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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 24.02.2009
Aktenzeichen: 1 BvR 165/09
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 101 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Verfahren

...

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts

durch

den Präsidenten Papier und

die Richter Bryde, Schluckebier

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG

in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 24. Februar 2009

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffen ein verwaltungsprozessuales Eilverfahren, das den Planfeststellungsbeschluss bezüglich des Ausbaus des Flughafens Frankfurt am Main zum Gegenstand hat.

1. Durch Beschluss vom 18. Dezember 2007 stellte das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung den Ausbauplan für den Flughafen Frankfurt am Main fest. Danach ist vorgesehen, den Flughafen durch den Bau einer weiteren Landebahn zu erweitern. Sie soll nordwestlich des jetzigen Flughafengeländes errichtet werden, wofür ein Teil des Kelsterbacher Waldes in Anspruch genommen wird. Gegen diesen Beschluss erhoben die Beschwerdeführer am 7. und 25. Februar 2008 Klage und beantragten die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Im Rahmen dieser Verfahren lehnten die Beschwerdeführer die Richter des zuständigen 11. Senats des Verwaltungsgerichtshofs aus mehreren Gründen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Die Befangenheitsanträge wurden mit Beschlüssen vom 22. Dezember 2008 und 12. Januar 2009 abgelehnt. Die hiergegen von den Beschwerdeführern jeweils erhobene Anhörungsrüge blieb ohne Erfolg.

Mit Beschlüssen vom 15. Januar 2009 wurden auch die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt.

2. Am 20. Januar 2008 haben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie wenden sich gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Dezember 2008 sowie vom 12. und 15. Januar 2009 und rügen die Verletzung von Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1, teilweise in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, sowie des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg in der Sache.

1. Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerdeführer die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG rügen, welche teilweise mit der Rüge der Verletzung von Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1 sowie des Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbunden wurde.

a) Ziel der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte (vgl. BVerfGE 17, 294 <299>; 95, 322 <327>). Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. BVerfGE 95, 322 <327>).

Deshalb verpflichtet Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG den Gesetzgeber dazu, eine klare und abstrakt-generelle Zuständigkeitsordnung zu schaffen, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den Richter bezeichnet, der für die Entscheidung zuständig ist. Jede sachwidrige Einflussnahme auf die rechtsprechende Tätigkeit von innen und von außen soll dadurch verhindert werden. Die Gerichte sind bei der ihnen obliegenden Anwendung der vom Gesetzgeber geschaffenen Zuständigkeitsordnung verpflichtet, dem Gewährleistungsgehalt und der Schutzwirkung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG angemessen Rechnung zu tragen.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darüber hinaus auch einen materiellen Gewährleistungsgehalt. Die Verfassungsnorm garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Der Gesetzgeber hat deshalb in materieller Hinsicht Vorsorge dafür zu treffen, dass die Richterbank im Einzelfall nicht mit Richtern besetzt ist, die dem zur Entscheidung anstehenden Streitfall nicht mit der erforderlichen professionellen Distanz eines Unbeteiligten und Neutralen gegenüberstehen. Die materiellen Anforderungen der Verfassungsgarantie verpflichten den Gesetzgeber dazu, Regelungen vorzusehen, die es ermöglichen, einen Richter, der im Einzelfall nicht die Gewähr der Unparteilichkeit bietet, von der Ausübung seines Amtes auszuschließen (vgl. BVerfGE 21, 139 <145 f.>; 30, 149 <153>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>).

Eine "Entziehung" des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Rechtsprechung, der die Anwendung der Zuständigkeitsregeln und die Handhabung des Ablehnungsrechts im Einzelfall obliegt, kann nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden; andernfalls müsste jede fehlerhafte Handhabung des einfachen Rechts zugleich als Verfassungsverstoß gelten (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>). Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind aber jedenfalls dann überschritten, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>). Ob die Entscheidung eines Gerichts auf Willkür, also auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts (vgl. BVerfGE 29, 45 <49>; 82, 159 <197>) beruht oder ob sie darauf hindeutet, dass ein Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt, kann nur angesichts der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammerdes Zweiten Senats vom 24. Februar 2006 - 2 BvR 836/04 -, [...] Rn. 38 ff.).

b) Bei Anwendung dieser Vorgaben kann in den von den Beschwerdeführern vorgebrachten Gründen eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter nicht festgestellt werden.

aa) Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerdeführer aus der Gestaltung des Eilverfahrens - die ihrer Meinung nach gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstößt - einen Grund zur Besorgnis der Befangenheit abgeleitet haben.

Nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 42 ZPO gilt der Grundsatz, dass ein von der Prozessordnung gedecktes Verhalten des Richters, das der sachgemäßen Behandlung des anhängigen Rechtsstreits dient, ein Ablehnungsgesuch regelmäßig nicht begründen kann. Dies gilt selbst dann, wenn die dem zugrundeliegende Rechtsansicht falsch ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist nach den genannten Vorschriften erst dann gerechtfertigt, wenn sich in der Verfahrensweise des Richters eine unsachliche oder gar von Willkür geprägte Einstellung äußert (vgl. Meissner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 54 Rn. 43 <Oktober 2005>; BVerwG, Beschluss vom 9. November 2001 - BVerwG 6 B 59.01 -, [...] Rn. 9). Unter bestimmten Umständen kann damit auch eine gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßende Verfahrensweise einen Grund zur Besorgnis der Befangenheit darstellen. Dies kann hier jedoch dahinstehen, weil die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichtshofs Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls nicht verletzt.

Insbesondere verletzt es nicht Art. 19 Abs. 4 GG, dass der Verwaltungsgerichtshof über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht sofort auf der Grundlage einer bloßen Interessenabwägung, sondern auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptssache nach rund elf Monaten entschieden hat.

Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>). Der in dieser Vorschrift verbürgte Anspruch auf eine umfassende und wirksame gerichtliche Kontrolle in allen bestehenden Instanzen hat gerade in Eilverfahren erhebliche Bedeutung. Insofern kommt dem gerichtlichen Rechtsschutz namentlich hier die Aufgabe zu, irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme vor deren abschließenden gerichtlichen Überprüfung entstehen können, soweit als möglich auszuschließen und der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen vorzubeugen, die auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sie sich im Nachhinein als rechtswidrig erweisen (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>).

Art. 19 Abs. 4 GG garantiert jedoch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es vielmehr rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Einzelnen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (vgl. BVerfGE 65, 1 <70 f.>). Aus diesem Grund hat das Gericht regelmäßig eine Abwägung zwischen dem Interesse der öffentlichen Gewalt am Vollzug ihrer Entscheidungen und dem privaten Interesse des Betroffenen an einem Vollzugsaufschub bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren vorzunehmen (vgl. BVerfGE 51, 268 <286>; 53, 30 <67>).

Dabei ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn ein Verwaltungsgericht bei der Interessenabwägung maßgeblich auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache abstellt. Der summarische Charakter des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens folgt aus dem Wesen vorläufiger Rechtsschutzgewährung und steht mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht in Widerspruch (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammerdes Zweiten Senats vom 19. Oktober 1988 - 2 BvR 1147/88 -, [...]; Beschluss der 3. Kammerdes Zweiten Senats vom 17. Mai 2004 - 2 BvR 821/04 -, NJW 2004, S. 2297). Die Prüfung muss umso eingehender sein, als die angegriffene Maßnahme Unabänderliches bewirkt (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>). Der Verwaltungsgerichtshof hat vorliegend eine sehr eingehende Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache vorgenommen. Dies war hier geboten, weil die Entscheidung mit keinem Rechtsmittel mehr angreifbar ist, sondern der durch den Planfeststellungsbeschluss begünstigten Flughafengesellschaft die Möglichkeit zu dessen sofortigen Vollziehung gab, die nur schwer revidiert werden kann.

Allerdings war dem Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der Vorgaben aus Art. 19 Abs. 4 GG diese intensive und einige Zeit dauernde Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache deshalb möglich, weil die Begünstigte zugesagt hatte, mit dem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs abzuwarten. Damit war für die Zwischenzeit die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gesichert (anders als im Fall von BVerfG, Beschluss der 2. Kammerdes Ersten Senats vom 4. Juli 2001 - 1 BvR 165/01 -, NVwZ-RR 2001, S. 694).

Dagegen war der Verwaltungsgerichtshof nicht - wie die Beschwerdeführer meinen - wegen Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet, angesichts der Komplexität der angegriffenen Entscheidung von einer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Abstand zu nehmen und möglichst schnell allein aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden. Denn Art. 19 Abs. 4 GG enthält keinen Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen Genehmigungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dem Genehmigungsempfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die Frage der sofortigen Verwirklichung des Genehmigungstatbestandes geht (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 1. Oktober 1984 - 1 BvR 231/84 -, GewArch 1985, S. 16 f.). Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammerdes Ersten Senats vom 1. Oktober 2008 - 1 BvR 2466/08 -, [...] Rn. 18; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rn. 18 <Februar 1996>).

Eine solche Pflicht ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - noch nicht einmal aus dem einfachen Recht. Soweit sich die Beschwerdeführer zur Begründung ihrer diesbezüglichen Auffassung auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Eilverfahren betreffend den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld berufen, in der der Eilantrag der dortigen Antragsteller aufgrund einer reinen Interessenabwägung erfolgreich war, übersehen sie, dass dort der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen angesehen worden war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005 - BVerwG 5 VR 1005.04 -, NVwZ 2005, S. 689, ebenso: BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 9 VR 3.08). Im Eilverfahren betreffend den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle war dies anders. Dort hat das Bundesverwaltungsgericht wie hier auf die fehlende Erfolgsaussicht in der Hauptsache abgestellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2005 - BVerwG 4 VR 2000.05 -, NVwZ 2005, S. 940; zum Ganzen auch: Paetow, NVwZ 2007, S. 36 <39 f.>).

bb) Eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kann auch insoweit nicht festgestellt werden, als die Beschwerdeführer vorbringen, sie seien bei der Auswahl der Musterverfahren nach § 93a VwGO benachteiligt worden, weil die Beschwerdeführerin zu 1) noch im Juli 2008 als Musterklägerin ausgewählt gewesen sei, dann jedoch in der Vorauswahl der Verfügung vom 3. November 2008 nicht mehr enthalten gewesen sei. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Dezember 2008, die in diesen Umständen keinen Grund für die Besorgnis der Befangenheit sahen, sind nicht willkürlich.

Der in diesen Beschlüssen angewandte Maßstab ist verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht der im Hinblick auf das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG unbedenklichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht durch rechtliche Hinweise oder Anregungen begründet wird, wenn nicht ausnahmsweise unsachliche Erwägungen erkennbar sind, wobei es allerdings nicht auf die Richtigkeit der zugrundeliegenden Rechtsansicht ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. November 2001 - BVerwG 6 B 59.01 -, [...] Rn. 9).

Darüber hinaus ist auch die Anwendung dieser Grundsätze durch den Verwaltungsgerichtshof nicht als unvertretbar zu bezeichnen. Die mit der Verfügung vom 3. November 2008 getroffene Vorauswahl lässt keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, dass sich der 11. Senat dabei von unsachgemäßen Erwägungen hat leiten lassen. § 93a VwGO dient - im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig - der beschleunigten und konzentrierten Durchführung von Massenverfahren (vgl. BVerfGE 54, 39; Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 93a Rn. 3 bis 7, 35 <Januar 2000>; Paetow, NVwZ 2007, S. 36 <38 f.>). Auf diesen Zweck hat der Verwaltungsgerichtshof in der Verfügung vom 3. November 2008 Bezug genommen. Er hat jedoch zugleich darauf hingewiesen, dass es für ihn bei der Auswahl der Musterverfahren gemäß § 93a VwGO auch darauf ankommt, anhand der Musterverfahren möglichst viele der aufgeworfenen Rechtsfragen beantworten zu können.

cc) Soweit die Beschwerdeführer aus dem Schreiben der Flughafengesellschaft vom 13. November 2008 einen Ablehnungsgrund gegen die Richter des 11. Senats ableiten, ist eine willkürliche Entscheidung über diesen Ablehnungsgrund durch den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

Dabei ist der Verwaltungsgerichtshof von einem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden einfachrechtlichen Maßstab ausgegangen, der auch vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen von § 19 BVerfGG angewandt wird (vgl. BVerfGE 108, 122 <126>). So ging er davon aus, dass die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO das Vorliegen eines Grundes voraussetzt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit verlangt dagegen nicht, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (vgl. auch BVerwGE 50, 36 <38 f.>).

Auf der Grundlage dieses Maßstabs ist es nicht als willkürlich anzusehen, wenn in den angegriffenen Beschlüssen vom 22. Dezember 2008 entschieden wurde, dass vom Vorliegen der von den Beschwerdeführern behaupteten einseitigen Absprache nach allen Umständen nicht ausgegangen werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Berücksichtigung der im Laufe des Eilverfahrens vom 11. Senat gegebenen Hinweise und der bereits vor Anhängigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO abgegebenen Erklärung der Flughafengesellschaft gut vertretbar dargelegt, dass allen Beteiligten bekannt war oder dies hätte sein können, dass der 11. Senat über die Eilanträge zu dem im Schreiben der Flughafengesellschaft an das Regierungspräsidium Darmstadt vom 13. November 2008 genannten Zeitpunkt entscheiden werde. Dabei wurde in den angegriffenen Beschlüssen das Fehlen eines Befangenheitsgrundes auch insoweit vertretbar begründet, als dort ausgeführt wurde, dass sich der im genannten Schreiben angenommene Zeitraum der Entscheidungszustellung bereits aufgrund prozessualer Erfahrung ergebe und dass es sich bei dem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung um eine prozessuale Selbstverständlichkeit handele.

Des Weiteren kann die Würdigung der dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter sowie der eidesstattlichen Versicherungen der Herren V. und B. durch den Verwaltungsgerichtshof nicht als willkürlich angesehen werden. Es ist angesichts der allen Beteiligten bekannten Hinweise auf den Zeitplan durchaus vertretbar anzunehmen, dass - entgegen der Vermutung der Beschwerdeführer und dem unmittelbaren Wortlaut des Schreibens der Flughafengesellschaft vom 13. November 2008 - kein weiteres Telefonat zwischen einem Mitglied des 11. Senats und Vertretern der Flughafengesellschaft geführt worden sei. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem genannten Schreiben nicht um eine Äußerung des Gerichts, sondern der Flughafengesellschaft handelte, die damit vom Regierungspräsidium eine für sie möglichst günstige Entscheidung erwirken wollte.

dd) Schließlich greifen auch die übrigen von den Beschwerdeführern vorgebrachten Gründe, aus denen sich ihrer Ansicht nach eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergibt, nicht durch. Dies gilt unter anderem auch, soweit die Beschwerdeführer meinen, die Beschlüsse vom 22. Dezember 2008 und 12. Januar 2009 seien von Richtern gefasst worden, die unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmt worden seien. Weder bei den vom Verwaltungsgerichtshof herangezogenen Vertretungsregeln noch bei deren Anwendung kann ein verfassungsrechtlich relevanter Fehler gefunden werden.

2. Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG ist auch nicht feststellbar.

a) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsschutzgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen können, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 86, 133 <144>).

Damit gibt Art. 103 Abs. 1 GG den Beteiligten ein Recht zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage. In der Regel ist hierfür nur eine vorherige Anhörung sinnvoll. Eine Ausnahme gilt nur, wenn eine vorherige Anhörung den Zweck der Maßnahme vereitelte oder wenn die Entscheidung nach vorheriger Anhörung zu spät käme (vgl. BVerfGE 65, 227 <233 f.>; 83, 24 <35 f.>). Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht darüber hinaus, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen sie, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, die ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 86, 133 <145 f.>; stRspr). Die Gewährleistung des Art. 103 Abs. 1 GG beschränkt sich dabei nicht darauf, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern, sondern verbürgt dem Verfahrensbeteiligten auch das Recht, sich zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 86, 133 <144>).

b) Bei Anwendung dieser Vorgaben ist vorliegend keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG zu erkennen.

aa) Dies gilt insbesondere insoweit, als die hier angegriffenen Beschlüsse vom 22. Dezember 2008 erlassen wurden, ohne dass den Beschwerdeführern zuvor die Möglichkeit gegeben worden war, zum Vorbringen der Bevollmächtigten des Landes Hessen und der Flughafengesellschaft zu dem aus dem Schreiben vom 13. November 2008 abgeleiteten Befangenheitsgrund sowie zu den diesbezüglichen eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiter der Flughafengesellschaft Stellung zu nehmen. Zwar mag - wie der Verwaltungsgerichtshof meint - die vorherige Übermittlung der Stellungnahme des Gegners zu einem Ablehnungsersuchen nicht immer zwingend erforderlich sein, wenn es nur um die rechtliche Bewertung des Ablehnungsersuchens geht. Etwas anderes wird jedoch zu gelten haben, wenn ein Beteiligter zu dem der Ablehnung zugrundegelegten Sachverhalt Tatsachen vorträgt und Beweismittel vorlegt. Hier hätte der Verwaltungsgerichtshof vor seiner Entscheidung über das Ablehnungsgesuch den Beschwerdeführern wohl noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen.

Denn die Beschlüsse vom 22. Dezember 2008 beruhen nicht auf diesem Gehörsverstoß. Eine Entscheidung beruht nur dann auf einem Gehörsverstoß, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Anhörung zu einer für die Beteiligten günstigeren Lösung geführt hätte (vgl. BVerfGE 62, 392 <396> ; 89, 381 <392 f. >). Das kann hier nicht angenommen werden. Zwar hat es der Verwaltungsgerichtshof in den Anhörungsrügebeschlüssen vom 12. Januar 2009 unterlassen, auf den Vortrag der Beschwerdeführer in ihrer Anhörungsrüge zu den ihnen verspätet übermittelten Stellungnahmen der Flughafengesellschaft und des Landes Hessen ausdrücklich einzugehen und ihn als nicht entscheidungserheblich zurückzuweisen. Jedoch kann es angesichts seiner diesbezüglichen Ausführungen in den Gründen der Anhörungsrügebeschlüsse vom 14., 15. und 20. Januar 2009 in den parallel gelagerten Verfahren (11 C 322/08.T, 11 C 325/08.T, 11 C 326/08.T, 11 C 330/08.T, 11 C 334/98.T, 11 C 337/08.T, 11 C 476/08.T, 11 B 360/08.T, 11 B 361/08.T, 11 B 364/08.T, 11 B 357/08.T, 11 C 336/08.T, 11 B 358/08.T, 11 C 338/08.T, 11 C 490/08.T), in denen derselbe Sachverhalt zum Anlass für einen Befangenheitsantrag genommen worden war, als ausgeschlossen angesehen werden, dass bei einer vorherigen Anhörung der Beschwerdeführer anders über die Befangenheitsgesuche entschieden worden wäre. In diesen Parallelbeschlüssen hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten in ihrer Anhörungsrüge keine Anhaltspunkte oder Gründe vorgetragen, die entgegen den Erwägungen im Beschluss vom 22. Dezember 2008 zur Annahme einer "Absprache" zwischen der Flughafengesellschaft und dem Vorsitzenden Richter Dr. Z. führten. Bei den in der Anhörungsrüge vorgebrachten Erwägungen handele es sich vielmehr um eine Vertiefung des bisherigen Vorbringens.

bb) Die im Übrigen von den Beschwerdeführern vorgebrachten Gründe, aus denen sich ihrer Ansicht nach eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG ergibt, greifen ebenfalls nicht durch.

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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