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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 30.05.2007
Aktenzeichen: 1 BvR 1280/06
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1267/06 - - 1 BvR 1280/06 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerden

gegen

a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. März 2006 - 20 W 5/05 - ,

b) den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 9. Februar 2005 - 32 AktE 36/99 KfH -

und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

- 1 BvR 1267/06 -,

gegen

a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. März 2006 - 20 W 5/05 -,

b) den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 9. Februar 2005 - 32 AktE 36/99 KfH -

- 1 BvR 1280/06 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Bryde, Eichberger, Schluckebier gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 30. Mai 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Sie werden nicht zur Entscheidung angenommen, ohne dass es auf den Antrag des Beschwerdeführers zu 1) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ankommt.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die in einem gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahren aufgeworfene Frage nach dem angemessenen Umtauschverhältnis der Anteile bei der Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften.

I.

1. Der Beschwerdeführer zu 2) war Aktionär der börsennotierten W. AG Versicherungs-Beteiligungsgesellschaft (im Folgenden: W. AG) und Antragsteller des Ausgangsverfahrens. Im November 1998 gab die W. AG in einer Ad-hoc-Mitteilung die Absicht der Verschmelzung auf die W. Beteiligungs-GmbH bekannt, aus der durch Formwechsel die nicht börsennotierte W. Beteiligungs-AG (im Folgenden: W.B.AG) hervorging. Noch im selben Monat gaben die Verschmelzungspartner gemeinsam ein Bewertungsgutachten in Auftrag. Der Gutachter ermittelte für beide Unternehmen den gleichen Wert. Demzufolge wurde ein Umtauschverhältnis von zwei Aktien der W. AG gegen eine Aktie der nach der Verschmelzung erweiterten W.B.AG vorgeschlagen. Der gerichtlich bestellte Verschmelzungsprüfer bestätigte das vorgeschlagene Umtauschverhältnis von zwei zu eins. Darauf schlossen die beiden Unternehmen unter Zugrundelegung dieses Umtauschverhältnisses im Juli 1999 einen Vertrag, durch den die W. AG durch Übertragung ihres gesamten Vermögens auf die W.B.AG verschmolzen wurde. Die W.B.AG wurde in die W. & W. AG umfirmiert. Nach Zustimmung der Hauptversammlungen beider Unternehmen zum Verschmelzungsvertrag wurde die Verschmelzung am 1. September 1999 ins Handelsregister eingetragen. Seit dem 9. September 1999 werden die Aktien der W. & W. AG, der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, an der Börse gehandelt.

Im Ausgangs-Spruchverfahren begehrten der Beschwerdeführer zu 2) und weitere antragstellende Aktionäre der W. AG die Festsetzung einer baren Zuzahlung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG, weil sie das Umtauschverhältnis für nicht angemessen hielten. Der Beschwerdeführer zu 1) wurde zum gemeinsamen Vertreter der nicht am Spruchverfahren beteiligten Aktionäre der W. AG bestellt (§ 6 SpruchG). Das Landgericht setzte nach Einholung eines weiteren Gutachtens eine bare Zuzahlung pro Aktie der W. AG in Höhe von 5,41 € fest (veröffentlicht in AG 2005, S. 451). Auf die hiergegen von beiden Seiten eingelegte Beschwerde hob das Oberlandesgericht den Beschluss des Landgerichts auf und wies den Antrag auf Festsetzung einer Zuzahlung zurück (veröffentlicht in AG 2006, S. 421). Eine Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zu 2) blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung führte das Oberlandesgericht im Wesentlichen aus, bei der Überprüfung der von den beiden Unternehmen zugrunde gelegten Umtauschrelation sei davon auszugehen, dass diese Ausdruck eines fairen Verhandlungsprozesses sei, bei dem es - anders als etwa bei einem Squeeze-out-Verfahren oder bei dem Abschluss eines Unternehmensvertrages - keinen Interessengegensatz zwischen Groß- und Kleinaktionären gebe.

Vielmehr seien alle Aktionäre der an der Verschmelzung beteiligten, voneinander unabhängigen Unternehmen gleichermaßen vornehmlich daran interessiert, dass es zu einer für ihr Unternehmen möglichst günstigen Umtauschrelation komme. Im vorliegenden Verschmelzungsfall bedürfe es daher keines besonderen Schutzes von Minderheitsaktionären, wie er etwa durch die Berücksichtigung des Börsenkurses als Ansatz eines Mindestwertes bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses zum Ausdruck komme. Das Gericht dürfe unter solchen Umständen die vertragsautonom ermittelte Bewertung im Spruchverfahren auch nicht ohne Weiteres vollständig durch eine eigene, neue ersetzen.

Ausgehend von diesen Überlegungen sei die auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens ermittelte und dem Verschmelzungsvertrag zugrunde gelegte Umtauschrelation nicht zu beanstanden; es lasse sich nicht feststellen, dass sie unangemessen sei. Das gelte selbst unter Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktie der W. AG. Die Gewährung einer Zuzahlung sei daher nicht gerechtfertigt.

2. Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung von Art. 14 GG durch die angegriffenen Entscheidungen; der Beschwerdeführer zu 2) beanstandet zudem einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Gerügt wird unter anderem, das Anteilseigentum an der W. AG habe nicht die verfassungsrechtlich gebotene Entschädigung nach dem wahren Wert erfahren. Das Oberlandesgericht habe - so der Beschwerdeführer zu 2) - bei der Ermittlung der Umtauschrelation den Börsenkurs der Aktie der W. AG berücksichtigen müssen. Zudem habe bei der Ermittlung des Ertragswertes einer Tochtergesellschaft der W.B.AG das zugrunde gelegte Prognoseverfahren für zukünftige Zinssätze nicht verwendet werden dürfen; stattdessen hätte von der allein aussagekräftigen so genannten Zinsstrukturkurve ausgegangen werden müssen.

II.

Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs.2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerden, denen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zukommt, haben keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) ist unzulässig. Der Beschwerdeführer zu 1) ist als nach § 6 SpruchG bestellter gemeinsamer Vertreter nicht beschwerdebefugt, soweit er die Verletzung materieller Grundrechte von Aktionären rügt. Insoweit kann er nicht geltend machen, in einem seiner Grundrechte von den angegriffenen Entscheidungen betroffen zu sein (§ 90 Abs. 1 BVerfGG). Soweit der Beschwerdeführer zu 1) eine verfahrensrechtliche Beanstandung erhebt, ist diese nicht hinreichend substanziiert ausgeführt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).

a) Im gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahren bestellt das Gericht den Antragsberechtigten, die nicht selbst Antragsteller sind, zur Wahrung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter. Das Gesetz bemisst diesem die Stellung eines gesetzlichen Vertreters bei. Nach Rücknahme des Antrags kann er das Verfahren fortführen und steht in diesem Falle einem Antragsteller gleich (§ 6 SpruchG).

Hieraus folgt, dass der Beschwerdeführer zu 1) als gemeinsamer Vertreter mit seiner Rüge einer Verletzung von Art. 14 GG nicht eigene Rechte, sondern die Rechte der am Spruchverfahren nicht beteiligten Antragsberechtigten geltend macht. Seine Stellung ist mit derjenigen einer Partei kraft Amtes, bei der eine Verfassungsbeschwerdebefugnis ausnahmsweise anzunehmen ist, nicht vergleichbar (vgl. BVerfGE 27, 326 <333>; 51, 405 <409>; 65, 182 <190>; 95, 267 <299>). Parteien kraft Amtes ist regelmäßig gemein, dass sie Rechte des materiellen Rechtsträgers an dessen Stelle - auch gegen dessen Willen - allein wahrnehmen können (vgl. Vollkommer, in: Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, vor § 50 Rn. 21).

Im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist eine Prozessstandschaft grundsätzlich nicht zulässig (vgl. BVerfGE 2, 292 <294>; 56, 296 <297>; 77, 263 <268>; 79, 1 <19>). Tragfähige Gründe, von diesem Grundsatz für den nach § 6 SpruchG bestellten gemeinsamen Vertreter abzuweichen, sind hier nicht gegeben. Zwar ist eine Ausnahme vom Grundsatz der unzulässigen Prozessstandschaft in denjenigen Fällen geboten, in denen sonst wegen des Auseinanderfallens von Prozessführungsbefugnis und Rechtsinhaberschaft niemand Verfassungsbeschwerde gegen eine grundrechtsverletzende Entscheidung erheben könnte (vgl. BVerfGE 77, 263 <269 f.>). So liegt es hier aber nicht. Die betroffenen Aktionäre waren nicht gehindert, das Spruchverfahren durch einen entsprechenden eigenen Antrag einzuleiten oder sich daran selbst zu beteiligen. Durch diese Antragsberechtigung wird ihnen als betroffenen Rechtsinhabern der verfassungsrechtlich verbürgte Schutz hinreichend gewährleistet.

b) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der im Spruchverfahren bestellte Sachverständige habe die Grundlagen seines Gutachtens zum Teil nicht offengelegt, und dem eine Rüge der Verletzung des Grundsatzes eines fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens entnommen werden kann (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. BVerfGE 91, 176 <181>), ist diese nicht hinreichend ausgeführt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Das 102 Seiten umfassende schriftliche Gutachten bezeichnet im Einzelnen die Grundlagen der Gutachtenerstattung. Ihm ist ein 22-seitiges Ergebnisprotokoll über eine Besprechung mit den "Privatgutachtern" und einer Vertreterin der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens beigefügt. Soweit dort Unterlagen ausgehändigt wurden, ist dies im Protokoll vermerkt. Unter diesen Umständen genügt die pauschal begründete Rüge nicht den Anforderungen. Der Beschwerdeführer zu 1) hätte mittels des Gutachtens und des Ergebnisprotokolls seine Rüge näher ausführen können und müssen.

2. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2) ist unbegründet. Ohne Erfolg rügt er insbesondere eine Verletzung von Art. 14 GG. Dabei bedarf die vom Oberlandesgericht aufgeworfene Frage keiner Entscheidung, ob die sich aus dem Eigentumsgrundrecht mit Blick auf den Schutz von Minderheitsaktionären ergebenden Grundsätze zur Angemessenheit einer Entschädigung auf die vorliegende Verschmelzungssituation zweier gleichberechtigter und voneinander unabhängiger Unternehmen ohne Modifikation Anwendung finden. Im vorliegenden Fall ist den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine angemessene Entschädigung jedenfalls Genüge getan.

a) Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Eigentum. Dazu gehört das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist (vgl. BVerfGE 14, 263 <276>; 25, 371 <407>; 50, 290 <339>; 100, 289 <301>). Der Schutz erstreckt sich auf die mitgliedschaftliche Stellung in einer Aktiengesellschaft, die das Aktieneigentum vermittelt. Aus der mitgliedschaftlichen Stellung erwachsen dem Aktionär im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Gesellschaftssatzung sowohl Leitungsbefugnisse als auch vermögensrechtliche Ansprüche (vgl. BVerfGE 14, 263 <276>; 100, 289 <301 f.>).

Ein Aktionär, der seine dergestalt verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition verliert oder hierin im Rahmen einer Maßnahme nach § 179a AktG, aufgrund des Abschlusses eines Unternehmensvertrages (§§ 304, 305 AktG), einer Eingliederung (§§ 319, 320b AktG) oder einer Verschmelzung nach zuvor abgeschlossenem Unternehmensvertrag (§§ 339, 352c AktG a.F.) eingeschränkt wird, muss für den Verlust seiner Rechtsposition und die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung wirtschaftlich voll entschädigt werden (vgl. BVerfGE 100, 289 <304> für den Unternehmensvertrag und die Eingliederung; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 23. August 2000 - 1 BvR 68/95 -, NJW 2001, S. 279 für die Maßnahme nach § 179a AktG; BVerfG, Beschluss vom 25. Juli 2003 - 1 BvR 234/01 -, ZIP 2003, S. 2114 für eine besondere Verschmelzungssituation). Die Entschädigung muss den "wirklichen" oder "wahren" Wert des Anteilseigentums widerspiegeln. Der Schutz der Minderheitsaktionäre gebietet, dass sie dabei jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der unternehmensrechtlichen Maßnahme erhalten hätten. Daher darf ein existierender Börsenkurs nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BVerfGE 100, 289 <306 ff.>).

b) Die der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts zugrunde liegenden Regelungen wie auch deren Auslegung und Anwendung im konkreten Fall werden dem Erfordernis einer im verfassungsrechtlichen Sinne angemessenen Entschädigung gerecht.

Dabei bedarf hier keiner Entscheidung, ob - entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts - die verfassungsrechtlichen Grundsätze, wonach die von einer der genannten unternehmensrechtlichen Maßnahmen betroffenen Minderheitsaktionäre namentlich unter Berücksichtigung des Börsenkurses angemessen zu entschädigen sind, auch für Verschmelzungen aller Art und insbesondere die vorliegende Verschmelzung zweier gleichberechtigter, nicht im Konzern miteinander verbundener Aktiengesellschaften, von denen nur eine börsennotiert ist, hinsichtlich der Bestimmung des Umtauschverhältnisses und einer etwaigen baren Zuzahlung uneingeschränkt entsprechend gelten (vgl. hierzu: gegen eine Übertragung der Grundsätze zur Beachtung des Börsenkurses BayOblG, Beschluss vom 18. Dezember 2002 - 3Z BR 116/00 -, ZIP 2003, S. 253; Lutter/Winter, UmwG, 3. Aufl., § 5 Rdn. 23 ff.; Paschos, ZIP 2003, S. 1017 <1022>; Bungert, BB 2003, S. 699; für eine Übertragung u.a. Puszkajler, BB 2003, S. 1692; Weiler/Meyer, NZG 2003, S. 669; Erb, DB 2001, S. 523 jeweils mit weiteren Nachweisen).

aa) Bei den Regelungen im Umwandlungsgesetz über die Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften handelt es sich um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Das im Verschmelzungsvertrag bestimmte Umtauschverhältnis kann durch die gerichtliche Anordnung barer Zuzahlungen korrigiert werden. Das gewährleistet, dass die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft eine angemessene Gegenleistung und damit Entschädigung im verfassungsrechtlichen Sinne für den Verlust ihrer Aktionärsstellung in der übertragenden Gesellschaft erhalten (vgl. BVerfGE 100, 289 <304> zum Spruchstellenverfahren gemäß §§ 306, 320b AktG; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 25. Juli 2003 - 1 BvR 234/01 -, ZIP 2003, S. 2114 <2115> zum Verschmelzungsverfahren gemäß §§ 339, 352c Abs. 1 Satz 2 AktG a.F.).

bb) Auch die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Umwandlungsgesetzes durch das Oberlandesgericht ist mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.

Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlich zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums sind Sache der Zivilgerichte. Diese müssen dem durch die zivilrechtlichen Normen ausgestalteten oder eingeschränkten Grundrecht Rechnung tragen, damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt. Bei der Nachprüfung des Umtauschverhältnisses gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG verlangt Art. 14 Abs. 1 GG vor allem, dass der vollständige Ausgleich für die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung der Aktionäre nicht verfehlt wird (BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 25. Juli 2003 - 1 BvR 234/01 -, ZIP 2003, S. 2114 <2115> zu § 352c Abs. 1 Satz 2 AktG a.F.).

Gemessen hieran zeigt der Beschwerdeführer zu 2) eine Verletzung seiner Grundrechte nicht auf. In seiner Hauptbegründung geht das Oberlandesgericht zwar davon aus, dass das Umtauschverhältnis ausschließlich aus einem Vergleich der nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswerte folgt und der Börsenkurs der Aktien der W. AG keine Berücksichtigung finden müsse. Im Rahmen einer Hilfsbegründung hebt das Oberlandesgericht dann aber hervor, auch unter Berücksichtigung des Börsenkurses ergebe sich für die Antragsteller kein günstigeres Umtauschverhältnis. Dem legt es eine aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenkliche (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 29. November 2006 - 1 BvR 704/03 -, WM 2007, S. 73) Ermittlung des relevanten Börsenkurses nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde (vgl. BGHZ 147, S. 108). Deshalb kann die Vernachlässigung des Börsenkurses der Aktien der W. AG in der Hauptbegründung des Oberlandesgerichts keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Nichtbeanstandung des Umtauschverhältnisses begründen.

Schließlich ist es für die Überprüfung des Umtauschverhältnisses und der zugrunde gelegten Unternehmenswerte aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich unerheblich, ob bei der Ermittlung des Ertragswertes einer Tochtergesellschaft einer der verschmolzenen Gesellschaften ein bestimmtes Zinsprognoseverfahren angewendet wird oder die zum Verschmelzungsstichtag gültige Zinsstrukturkurve zugrunde gelegt wird. Bei der Ermittlung des Unternehmenswertes handelt es sich zunächst um eine Frage, die auf der Ebene des so genannten einfachen Rechts zu beantworten ist. Der Verfassung lassen sich insoweit keine konkreten, detaillierten Vorgaben entnehmen. Dementsprechend schreibt Art. 14 Abs. 1 GG auch keine bestimmte Methode der Unternehmensbewertung vor (vgl. BVerfGE 100, 289 <307>). So ist die hier angewandte Ertragswertmethode verfassungsrechtlich unbedenklich, aber nicht etwa zwingend vorgegeben. Das gilt erst recht für bestimmte Prognoseverfahren zu der Ermittlung künftiger Erträge. Deshalb ist auch die Verwendung der von den Verschmelzungsparteien hier herangezogenen und von den Gutachtern bestätigten Prognosemethode zur Ermittlung künftiger Zinsen und damit zukünftiger Zinserträge einer Tochtergesellschaft von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Dies gilt jedenfalls mit Rücksicht auf die Feststellung des Oberlandesgerichts, dass die hier zugrunde gelegte Zinsprognosemethode eine in der Finanz- und Versicherungswirtschaft zum Zeitpunkt der Vornahme der Unternehmensbewertung gebräuchliche und anerkannte Prognosemethode war. Diese Feststellung hat der Beschwerdeführer zu 2) nicht mittels einer durchgreifenden Grundrechtsrüge beanstandet. Dass diese Methode in der Fachwissenschaft diskutiert worden ist und wird, und dass sie möglicherweise heute nicht mehr als Methode angewendet würde, wie der Beschwerdeführer zu 2) ausführt, ändert daran nichts.

III.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

Ende der Entscheidung

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