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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 13.12.2004
Aktenzeichen: 1 BvR 1487/04
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 a Abs. 2
BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1487/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 18. Mai 2004 - B 7 AL 20/04 B -,

b) den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2003 - L 9 AL 32/03 -,

c) das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17. Januar 2003 - S 37 AL 224/02 -,

d) den Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts Hagen vom 3. September 2002 - 98 - Kd.-Nr. 347A323832 W 751/02 -,

e) den Bescheid des Arbeitsamts Hattingen vom 25. März 2002 - 381 347A323832 -

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, den Richter Steiner und die Richterin Hohmann-Dennhardt gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 13. Dezember 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Arbeitsförderungsrecht. Speziell geht es um die Berücksichtigung von Zeiten der Pflege von Angehörigen (im Folgenden: Pflegezeiten) im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld.

I.

Voraussetzung für die Bewilligung von Arbeitslosengeld war und ist unter anderem, dass die arbeitslose Person innerhalb einer gesetzlich festgelegten Rahmenfrist bestimmte anwartschaftsbegründende Zeiten zurückgelegt hat. Diese Rahmenfrist liegt regelmäßig unmittelbar vor dem Zeitpunkt, in dem es wegen Arbeitslosigkeit zu einer Arbeitslosmeldung kommt. Nach der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage wurden bei der Gewährung von Arbeitslosengeld Pflegezeiten dadurch berücksichtigt, dass sie nicht in die Rahmenfrist eingerechnet wurden. Sowohl vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als auch mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde verlangt die Beschwerdeführerin, Pflegezeiten müssten beim Arbeitslosengeld unmittelbar anwartschaftsbildend wirken, indem sie als Versicherungspflichtverhältnis ausgestaltet oder diesem zumindest leistungsrechtlich gleichgestellt würden. Eine Beschränkung des Nachteilsausgleichs darauf, dass Pflegezeiten lediglich nicht in die Rahmenfrist eingerechnet würden, verletze sie in Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Gleichheitsverstoß liege zudem auch deshalb vor, weil die Beschwerdeführerin als Frau, die in aller Regel die Pflegetätigkeit zu erbringen habe, benachteiligt werde.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen von § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Soweit sie sinngemäß auf eine Verletzung des Art. 3 Abs. 2 GG gestützt ist, fehlt es an der gebotenen Substantiierung (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Im Übrigen ist die von der Beschwerdeführerin gerügte Grundrechtsverletzung nicht gegeben.

Es kann dahin stehen, ob und inwieweit der Gesetzgeber von Verfassungs wegen verpflichtet ist, bei der Festlegung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld überhaupt einen Nachteilsausgleich für Pflegezeiten vorzusehen. Jedenfalls genügt die vom Gesetzgeber für den maßgebenden Zeitraum getroffene Entscheidung, Pflegezeiten unter bestimmten Voraussetzungen nicht in die Rahmenfrist einzurechnen und die Rahmenfrist auf diese Weise in die Vergangenheit hinein zu verlängern, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG. Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, dass pflegebedingte Nachteile gerade gemäß den Vorstellungen der Beschwerdeführerin zum Ausgleich gebracht werden. Es ist dem Bundesverfassungsgericht verwehrt zu prüfen, ob der Gesetzgeber unter mehreren möglichen Lösungen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat (vgl. BVerfGE 81, 156 <206>).

Insbesondere verpflichtet das Grundgesetz den Gesetzgeber nicht zu einer Regelung, wonach Pflegezeiten unabhängig vom Bezug von Pflegegeld Berücksichtigung finden. Nur eine solche Regelung aber würde der Beschwerdeführerin dazu verhelfen, wie angestrebt, ab 22. Januar 2002 Arbeitslosengeld beziehen zu können. Denn soweit ersichtlich, lägen die Zeiten mit Pflegegeldbezug, würde man den bisher bei der Bestimmung der Rahmenfrist ansetzenden und auf den Pflegegeldbezug abstellenden Nachteilsausgleich als Versicherungspflichttatbestand oder in ähnlicher Weise ausgestalten, außerhalb der dreijährigen Rahmenfrist und wären damit nicht geeignet, eine Anwartschaft zu begründen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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