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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 28.07.2004
Aktenzeichen: 1 BvQ 26/04
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 93 d Abs. 2
GG Art. 12 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvQ 26/04 -

In dem Verfahren

über den Antrag,

im Wege der einstweiligen Anordnung

dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm zu untersagen, bis zur Entscheidung über eine noch einzulegende Verfassungsbeschwerde, zunächst für die Dauer von sechs Monaten, die Notarstellenausschreibung in dem Amtsgerichtsbezirk Paderborn, veröffentlicht im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. Juni 2003, zurückzunehmen,

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungs-gerichts durch die Richterin Jaeger und die Richter Hömig, Bryde gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 28. Juli 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der isolierte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft die Rücknahme der Ausschreibung einer Anwaltsnotarstelle.

1. Der Antragsteller, der seit 1983 Rechtsanwalt in Nordrhein-Westfalen ist, bewarb sich im Jahre 2003 um eine Anwaltsnotarstelle im Amtsgerichtsbezirk P. Nachdem das Oberlandesgericht H. eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten getroffen hatte, stellte einer der unterlegenen Mitbewerber beim Oberlandesgericht K. einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Der Notarsenat des Oberlandesgerichts K. regte mit Schreiben vom 8. Juli 2004 beim Präsidenten des Oberlandesgerichts H. unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (NJW 2004, S. 1935) an, die getroffene Auswahlentscheidung zurückzunehmen und anhand der verfassungsgerichtlichen Vorgaben eine neue Auswahlentscheidung zu treffen. Darüber hinaus gab er ihm zu bedenken, ob aus Gleichbehandlungsgrundsätzen nicht sogar die Rücknahme der in Rede stehenden Notarstellenausschreibung in Betracht komme, um im Rahmen einer Neuausschreibung allen potentiellen Mitbewerbern den Zugang zu einer verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Auswahlentscheidung zu ermöglichen.

2. Dem Antragsteller wurde das Schreiben zur Kenntnisnahme übersandt. Daraufhin stellte er mit Schriftsatz vom 21. Juli 2004 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die zu erwartende Aufhebung der Stellenausschreibung zu verhindern. Handele der Präsident des Oberlandesgerichts H. entsprechend der Empfehlung des Notarsenats, werde er in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 sei Rechnung zu tragen, indem einzig die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten aufgehoben und eine Neubewertung ausschließlich zwischen ihm und demjenigen Mitbewerber getroffen werde, der Rechtsschutz in Anspruch genommen habe und dessen Bewerbung mithin nicht bestandskräftig abschlägig beschieden worden sei. Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehe die Gefahr, dass auf absehbare Zeit keine Notarstelle im Bezirk des Amtsgerichts P. frei werde und er sich einer völlig neuen Bewerberkonkurrenz gegenübersehe.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde wäre unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 88, 169 <171 f.>; 91, 328 <332>; stRspr).

2. Eine etwa noch einzulegende Verfassungsbeschwerde wäre unzulässig. Ein Akt öffentlicher Gewalt, der Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein kann, ist derzeit nicht vorhanden. Er droht auch nicht unmittelbar, weil noch nicht abzusehen ist, für welches Vorgehen sich der Präsident des Oberlandesgerichts H. entscheiden wird.

Ob eine Gewährung "vorbeugenden" Rechtsschutzes im verfassungsgerichtlichen Eilverfahren unter bestimmten Umständen möglich ist, kann offen bleiben. Jedenfalls im vorliegenden Fall besteht für ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts keine Notwendigkeit. Auch nach einer etwaigen Rücknahme der Stellenausschreibung verbleiben dem Antragsteller ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten. Er wird aus Subsidiaritätsgründen zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen müssen.

Ende der Entscheidung

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