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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 20.05.1999
Aktenzeichen: 1 BvR 1294/96
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 a Abs. 2
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1294/96 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des Herrn K..., Rechtsanwalt,

gegen

a) den Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April 1996 - 1 Ws 390-393/96 -,

b) das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Dezember 1995 - XXII 111/95 -,

c) das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 19. Mai 1995 - 121 Cs/810 Js 914/94 -,

d) den Strafbefehl des Amtsgerichts Düsseldorf vom 2. Februar 1995 - 121 Cs/810 Js 914/94 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richter Grimm, Hömig gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 20. Mai 1999 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG angezeigt.

Allerdings ist es verfassungsrechtlich nicht unbedenklich, daß das Landgericht die inkriminierten Äußerungen des Beschwerdeführers als "Formalbeleidigung" eingestuft und sich damit von vornherein den Weg zu einer Abwägung der beiderseitigen Grundrechtspositionen verstellt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts tritt zwar bei herabsetzenden Äußerungen, die sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Ehrenschutz zurück. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts hat das Bundesverfassungsgericht den Begriff der Schmähkritik aber eng definiert (vgl. BVerfGE 93, 266 <294>). Der Begriff der Formalbeleidigung ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dagegen noch nicht abschließend definiert. Dazu gibt auch der vorliegende Fall keinen Anlaß. Denn jedenfalls dann, wenn der Vorwurf der Rechtsbeugung in Zusammenhang mit einem bestimmten, den sich Äußernden betreffenden Urteil steht, in sachliche Einwände gegen das Urteil eingebettet ist und damit als - wenn auch scharfe - Zusammenfassung der Urteilskritik dient, kommt dem Begriff der Rechtsbeugung nicht die Qualität einer selbständigen, allein in der Wortwahl liegenden Ehrverletzung zu, welche die Annahme einer Formalbeleidigung rechtfertigt.

Das Urteil des Landgerichts begegnet aber auch deswegen Bedenken, weil es die Qualifizierung der Äußerung als Formalbeleidigung nicht aus dem vom Beschwerdeführer verwandten Begriff der Rechtsbeugung, sondern aus der in diesem Begriff implizit enthaltenen Bezeichnung der Richter als "Verbrecher" abgeleitet hat. Das Landgericht hat damit verkannt, daß bei dem Vorwurf der Rechtsbeugung der Sachbezug zu dem Strafurteil, in dem der Beschwerdeführer als Verteidiger fungierte, noch erkennbar war, während dies bei der pauschalen Bezeichnung eines anderen als "Verbrecher" gerade nicht mehr der Fall ist.

Ungeachtet dessen ist eine Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht angezeigt, weil deutlich abzusehen ist, daß der Beschwerdeführer auch bei einer Zurückverweisung der Sache keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Es ist nicht ersichtlich, daß eine Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und des Ehrenschutzes zugunsten des Beschwerdeführers ausgehen könnte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß das Strafverfahren, in dem der Beschwerdeführer als Verteidiger fungierte, bereits rechtskräftig abgeschlossen war.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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