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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 22.10.2008
Aktenzeichen: 1 BvR 1218/08
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1218/08 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar 2008 - V ZR 87/07 -

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Bryde, Schluckebier gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 22. Oktober 2008 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslegung der verjährungsrechtlichen Regelung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB.

I.

Die Klage der Beschwerdeführer auf Schadensersatz wegen angeblicher Beratungsfehler im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung wurde wegen Verjährung abgewiesen. Nach der angegriffenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs setzt die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB voraus, dass der Güteantrag die formalen Anforderungen erfüllt, die von der für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschrift gefordert werden. Die Einreichung einer Kopie der Vollmacht erfülle nicht die im Ausgangsverfahren von der Gütestelle gestellten Anforderungen.

Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Zum Zwecke der Verjährungshemmung sehe § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB lediglich die Bekanntmachung des Güteantrags vor, nicht aber die Einhaltung der Verfahrensordnung der Gütestelle. Der Zugang zu den Gerichten werde in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Der Bundesgerichtshof unterwerfe die Stellung eines Güteantrags strengeren Voraussetzungen als die Erhebung einer Klage vor den ordentlichen Gerichten. Er knüpfe nur bei § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB, nicht jedoch bei den übrigen Hemmungstatbeständen an die Einhaltung einer Verfahrensordnung an.

II.

Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

Die Argumentation der Beschwerdeführer verkennt den verfassungsrechtlich bedeutsamen Unterschied zwischen der Auslegung und Anwendung solcher Vorschriften des Prozessrechts, die den Zugang zum gerichtlichen Rechtsschutz regeln, und solcher Vorschriften des materiellen Rechts, die die Durchsetzbarkeit zivilrechtlicher Forderungen betreffen, hier einer verjährungsrechtlichen Regelung. Teilweise sind daher als verletzt gerügte Rechte der Beschwerdeführer schon gar nicht betroffen, teilweise fehlt es an einer Rechtsverletzung.

Weiter verwechseln die Beschwerdeführer die Voraussetzung einer wirksamen mit der einer zulässigen Rechtshandlung zur Verjährungshemmung. Es widerspricht nicht Art. 14 Abs. 1 GG, wenn der Bundesgerichtshof für den Eintritt der Verjährungshemmung etwa im Fall von § 204 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 11 BGB - und damit nicht nur im Fall des Güteantrags nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB - die Vornahme einer formell ordnungsgemäßen Rechtshandlung verlangt.

Die Auslegung von § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch den Bundesgerichtshof kann auch nicht als Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG beanstandet werden. Sie lässt nicht erkennen, dass sich der Bundesgerichtshof aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben haben könnte und objektiv nicht bereit gewesen wäre, sich Recht und Gesetz zu unterwerfen (vgl. BVerfGE 82, 6 <11 ff.>; 87, 273 <279 f.>). Anwendung und Auslegung einfachen Rechts entziehen sich verfassungsrechtlicher Überprüfung (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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