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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 20.10.2004
Aktenzeichen: 1 BvR 130/03
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 130/03 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 2002 - 1 Ss (B) 78/01 -,

b) das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 25. Juli 2001 - 2 OWi 701 Js 42774/99 -

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, den Richter Steiner und die Richterin Hohmann-Dennhardt am 20. Oktober 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 2002 - 1 Ss (B) 78/01 - und das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 25. Juli 2001 - 2 OWi 701 Js 42774/99 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Braunschweig zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen eine Verurteilung zu einer Geldbuße wegen unerlaubter geschäftsmäßiger Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten.

I.

1. Der Beschwerdeführer war bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1995 als Richter tätig. In einem von der Staatsanwaltschaft Berlin eingeleiteten Strafverfahren beriet der Beschwerdeführer im Jahre 1999 die Angeklagte und wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 12. November 1999 gemäß § 138 Abs. 2 StPO als Verteidiger zugelassen. Er wurde für die Angeklagte unentgeltlich tätig; über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte er nicht. Bereits in der Vergangenheit wurde der Beschwerdeführer in verschiedenen Fällen rechtsberatend tätig.

2. Die Staatsanwaltschaft bejahte das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit des Beschwerdeführers nach Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG, weil er als Verteidiger in einem Strafverfahren für die Angeklagte rechtsberatend tätig geworden sei und sich als Wahlverteidiger gemäß § 138 Abs. 2 StPO habe zulassen lassen. In einem Bußgeldbescheid vom 4. September 2000 setzte die Staatsanwaltschaft eine Geldbuße in Höhe von 1.200 DM fest.

3. Der Einspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos. Das Amtsgericht verurteilte ihn mit Urteil vom 25. Juli 2001 zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000 DM. Zur Begründung führte das Gericht zum Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der Geschäftsmäßigkeit im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG unter anderem aus: Bei der Beurteilung der Frage der geschäftsmäßigen Tätigkeit orientiere sich das Gericht mit der ständigen Rechtsprechung an der inneren Einstellung des Beschwerdeführers. Dieser sei nicht zum ersten Mal rechtsberatend tätig geworden und habe seine Bereitschaft bekundet, Menschen auch künftig in Rechtsnot zu helfen. Auf die Unentgeltlichkeit der Rechtsberatung komme es dabei nicht an. Das Rechtsberatungsgesetz sei auch nicht verfassungswidrig. Der Rechtsstaat habe ein hohes Interesse daran, dass dem Bürger sein Recht durch Personen erschlossen werde, die nicht nur wegen ihrer Vorbildung und Berufserfahrung hierzu geeignet seien, sondern die gerade wegen ihrer besonderen Berufspflichten dem Postulat des Schutzes der Rechtsuchenden und einer geordneten Rechtspflege dienen. Dazu gehöre unter anderem das Wahrheitsgebot, die Pflicht zur Verschwiegenheit, das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen und die Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung. Unter diesen Berufspflichten und der korrespondierenden Rechtsaufsicht stehe der Beschwerdeführer nicht. Auch bestehe die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer beispielsweise vor Gericht gezwungen werden könnte, über das ihm Anvertraute aussagen zu müssen, gleichgültig, ob der Ratsuchende auf den Schutz der Vertraulichkeit bestehe oder nicht und dass auch keine Beschlagnahmefreiheit von Briefwechseln mit dem Ratsuchenden oder von persönlichen Aufzeichnungen des Beschwerdeführers bestehe.

Das Oberlandesgericht erachtete die vom Beschwerdeführer eingelegte Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 13. Dezember 2002 für unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG.

4. Mit seiner fristgerecht eingereichten Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die beiden gerichtlichen Entscheidungen. Er rügt unter anderem die Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als allgemeine Handlungsfreiheit. Die Entscheidungen ließen eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den grundrechtlichen Positionen des Beschwerdeführers vermissen und begnügten sich mit der formelhaften Bezugnahme auf die besonderen Berufspflichten der Rechtsanwälte. Eine Abwägung der vom Amtsgericht für tragfähig gehaltenen öffentlichen Belange mit dem Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG habe nicht einmal im Ansatz stattgefunden.

5. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Justiz, der Präsident des Bundesgerichtshofs, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Richterbund, der Deutsche AnwaltVerein, der Deutsche Notarverein, der Deutscher Steuerberaterverband e.V. sowie der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. Stellung genommen.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93 d Satz 1, § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).

1. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG verfassungsgemäß ist. Das Rechtsberatungsgesetz dient dem Schutz des Rechtsuchenden sowie der geordneten Rechtspflege. Zur Erreichung dieser Zwecke ist es erforderlich und angemessen (vgl. BVerfGE 41, 378 <390>; 75, 246 <267, 275 f.>; 97, 12 <26 f.>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 2161/93 -, NJW 2000, S. 1251; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Februar 2002 - 1 BvR 423/99 -, NJW 2002, S. 1190; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 2004 - 1 BvR 737/00 -, NJW 2004, S. 2662).

2. Die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen genügen nicht den sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen.

a) Was geschäftsmäßige Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes ist, bedarf angesichts der generalklauselartigen Umschreibung der Abklärung im Einzelfall, die einerseits die durch das Gesetz geschützten Belange und andererseits die Freiheitsrechte des Einzelnen berücksichtigt und dabei auch den Veränderungen der Lebenswirklichkeit Rechnung trägt. Alle diese Gesichtspunkte sind bei der Gesetzesauslegung und der Rechtsanwendung zum Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfGE 97, 12 <28>, zu Art. 12 GG). Dabei haben die Gerichte bei der Auslegung auch zu berücksichtigen, dass dieses Gesetz - wie andere Gesetze auch - einem Alterungsprozess unterworfen ist. Das Rechtsberatungsgesetz steht in einem Umfeld sozialer Verhältnisse und gesellschaftspolitischer Anschauungen, mit deren Wandel sich auch der Norminhalt ändern kann. Die Gerichte haben vor diesem Hintergrund zu prüfen, ob das Gesetz für alle Fälle, auf die seine Regelungen abzielt, eine gerechte Lösung bereithält. Sie sind daher befugt und verpflichtet zu prüfen, was unter den veränderten Umständen "Recht" im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG ist (vgl. BVerfGE 82, 6 <12>). Dabei haben sie unter Anwendung der allgemein anerkannten Auslegungsmethoden - zu denen auch die teleologische Reduktion gehört (vgl. BVerfGE 35, 263 <279>; 88, 145 <166 ff.>) - zu prüfen, ob die gesetzliche Regelung zwischenzeitlich lückenhaft geworden ist. Am Wortlaut einer Norm braucht der Richter dabei nicht Halt zu machen. Seine Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG) bedeutet nicht Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zur wörtlichen Auslegung, sondern Gebundensein an den Sinn und Zweck des Gesetzes. Sind mehrere Deutungen einer Norm möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <220 f.>).

Diese Grundsätze gelten auch, wenn durch die Verurteilung zu einer Geldbuße gemäß Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG wegen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen wird. Dieses Grundrecht ist dann verletzt, wenn die Rechtsgrundlage für die Verurteilung in einer mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Weise ausgelegt wird. Das ist auch dann der Fall, wenn die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts die grundrechtliche Freiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. BVerfGE 92, 191 <196>). Auslegung und Anwendung dieser Normen sind vornehmlich Aufgabe der Fachgerichte und können vom Bundesverfassungsgericht - abgesehen von Verstößen gegen das Willkürverbot - nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung der Normen die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 85, 248 <257 f.>; 97, 12 <27>).

b) Die angegriffenen Entscheidungen werden diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.

aa) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde nicht hinreichend beachtet. Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG nimmt in seinem Wortlaut ausdrücklich auf diesen Grundsatz Bezug, da nach dieser Norm nur derjenige tatbestandsmäßig handelt, der die nach diesem Artikel erforderliche Erlaubnis nicht besitzt. Die Gerichte haben im vorliegenden Fall bei der Auslegung und Anwendung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 und des Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG nicht in Erwägung gezogen, ob das Tatbestandsmerkmal der "Geschäftsmäßigkeit" unter Berücksichtigung der durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Interessen und des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG von Verfassungs wegen im konkreten Fall eine Auslegung erfordert, die die unentgeltliche Rechtsbesorgung durch einen berufserfahrenen Juristen nicht erfasst. Die Gerichte haben die konkreten Umstände, die es nahe legen, dass die durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgüter durch die rechtsbesorgende Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht berührt wird, bei der Normauslegung nicht beachtet. Das Amtsgericht stellte zwar in seiner Entscheidung unter anderem fest, dass es keinerlei Zweifel an der persönlichen Integrität des Beschwerdeführers habe. Auch machte es Ausführungen dazu, welche Nachteile für den Rechtsuchenden auch eine unentgeltliche Rechtsberatung haben könne. Jedoch sind diese Ausführungen allgemein gehalten und legen lediglich in abstrakter Weise dar, dass auch eine unentgeltliche Rechtsberatung die durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgüter gefährden könne. Die Ausführungen des Gerichts sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit es davon ausgeht, dass grundsätzlich auch durch eine unentgeltliche und altruistische Rechtsberatung die durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgüter gefährdet werden können. Dies enthebt aber das Gericht aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht der Verpflichtung, auch im Falle des Beschwerdeführers im Wege der Amtsermittlung (vgl. Senge, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 2. Aufl. 2000, § 77 Rn. 5) konkret nachzuprüfen, ob tatsächlich eine entsprechende Gefährdung durch die rechtsberatende Tätigkeit vorgelegten hatte. Das Gericht traf keine Feststellungen dazu, ob der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Tätigkeit als ein gemäß § 138 Abs. 2 StPO beigeordneter Verteidiger in einem Strafverfahren die durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgüter konkret gefährdet hat oder ob diese Rechtsgüter in den anderen Fällen, in denen der Beschwerdeführer rechtsberatend in der Vergangenheit tätig geworden ist und die das Gericht zur Begründung einer Wiederholungsabsicht des Beschwerdeführers heranzieht, konkret gefährdet worden sind.

Die Gerichte legten vielmehr den Begriff der Geschäftsmäßigkeit so aus, wie ihn die Rechtsprechung im Laufe der Zeit entwickelt hat (vgl. BGH, NJW 1986, S. 1050, 1051; NJW 2000, S. 1560, 1561; NJW 2001, S. 3541, 3542). Eine solche Auslegung des Begriffs der Geschäftsmäßigkeit im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG wird aber den besonderen Umständen des hier zu beurteilenden Einzelfalles nicht gerecht. Die berufliche Vorbildung des Beschwerdeführers, seine langjährige Erfahrung in verschiedenen juristischen Tätigkeitsfeldern sowie die konkreten Umstände, unter denen er jeweils rechtsbesorgend tätig geworden ist, hätten von Verfassungs wegen die Prüfung nahe gelegt, ob die durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgüter durch die rechtsberatenden Tätigkeiten des Beschwerdeführers überhaupt berührt worden sind.

Ebenso haben die Gerichte nicht geprüft, ob gerade in dem der Verurteilung zu Grunde liegenden Fall die Schutzzwecke des Rechtsberatungsgesetzes beeinträchtigt worden sind. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer vom Amtsgericht gemäß § 138 Abs. 2 StPO (vgl. hierzu: Laufhütte, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 5. Aufl. 2003, § 138 Rn. 8) als Verteidiger zugelassen wurde sowie seine juristische Qualifikation hätten von Verfassungs wegen auch hier eine konkrete Prüfung nahe gelegt, ob allein damit den durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgütern hinreichend Rechnung getragen worden ist.

bb) Die Gerichte haben in diesem Zusammenhang im Rahmen der Auslegung und Anwendung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG auch nicht geprüft, ob in der Zwischenzeit eine Veränderung der Lebenswirklichkeit eingetreten ist, die das Rechtsberatungsgesetz ergänzungsbedürftig und zugleich ergänzungsfähig hat werden lassen (vgl. BVerfGE 97, 12 <28>). Nicht in Erwägung gezogen wurde, ob der Wortlaut des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG im konkreten Fall nicht über den Sinn und Zweck des Gesetzes hinausgeht, sodass von Verfassungs wegen eine einschränkende Auslegung geboten ist. Die juristische Qualifikation sowie die Berufserfahrung des Beschwerdeführers hätten jedoch Anlass für eine solche Prüfung und für eine Abwägung zwischen den durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgütern und dem Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG gegeben.

3. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem dargelegten Grundrechtsverstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Gerichte bei Beachtung der sich aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wären. Die nunmehr notwendige Auslegung und Anwendung des Begriffs der "Geschäftsmäßigkeit" in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG unter Berücksichtigung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit obliegt zuvörderst den Fachgerichten, nicht dem Bundesverfassungsgericht.

4. Da die Verfassungsbeschwerde schon aus den genannten Gründen Erfolg hat, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Grundrechtsrügen des Beschwerdeführers durchgreifen.

III.

Die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache ist an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 93 c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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