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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 19.01.2001
Aktenzeichen: 1 BvR 1759/91
Rechtsgebiete: BVerfGG, GenG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 Abs. 1 Satz 1
BVerfGG § 92
BVerfGG § 90 Abs. 2 Satz 1
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
GenG § 55 Abs. 3
GenG § 55 Abs. 3 Satz 1
GenG § 54
GenG § 53 Abs. 1
GenG § 1 Abs. 1
GenG § 53 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1759/91 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

der V... e.G.

- Bevollmächtigter: Professor Dr. Hans-Wolfgang Arndt, Universität Mannheim, Schloß - Westflügel -, 68131 Mannheim -

1. unmittelbar gegen

a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 1991 - II ZR 29/91 -,

b) das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. November 1990 - 8 U 8/90 -,

c) das Urteil des Landgerichts Münster vom 20. Oktober 1989 - 4 O 379/89 -,

2. mittelbar gegen

§ 53 Abs. 1 Satz 1, § 54, § 55 Abs. 1 Satz 1,

§ 63 b Abs. 4 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzes (GenG)

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Kühling, die Richterin Jaeger und den Richter Hömig gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 19. Januar 2001 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

A.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft von Genossenschaften in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden.

I.

1. Gemäß § 54 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) müssen eingetragene Genossenschaften einem Verband angehören, dem das Prüfungsrecht verliehen wurde. Ist eine Genossenschaft nicht zum Beitritt bei einem Prüfungsverband zugelassen, so hat das Gericht ihre Eintragung in das Genossenschaftsregister abzulehnen (§ 11 Abs. 2 Nr. 3, § 11 a Abs. 1 GenG). Scheidet eine Genossenschaft aus einem Prüfungsverband aus und weist sie nach Fristsetzung keine neue Mitgliedschaft nach, so ist sie aufzulösen (§ 54 a Abs. 2 Satz 1 GenG). Bei den Prüfungsverbänden handelt es sich regelmäßig um eingetragene Vereine, denen durch die zuständigen Landes- oder Bundesbehörden das Prüfungsrecht verliehen wurde und die staatlicher Aufsicht unterliegen. Die Prüfungsverbände haben zur "Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung" Einrichtungen, Vermögenslage und Geschäftsführung der Genossenschaft regelmäßig zu prüfen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GenG). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann sich der Prüfungsverband im Einzelfall eines nicht von ihm angestellten Prüfers bedienen (§ 55 Abs. 3 GenG).

Neben der Durchführung der Prüfungen können die Prüfungsverbände die gemeinsame Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, insbesondere die Unterhaltung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen, zum Zweck haben (§ 63 b Abs. 4 Satz 1 GenG - so genannte Kann-Aufgaben). Von dieser Möglichkeit machen die Prüfungsverbände Gebrauch.

2. Die Beschwerdeführerin ist eine Genossenschaftsbank mit mehreren tausend Mitgliedern und einer Bilanzsumme von über 200 Mio. DM (Stand 1994). Sie gehört dem Westfälischen Genossenschaftsverband e.V. (WGV) als zuständigem Prüfungsverband an. Im Zusammenhang mit dieser Mitgliedschaft kam es zu mehreren gerichtlichen Verfahren. Für das Wirtschaftsjahr 1985 übertrug der WGV die Prüfung gemäß § 55 Abs. 3 GenG auf eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Diese Prüfung führte zu erheblichen Beanstandungen der Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin. Eine daraufhin durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen angeordnete Sonderprüfung durch eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergab dagegen keine Beanstandungen.

Im Folgenden weigerte sich die Beschwerdeführerin, die jährlich durchzuführenden Prüfungen durch den WGV vornehmen zu lassen. Stattdessen strebte sie eine Überprüfung durch eine von ihr selbst benannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an. Dies begründete die Beschwerdeführerin mit einer Befangenheit des WGV, aber auch mit verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Pflichtmitgliedschaft. Eine entsprechende Klage der Beschwerdeführerin blieb in allen Instanzen erfolglos: Zwar könne die Genossenschaft ihren Prüfer im Gegensatz zu den Handelsgesellschaften nicht frei wählen. Diese Unterscheidung sei jedoch sachlich begründet, da sich die genossenschaftsrechtliche Prüfung im Gegensatz zum handelsrechtlichen Prüfungsverfahren nicht auf die Nachrechnung der Bilanzen beschränke, sondern die "wirtschaftlichen Verhältnisse" und die "Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung" umfasse. Daraus ergebe sich eine am Unternehmenszweck orientierte, sowohl unterstützende wie auch betreuende Förderfunktion der Verbandsprüfung. Dem entsprächen die im Rahmen der Prüfungsverfolgung vorgeschriebenen Informations- und Mitwirkungspflichten der Genossenschaft gegenüber dem Prüfungsverband. Die verpflichtend durch einen Prüfungsverband vorzunehmende Prüfung rechtfertige sich durch die größere Sachkenntnis und Sachnähe eines verbandsverbundenen gegenüber einem frei gewählten, verbandsexternen Prüfer. Der historisch gewachsene Zweck der Betreuungsprüfung lasse sich durch eine verbandsexterne Prüfung nicht mit gleicher Sicherheit erreichen. Aus diesen Gründen bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Pflichtmitgliedschaft.

Auch im konkreten Einzelfall bestehe kein Anspruch auf Einsetzung eines verbandsexternen Prüfers. Zwar falle die Besorgnis der Befangenheit unter den Begriff des wichtigen Grundes in § 55 Abs. 3 Satz 1 GenG, und die Genossenschaft habe das Recht, einen Prüfer oder einen Prüfungsverband abzulehnen, wenn diese Besorgnis bestehe. Insoweit genügten aber nicht schon "Spannungen" zwischen dem Prüfungsverband und der zu prüfenden Genossenschaft, die sich nahezu zwangsläufig bei der umfassenden Prüfung und der Prüfungsverfolgung ergeben könnten. Eine Besorgnis der Befangenheit sei vielmehr erst dann anzunehmen, wenn ein pflichtwidriges beziehungsweise rechtswidriges Verhalten des Prüfungsverbandes im Rahmen der Prüfung zu besorgen sei. An diesem Maßstab gemessen, liege eine Besorgnis der Befangenheit im konkreten Fall nicht vor.

II.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG jeweils in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die Pflichtmitgliedschaft sei am Maßstab der Vereinigungsfreiheit, hier in Form der negativen Vereinigungsfreiheit, zu messen. § 54 GenG greife in diese ein, da die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband dadurch erzwungen werde, dass die Genossenschaft ohne diese Pflichtmitgliedschaft ihre Rechtsfähigkeit nicht gewinnen beziehungsweise erhalten könne. Faktisch bestehe entgegen der gesetzlichen Regelung auch nicht die Möglichkeit eines Verbandswechsels, da die Prüfungsverbände in der Regel regional so abgegrenzt seien, dass einer Genossenschaft keine Wahl bleibe, welchem Prüfungsverband sie zugehören wolle.

Dieser Eingriff überschreite den Rahmen einer verhältnismäßigen Schrankenregelung; die gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit (Prägekraft) des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung entsprechender Rechtstypen könne nicht weiter reichen, als es diese Schranken zuließen. Die Pflichtmitgliedschaft in Prüfungsverbänden sei zum Schutz der Genossen und Gläubiger und im Interesse eines funktionierenden Kreditwesens nicht erforderlich. Dies zeige sich schon daran, dass im nicht-genossenschaftlichen Kreditwesen lediglich allgemein eine Prüfung vorgeschrieben sei. Besonderheiten des Genossenschaftswesens könnten die Pflichtmitgliedschaft heute nicht mehr rechtfertigen. Vor allem aber spreche die Möglichkeit von Konflikten zwischen Verband und Genossenschaft in Fragen, die mit der Prüfung nichts zu tun haben, sich aber zwangsläufig auf diese auswirken, gegen die Pflichtmitgliedschaft in einem Verband, der Prüfer, Berater und Interessenvertreter zugleich sei. Die Vorteile besserer Vertrautheit mit der Materie könnten diese Nachteile nicht überwiegen. Jedenfalls in der Kombination von Prüfung, Beratung und Interessenwahrnehmung durch einen Zwangsverband ergebe sich ein Verstoß gegen das Übermaßverbot. In der Monopolstellung der Prüfungsverbände liege darüber hinaus ein nicht erforderlicher und unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Genossenschaft und gleichzeitig eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen Kreditinstituten. Eine Prüfung könne zumindest ebenso effektiv, wenn nicht sogar professioneller durch frei gewählte Wirtschaftsprüfer erfolgen.

Verfassungsrechtlich bedenklich sei auch der im Vergleich zu nicht-genossenschaftlichen Kreditinstituten erweiterte Umfang der Pflichtprüfung (§ 53 Abs. 1 GenG). Dieser widerspreche mangels Erforderlichkeit Art. 12 Abs. 1 GG und auch Art. 3 Abs. 1 GG. Die historischen Erfahrungen, die zu einer erweiterten Prüfung geführt hätten, seien jedenfalls hinsichtlich der Kreditgenossenschaften nicht mehr aktuell. Bei diesen handele es sich vielmehr um finanzstarke und professionell geführte Bankunternehmen, die am Markt wie beliebige andere Kreditinstitute aufträten. Schon die Regelungen des Kreditwesengesetzes stellten eine qualifizierte Leitung und eine ausreichende Kontrolle sicher.

III.

Zur Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Justiz, die Deutsche Bundesbank und das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, der Westfälische Genossenschaftsverband e.V., der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft e.V. und der Revisionsverband deutscher Konsumgenossenschaften e.V. (jetzt: Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e.V.) Stellung genommen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist mangels Vorliegens der Annahmevoraussetzungen (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG) nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung; ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte angezeigt, da sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

I.

Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die mit der Verfassungsbeschwerde im Kern aufgeworfene Frage der Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden mit dem Grundgesetz lässt sich anhand der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insbesondere BVerfGE 50, 290 ff.) beantworten. Um den Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 1 GG gegenüber einer Pflichtmitgliedschaft in öffentlich-rechtlichen Verbänden geht es hier nicht.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig soweit sie sich gegen das Urteil des Landgerichts Münster wendet und soweit sie die Regelungen des Genossenschaftsgesetzes über den erweiterten Umfang der genossenschaftlichen Pflichtprüfung angreift.

a) Die Beschwerdeführerin hat es versäumt, ihre Verfassungsbeschwerde innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG hinreichend zu begründen (§§ 23, 92 BVerfGG), soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landgerichts Münster wendet. Gemäß § 92 BVerfGG sind in der Verfassungsbeschwerde das Recht, das verletzt sein soll und die Handlung anzugeben, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt. Bei Verfassungsbeschwerden gegen Gerichtsentscheidungen sind diese entweder vorzulegen oder in einer Weise wiederzugeben, die eine Beurteilung erlaubt, ob sie mit dem Grundgesetz in Einklang stehen oder nicht (vgl. BVerfGE 88, 40 <44 f.>; 93, 266 <288>). Diese Anforderungen an die Substantiierung müssen innerhalb der Einlegungsfrist erfüllt sein. Dies ist hinsichtlich der erstinstanzlichen Entscheidung nicht geschehen. Die Beschwerdeführerin hat die entscheidenden Passagen der Entscheidung auch nicht so wiedergegeben, dass eine verfassungsrechtliche Beurteilung ohne deren Vorlage möglich gewesen wäre.

b) Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf den in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin erstmals im Jahre 1997 die Verfassungswidrigkeit des im Vergleich zu anderen Kreditinstituten erweiterten Umfangs der Pflichtprüfung von Kreditgenossenschaften (§ 53 Abs. 1 GenG) geltend gemacht hat.

Der Grundsatz der Subsidiarität gebietet, im Ausgangsverfahren alle prozessualen Möglichkeiten auszuschöpfen, um es erst gar nicht zu dem behaupteten Verfassungsverstoß kommen zu lassen oder die geschehene Grundrechtsverletzung zu beseitigen (vgl. BVerfGE 81, 97 <102 f.> m.w.N.; stRspr). Diesen Anforderungen ist die Beschwerdeführerin nicht gerecht geworden, da sie die Frage des Umfangs der Prüfpflicht während des gesamten Verfahrens vor den Fachgerichten nicht thematisiert hat. Infolgedessen haben sich die Gerichte im Ausgangsverfahren mit dieser Frage nicht auseinander gesetzt. Damit hat die Beschwerdeführerin insoweit ihre Chancen auf Abhilfe durch die Fachgerichte, etwa im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften, nicht hinreichend wahrgenommen. Außerdem wird dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit entzogen, die Anschauung der Fachgerichte zu dieser Frage kennen zu lernen und auf gesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage zu entscheiden. Unter diesen Umständen scheidet die erstmalige Geltendmachung einer solchen Rüge im Verfassungsbeschwerdeverfahren aus.

c) Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig. Die gerügten Grundrechte sind ihrem Wesen nach grundsätzlich auf juristische Personen anwendbar, so dass die Beschwerdeführerin beschwerdebefugt ist (vgl. BVerfGE 10, 89 <99> für Art. 2 Abs. 1 GG; BVerfGE 3, 383 <390> für Art. 3 Abs. 1 GG; BVerfGE 13, 174 <175> für Art. 9 Abs. 1 GG; BVerfGE 21, 261 <266> für Art. 12 Abs. 1 GG; BVerfGE 4, 7 <17> für Art. 14 Abs. 1 GG).

2. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie unbegründet. Weder verstoßen die von der Beschwerdeführerin mittelbar angegriffenen Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes gegen Grundrechte, noch haben die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts die Bedeutung und Tragweite der geltend gemachten Grundrechte verkannt.

a) Die Pflichtmitgliedschaft der Beschwerdeführerin in einem Prüfungsverband ist mit deren Grundrechten vereinbar.

Ob die Beschwerdeführerin durch die angegriffenen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes in ihrer negativen Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) berührt wird, ist fraglich. Bildete der Zugang zur Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft und deren Mitgliedschaft im Prüfungsverband eine funktionale Einheit (Rechtsformvoraussetzung), so käme der eingetragenen Genossenschaft eine vom Prüfungsverband unabhängige Stellung nicht zu. Sie könnte sich daher hinsichtlich dieser Mitgliedschaft nicht auf Art. 9 Abs. 1 GG berufen. Dem braucht jedoch nicht nachgegangen zu werden, weil die Pflichtmitgliedschaft der Beschwerdeführerin im Prüfungsverband selbst dann verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass sie durch die angegriffenen Entscheidungen in ihrem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 1 GG berührt wird.

aa) Nach Art. 9 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Die Vereinigungsfreiheit vermittelt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur das Recht, sich mit anderen zu jedem verfassungsmäßig erlaubten Zweck zusammenzuschließen und solchen Vereinigungen beizutreten. Neben diesem positiven Gehalt wird auch das Recht geschützt, aus privatrechtlichen Vereinigungen auszutreten oder diesen von vorneherein fernzubleiben (stRspr, vgl. BVerfGE 10, 89 <102>; 38, 281 <298>; 50, 290 <354>; 85, 360 <370>).

Art. 9 Abs. 1 GG schützt die Vereinigungsfreiheit allerdings nicht schrankenlos, und die Gewährung der Vereinigungsfreiheit kann nicht bedeuten, dass jede staatliche Regelung der Organisation und Willensbildung von Vereinigungen ausgeschlossen ist. Vereinigungsfreiheit ist in mehr oder minder großem Umfang auf Regelungen angewiesen, welche die freien Zusammenschlüsse und ihr Leben in die allgemeine Rechtsordnung einfügen, die Sicherheit des Rechtsverkehrs gewährleisten, Rechte der Mitglieder sichern und den schutzbedürftigen Belangen Dritter oder auch öffentlichen Interessen Rechnung tragen. Demgemäß ist mit der verfassungsrechtlichen Garantie der Vereinigungsfreiheit seit jeher die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ausgestaltung dieser Freiheit verbunden, ohne die sie praktische Wirksamkeit nicht entfalten könnte. Dieses Ausgestaltungserfordernis gehört einschließlich der Bindungen, denen der ausgestaltende Gesetzgeber unterliegt, zum Inhalt des Art. 9 Abs. 1 GG.

Bei der Ausgestaltung des Art. 9 Abs. 1 GG ist der Gesetzgeber nicht an die überkommenen Rechtsformen und Normenkomplexe des Vereins- und Gesellschaftsrechts gebunden. Bestehende Ausgestaltungen haben keinen Verfassungsrang. Auf der anderen Seite darf der Gesetzgeber die Ausgestaltung nicht nach seinem Belieben vornehmen. Diese hat sich vielmehr an dem Schutzgut des Art. 9 Abs. 1 GG zu orientieren; sie muss auf einen Ausgleich gerichtet sein, der geeignet ist, freie Assoziation und Selbstbestimmung der Vereinigungen unter Berücksichtigung der Notwendigkeit eines geordneten Vereinslebens und der schutzbedürftigen sonstigen Belange zu ermöglichen und zu erhalten. Der Gesetzgeber hat daher eine hinreichende Vielfalt von Rechtsformen zur Verfügung zu stellen, die den verschiedenen Typen von Vereinigungen angemessen sind und deren Wahl deshalb zumutbar ist. Er hat die Grundlagen für das Leben in diesen Rechtsformen so zu gestalten, dass seine Regelung die Funktionsfähigkeit der Vereinigungen, im Besonderen ihrer Organe, gewährleistet. Was darüber hinaus ausgestaltender gesetzlicher Regelung zugänglich und bedürftig ist, lässt sich nicht abschließend und generell festlegen. Insofern sind für den Umfang und die Dichte einer erforderlichen Regelung der jeweilige Sachbereich sowie die Ordnungs- und Schutznotwendigkeiten maßgebend, die sich aus ihm ergeben; in jedem Fall muss jedoch das Prinzip freier Assoziation und Selbstbestimmung grundsätzlich gewahrt bleiben (vgl. BVerfGE 50, 290 <354 f.>). Die Notwendigkeit und Möglichkeit der gesetzgeberischen Ausgestaltung im Rahmen der von der Verfassung gebotenen Grenzen bleibt dabei nicht auf den Bereich der positiven Vereinigungsfreiheit beschränkt, sondern schließt im Rahmen der Ausgestaltung einer Rechtsform notwendigerweise die Möglichkeit der Schaffung von Regelungen ein, die die negative Vereinigungsfreiheit berühren.

bb) Die Pflichtmitgliedschaft in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden ist eine aus sachlichen Gründen erforderliche Ausgestaltung des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit, die einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem Recht auf freie Assoziation und den schutzbedürftigen Rechten Dritter schafft.

(1) Das genossenschaftliche Prüfungssystem in seiner Gesamtheit soll die ordnungsgemäße Geschäftsführung der Genossenschaften und die Transparenz ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse sicherstellen. Die gesetzlichen Regelungen dienen dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder, der Gläubiger und der Allgemeinheit.

Einerseits soll die Position der Genossenschaftsmitglieder im Innenverhältnis zur Genossenschaft gesichert und gestärkt werden. Im Rahmen der Geschäftsführungsprüfung wird unter anderem die Erfüllung des zugunsten der Mitglieder bestehenden Förderzwecks gemäß § 1 Abs. 1 GenG kontrolliert. Gleichzeitig werden der ordnungsgemäße wirtschaftliche Umgang mit den von den Genossen gehaltenen Geschäftsanteilen überprüft und die Genossen damit vor den wirtschaftlichen Folgen des Eintritts einer möglichen Nachschuss- oder Haftungspflicht (§§ 22 a, 23 GenG) geschützt. Die der eigentlichen Prüfung nachgeordnete so genannte Prüfungsverfolgung soll sicherstellen, dass bei der Prüfung festgestellte Mängel auch tatsächlich beseitigt werden. Auf der anderen Seite sollen die Gläubiger der Genossenschaft vor Schaden bewahrt werden. Während der Gesetzgeber dieses Ziel bei Kapitalgesellschaften durch eine obligatorische Mindestkapitalisierung oder bei Personengesellschaften durch eine obligatorische persönliche Haftung der Gesellschafter verfolgt, hat er für die Genossenschaft auf beide Sicherungsmittel verzichtet. Stattdessen soll das Prüfungssystem die Sicherheit gewähren, dass eine Genossenschaft von vorneherein nicht insolvent wird. Gleichzeitig dient dieses Prüfungssystem damit auch dem Zweck, die Rechtsform der Genossenschaft als Mittel zur Selbstverwaltung und Selbstorganisation tendenziell wirtschaftlich Schwacher aufrechtzuerhalten und die Voraussetzungen zu schaffen, dass diese Rechtsform im Wirtschaftsleben bestehen kann. Zum Dritten bezweckt die vergleichsweise engmaschige Kontrolle angesichts der nicht unerheblichen Bedeutung der Genossenschaften im Wirtschaftsleben auch den Schutz der Allgemeinheit und der Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems.

Diese Zwecke lassen sich insgesamt dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) und dem Schutz der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) zuordnen. Durch sie soll eine selbstbestimmte, vergleichsweise risikolose Teilhabe breiter Bevölkerungskreise am Wirtschaftsleben sichergestellt werden, um gleichzeitig dem Ziel einer gerechten Sozialordnung ein Stück näher zu kommen (vgl. BVerfGE 94, 241 <263> m.w.N.).

(2) Die Pflichtmitgliedschaft ist grundsätzlich zur Erfüllung ihrer Schutzzwecke geeignet. Geeignet ist jedes Mittel, mit dessen Hilfe der angestrebte Zweck gefördert werden kann; eine Zweckerreichung in jedem Einzelfall ist nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 30, 292 <316>; 67, 157 <175>). Für die Eignung spricht schon der - auch von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene - Umstand, dass Genossenschaften zu den insolvenzsichersten Rechtsformen gehören. Hinzu kommt die nicht zu unterschätzende Wirkung eines engmaschigen Kontrollsystems auf die generelle Geschäftspolitik der Genossenschaften. Eine enge Einbindung in die Prüfungsverbände kann dazu führen, dass die Geschäftspolitik der Vorstände von vorneherein eher vorsichtig ausgerichtet ist, um bei der Prüfung und einer möglichen Prüfungsverfolgung nicht aufzufallen. Dies gilt insbesondere, da die Prüfungsverbände aufgrund ihrer Rechte gegenüber der Generalversammlung (§ 59 Abs. 3, § 60 GenG) Fehler und Kritik von sich aus genossenschaftsintern publik machen können.

(3) Die Pflichtmitgliedschaft, verbunden mit der weit gehenden Monopolisierung des genossenschaftlichen Prüfungsrechts bei den Prüfungsverbänden, ist zur Erreichung der aufgeführten Zwecke und zum Ausgleich struktureller Defizite der Rechtsform Genossenschaft erforderlich. Erforderlich ist eine Regelung, wenn ihr Zweck nicht auch durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, das das betroffene Grundrecht nicht oder jedenfalls weniger fühlbar einschränkt (vgl. BVerfGE 67, 157 <176>; 68, 193 <218 f.>).

Als milderes Mittel wäre hier - bei gleichem Prüfungsumfang - die freie Wahl eines verbandsangehörigen oder verbandsexternen Prüfers durch die Genossenschaften in Betracht zu ziehen. Bei Freigabe der Prüferwahl könnten aber nicht alle mit der Verbandsprüfung erstrebten Zwecke gleich wirksam erreicht werden. Dabei soll zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt werden, dass auch verbandsexterne Wirtschaftsprüfer von ihrer Qualifikation her geeignet sind, die Prüfung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GenG durchzuführen. Allerdings bestehen so erhebliche Unterschiede zwischen der Rechtsform Genossenschaft und der Struktur anderer wirtschaftlicher Vereinigungen, dass der Gesetzgeber das streitgegenständliche Prüfungssystem in seiner Gesamtheit als weiterhin erforderlich ansehen durfte. Die inhaltliche Ausgestaltung einer Rechtsform durch den Gesetzgeber ist zwangsläufig mit einer Prognoseentscheidung über Wirkungsweise und Effektivität der getroffenen Regelung verbunden. Der Gesetzgeber wird daher vernünftigerweise auf bisherige Regelungen zurückgreifen, wenn sich diese in der Vergangenheit bewährt haben. Die Gesellschaftsform der eingetragenen Genossenschaft zeichnet sich durch eine besondere Zielsetzung aus, nämlich die Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft ihrer Mitglieder (§ 1 Abs. 1 GenG). Zwar werden die Genossenschaften inzwischen in nicht unerheblichem Umfang am freien Markt tätig; die Grundorientierung am Förderzweck unterscheidet sie aber weiterhin von vergleichbaren Kapitalgesellschaften. Gleichzeitig hat diese Rechtsform von ihrer Struktur her bestimmte Defizite, die des Ausgleichs im Rahmen der Ausgestaltung bedürfen. In der Binnenstruktur der Genossenschaft ist dabei die starke Stellung des Vorstandes im Verhältnis zu den Genossenschaftsmitgliedern zu nennen, wobei gleichzeitig der Grundsatz der Selbstorganschaft (§ 9 Abs. 2 GenG) zu einer mangelnden Qualifikation der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder führen und damit eventuell auftretende Probleme verstärken kann. Mangels praktischer Handelbarkeit der Geschäftsanteile erfolgt auch kein Ausgleich durch eine entsprechende Kapitalmarktkontrolle. Gerade wenn die Genossenschaft wirtschaftlich auch im Verhältnis zu Nichtmitgliedern tätig wird, bedarf deshalb die Sicherstellung des Förderzwecks einer spezifischen Kontrolle. Aber auch im Außenverhältnis bestehen typische Nachteile der Rechtsform; so kann sie eher als haftungsschwach angesehen werden. Es fehlt ein bestimmtes Mindestdeckungskapital, und die Nachschusspflicht in der Insolvenz kann vollständig ausgeschlossen werden. Damit müssen starke und engmaschige Außensicherungsmechanismen als Ausgleich vorgesehen sein, um den Gläubigerschutz sicherzustellen und der Gesellschaftsform das notwendige Vertrauen am Markt zu verschaffen.

Zur Erhaltung dieses engmaschigen und auf Dauer angelegten Prüfungssystems durfte der Gesetzgeber die Pflichtmitgliedschaft als das geeignete und erforderliche Instrument ansehen. Durch diese wird eine Eingliederung der Genossenschaft in die Verbandsstruktur erreicht und damit die Möglichkeit einer fruchtbaren Wechselbeziehung zwischen ihr und dem Prüfungsverband geschaffen. Durch die Mitgliedschaft anderer Genossenschaften in den gebietsmäßig oder sektoral aufgegliederten Prüfungsverbänden wird gleichzeitig sichergestellt, dass diese einen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung verschiedener Genossenschaften in einer bestimmten gesamtwirtschaftlichen Rahmenlage haben. Damit wird den Prüfungsverbänden die Möglichkeit des Vergleichs im Rahmen der Gesellschaftsform eröffnet, was den Blick für bestimmte, über das einzelne genossenschaftliche Unternehmen hinausgehende Entwicklungen und deren Gefahren schärft. Freie Wirtschaftsprüfer sind hingegen eher auf eine punktuelle Geschäftsbeziehung im Rahmen der Prüfungsbeziehungen angelegt. Damit fehlen ihnen aber auch die Voraussetzungen, um im Rahmen einer dauerhaften Begleitung die Gesetzeszwecke der Prüfung gleich effektiv sicherzustellen.

Zwar können sich aus der Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband Konflikte ergeben, die sich auf die Prüfung auswirken und die im Verhältnis zu einem frei gewählten Wirtschaftsprüfer nicht auftreten. Dieser Nachteil wird jedoch durch die größere institutionelle Unabhängigkeit der Prüfungsverbände aufgewogen. Im Gegensatz zu den freien Prüfern sind die Zwangsverbände wirtschaftlich in geringerem Umfang auf die einzelne Genossenschaft angewiesen, da sie durch die Pflicht zur Mitgliedschaft eine breite finanzielle Basis besitzen. Außerdem besteht für die Genossenschaften keine oder nur eine geringe Chance, unbequemen Prüfern beziehungsweise einem unbequemen Verband auszuweichen. Dies gilt gerade dann, wenn man mit der Beschwerdeführerin annimmt, dass ein Prüfungsverbandswechsel faktisch ausgeschlossen oder jedenfalls stark erschwert ist. Die Verbände sind damit unempfindlicher gegen den möglichen Versuch größerer Genossenschaften, durch die Androhung eines Verbandsaustrittes Druck auszuüben. Gegen diese Annahme kann nicht eingewandt werden, dass der Gesetzgeber selbst in § 55 Abs. 3 GenG freie Wirtschaftsprüfer als geeignet zur Prüfung angesehen hat. Träger der Prüfung bleibt nämlich auch in diesen Fällen weiterhin der Verband. Die Vorteile der Einbindung der Genossenschaft und der Dauerhaftigkeit des Prüfungsverhältnisses bleiben daher auch dann aufrechterhalten, wenn die eigentliche Prüfung durch einen externen Prüfer durchgeführt wird.

Die Gründe für eine Zwangsmitgliedschaft mögen zwar bei größeren Genossenschaften und bei Kreditgenossenschaften aufgrund deren wirtschaftlicher Stärke und anderweitiger gesetzlicher Regelungen (z.B. im Gesetz über das Kreditwesen) nicht in jedem Einzelfall durchschlagen. Die angegriffenen Vorschriften gelten jedoch einheitlich für alle Genossenschaften, und die Gesamtstruktur des Genossenschaftswesens ist weiterhin durch eine erhebliche Anzahl kleiner Genossenschaften aus den verschiedensten Geschäftsbereichen geprägt. Von dieser typischen Struktur des Genossenschaftswesens durfte der Gesetzgeber ausgehen. Er war nicht verpflichtet, nach der Größe der Genossenschaften oder deren Tätigkeit in einem bestimmten Geschäftszweig zu unterscheiden. Eine solche Unterscheidung hinsichtlich des Geschäftszweigs wäre schon deshalb kaum sinnvoll, weil zum Beispiel keineswegs alle Kreditgenossenschaften als besonders wirtschaftsmächtig einzustufen sind. Zudem könnte eine solche Unterscheidung dazu führen, dass größere, finanzstarke Genossenschaften aus den Prüfungsverbänden ausscheiden und damit deren finanzielle und organisatorische Basis in Gefahr gerät. Damit wäre gleichzeitig der Bestand des im Bereich der kleinen Genossenschaften zwingend erforderlichen Prüfungswesens grundlegend gefährdet, und der dem Genossenschaftsgedanken jedenfalls nicht ferne Gedanke der Binnensolidarität unter den Genossenschaften könnte nicht zum Tragen kommen.

(4) Die durch die Pflichtmitgliedschaft auftretende Belastung erscheint insgesamt zumutbar; dies gilt auch für größere Genossenschaften und Kreditgenossenschaften. Allerdings wird den Genossenschaften durch die Pflichtmitgliedschaft und dem damit zwangsläufig verbundenen Einfluss des Prüfungsverbandes ein gewisses Maß an Fremdbestimmung zugemutet. Das ist aber hinzunehmen, da es sich um eine Regelung im Interesse schutzwürdiger Belange handelt (vgl. BVerfGE 50, 290 <359 ff.>). Die Freiheit der Selbstbestimmung der Genossenschaft, das heißt ihr Recht, eigene Angelegenheiten ohne Einfluss von außen zu regeln, wird davon auch nur punktuell berührt. Durch die gleichzeitig bestehenden Mitgliedschaftsrechte im Prüfungsverband wird das Maß der Fremdbestimmung darüber hinaus abgemildert und die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Verbandspolitik eröffnet. Damit orientiert sich das Prüfungssystem zumindest auch am genossenschaftlichen Selbstverwaltungsgedanken. Soweit ein Versuch der Einflussnahme des Prüfungsverbandes im Rahmen der Prüfung auf unsachlichen Motiven beruht, sind Mechanismen vorgesehen, einen solchen Einfluss abzuwehren (§ 55 Abs. 2 und 3, § 56 Abs. 1 GenG). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mitgliedschaft zu einer finanziell nicht erträglichen Belastung führt; hierauf beruft sich auch die Beschwerdeführerin nicht. Gleichzeitig steht den Belastungen der nicht unerhebliche Vorteil gegenüber, dass den Genossenschaften durch dieses engmaschigere Überprüfungssystem ein besonderes Vertrauen im Rechtsverkehr entgegengebracht wird.

Die von der Beschwerdeführerin hervorgehobene Problematik, dass eine besondere Belastung in der Verpflichtung zur Finanzierung von und Teilhabe an Verbandsaktivitäten liege, die über die Pflichtprüfung hinausgingen (so genannte Kann-Aufgaben gemäß § 63 b Abs. 4 Satz 1 GenG), ist durch die von der Beschwerdeführerin erstrittene Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10. Juli 1995 (BGHZ 130, 243 ff.) gegenstandslos geworden. Aufgrund dieser Rechtsprechung müssen die Prüfungsverbände die Möglichkeit einer auf die Pflichtaufgaben beschränkten Mitgliedschaft schaffen.

b) Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Von einer weiteren Begründung hierzu wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

c) Die Gerichte haben in den angegriffenen Entscheidungen bei Auslegung und Anwendung des Begriffs des wichtigen Grundes gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 GenG Bedeutung und Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführerin nicht verkannt. Das Oberlandesgericht geht davon aus, dass die begründete Besorgnis der Befangenheit einen wichtigen Grund im Sinne des § 55 Abs. 3 Satz 1 GenG darstellt und zum Recht der Genossenschaft führen könne, einen Prüfungsverband abzulehnen. Es nimmt dann anhand des Sinn und Zwecks der Regelung, der Systematik des genossenschaftlichen Prüfungssystems und anhand eines Vergleichs zu Vorschriften des Handelsgesetzbuchs eine Bestimmung vor, welches Maß an "Spannungen" oder Verhalten des Prüfungsverbandes abstrakt erreicht sein muss, um eine Ablehnung zu rechtfertigen. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen gegen diese Rechtsgrundsätze keine Bedenken. Das Gericht schafft vielmehr einen vernünftigen und am Gesetzeszweck orientierten Ausgleich zwischen dem Recht der Genossenschaft, nicht einer Prüfung durch einen möglicherweise befangenen Prüfer beziehungsweise Prüfungsverband zu unterliegen, und dem Allgemeininteresse daran, dass unliebsame Prüfer nicht ohne konkrete Gründe von der Prüfung fern gehalten werden können. Auch die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Oberlandesgericht bewertet in einer ausführlichen Prüfung jeden einzelnen von der Beschwerdeführerin genannten Umstand und nimmt eine vertretbare abschließende Gesamtbewertung vor.

Anhaltspunkte für eine Bewertung der angegriffenen Entscheidungen als willkürlich (vgl. BVerfGE 87, 273 <279>) sind nicht ersichtlich.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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