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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 05.06.2007
Aktenzeichen: 1 BvR 1429/07
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 32 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1429/07 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juni 2007 - 3 M 58/07 -

b) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26. Mai 2007 - 1 B 255/07 - c) die Allgemeinverfügung der Polizeidirektion Rostock KAVALA vom 16. Mai 2007

hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richter Hoffmann-Riem, Gaier gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 5. Juni 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

Gegenstand der am 4. Juni 2007 um 17:53 Uhr eingegangenen Verfassungsbeschwerde sind versammlungsrechtliche Entscheidungen aus Anlass des bei Heiligendamm durchgeführten G8-Gipfels. Mit ihrem Eilantrag begehrt die Beschwerdeführerin eine einstweilige Anordnung zur Durchführung einer Mahnwache am 5. Juni 2007 anlässlich des 40. Jahrestags des so genannten Sechs-Tage-Kriegs zwischen Israel und einer arabischen Kriegsallianz. Die Mahnwache soll am östlichen Eingang des Sperrzauns stattfinden, der zur Absicherung des G8-Gipfels um Heiligendamm errichtet wurde. Mit der Mahnwache will die Beschwerdeführerin an die Opfer der vierzigjährigen Besatzung, die Folge des Sechs-Tage-Kriegs war, erinnern und die Politik der G8-Staaten im Hinblick auf den Palästina-Konflikt kritisieren. Durch den Standort an dem Sperrzaun soll eine bildhafte Assoziation mit der Mauer geweckt werden, welche die besetzten Gebiete Palästinas von Israel abtrennt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Er ist bereits unzulässig, da in der Beschwerdeschrift nicht hinreichend dargelegt worden ist, dass die Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung vorliegen.

Eine solche Anordnung kann nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nur ergehen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Im Rahmen des Eilverfahrens überprüft das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen. Dies muss gegebenenfalls einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Das Bundesverfassungsgericht klärt die Frage, ob ein hinreichend schwerer Nachteil vorliegt, in erster Linie im Rahmen einer Folgenabwägung.

Der von § 32 Abs. 1 BVerfGG geforderte schwere Nachteil lässt sich auf der Grundlage der Beschwerdeschrift nicht feststellen. Ihr sind hinreichend substantiierte Ausführungen nicht zu entnehmen. Die Beschwerdeschrift genügt den Begründungsanforderungen an einen Eilantrag nicht.

Die Beschwerdeführerin ist durch die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschlüsse an der Durchführung der Mahnwache nicht gehindert. Die Mahnwache wurde allerdings verlegt und örtlich begrenzt. Zudem wurde eine Höchstteilnehmerzahl von 15 Personen festgesetzt; diese sollten der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens 24 Stunden vor Beginn der Mahnwache namentlich benannt werden.

Es ist nicht dargetan, dass die angegriffenen Beschränkungen das von der Beschwerdeführerin verfolgte kommunikative Anliegen in einer Weise beeinträchtigen, die einen schweren Nachteil im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG begründet. Zwar wird vorgebracht, die Mahnwache müsse an dem zur Sicherung des G8-Gipfels errichteten Zaun stattfinden, da so eine inhaltliche Verbindung zu der Mauer hergestellt werden solle, welche die besetzten Gebiete Palästinas von Israel abtrenne. Jedoch haben die Gerichte dies ausdrücklich berücksichtigt und keine rechtlichen Einwände gegen eine Durchführung der Mahnwache in Sichtweite des Zauns (wenn auch 200 Meter entfernt) gesehen. Inwieweit das Anliegen der Beschwerdeführerin eine noch größere Nähe der Mahnwache zu dem Zaun in einem Ausmaß erforderlich macht, und dass ansonsten von einem schweren Nachteil im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG auszugehen ist, ist weder vorgetragen noch ohne weiteres ersichtlich.

In der Beschwerdeschrift ist ferner nicht weiter ausgeführt worden, inwieweit in der Beschränkung der Versammlung auf einen kleinen Teilnehmerkreis ein schwerer Nachteil liegt. Anders als bei Großdemonstrationen, die von vorneherein darauf angelegt sind, Öffentlichkeitswirkung durch eine möglichst große Teilnehmerzahl zu erzeugen, ist dies bei einer Mahnwache wie der von der Beschwerdeführerin geplanten auch nicht offensichtlich.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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