/05 erhält seit dem 1. Mai 2001 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Bereits im Oktober 1994 hatte er mit seiner Arbeitgeberin eine Ruhestandsvereinbarung geschlossen. Danach wurde das bisherige Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1994 beendet. Daran schloss sich ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19 Stunden an. Im Rahmen eines "Blockmodells" arbeitete der Kläger des Ausgangsverfahrens entgegen der reduzierten Arbeitszeit von Januar 1995 bis Februar 1996 vollschichtig und war anschließend bis zum Ablauf der Befristung von der Arbeitspflicht freigestellt. Zum 31. März 1997 schied er gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 105.840 DM aus und war in der Folgezeit beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet. Am 12. Januar 2001 beantragte der Kläger bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Leistung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Im Rentenbescheid vom 20. Februar 2001 wurden der Rentenberechnung von den in 535 Beitragsmonaten insgesamt erzielten 63,0868 Entgeltpunkten lediglich 53,2453 persönliche Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Für den Kläger galt als Grenze für eine ungekürzte Altersrente 64 Jahre und vier Monate, so dass der Zugangsfaktor wegen des um vier Jahre und vier Monate vorgezogenen Rentenbeginns von 1,0 auf 0,844 gekürzt in die Rentenformel eingestellt wurde. Das entspricht einer Minderung von 15,6%. Der monatliche Wert seines Stammrechts auf Altersrente reduzierte sich dadurch von 3.064,76 DM auf 2.586,66 DM. Das Widerspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Das Sozialgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Landessozialgericht wies die Berufung zurück.

3. Der Kläger des Ausgangsverfahrens in dem Normenkontrollverfahren 1 BvL 5/05 ist am 27. Juni 1941 geboren und erhält seit dem 1. Juli 2001 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Nachdem seine Arbeitgeberin beschlossen hatte, den Produktionsbereich, in dem der Kläger arbeitete, zu schließen, wurde mit dem Betriebsrat im Jahr 1994 ein Interessenausgleich zusammen mit einer Vereinbarung über das Sozialplanvolumen und ein Sozialplan für den Produktionsbereich erstellt. Die von der Stilllegung des Werkes betroffenen Arbeitnehmer sollten zu einem späteren Zeitpunkt nach Kündigung oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Betrieb ausscheiden. Der ursprünglich noch für das Jahr 1996 vorgesehene Termin der Werksschließung verzögerte sich. Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1997 mit der Bitte, ihn nach dem Sozialplan "aus dem Dienst zu entlassen". Vom 1. Januar 1998 an war der Kläger arbeitslos. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bewilligte ihm am 25. April 2001 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Da der Kläger eine ungekürzte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erst in einem Alter von 64 Jahren und sechs Monaten hätte beanspruchen können, wurde für den um 54 Kalendermonate vorgezogenen Rentenbeginn der Rentenberechnung ein auf 0,838 gekürzter Zugangsfaktor zugrunde gelegt. Anstelle der in 495 Beitragsmonaten erzielten 59,1466 Entgeltpunkte fanden deshalb nur 49,5649 persönliche Entgeltpunkte Berücksichtigung. Das entspricht 83,8% der ursprünglich vom Kläger erworbenen Entgeltpunkte. Der Geldwert des Stammrechts des Klägers auf Altersrente betrug daher anstelle von 2.928,35 DM nur 2.453,96 DM monatlich. Mit seinem Begehren, eine höhere Altersrente zu erhalten, blieb der Kläger im Widerspruchsverfahren und in dem sich anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht erfolglos.

4. Der am 31. August 1941 geborene und mittlerweile verstorbene Kläger des Ausgangsverfahrens zu der konkreten Normenkontrolle 1 BvL 6/05 erhielt seit dem 1. September 2001 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Am 19. Januar 1996 hatte er mit seiner Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag geschlossen, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 1999 vorsah. Ab Februar 1998 war der Kläger arbeitslos. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bewilligte ihm am 16. August 2001 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. In die Rentenberechnung wurden von den insgesamt im Versicherungsleben des Klägers erworbenen 59,4513 Entgeltpunkten lediglich 49,4635 persönliche Entgeltpunkte berücksichtigt. Wegen des früheren Rentenbeginns von 56 Kalendermonaten vor Erreichen der Altersgrenze für eine ungekürzte Rentengewährung reduzierte sich der Zugangsfaktor um 0,168 auf 0,832. Das entspricht einer Kürzung von 16,8%. Der Geldwert des Stammrechts auf Altersrente betrug daher anstelle von 2.943,44 DM nur noch 2.448,94 DM. Nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren wies das Sozialgericht die Klage auf höhere Rentenzahlung ab. Das Landessozialgericht wies die Berufung zurück. Nach dem Tod des Klägers führt die Ehefrau als Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit fort.

5. Der Kläger des Ausgangsverfahrens in dem Verfahren der konkreten Normenkontrolle 1 BvL 7/05 ist am 3. April 1942 geboren und bezieht seit dem 1. Mai 2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Im Mai 1994 hatte er mit seiner Arbeitgeberin eine Vereinbarung über einen "gleitenden Ruhestand" geschlossen. Das Beschäftigungsverhältnis endete danach zum 31. Dezember 1994. Es schloss sich ein befristetes Beschäftigungsverhältnis bis zum 15. August 1996 an. Seitdem war der Kläger bis zum 30. April 2002 durchgehend arbeitslos. Am 24. Oktober 2001 beantragte er bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Leistung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Sie wurde am 16. April 2002 bewilligt. In 447 Beitragsmonaten hatte der Kläger insgesamt 60,9726 Entgeltpunkte erworben. Wegen der um 60 Monate früheren vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente wurde der Rentenberechnung ein Zugangsfaktor mit einer Kürzung von 0,18 auf 0,82 zugrunde gelegt. Damit reduzierten sich die persönlichen Entgeltpunkte des Klägers auf 49,9975. Das entspricht einer Kürzung um 18%. Ohne diese Minderung hätte der monatliche Wert des Stammrechts auf Altersrente bei einem Abschlag von nur 1,2% 1.543,46 EUR statt der festgesetzten 1.265,64 EUR betragen. Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht blieben ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat die Sprungrevision zugelassen.

III.

Das Bundessozialgericht hat in allen Verfahren den Rechtsstreit mit Beschlüssen vom 28. Oktober 2004 nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zwei Fragen zur Entscheidung vorgelegt. Das konkrete Normenkontrollverfahren 1 BvL 7/05 beschränkt sich auf die zweite Vorlagefrage. In den anderen Normenkontrollen stellt das Bundessozialgericht beide Vorlagefragen mit jeweils gleichem Wortlaut.

1. Die erste Vorlagefrage betrifft die Begünstigung von Versicherten im Hinblick auf Beginn und Höhe des vorzeitigen Bezugs einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit, die die Voraussetzung von 45 Pflichtbeitragsjahren erfüllen. Das Bundessozialgericht hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI, eingefügt durch Art. 1 Nr. 76 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998), in Kraft getreten zum 1. Januar 2000, mit Wirkung zum 1. August 2004 geändert durch Art. 1 Nr. 44 Buchstabe a in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1791) insoweit mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, als die Norm nur diejenigen vor dem 1. Januar 1942 geborenen Versicherten begünstigt, die 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (ohne versicherungspflichtige Bezugszeiten von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe) haben, ohne auch diejenigen vor dem 1. Januar 1942 geborenen Versicherten in die Begünstigung mit einzubeziehen, die eine gleiche Vorleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung erbracht haben.

Das vorlegende Gericht ist überzeugt, die durch das Rentenreformgesetz 1999 rückwirkend zum 1. Januar 1997 eingeführte Regelung des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI (ab dem 1. Januar 2000 inhaltsgleich: § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) enthalte eine gleichheitswidrige Inhaltsbestimmung des Renteneigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und eine gleichheitswidrige Benachteiligung von Versicherten, die Kinder erzogen haben (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG).

a) Die durch Sachgründe nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liege zum einen darin, dass für die Anwendung der günstigeren Regelungen des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI lediglich der Zeit-, nicht aber der Wertaspekt der Vorleistung Berücksichtigung finde, weil diejenigen vor dem 1. Januar 1942 geborenen Versicherten nicht einbezogen worden seien, die eine gleich hohe oder sogar höhere Vorleistung für die gesetzliche Rentenversicherung erbracht haben. Ob und wie stark der Zugangsfaktor gekürzt und in welcher Höhe dadurch die vom Versicherten in Form von Entgeltpunkten erbrachte Vorleistung tatsächlich in der Rentenformel Berücksichtigung finde, bestimme sich allein nach dem zeitlichen Umfang der Pflichtbeitragszeiten.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe auch darin, dass eine Begünstigung durch § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI äußerst selten und daher nur nach dem Zufallsprinzip für Versicherte eintritt, die bei Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente gerade das 60. Lebensjahr vollendet haben. Rein tatsächlich würden die 60 Jahre alten Versicherten jedoch von der Privilegierung ausgenommen, da der Anspruch auf Leistung einer Rente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 Abs. 1 SGB VI neben einem Mindestalter von 60 Jahren voraussetze, dass nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten über die Dauer von insgesamt 52 Wochen Arbeitslosigkeit bestand. Ein 60 Jahre alter Versicherter könne daher nur dann 45 Pflichtbeitragsjahre für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt haben, wenn er bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahres eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit begonnen und ohne Unterbrechung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Kinderberücksichtigungszeiten fortgeführt habe. Selbst wer das Gestaltungsrecht erst mit 64 Jahren und elf Monaten, das heißt zum letztmöglichen Zeitpunkt ausübe und einen Monat vor Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente beziehen möchte, dürfe während seines gesamten Erwerbslebens höchstens eine Versicherungslücke von vier Jahren und elf Monaten aufweisen.

b) Daneben seien Versicherte benachteiligt, die Kinder erzogen hätten. Zu den 45 Pflichtbeitragsjahren zähle nur die Betreuung von Kindern bis zur Vollendung der ersten drei Lebensjahre (§ 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus zählten Kindererziehungszeiten bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres lediglich als Berücksichtigungszeiten nach § 57 SGB VI und damit nicht als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Schon wenn ein Versicherter für mehrere Kinder insgesamt Kinderberücksichtigungszeiten von fünf und mehr Jahren zurückgelegt habe, könne er die Voraussetzungen des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI nicht mehr erfüllen.

2. Die zweite Vorlagefrage, die das Bundessozialgericht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat, lautet: ob § 237 Abs. 3 in Verbindung mit Anlage 19 SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 76 und 133 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998) in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827) mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als diese gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung den Wert des Stammrechts auf Altersrente auch dann noch vermindert, wenn die individuellen Vorteile aus einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer durch einen Abschlag vom Zugangsfaktor ausgeglichen sind.

a) Die Regelungen enthielten eine gleichheitswidrige Inhaltsbestimmung des Renteneigentums des Klägers an seinem Stammrecht, weil der monatliche Geldwert des Stammrechts durch den Abschlag vom Zugangsfaktor um 0,003 für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbeginns während der gesamten Dauer des Rentenbezugs auch dann gemindert bleibe, wenn der Vermögensvorteil des Versicherten aus der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente bereits ausgeglichen sei. Der Vorteil eines früheren Bezugs von Altersrente betrage mindestens einen Monatsbetrag und höchstens 60 Monatsbeträge. Damit stehe fest, dass der konkrete, dem einzelnen Versicherten durch den früheren Rentenbeginn zufließende zusätzliche Geldwert zu einem bestimmten Zeitpunkt (rechnerisch nach 27 Jahren und zehn Monaten) in vollem Umfang abgeschmolzen sein würde. Durch die dauerhaft festgesetzte Reduzierung der Rentenhöhe um mindestens 0,3% und höchstens um 18% werde der Versicherte ab diesem Zeitpunkt gegenüber anderen Versicherten, die bei gleicher Vorleistung eine ungekürzte Altersrente bezögen, ohne rechtfertigenden Grund benachteiligt. Diese Ungleichbehandlung rechtfertige sich auch nicht dadurch, dass zahlreiche Versicherte bereits verstorben seien, bevor sich in ihrem Fall der Vermögensvorteil ausgeglichen habe.

b) Der individuelle Vorteil des einzelnen Versicherten sei nach 27 Jahren und zehn Monaten ausgeglichen. Daraus resultiere eine Ungleichbehandlung der länger lebenden gegenüber den früher sterbenden, vorzeitigen Rentenbeziehern, da nach einem Rentenbezug von 27 Jahren und zehn Monaten die meisten Versicherten bereits verstorben seien, ohne dass der Vermögensvorteil gegenüber ihnen oder ihren Hinterbliebenen ausgeglichen würde. Die niedrige Ausgleichsrate über eine lange Laufzeit fördere wirtschaftlich die Frühverrentung zu Lasten der länger Lebenden. Daher müssten kürzere Vorteilsausgleichzeiten bei höheren Abschlägen angesetzt werden. Der Gesetzgeber habe dem Versicherten nach Abschmelzung seines individuellen Vermögensvorteils die weitere Rente ungekürzt zu gewähren.

3. Das Bundessozialgericht hat in den Beschlüssen vorgetragen, für die Entscheidung des Rechtsstreits komme es auf die Gültigkeit der gerügten Vorschriften an. Wenn § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI und die Abschlagsregelung verfassungsmäßig seien, sei die Revision zurückzuweisen. Bei Feststellung der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz müsse zunächst der Gesetzgeber tätig werden und die Gleichheitsverstöße ausräumen. Eine Sachentscheidung könne dann erst auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung ergehen. Sowohl für die "45-Jahre-Klausel" als auch für die Abschläge bei vorzeitigem Altersrentenbezug könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Vorschriften zugunsten der Kläger der Ausgangsverfahren ändere, und das Bundessozialgericht dann eine höhere Altersrente zuspreche. Die Vorschriften erlaubten nach ihrem Wortlaut und Normzweck keine verfassungskonforme Auslegung.

IV.

Zu den Verfahren haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Bundesregierung, die Deutsche Rentenversicherung Bund, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Juristinnenbund und der Prozessbevollmächtigte der Kläger in den Ausgangsverfahren zu den Normenkontrollverfahren 1 BvL 3/05 und 1 BvL 4/05 Stellung genommen. Das Bundessozialgericht hat weitere Verfahren genannt, die die zur Überprüfung gestellten Fragen betrafen. Während das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Deutsche Rentenversicherung Bund alle angegriffenen Regelungen für mit dem Grundgesetz vereinbar halten, sind der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Juristinnenbund und der Prozessbevollmächtigte der Kläger in den zwei genannten Verfahren aus verschiedenen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten der Auffassung, die Begünstigung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI verstoße gegen das Grundgesetz.

1. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hält die Vorlagen nach Art. 100 Abs. 1 GG für unzulässig, soweit das Bundessozialgericht Ausführungen zu den Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung mache, die nicht unter die Pflichtbeitragszeiten fielen. Sämtliche Kläger der Ausgangsverfahren würden keine derartigen Berücksichtigungszeiten aufweisen und könnten gar nicht von der Vorschrift benachteiligt werden. Gerichtsvorlagen seien unzulässig, wenn die gerügte Verfassungswidrigkeit einer Norm nicht die Kläger der Ausgangsverfahren, sondern nur andere Personen diskriminieren könne.

2. a) Zur ersten Vorlagefrage haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Deutsche Rentenversicherung Bund vorgetragen, § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI verstoße nicht dadurch gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Regelung allein auf die Dauer der Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit statt auf die Höhe der von den Versicherten erbrachten Vorleistung abstelle. Versicherte mit 45 Pflichtbeitragsjahren könnten nicht mit Versicherten verglichen werden, die Entgeltpunkte in gleicher Höhe erworben, aber die 45 Pflichtbeitragsjahre nicht erreicht hätten. Nach der Systematik des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bestimme sich der Zugang zur Altersrente nicht ausschließlich nach der Höhe der Entgeltpunkte, sondern nach der Dauer der Zugehörigkeit zur Solidargemeinschaft aller Versicherten. Die Höhe der Entgeltpunkte enthalte aber keine Aussage über die Dauer der Zugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Ungleichbehandlung von Versicherten mit 45 Pflichtbeitragsjahren gegenüber Versicherten ohne diese Beitragszeit sei sachlich gerechtfertigt. Begünstigungen im Rentenrecht knüpften generell an das Vorliegen rentenrechtlicher Zeiten an. So privilegiere die Altersrente für langjährig versicherte Personen, die 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten vorweisen könnten. Die Erfüllung von Wartezeiten bestimme seit jeher die Anspruchsvoraussetzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zeitliche Voraussetzungen bestünden für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben. Bei der Rentenberechnung werde auf Mindestversicherungszeiten unabhängig von der Beitragshöhe abgestellt. Vertrauensschutz- und Übergangsregelungen enthielten zeitliche Elemente. Die Vorschriften über die Rentenberechnung schlössen sich erst an, wenn ein Anspruch auf Leistung dem Grunde nach bestehe. Die Regelung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sei daher systemkonform und sachlich begründet. Der Gesetzgeber habe sich dazu entschieden, mit der Regelung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI einen Personenkreis zu begünstigen, der nahezu sein gesamtes Erwerbsleben in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen sei und mit seinen Beiträgen das Solidarsystem gestärkt habe. Von den günstigeren Regelungen sollten diejenigen vor dem 1. Januar 1942 geborenen Versicherten profitieren, die überdurchschnittlich lange, nämlich annähernd ihr gesamtes Erwerbsleben Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erbracht hätten. Die bisherigen Vertrauensschutzregelungen hätten besonders Arbeitnehmer in Großunternehmen begünstigt, die Sozialpläne hätten finanzieren können. Versicherten der rentennahen Jahrgänge, die bis zu den Stichtagen noch nicht arbeitslos gewesen seien oder noch nicht über ihren Arbeitsplatz disponiert hätten, sei der Vertrauensschutz nicht zugute gekommen. Dies sei gerade für solche Versicherte unbefriedigend gewesen, die besonders viele Jahre mit Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung zurückgelegt hätten. Deren Situation habe der Gesetzgeber verbessern wollen. Aufgrund der langen Zugehörigkeit zum Solidarsystem der gesetzlichen Rentenversicherung seien diese Versicherten besonders schutzwürdig. Durch die Voraussetzung von 45 Pflichtbeitragsjahren hätten die Mehrkosten der Vertrauensschutzregelung in § 237 Abs. 4 SGB VI in Grenzen gehalten werden sollen, um das mit der Anhebung der Altersgrenzen verfolgte Ziel der Kosteneinsparung nicht zu unterlaufen.

Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht dadurch verletzt, dass es nur schwer möglich sei, die geforderten 45 Pflichtbeitragsjahre mit Vollendung des 60. Lebensjahres zu erfüllen. Derartige Fälle kämen in der Praxis vor. Die Möglichkeit des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sei von einer nicht unerheblichen Anzahl von Versicherten in Anspruch genommen worden. Zudem müsse eine Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit nicht genau mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI begünstige Versicherte in einem Zeitraum von nahezu fünf Jahren; die Möglichkeit der Erfüllung des Kriteriums von 45 Pflichtbeitragsjahren steige dadurch signifikant, zumal auch Versicherte mit Altersteilzeitarbeit davon profitieren könnten. Der Gesetzgeber habe sich an den idealtypischen Ausbildungs- und Erwerbsverläufen von Versicherten der Geburtsjahrgänge bis 1941 orientiert.

Nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und der Deutschen Rentenversicherung Bund verstößt § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI nicht gegen Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in den § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI einzubeziehen. Nachteile von Kindererziehenden müssten nicht in jedem Teilbereich des Rentenversicherungsrechts ausgeglichen werden. Entscheidend sei vielmehr, dass der Gesetzgeber insgesamt einen angemessenen Ausgleich für familienbedingte Belastungen schaffe. Diesem Auftrag sei der Gesetzgeber bereits durch zahlreiche Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten von Kindererziehenden nachgekommen. Zudem begründe § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI nicht Rentenanwartschaften, sondern lediglich einen Vertrauensschutz, der Versicherte vor Einschränkungen einer Rechtsposition bewahre.

b) Der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Prozessbevollmächtigte der Kläger in den zwei genannten Verfahren halten die vorgelegten Vorschriften für verfassungswidrig. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI von der Dauer der zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten abhängig zu machen. Eine Anknüpfung der Leistungshöhe an Pflichtbeitragszeiten sei in der gesetzlichen Rentenversicherung sachfremd und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Nach Auffassung des Deutschen Juristinnenbundes verletzt § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI das Verfassungsgebot zum Schutz der Familie. Der Ausschluss von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung liege nicht im Ge-staltungsspielraum des Gesetzgebers. Kindererziehende Versicherte würden benachteiligt. Zudem enthalte die Vorschrift eine nicht gerechtfertigte, mittelbare Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts, da 45 Pflichtbeitragsjahre von Frauen typischerweise schwerer zu erreichen seien als von Männern.

3. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Deutsche Rentenversicherung Bund gehen zur zweiten Vorlagefrage übereinstimmend davon aus, dass die dauerhafte Kürzung des Zugangsfaktors nach vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Die wegen des gekürzten Zugangsfaktors reduzierten persönlichen Entgeltpunkte minderten zwar Rentenanwartschaften und -ansprüche. Dadurch werde in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Dies sei aber durch Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und auch verhältnismäßig.

Der Gesetzgeber verfolge seit dem Rentenreformgesetz 1992 das Ziel, Zugänge zu den Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze zu vermindern, Rentenbezugszeiten zu verkürzen und so den Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren. Abschläge bei vorzeitigem Rentenbezug würden die Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung aufrechterhalten und das System an geänderte Rahmenbedingungen anpassen. Sie seien geeignet, der zunehmenden Frühverrentungspraxis entgegenzuwirken. Die Rentenabschläge seien erforderlich. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das angestrebte Ziel mit weniger einschneidenden Mitteln zu erreichen gewesen wäre. Zudem obliege die Einschätzung, ob andere Mittel vorzuziehen seien, grundsätzlich dem Gesetzgeber. Für die betroffenen Versicherten seien die Rentenabschläge zumutbar. Eine übermäßige Belastung liege entgegen der Auffassung des Bundessozialgerichts nicht darin, dass die betroffenen Versicherten die Abschläge während der gesamten Rentenbezugsdauer hinnehmen müssten. Der Gesetzgeber habe sich hinsichtlich der Höhe der Abschläge auf ein versicherungsmathematisches Modell festgelegt, das das biometrische Risiko der Langlebigkeit zwischen allen Versicherten der jeweils maßgeblichen Kohorte ausgleiche. Die Rentenabschläge müssten deshalb für die gesamte Dauer der Rentenlaufzeit kalkuliert werden. Die Abschläge bewirkten eine Neutralisierung der Kosten des vorzeitigen Rentenbezugs. Die Berechnungen des Bundessozialgerichts würden dagegen keine Sterbezahlen berücksichtigen und Hinterbliebenenrenten ausklammern. Das Argument des Gerichts, der dauerhafte Abschlagswert benachteilige länger lebende gegenüber früher sterbenden "vorzeitigen" Rentnern, da nur die länger lebenden Versicherten die Vermögensvorteile ausgleichen müssten, widerspreche dem Wesen einer Versicherung, Risiken kollektiv auszugleichen; eine überdurchschnittliche Rentenbezugsdauer der einen Gruppe müsse durch die unterdurchschnittliche Rentenbezugsdauer der anderen ausgeglichen werden. Der versicherungsimmanente Risikoausgleich führe - mit oder ohne Abschläge - stets zu einer individuellen Ungleichbehandlung, wenn unterschiedliche Rentenbezugsdauern infolge verschiedener Sterberisiken in einer Gemeinschaft von Versicherten ausgeglichen würden. Die vom Bundessozialgericht festgestellte Benachteiligung individueller Versicherter sei Ergebnis des versicherungstypischen Ausgleichs.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat in einer Modellrechnung dargestellt, dass eine Berücksichtigung des individuellen Vorteils des einzelnen Versicherten einer vorzeitigen Rente, die nach 27 Jahren und 10 Monaten wieder zum ungekürzten Rentenbezug zurückkehre, mit dem auf das Kollektiv der Versicherten ausgerichteten Versicherungsprinzip, insbesondere dem Prinzip des Risikoausgleichs, unvereinbar sei und nicht kostenneutral realisiert werden könne. Eine Befristung des Rentenabschlags verursache immer Mehrausgaben der Deutschen Rentenversicherung. Die vom Bundessozialgericht vorgeschlagenen höheren Abschläge führten nur zu einer früheren Kompensation des individuellen Vorteils des Versicherten durch den früheren Rentenbezug, ohne die gerügte Ungleichbehandlung als solche zu verhindern.

B.

Die Vorlagen sind zulässig. Beide Vorlagefragen sind entscheidungserheblich. Sie lassen mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschriften zu einem anderen Entscheidungsergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>). Für die Entscheidungserheblichkeit nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG genügt, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der zur Überprüfung stehenden Bestimmungen dem Betroffenen zumindest die Chance offen hält, eine für ihn günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (vgl. BVerfGE 93, 386 <395>), und dass das vorlegende Gericht das Verfahren bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber aussetzen wird (vgl. BVerfGE 66, 1 <17>; 93, 121 <130 f.>; 99, 69 <77>; stRspr). Beide Voraussetzungen sind hier gegeben.

C.

§ 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar. Auch § 237 Abs. 3 in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI verletzt kein Verfassungsrecht.

I.

§ 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG.

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 117, 272 <300 f.>; stRspr). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfGE 68, 287 <301>; 81, 108 <117 f.>; 84, 348 <359>).

b) Nur für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1942 geboren sind und in ihrem Versichertenkonto 45 Pflichtbeitragsjahre aufweisen, gelten die durch das Rentenreformgesetz 1992 eingeführten, niedrigeren Altersgrenzen für den Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI fort. Dadurch vermindert sich bezogen auf ein bestimmtes Lebensalter die Anzahl von Monaten eines vorzeitigen Rentenbezugs, was zu einer geringeren Kürzung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI als für andere Versicherte im gleichen Lebensalter führt und zur Folge hat, dass in die Rentenformel persönliche Entgeltpunkte in einem größeren Umfang eingestellt werden. Für Versicherte, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, gilt eine höhere Altersgrenze, so dass für sie bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Rente im gleichen Lebensalter eine größere Anzahl von Monaten vorzeitigen Rentenbezugs berücksichtigt wird. Dementsprechend kommt es zu höheren Kürzungen des Zugangsfaktors und werden dann die Entgeltpunkte der Betroffenen nur zu einem geringen Teil in die Rentenformel eingestellt. Die Differenzierung danach, ob ein Versicherter 45 Pflichtbeitragsjahre aufweisen kann, führt also zur Ungleichbehandlung zweier Gruppen von Versicherten.

c) Diese Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt.

aa) Der Gesetzgeber hat mit dem Erfordernis von 45 Pflichtbeitragsjahren, an das er eine Privilegierung geknüpft hat, eine zeitliche Anspruchsvoraussetzung geschaffen, die dem System der gesetzlichen Rentenversicherung nicht fremd ist.

(1) Der Umfang von Versicherungszeiten ist in der gesetzlichen Rentenversicherung seit jeher ein die Entstehung und Berechnung der Renten bestimmender Faktor. Das Sozialrechtsverhältnis in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs. Insbesondere die Versichertenrente ist jedoch so wesentlich durch die Beitragsleistung bestimmt, dass die Voraussetzungen ihrer Gewährung von dem Versicherungsgedanken maßgeblich geprägt werden (vgl. BVerfGE 48, 346 <358>; 58, 81 <110>; 67, 231 <237>). Dem entspricht es, einen materiell-rechtlichen Leistungsanspruch vom Umfang der Beitragsleistungen abhängig zu machen. Vorschriften über die Wartezeit gehören deshalb seit jeher zu den Anspruchsvoraussetzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BVerfGE 67, 231 <237>). Das Erfordernis bestimmter Beitragszeiten kann aber darüber hinaus auch aus Gründen der Solidarität und des sozialen Ausgleichs Bedeutung erlangen.

Dabei wird die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren als Voraussetzung für den Bezug einer Regelaltersrente nur durch Beitragszeiten erfüllt (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 51 Abs. 1 SGB VI). Die kurze allgemeine Wartezeit dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor ungünstigsten Risiken sowie davor, dass ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis möglicherweise nur zur Erlangung eines Rentenanspruchs eingegangen wird (vgl. BVerfGE 67, 231 <237>). Darüber hinaus bestehen für den Anspruch auf bestimmte Rentenarten sogenannte "besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen" zeitlicher Art. So muss ein Versicherter für den Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit nach § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorweisen. Auch dies soll das Risiko einer Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen ohne ausreichende Beitragsleistung begrenzen.

Anderen Wartezeiten liegt darüber hinaus auch der Gedanke der Solidarität und des sozialen Ausgleichs zugrunde, auf dem das Sozialrechtsverhältnis in der gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls beruht. Hierzu zählt beispielsweise die Altersrente für langjährige Versicherte, welche nach 35 Versicherungsjahren zum Rentenbezug berechtigt (§ 236 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), wobei in diese Zeitdauer beitragslose Zeiten einberechnet werden (§ 51 Abs. 3, § 54 Abs. 1 SGB VI). Des Weiteren werden einem Versicherten nach § 262 Abs. 1 SGB VI zusätzliche Entgeltpunkte als Mindestwerte bei geringem Arbeitsentgelt gutgeschrieben, wenn der Durchschnittswert aus den Kalendermonaten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen eine vorgegebene Grenze nicht erreicht und der Versicherte 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt hat.

(2) Eine Versicherungszeit von 45 Jahren ist in der gesetzlichen Rentenversicherung als Berechnungsfaktor nicht unüblich. Von der Zurücklegung dieser Zeit wird bei dem sogenannten "Eckrentner" ausgegangen: Dieser dient als Vergleichsgröße, um die Entwicklung der Rentenhöhen in der gesetzlichen Rentenversicherung über die Jahre verfolgen zu können. Dabei wird ein Versicherter zum Maßstab genommen, für den über 45 Jahre hinweg Beiträge aus dem sich jedes Jahr ändernden jährlichen Durchschnittsverdienst aller Versicherten in die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt wurden. Dieser "Eckrentner" erhält für jedes Kalenderjahr genau einen Entgeltpunkt. Bei der Rentenberechnung werden sodann 45 Entgeltpunkte in die Rentenformel eingestellt und schließlich die Höhe einer solchen "Standardrente" mit dem für das jeweilige Jahr gültigen Durchschnittsverdienst der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung verglichen (vgl. § 154 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI).

bb) Es liegt in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, bei Erfüllung von 45 Pflichtbeitragsjahren die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit früher beginnen zu lassen mit der Folge, dass es zu keiner oder einer geringeren Kürzung der Rente durch Abschläge nach dem Zugangsfaktor kommt. Die Privilegierung von Versicherten mit 45 Pflichtbeitragsjahren ist durch deren dauerhafte und berechenbare Beitragsleistung zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt.

(1) Der Gesetzgeber hat mit § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI die im Gesetz bereits enthaltenen Vertrauensschutzregelungen um eine weitere Vorschrift ergänzt. Nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB VI gelten die Altersgrenzen des Rentenreformgesetzes 1992 für den Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit für Versicherte fort, die bis zum 14. Februar 1941 geboren und zum Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses der Bundesregierung über die Gesetzesänderung am 14. Februar 1996 bereits arbeitslos waren oder deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer noch vor diesem Stichtag erfolgten Kündigung oder Vereinbarung nach dem 13. Februar 1996 beendet worden war. Diese Vertrauensschutzregelungen haben, wie aus der Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Bund hervorgeht, besonders Arbeitnehmer in Großunternehmen begünstigt, die Sozialpläne finanzieren konnten. Dagegen sind Versicherte der rentennahen Jahrgänge, die bis zu den genannten Stichtagen noch nicht arbeitslos waren oder noch nicht über ihren Arbeitsplatz disponiert hatten, nicht unter den Vertrauensschutz gefallen. Dies ist gerade für solche Versicherte unbefriedigend gewesen, die besonders viele Jahre mit Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung zurückgelegt hatten.

(2) Anders als Versicherte, die ein Hochschulstudium absolviert oder aus anderen Gründen lange Ausbildungszeiten zurückgelegt haben, und im Gegensatz zu Versicherten, die ihre versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit für die Kindererziehung unterbrochen oder beendet haben, sind Versicherte mit 45 Pflichtbeitragsjahren besonders lange mit ihren Beiträgen an der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung beteiligt gewesen. Ein Versicherter, dessen Versichertenkonto bei Vollendung des 60. Lebensjahres 45 Pflichtbeitragsjahre aufweist, hat bereits in einem Alter von 15 Jahren ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begonnen und ununterbrochen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt. Da der Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zudem eine Dauer der Arbeitslosigkeit von 52 Wochen voraussetzt, musste ein Versicherter sogar schon ab dem 14. Lebensjahr lückenlos Pflichtbeiträge an die gesetzliche Rentenversicherung geleistet haben, um mit 60 Jahren eine Pflichtversicherungszeit von 45 Jahren zurückgelegt zu haben. Aus der im Verfahren abgegebenen Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Bund ergibt sich, dass der Beginn einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit bereits im Alter von 14 oder 15 Jahren einem idealtypischen Ausbildungs- und Erwerbsverlauf von Versicherten der Geburtsjahrgänge bis 1941 entspricht. Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung haben in der Regel nach Beitragszeit, Beitragsdichte und Beitragshöhe in wesentlich stärkerem Maße zur Versichertengemeinschaft beigetragen und konnten dabei im Gegensatz zu freiwillig Versicherten ihren Verpflichtungen nicht ausweichen (vgl. BVerfGE 36, 102 <114>; 75, 78 <103>). Freiwillig Versicherte haben dagegen nicht nur die Möglichkeit, über die Höhe ihrer Beitragszahlungen - zumindest innerhalb des von der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage einerseits und der Beitragsbemessungsgrenze andererseits vorgegebenen Rahmens (§ 161 Abs. 2 SGB VI) - selbst zu bestimmen. Sie können Beitragszahlungen auch jederzeit einstellen. Die Pflichtversicherten, mit deren Beiträgen die Rentenversicherung dauerhaft und kalkulierbar rechnen kann, sind insofern die tragende Säule der Finanzierung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber Pflichtversicherte, die 45 Jahre Pflichtversicherungsbeiträge geleistet haben, wegen ihres besonders nachhaltigen Beitrags zur Rentenfinanzierung begünstigt. Diese Ungleichbehandlung gegenüber Versicherten mit geringeren Pflichtbeitragszeiten ist sachlich gerechtfertigt.

cc) Die Beschränkung der günstigeren Altersgrenzen nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI auf vor dem 1. Januar 1942 geborene Versicherte verstößt ebenfalls nicht gegen das Grundgesetz. Zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte dürfen Stichtage eingeführt werden, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 117, 272 <301>; stRspr). Dies gilt auch bei der Einführung von neuen Vorschriften, die einzelne Personengruppen begünstigen und wegen des Stichtages andere von der Begünstigung ausnehmen (vgl. BVerfGE 87, 1 <47>). Allerdings ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm bei der Stichtagsregelung zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfGE 80, 297 <311>; 87, 1 <47>; stRspr). Daran gemessen ist § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorschrift ist ebenso wie die bereits vorhandenen Regelungen des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB VI als Übergangsregelung konzipiert. Mit der Begrenzung der Begünstigung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI auf die vor dem 1. Januar 1942 geborenen Versicherten ermöglichte es der Gesetzgeber - unter der weiteren Voraussetzung von 45 Pflichtbeitragsjahren - denjenigen Versicherten, die bereits vor dem Inkrafttreten des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes am 1. Januar 1997 mindestens das 55. Lebensjahr vollendet hatten und deshalb zu den rentennahen Jahrgängen zählten, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach den dafür geltenden Altersgrenzen nach dem Rentenreformgesetz 1992 zu beziehen. Nur diese Versicherten sollten in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand der früheren Regelungen geschützt werden. Die Wahl des Stichtages 1. Januar 1942 war daher sachgerecht.

2. Ob § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG verletzt, ist hier nicht zu entscheiden. Die Begünstigung von Versicherten mit 45 Pflichtbeitragsjahren in § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI schließt zwar Versicherte aus, die über die Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs. 1 oder § 249 Abs. 1 SGB VI hinaus vorübergehend auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung verzichtet oder Berücksichtigungszeiten nach § 57 SGB VI zurückgelegt und nur deshalb keine 45 Pflichtbeitragsjahre erreicht haben. Tatsächlich sind davon vor allem weibliche Versicherte betroffen. In den alten Bundesländern erreichten unter den Rentenzugängen des Jahres 2001 bei den vorgezogenen Altersrenten 42% der männlichen Versicherten die geforderten 45 Pflichtbeitragsjahre, dagegen nur 3% der weiblichen Versicherten (vgl. Kaldybajewa/Thiede, DAngVers 2004, S. 497 <500>). Ob darin eine Ungleichbehandlung oder sogar eine faktische Benachteilung der weiblichen Versicherten liegen könnte, muss jedoch dahingestellt bleiben. Denn § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ist im Rahmen der konkreten Normenkontrolle nur insoweit am Maßstab der Grundrechte zu prüfen, als die Kläger des Ausgangsverfahrens hiervon betroffen sind und eine Grundrechtsverletzung in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 117, 272 <291 f.>). Eine Feststellung, dass die Nichtberücksichtigung von Berücksichtigungszeiten verfassungswidrig ist, könnte den Klägern der Ausgangsverfahren aber nicht nützen. Da keiner von ihnen in seinem Versicherungsverlauf Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder andere Lücken in der Beitragszahlung aufweist, die auf einer Unterbrechung der versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit zugunsten der Kindererziehung beruhen, kommt der Frage, ob die Norm gegen Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen könnte, in den Ausgangsverfahren keine rechtliche Bedeutung zu.

II.

Der in der zweiten Vorlagefrage zur Prüfung gestellte § 237 Abs. 3 in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI verstößt ebenfalls nicht gegen Verfassungsrecht. Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit bilden eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 GG. Sie verletzen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht.

1. a) Neben dem bereits erworbenen Rentenanspruch (vgl. BVerfGE 76, 256 <293>) ist auch die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 53, 257 <289 f.>; 58, 81 <109>; 70, 101 <110>; 100, 1 <32>; 117, 272 <292>; stRspr). Eine Rentenanwartschaft beruht auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu dem Gesamtergebnis einer ökonomischen Sicherung ihres Inhabers führen. Deshalb sind ihre einzelnen Elemente, so auch der Zugangsfaktor, nicht losgelöst voneinander selbständig geschützt, vielmehr ist die Rentenanwartschaft insgesamt Schutzobjekt des Art. 14 GG (vgl. BVerfGE 58, 81 <109>; 117, 272 <293>).

b) Nach § 63 Abs. 1 SGB VI bestimmt sich der Umfang einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Dem liegt der das Versicherungsprinzip kennzeichnende Grundsatz der Äquivalenz von Beitrag und Leistung zugrunde (vgl. BVerfGE 90, 226 <240>). Die gesetzliche Rentenversicherung verfolgt dieses Prinzip in der Ausprägung der sogenannten "Teilhabeäquivalenz"; sie bringt die eigene Beitragsleistung eines Versicherten in Korrespondenz mit dem jeweiligen gesamten Beitragsaufkommen aller Versicherten: Versicherungsbeiträge auf ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergeben einen vollen Entgeltpunkt (§ 63 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Die Rentenansprüche bemessen sich daher nach dem Verhältnis des beitragspflichtigen Einkommens eines Versicherten im Vergleich zum Durchschnittslohn und bewirken eine Übertragung relativer Einkommenspositionen aus der Erwerbsphase in die Ruhestandsphase (vgl. dazu Rürup, DRV 2006, S. 239 <240 f.>).

Bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente wird diese Bemessung der Rente durch die Anwendung eines geminderten Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI modifiziert: Die Kürzung des Zugangsfaktors nach § 237 Abs. 3 in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI bewirkt eine Reduzierung der Entgeltpunkte und greift damit in die Rentenanwartschaft in teilweise erheblichen Umfang ein. So wurden den Klägern der Ausgangsverfahren die Renten um bis zu 18% reduziert.

c) aa) Auch für rentenrechtliche Anwartschaften ergibt sich die Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 58, 81 <109 f.>; 100, 1 <37>; 116, 96 <124 f.>). Bei der Ausgestaltung kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 53, 257 <293>). Allerdings muss er die grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis, die zum Begriff des Eigentums gehören, achten und darf sie nicht unverhältnismäßig einschränken (vgl. BVerfGE 100, 1 <37>). Im Hinblick auf die Rentenanwartschaften kann der Gesetzgeber verschiedene Gesichtspunkte wie insbesondere beitragsbezogene und zeitbezogene Kriterien miteinander verschränken, die erst zusammen den realen Wert der Anwartschaft ausmachen. Wenn in bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zu einem privaten Versicherungsverhältnis von Anfang an nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfGE 116, 96 <125>). Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften müssen einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein (vgl. BVerfGE 53, 257 <293>; 100, 1 <38>; 117, 272 <294>; stRspr). Sie müssen zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein. Insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl. BVerfGE 72, 9 <23>; 75, 78 <97 f.>).

bb) Die zu prüfenden Vorschriften stellen eine zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung dar (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Die in den Abschlagsregelungen liegende Einschränkung der Anwartschaft ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und entspricht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

(1) Die durch das Rentenreformgesetz 1992 eingeführte Verlängerung der Lebensarbeitszeit erhielt den Versicherten die Möglichkeit, auch weiterhin vor den für sie jeweils maßgebenden Altersgrenzen eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zu beziehen. Die Regelungen über Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente dienten dem Ziel des gesamten Reformvorhabens, die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Der Gesetzgeber reagierte mit dem Rentenreformgesetz 1992 auf sich verlängernde Rentenlaufzeiten und auf die zunehmende Anzahl von Rentnern (vgl. BTDrucks 11/4124, S. 136). Nach der Gesetzesbegründung sollten infolge eines vorgezogenen Rentenbeginns längere Rentenlaufzeiten durch einen Zugangsfaktor ausgeglichen werden. Aus einem vorzeitigen Rentenbezug sollte kein finanzieller Vorteil im Vergleich zu anderen Versicherten entstehen können (vgl. BTDrucks 11/4124, S. 144). Unabhängig davon, ob damit auch der zunehmenden Frühverrentung entgegengewirkt werden sollte, diente die Einführung des Zugangsfaktors grundsätzlich dem Ziel der Kostenneutralität vorgezogener Rentenleistungen (vgl. BTDrucks 11/4121, S. 144). Mit dieser Regelung sollte letztlich nur der aus dem vorzeitigen Bezug der Rente entstehende Vorteil ausgeglichen werden.

Die hiermit beabsichtigte Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung stellt eine für die Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG anerkannte Zielsetzung im öffentlichen Interesse dar (vgl. BVerfGE 75, 78 <98>). Das Bundesverfassungsgericht hat das gesetzgeberische Ziel einer Verbesserung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung bereits in der ersten Hälfte der 1990er Jahre als hinreichenden Grund für Eingriffe in von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Anwartschaften gewertet (vgl. BVerfGE 116, 96 <125 ff.>; 117, 272 <297>). Eine Kürzung vorgezogener Altersrenten durch einen Zugangsfaktor wird mithin von einem hinreichenden Gemeinwohlzweck getragen.

(2) Die Kürzung von vorzeitigen Altersrenten auf die gesamte Dauer des individuellen Rentenbezugs durch den Zugangsfaktor hat sich als geeignet erwiesen, die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbessern. Wie die Deutsche Rentenversicherung Bund in ihrer Stellungnahme mitgeteilt hat, ist der vorzeitige Altersrentenbezug trotz der damit verbundenen Vorfinanzierungskosten wegen der Einführung des Zugangsfaktors für die Versichertengemeinschaft insgesamt kostenneutral ausgefallen. Mit der Einführung von dauerhaften Abschlägen sind zudem die vorzeitigen Rentenzugänge reduziert und dadurch die Rentenlaufzeiten verkürzt worden. Ab dem Eingreifen der Kürzungsregelung hat sich das durchschnittliche Zugangsalter für Altersrenten vom niedrigsten Stand in den Jahren 1998 und 1999 von 62,5 Jahren bis zum Jahr 2005 um fast ein Jahr auf 63,4 Jahre erhöht.

(3) Der Gesetzgeber durfte die dauerhafte Kürzung der vorgezogenen Altersrente auch als erforderlich ansehen, und zwar selbst dann, wenn ihm dafür noch andere Methoden der Herstellung individueller Kostenneutralität zur Verfügung gestanden hätten. Ihm kommt bei der finanziellen Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung ein Gestaltungsermessen zu. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass der Gesetzgeber nicht darauf verwiesen werden kann, eine Einsparung in anderen Bereichen innerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erzielen (vgl. BVerfGE 75, 78 <101 f.>; 76, 220 <241>; 116, 96 <127>; 117, 272 <298>). Es lag auch im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, die Bestimmung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI nach den von ihm gewählten versicherungsmathematischen Berechnungen vorzunehmen. Die Höhe der Abschläge im Zugangsfaktor und die Dauer der gekürzten Rentenzahlungen sind dabei untrennbar miteinander verbunden: Um einen früheren Rentenbezug für die Versichertengemeinschaft belastungsneutral zu halten, muss der um den Abschlag verringerte Zugangsfaktor multipliziert mit dem Barwert der Rente, das heißt allen zukünftigen Rentenzahlungen, bei vorgezogenem Rentenbeginn der Höhe des Barwertes der Rente bei regulärem Beginn abzüglich dem Barwert der in diesem Fall zusätzlich gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen (vgl. Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht 2002, BTDrucks 15/110, S. 135 f.). In diese komplexe versicherungsmathematische Betrachtung waren zahlreiche, im Einzelnen zum Teil umstrittene Faktoren einzubeziehen (vgl. nur zur Wahl des Diskontierungsfaktors zur Ermittlung der Rentenbarwerte: Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht 2007, BTDrucks 16/7300, S. 78 f.). Unterschiedliche Annahmen führen dabei zwangsläufig zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der versicherungsmathematischen Berechnung (vgl. statt vieler: Börsch-Supan, Sozialer Fortschritt 2004, S. 258; Kroker/Pimpertz, iw-trends 4/2003; Ohsmann/Stolz/Thiede, DAngVers 2003, S. 171; Salthammer, DRV 2003, S. 613; Werding, ifo Schnelldienst 16/2007, S. 19). Es ist jedoch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber in seine Berechnung evident sachwidrige Faktoren eingestellt hat. Die auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellte Modellrechnung der Deutschen Rentenversicherung Bund zeigt, dass eine für die Versichertengemeinschaft kostenneutrale Leistung von vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten nur bei dauerhaften Abschlägen möglich ist. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich.

(4) Die dauerhafte Kürzung der Entgeltpunkte belastet die Bezieher einer vorzeitigen Altersrente nicht übermäßig und ist daher auch verhältnismäßig im engeren Sinne (vgl. BVerfGE 67, 157 <178>; 90, 145 <173>).

Der Kürzung von Rentenanwartschaften steht die Kostenneutralität des vorzeitigen Rentenbezugs für die Versichertengemeinschaft und damit die Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung eines die vorgezogene Altersrente kürzenden Zugangsfaktors ein Mittel gewählt, das die vor dem Rentenreformgesetz 1992 alle Versicherten belastenden Kosten des vorzeitigen Altersrentenbezugs allein denjenigen Versicherten auferlegt, die tatsächlich früher eine Altersrente beziehen. Der einzelne Versicherte wird in versicherungsmathematischer Pauschalierung mit den von ihm selbst verursachten Mehrkosten belastet, indem sein längerer Rentenbezug durch Rentenabschläge ausgeglichen wird, die von der Dauer des Vorziehens seiner Rente abhängen. Die Kostenneutralität des vorzeitigen Rentenbezugs wird also dadurch erreicht, dass die Bezieher vorzeitiger Renten sowohl als Gruppe als auch individuell die hierdurch voraussichtlich entstehenden Mehrkosten tragen. Die Regelung setzt an der Verursachung der Mehrkosten an und beschränkt sich auf die Verursacher.

Der Gesetzgeber ist bei der Bestimmung der Rechengrößen für die vorgezogene Rente gemessen an seinem Konzept weder an der Realität vorbei gegangen noch hat er die Zahlen willkürlich bestimmt. Im Bericht der Kommission Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme (Rürup-Kommission) werden Abschläge von 3,6% für jedes Jahr des vorgezogenen Rentenbeginns im Rahmen eines umlagefinanzierten Rentensystems als näherungsweise angemessen und in dem Sinn als "versicherungsmathematisch korrekt" bezeichnet, als davon kein Druck zur dauerhaften Anhebung der Beitragssätze für alle Versicherte ausgeht (vgl. Bericht der Rürup-Kommission vom 28. August 2003, S. 86). Der Sozialbeirat hat in seinem Gutachten zum Rentenversicherungsbericht 2007 die heutigen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl unter versicherungsmathematischen Aspekten als auch unter dem Gesichtspunkt der Beitragssatzneutralität als angemessen bezeichnet (vgl. Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht 2007, BTDrucks 16/7300, S. 79).

Mit dem Bezug einer vorzeitigen Altersrente sind zudem die Vorteile eines früheren Ruhestands verbunden. Bis zum 31. Dezember 2007 - also in allen fünf Ausgangsverfahren - konnten Versicherte bei der Entscheidung über den mit Abschlägen verbundenen Rentenzugang uneingeschränkt über den Zeitpunkt ihrer Rentenantragstellung bestimmen und damit selbst auf die Höhe der Abschläge Einfluss nehmen. Sie konnten ihre persönlichen Lebensumstände, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich der Versorgung ihrer Angehörigen, ihren Gesundheitszustand und ihre individuellen Vorstellungen zur weiteren Lebensgestaltung bei ihrer Entscheidung, ob und ab wann sie vorzeitig in Rente gehen wollten, berücksichtigen. Diesem Zuwachs an individueller Freiheit im Alter steht eine dauerhafte Rentenkürzung für den früheren Renteneintritt gegenüber. Sie ist angemessen und dem Versicherten zumutbar, zumal in den Jahren der Auszahlung der vorzeitigen Rente keine Beitragsleistungen mehr erbracht werden.

cc) Die Einführung des mit dauerhaften Kürzungen der Altersrente bei vorzeitigem Rentenbezug verbundenen Zugangsfaktors genügt dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Knüpft der Gesetzgeber an ein bestehendes Versicherungsverhältnis an und verändert er dort begründete Anwartschaften zum Nachteil des Versicherten, so ist ein solcher Eingriff am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen; dieser findet für vermögenswerte Güter und damit auch für rentenrechtliche Anwartschaften in Art. 14 GG eine eigene Ausprägung (vgl. BVerfGE 58, 81 <120 f.>; 64, 87 <104>; 71, 1 <11 f.>; 117, 272 <294>; stRspr). Die Einführung eines gekürzten Zugangsfaktors durch das Rentenreformgesetz 1992 für die Bemessung von Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit betraf zunächst nur die Geburtsjahrgänge ab 1941, das heißt mit einer sehr langen Vorlaufzeit erstmals die Rentenzugänge des Jahres 2001. Mit dem Ruhestandsförderungsgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl I S. 1078) wurden dann die angehobenen Altersgrenzen bereits auf die Geburtsjahrgänge ab 1937 vorgezogen und mit dem Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) die Anhebung der Altersgrenzen weiter beschleunigt. Für die in den Jahren 1941 und 1942 geborenen Kläger der Ausgangsverfahren wurde die Übergangsregelung dadurch nicht beseitigt, sondern lediglich abgeschwächt. Schon damals war damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber angesichts der angespannten finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung in den 1990er Jahren gehalten sein könnte, zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung noch weitergehende Änderungen an dem zunächst langfristig angelegten Übergangskonzept vorzunehmen. Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand von Modalitäten der Übergangsregelung konnte insofern unter diesen Umständen nicht entstehen.

2. Die durch das schrittweise Heraufsetzen der Altersgrenze unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors bewirkte Kürzung der Altersrente bei deren vorzeitiger Inanspruchnahme, die sich auf die gesamte Zeit des Rentenbezugs eines Versicherten erstreckt, ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jegliche Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 117, 272 <300 f.>; stRspr).

b) Das Bundessozialgericht stellt zum einen der Gruppe der Versicherten, die älter als 87 Jahre und 10 Monate geworden sind und weiterhin Abschläge auf ihre Rente hinnehmen müssen, die Vergleichsgruppe der Versicherten gegenüber, die ebenfalls älter als 87 Jahre und 10 Monate geworden sind, in ihrem Versichertenleben eine gleiche Anzahl von Entgeltpunkten erworben haben, jedoch eine ungekürzte Altersrente beziehen. Zum anderen vergleicht es die erstgenannte Gruppe mit Versicherten, die ebenfalls eine gekürzte Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen haben, aber schon vor Vollendung von 87 Jahren und 10 Monaten gestorben sind.

Die Bildung derartiger Vergleichsgruppen läuft schon den Grundprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung als einer Solidargemeinschaft zuwider.

Entgegen der Auffassung des Bundessozialgerichts, wonach die Versicherten, die vorzeitig eine Altersrente beanspruchten, "untereinander in keinem Gesamtschuldverhältnis und in keinem Haftungsverbund" stünden, muss ein versicherungsmathematischer Ansatz die gesamte Versichertengemeinschaft erfassen und kann den früheren oder späteren Todeszeitpunkt der Bezieher einer vorzeitigen Altersrente nur generalisierend berücksichtigen. Zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung ist es daher erforderlich, das Risiko des früheren Todeszeitpunkts Einzelner auf alle Bezieher einer vorzeitigen Altersrente zu verteilen. Dabei wird die überdurchschnittliche Rentenbezugsdauer der Einen durch die unterdurchschnittliche Rentenbezugsdauer der Anderen ausgeglichen.

Der vom Bundessozialgericht vorgenommene Vergleich verkennt ferner, dass die soziale Rente keine Rendite aus den Beitragsleistungen ist, die sich in der Dauer des Rentenbezugs niederschlägt und sich mit dieser verbraucht, also zu einem bestimmten Zeitpunkt erschöpft ist. Die gesetzliche Rentenversicherung typisiert das individuelle Risiko, kürzer oder länger eine Altersrente in Anspruch nehmen zu können oder zu müssen, um sie nach den allgemeinen Regeln, die die Höhe des Leistungsbezugs bestimmen, aus dem Haushalt des Rentenversicherungsträgers abzudecken. In der gesetzlichen Rentenversicherung findet insofern wie in jeder Versicherung ein Risikoausgleich innerhalb der Versichertengemeinschaft statt (vgl. Ruland, in: VDR/Ruland <Hrsg.>, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung, V 19 Rz. 8). Ein Abstellen auf Unterschiede bei der individuellen Inanspruchnahme von Rentenleistungen verbietet sich deshalb.

c) Darüber hinaus ist die unterschiedliche Höhe der jeweils bezogenen Rentenleistungen gerechtfertigt.

aa) Im Gegensatz zu Versicherten, die eine ungekürzte Rentenzahlung erhalten, haben die Bezieher einer dauerhaft gekürzten, vorzeitigen Altersrente die Vorteile eines früheren Ruhestands für sich in Anspruch genommen. Für einen Versicherten bringt ein früherer Rentenbezug durch die dadurch gewonnene freie Zeit tatsächlich Vorteile in seiner Lebensgestaltung. Die Inkaufnahme des Nachteils einer dauerhaft gekürzten Rentenleistung bildet nur den entsprechenden Ausgleich dazu.

bb) Selbst wenn man mit dem Bundessozialgericht eine individuelle Betrachtungsweise vornimmt, entspricht die Annahme von Nachteilen, die der Versichertengruppe mit vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten bei dauerhafter Rentenkürzung entstünden, nicht der Wirklichkeit. Unter Zugrundelegung der Sterbetafel 2005/2007 hat die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland zwar zugenommen. Für 60-jährige Männer beträgt die weitere Lebenserwartung danach jedoch 20,75 Jahre und für 60-jährige Frauen 24,61 Jahre (Quelle: Statistisches Bundesamt, im Internet unter www.destatis.de). Die durchschnittliche Gesamtlebensdauer 60-jähriger Versicherter liegt damit noch deutlich unter der vom Bundessozialgericht errechneten Grenze von 87 Jahren und 10 Monaten, ab der sie nach Auffassung des Bundessozialgerichts über ihren individuellen Vorteil hinaus Rentenkürzungen hinnehmen müssen. Die vom Bundessozialgericht angenommene Ungleichbehandlung könnte daher nur einen sehr kleinen Teil der Versicherten treffen. Im Regelfall profitierten dagegen die vorzeitigen Rentenbezieher vom versicherungsmathematischen Ansatz des Gesetzes. Auch dies verdeutlicht, dass Vor- und Nachteile beim Rentenbezug im Blick auf die Lebenszeit rentenrechtlich nicht individuell kalkuliert werden können.

Ende der Entscheidung

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