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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 16.03.2004
Aktenzeichen: 1 BvR 1778/01 (2)
Rechtsgebiete: HundVerbrEinfG


Vorschriften:

HundVerbrEinfG § 2 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 1778/01 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 (BGBl I S. 530) in Verbindung mit § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 (BGBl I S. 838)

hier: Antrag auf Auslagenerstattung

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung des Präsidenten Papier, der Richterinnen Jaeger, Haas, der Richter Hömig, Steiner, der Richterin Hohmann-Dennhardt und der Richter Hoffmann-Riem, Bryde am 16. März 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag, den Beschwerdeführern die im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten, wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die antragstellenden Beschwerdeführer hatten gemeinsam mit den Beschwerdeführern, über deren Begehren das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil 1 BvR 1778/01 von heute entschieden hat, unmittelbar gegen das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 (BGBl I S. 530) Verfassungsbeschwerde erhoben und geltend gemacht, sie würden durch § 2 Abs. 1 Satz 2 des als Art. 1 dieses Gesetzes beschlossenen Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes (HundVerbrEinfG) in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Das Verbot, Hunde von Rassen, für die nach den Vorschriften des Landes, in dem der Hund ständig gehalten werden soll, eine Gefährlichkeit vermutet wird, aus dem Ausland in dieses Land einzuführen oder zu verbringen, sei mit diesen Grundrechten nicht vereinbar.

Nach Einlegung der Verfassungsbeschwerde ist die Hunde-verbringungs- und -einfuhrverordnung (HundVerbrEinfVO) vom 3. April 2002 (BGBl I S. 1248) ergangen, nach deren § 2 Abs. 4 gefährliche Hunde im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG zum Zweck des ständigen Haltens in das Inland verbracht oder eingeführt werden dürfen, wenn die Begleitperson nachweist, dass die Hunde berechtigt in einem Land gehalten werden dürfen. Außerdem sind die Vorschriften des Landesrechts, auf die § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG Bezug nimmt, während des Verfassungsbeschwerdeverfahrens teilweise geändert worden.

Im Hinblick auf diese Rechtsänderungen haben die Beschwerdeführer, auf die sich der vorliegende Beschluss bezieht, die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, ihnen die im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Bundesrepublik Deutschland hatte Gelegenheit, zu dem Antrag Stellung zu nehmen.

II.

Den antragstellenden Beschwerdeführern sind die notwendigen Auslagen nicht zu erstatten.

1. Über die Auslagenerstattung ist, nachdem die Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde für sich für erledigt erklärt haben, gemäß § 34 a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Dabei kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt oder hilft sie der Beschwer auf andere Weise ab, kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat. In einem solchen Fall ist es billig, die öffentliche Hand ohne weitere Prüfung an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen in gleicher Weise zuzubilligen, wie wenn seiner Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre. Das Gleiche trifft zu, wenn es zwar noch nicht zu einer Beseitigung der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschwer durch die öffentliche Gewalt gekommen, diese jedoch durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung in einem anderen Verfahren dazu angehalten ist (vgl. BVerfGE 85, 109 <114 f.>; 87, 394 <397 f.>).

2. Nach diesen Grundsätzen kommt eine Auslagenerstattung für die antragstellenden Beschwerdeführer nicht in Betracht.

a) Das folgt für die Beschwerdeführer, die in Baden-Württemberg ansässig sind, schon daraus, dass ihre gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG gerichtete Rüge von Anfang an unzulässig war. § 1 Abs. 3 der insoweit einschlägigen Polizeiverordnung über das Halten gefährlicher Hunde vom 3. August 2000 (GBl S. 574) begründet für Hunde der Rassen Bullmastiff, Bordeaux Dogge und Mastiff, die nach dem Vortrag der Beschwerdeführer aus dem Ausland eingeführt oder in das Inland verbracht werden sollen, keine Gefährlichkeitsvermutung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG. Denn die Eigenschaft als Kampfhund setzt bei Hunden dieser Rassen voraus, dass im Einzelfall ("kann im Einzelfall ... vorliegen") Anhaltspunkte auf eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren hinweisen. Sämtliche Beschwerdeführer aus Baden-Württemberg sind demnach durch das Einfuhr- und Verbringungsverbot des § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG nicht gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten betroffen (zu diesem Erfordernis vgl. das Senatsurteil 1 BvR 1778/01 von heute, Umdruck S. 20 f. m.w.N.).

b) Hinsichtlich der übrigen Beschwerdeführer kann dahin-gestellt bleiben, ob und inwieweit die von ihnen gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG gerichteten Angriffe bei Einlegung der Verfassungsbeschwerde unzulässig waren. Auch wenn von der ursprünglichen Zulässigkeit ausgegangen wird, ist eine Auslagenerstattung im Sinne des § 34 a Abs. 3 BVerfGG nicht billig.

Die von den Beschwerdeführern erklärte Hauptsacheerledigung ist nicht deswegen eingetreten, weil § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG als der Hoheitsakt, gegen den sich ihre Verfassungsbeschwerde richtete, vom Gesetzgeber beseitigt worden wäre. Auch ist der Beschwer der Beschwerdeführer, die sie in dieser Vorschrift sahen, nicht auf andere Weise abgeholfen worden, weil die von ihnen insoweit geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken als berechtigt angesehen worden wären.

Der Senat hat im Übrigen in dem erwähnten Urteil vom heutigen Tage (1 BvR 1778/01, Umdruck S. 28 ff.) entschieden, dass Satz 1 des § 2 Abs. 1 HundVerbrEinfG nicht gegen die Grundrechte verstößt, welche die antragstellenden Beschwerdeführer durch Satz 2 dieser Bestimmung ebenfalls für verletzt halten. Damit ist zugleich klargestellt, dass ein wesentlicher Teil der Einwände, die in gleicher Weise gegen Satz 2 vorgebracht werden, nicht durchgreifen kann. Soweit die antragstellenden Beschwerdeführer darüber hinaus der Auffassung sind, § 2 Abs. 1 Satz 2 HundVerbrEinfG sei wegen der darin enthaltenen Verweisung auf Vorschriften des Landesrechts nicht verfassungsgemäß, bleibt offen, ob dem im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 26, 338 <365 ff.>; 47, 285 <312>) gefolgt werden kann. Es wäre im Hinblick auf Funktion und Tragweite der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bedenklich, zu dieser Frage im Rahmen der Entscheidung über die Auslagenerstattung aufgrund einer lediglich kursorischen Prüfung Stellung zu nehmen (vgl. BVerfGE 33, 247 <264 f.>; 85, 109 <115>; 87, 394 <398>). Dass den Beschwerdeführern deshalb auch insoweit die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen versagt wird, ist nicht unbillig.

Ende der Entscheidung

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