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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 27.08.2003
Aktenzeichen: 1 BvR 1986/01
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2
BVerfGG § 92
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1986/01 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 2001 - 16 U 154/00 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richterin Haas und den Richter Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 27. August 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ein zivilgerichtliches Urteil, das seine Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts abgewiesen hat.

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist die Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt. Ob die Verfassungsbeschwerde ausreichend im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG begründet ist, kann dahingestellt bleiben. Sie ist jedenfalls unbegründet. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers ist durch das angegriffene Urteil nicht grundsätzlich verkannt worden.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt den Betroffenen gegenüber entstellenden und verfälschenden Darstellungen sowie gegenüber Darstellungen, die die Persönlichkeitsentfaltung erheblich beeinträchtigen können (vgl. BVerfGE 97, 391 <403>). Die hier in Rede stehende Veröffentlichung, die eine angebliche Veruntreuung von Spendengeldern und Betrügerei betraf, hat eine derartige Persönlichkeitsrelevanz.

Den Anforderungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Oberlandesgericht allerdings nicht in jeder Hinsicht gerecht geworden. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Anwendung der den Schutz des Persönlichkeitsrechts dienenden einfachrechtlichen Vorschriften in der Regel eine Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits erfordert. Allerdings ist die erwiesenermaßen unrichtige Tatsachenbehauptung niemals von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 99, 185 <197>). Eine Behauptung kann allerdings auch unrichtig sein, wenn sie durch Belegtatsachen gestützt wird. Dem von der Tatsachenbehauptung nachteilig in seinem Persönlichkeitsrecht Betroffenen darf daher die Möglichkeit, die Unwahrheit im Verfahren geltend zu machen, nicht unter Berufung auf das Vorliegen von Belegtatsachen abgeschnitten werden (vgl. BVerfGE 99, 185 <196 ff.>). Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme des Oberlandesgerichts, dass eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts selbst dann nicht vorliege, wenn der Beschwerdeführer in der Lage sei, die Unrichtigkeit der aufgestellten Behauptungen zu beweisen, weil die Äußerungen schon allein wegen ihrer Unterstützung durch Belegtatsachen vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst seien, verfassungsrechtlich nicht haltbar.

Auf der fehlerhaften Einschätzung der Erheblichkeit verfügbarer Belegtatsachen beruht das angegriffene Urteil jedoch nicht. Denn das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich des geforderten Schmerzensgeldes auch deshalb abgewiesen, weil die Voraussetzungen des Geldentschädigungsanspruches im Übrigen nicht vorlagen. Dieser setzt nach der Rechtsprechung nicht nur voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handelt, sondern auch, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (vgl. BGH, NJW 1996, S. 985 <986>; BGHZ 132, 13). Die Auffassung des Oberlandesgerichts, im vorliegenden Fall sei ein befriedigender Ausgleich der Beeinträchtigung schon durch die Gegendarstellung und die erfolgreiche Unterlassungsklage erfolgt, ist das Ergebnis der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts, die das Bundesverfassungsgericht nur beanstandet, wenn Anhaltspunkte für eine willkürliche Wertung bestehen oder sonst wie erkennbar ist, dass grundrechtlich geschützte Positionen in grundsätzlicher Weise verkannt worden sind (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>). Das lässt sich vorliegend nicht feststellen.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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