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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.03.2003
Aktenzeichen: 1 BvR 2240/02
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 2240/02 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

1. unmittelbar gegen

a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 4. November 2002 - 7 U 1501/02 -,

b) das 2. Versäumnisurteil des Landgerichts Bautzen vom 5. Juli 2002 - 2 O 438/02 -,

2. mittelbar gegen § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, den Richter Steiner und die Richterin Hohmann-Dennhardt gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. März 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO.

1. Das Landgericht verwarf den Einspruch des Beschwerdeführers gegen einen Vollstreckungsbescheid mit 2. Versäumnisurteil, weil der Beschwerdeführer im Einspruchstermin nicht erschienen war. Der Beschwerdeführer legte dagegen Berufung ein und begründete diese unter anderem damit, ihm sei keine Terminsladung zugestellt worden. Das Oberlandesgericht wies gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Berufung mit der Begründung zurück, der Beschwerdeführer habe den Beweis der Unrichtigkeit nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht führen können. Der Beschwerdeführer rügt in seiner fristgerecht eingereichten Verfassungsbeschwerde unter anderem eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Berufungsgericht die fehlende Erfolgsaussicht der Berufung auf Gründe gestützt habe, die nicht Gegenstand des zuvor erteilten Hinweises gewesen seien.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie ist unzulässig, da die Begründung nicht den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt. Dabei kann offen bleiben, ob hier der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende allgemeine Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegensteht, weil es dem Beschwerdeführer zumutbar sein könnte, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde durch eine Gegenvorstellung eine Korrektur der geltend gemachten Verletzung von Prozessgrundrechten zu erwirken (vgl. BVerfG, NJW 2003, S. 281; BVerfGE 63, 77 <78 f.>; 73, 322 <325 ff.>; BGH, NJW 2002, S. 1577).

Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG wurde nicht hinreichend dargetan. Das Gericht war nicht verpflichtet, vor Zurückweisung der Berufung den Beschwerdeführer auf seine Rechtsauffassung im Hinblick auf den Vortrag im Schriftsatz vom 29. Oktober 2002 hinzuweisen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nur vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>).

Das Gericht hat unter Heranziehung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Behauptung des Beschwerdeführers entschieden, er habe keine Terminsladung erhalten. Der Bundesgerichtshof hat sich in den letzten Jahren in mehreren Entscheidungen mit ähnlich gelagerten Fällen auseinandergesetzt und sich dabei auch mit der Frage befasst, ob das schlichte Bestreiten der Zustellung ausreichend ist, um den Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO zu führen (vgl. BGH, NJW-RR 2000, S. 444 f.; VersR 1984, S. 81 f.). Die Heranziehung dieser Rechtsprechungsgrundsätze lag für den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht so fern, dass das Gericht ihn vor dem Erlass der angegriffenen Entscheidung darauf hätte hinweisen müssen.

3. Soweit mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar die Norm des § 522 Abs. 2 ZPO selbst angegriffen wird, ist sie unzulässig, weil die Begründung keine Ausführungen enthält, aus welchen Gründen eine Verfassungswidrigkeit dieser Norm gegeben sein soll.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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