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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: 1 BvR 2615/04
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 2615/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Oktober 2004 - 8 UZ 2057/04 -,

b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 20. April 2004 - 7 E 2415/03 (2) -,

c) den Widerspruchsbescheid des Hessischen Ministeriums der Justiz - Justizprüfungsamt - vom 15. September 2003 - 2240/1 - JPA II/2 - 567/02 -

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Steiner, Gaier gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 30. Juni 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Oktober 2004 - 8 UZ 2057/04 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit der Antrag auf Berufungszulassung mit der Begründung abgelehnt worden ist, der Beschwerdeführer habe mit seinem Vorbringen zur nicht durchgeführten Beweisaufnahme in erster Instanz einen Berufungszulassungsgrund nicht hinreichend im Sinne des § 124 a Absatz 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung dargelegt; insoweit wird der Beschluss aufgehoben und die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer die ihm im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zur Hälfte zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer erstrebt die Anhebung seiner Examensnote in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung.

1. Der Beschwerdeführer bestand das Zweite Juristische Staatsexamen mit der Note "befriedigend" (8,63 Punkte). Dabei erzielte er in den Aufsichtsarbeiten einmal 4 Punkte, einmal 6, einmal 6,5, dreimal 9, einmal 9,5 und einmal 12 Punkte. In der mündlichen Prüfung wurde sein Aktenvortrag von allen drei Prüfern einheitlich mit 5 Punkten sowie die Prüfungsgespräche - ebenfalls einheitlich - zweimal mit 12 und einmal mit 13 Punkten bewertet.

Im Hinblick auf die Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen legte der Beschwerdeführer Widerspruch gegen den Prüfungsbescheid ein. Das Justizprüfungsamt holte daher bei den drei mündlichen Prüfern eine nachträgliche schriftliche Begründung der Prüfungsentscheidung ein. Der Prüfungsvorsitzende, dessen Ausführungen sich die anderen beiden Prüfer anschlossen, begründete die Benotung des Aktenvortrags mit lediglich 5 Punkten insbesondere damit, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Kernstücks der Arbeit den gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden sei. In die Bewertung sei zudem mit eingeflossen, dass der Beschwerdeführer nicht frei vorgetragen, sondern abgelesen habe. Weiter führte der Vorsitzende aus, dass die Voraussetzungen für eine Hebung der Gesamtnote nach § 47 Abs. 3 des Gesetzes über die juristische Ausbildung in der Fassung vom 19. Januar 1994 (Juristenausbildungsgesetz - JAG; GVBl I S. 74) nicht vorgelegen hätten; die rechnerisch ermittelte Punktzahl von 8,63 habe dem Gesamteindruck des Kandidaten entsprochen. Dabei sei von maßgeblicher Bedeutung gewesen, dass die Prüfungsleistungen des Beschwerdeführers sehr unterschiedliches Niveau gehabt hätten. Insbesondere die Klausuren böten ein uneinheitliches Bild. Auch der Aktenvortrag sei nur deutlich eingeschränkt brauchbar gewesen.

Auf der Grundlage dieser Stellungnahmen wies das Justizprüfungsamt den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2003 zurück.

Der Beschwerdeführer hat beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der er sich gegen die Bewertung der mündlichen Prüfung sowie gegen die unterbliebene Hebung seiner Gesamtnote gewandt hat. Mit Urteil vom 20. April 2004 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Bewertung der Prüfung des Beschwerdeführers sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere begegne es keinerlei Bedenken, dass der Prüfungsausschuss die Gesamtnote nicht noch angehoben habe. Diese Entscheidung sei Bestandteil des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Wertungsspielraums. Verfahrensfehler oder die Verletzung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe seien dem Prüfungsausschuss in dieser Entscheidung aber nicht vorzuwerfen. Auch die Bewertungen der in der mündlichen Prüfung erbrachten Leistungen, insbesondere des Aktenvortrags, seien nicht zu beanstanden. Vor allem mit seinem Einwand, die Prüfer hätten seinen Vortrag zu Unrecht als abgelesen qualifiziert, könne der Beschwerdeführer nicht durchdringen. Die Beurteilung, ob ein Vortrag frei gehalten werde, betreffe keine entscheidungserhebliche Tatsache, sondern sei eine Frage der Bewertung. Ausschlaggebend sei allein, ob und inwieweit der Vortragende an seinem gedanklichen Konzept verhaftet gewesen sei. Dies zu beurteilen, sei Aufgabe der Prüfer in der konkreten Prüfungssituation. Aufgrund dessen sei der Beweisantrag abzulehnen gewesen.

Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Es liege insbesondere ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor. Das Verwaltungsgericht habe gegen § 86 VwGO verstoßen und zudem Denkgesetze verletzt, als es seinen Beweisantrag ablehnend beschieden habe. Auch andere Berufungszulassungsgründe seien gegeben. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden ernstliche Zweifel; die Rechtssache weise zudem besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung. Insbesondere hinsichtlich der unterbliebenen Hebung der Gesamtnote sei die Entscheidung inhaltlich falsch. Die Prüfer hätten bei ihrer Entscheidung seine überdurchschnittlichen Leistungen im Vorbereitungsdienst nicht übergehen dürfen.

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2004 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Der Beschwerdeführer habe die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hinreichend im Sinne des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt. Dies gelte in Bezug auf den gerügten Verfahrensmangel jedenfalls deshalb, weil der Beschwerdeführer nicht dargelegt habe, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem vermeintlichen Verfahrensmangel beruhen könne. Insbesondere habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass und inwiefern die Vernehmung der drei Prüfer als Zeugen zu einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätte führen können. Soweit der Beschwerdeführer das angegriffene Urteil in der Sache rüge, fehle es schon deshalb an einer hinreichenden Begründung, weil er seine Kritikpunkte nicht eindeutig einem der drei - nur pauschal genannten - Zulassungsgründe zugeordnet habe. Abgesehen davon seien die Einwände aber auch inhaltlich nicht stichhaltig, so dass sich insbesondere keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergäben.

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.

Gerügt werde insbesondere ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Der Einwand des Verwaltungsgerichtshofs, er habe die Kausalität der unterlassenen Beweiserhebung für das Urteilsergebnis nicht substantiiert dargelegt, gehe zu weit und sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Der Gerichtshof mache zur Zulassungsvoraussetzung, dass er bereits bei Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung die künftige Zeugenaussage und deren Motive, die allein in der Sphäre der Zeugen lägen, vorhersehe. Damit verlange das Gericht nicht die Darlegung eines Verfahrensfehlers, auf dem das Urteil beruhen könne; es wolle vielmehr bereits den Nachweis dafür, dass das Urteil auch tatsächlich auf dem Verfahrensfehler beruhe. Dies sei jedoch erst der Inhalt des eigentlichen Berufungsverfahrens.

Unzumutbare Substantiierungsanforderungen ergäben sich auch daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof die genaue Zuordnung von einzelnen Kritikpunkten zu bestimmten Berufungsgründen verlangt habe. Es reiche aus, dass er zum Ausdruck gebracht habe, auf welchen Zulassungsgrund er den Antrag stütze. Diese Anforderungen habe er zweifelsohne erfüllt.

Die Nichtberücksichtigung seines Beweisantrags in erster Instanz verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Schließlich sei Art. 12 Abs. 1 GG, dessen Schutz auch die Durchführung eines berufszulassungsbeschränkenden Prüfungsverfahrens unterstellt sei, verletzt. Zu beanstanden sei insbesondere die Begründung zur Entscheidung gegen eine Hebung seiner Note.

3. Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten die Hessische Landesregierung, das Bundesverwaltungsgericht sowie das Land Hessen - vertreten durch das Justizprüfungsamt - als Gegner des Ausgangsverfahrens. Lediglich das Bundesverwaltungsgericht hat davon Gebrauch gemacht. Es hat sich dahingehend geäußert, dass die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Darlegung eines Verfahrensmangels die Anforderungen an eine Berufungszulassungsbegründung überspannen dürften. Dem Beschwerdeführer werde abverlangt, bereits im Verfahren auf Zulassung der Berufung auszuführen, dass die Vernehmung der von ihm benannten Zeugen zu einem Beweisergebnis führe, das in Widerspruch zu bisherigen Äußerungen der als Zeugen benannten Prüfer stehe. Dabei hätte schon dem Beweisantritt entnommen werden müssen, dass der Beschwerdeführer von einer Zeugenvernehmung ein von den bisherigen Äußerungen abweichendes Beweisergebnis erwartet habe. Darüber, ob eine "realistische Möglichkeit" für eine ihm günstige Zeugenaussage bestanden habe, habe der Beschwerdeführer gar keine Prognose abgeben können.

Das Bundesverwaltungsgericht gibt allerdings zu bedenken, dass im Hinblick auf das Vorbringen des fehlenden Beweisantrags möglicherweise nicht § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, sondern vielmehr ein anderer Berufungsgrund gegeben sei.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, da dies zur Durchsetzung eines der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) liegen vor. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

1. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 74, 228 <234>; 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 96, 27 <39>).

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Ablehnung des Antrags des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe das Vorliegen von Berufungszulassungsgründen nicht hinreichend im Sinne von § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, ist mit dessen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht in jeder Hinsicht vereinbar.

a) Zwar gewährleisten weder Art. 19 Abs. 4 GG noch andere Verfassungsbestimmungen einen Instanzenzug. Sehen aber prozessrechtliche Vorschriften Rechtsbehelfe vor, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auch in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 96, 27 <39>). Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbietet daher eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 84, 366 <369 f.>). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124 a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats, DVBl 2000, S. 1458; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats, NVwZ 2001, S. 552). Deshalb dürfen insbesondere die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden könnten (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats, DVBl 2000, S. 1458; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats, NVwZ 2001, S. 552 f.). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 96, 27 <39>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ 1993, S. 465 f. m.w.N. und BayVBl 1994, S. 530).

b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht in jeder Hinsicht gerecht geworden. Soweit er der Auffassung ist, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vortrag zur abgelehnten Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht einen Berufungszulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt habe, hat der Gerichtshof die Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO unzumutbar überspannt.

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Beschwerdeführer vorgehalten, sein Vorbringen zu der Frage, ob das Verwaltungsgericht seinen Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt und dadurch einen Verfahrensfehler begangen habe, lasse den im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erforderlichen Nachweis der Kausalität des unterstellten Verfahrensmangels für das Entscheidungsergebnis vermissen. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, dass und inwiefern die Vernehmung der drei Prüfer als Zeugen zu einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätte führen können.

Dieser Einwand trifft nicht zu. Zwar hat der Beschwerdeführer vor den Instanzgerichten nicht ausdrücklich formuliert, dass nach seiner Auffassung eine Vernehmung der Prüfer zu einer für ihn günstigeren Bewertung der Aktenvortragssituation führen könnte. Jedoch ergibt sich diese Kausalität nach dem, was er vorgetragen hat, von selbst. Er hat zunächst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich seiner Auffassung nach bei der Frage des "Ablesens" um eine dem Beweis zugängliche Tatsache handelt. Auf der Grundlage dieser Auffassung hat er den Antrag gestellt, zum Nachweis gegen ein Ablesen die drei Prüfer zu vernehmen. Daraus erschließt sich ohne Weiteres seine Erwartung, dass die Vernehmung der Prüfer und das dadurch vollzogene Wiederaufrollen der Prüfungssituation in der mündlichen Verhandlung im Ergebnis doch auf einen vorwiegend freien Vortragsstil schließen lassen. Dem Beschwerdeführer entgegen zu halten, er habe diese Erwartung nicht noch in einem Satz ausdrücklich formuliert, ist bloßer Formalismus und überspannt ohne sachlichen Grund die Anforderungen, die an eine substantiierte Darlegung im Rahmen von §§ 124, 124 a VwGO zu stellen sind. Die Darlegungspflicht des § 124 a VwGO dient dazu, dem Oberverwaltungsgericht ohne weitere Ermittlungen die Feststellung zu ermöglichen, ob der geltend gemachte Zulassungsgrund vorliegt oder nicht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., 2003, § 124 a Rn. 49 m.w.N.). Dies war dem Verwaltungsgerichtshof nach dem Vortrag des Beschwerdeführers jedoch ohne Weiteres möglich.

bb) Der Beschwerdeführer war auch nicht gehalten darzulegen, dass ein für ihn günstiges Beweisergebnis hinreichend wahrscheinlich war. Der Verwaltungsgerichtshof, der dem Beschwerdeführer diesen Nachweis abverlangt hat, hat auch insoweit die Darlegungsanforderungen unzumutbar überspannt. Dass die Vernehmung der Prüfer zu einer neuen Bewertung des Vortragsstils durch das Gericht führen konnte, war jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen; der Beweisantrag war daher nicht auf eine unmögliche Feststellung gerichtet. In einem solchen Fall mehr als die Schilderung dieser Möglichkeit zu verlangen, verstößt gegen das Verbot der Vorwegnahme der Beweiswürdigung (vgl. dazu Kopp/Schenke, a.a.O., § 86 Rn. 6). Vor allem ist es - worauf auch das Bundesverwaltungsgericht hingewiesen hat - dem Beschwerdeführer schlechterdings unmöglich, den vorweggenommenen Nachweis eines noch ungewissen Beweisergebnisses zu erbringen.

cc) Der Verwaltungsgerichtshof hat daher - im Hinblick auf die Verfahrensfehlerrüge - insgesamt unzumutbar hohe Anforderungen an die Darlegungsverpflichtung gestellt und insoweit ein dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehendes Rechtsmittel leerlaufen lassen.

(1) Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, unter welchen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO das Vorbringen des Beschwerdeführers richtigerweise zu subsumieren ist. Selbst wenn - wie durch das Bundesverwaltungsgericht zu bedenken gegeben - zuträfe, dass der vom Beschwerdeführer gewählte Anknüpfungspunkt des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO möglicherweise nicht der einschlägige Berufungsgrund ist, so ändert dies nichts daran, dass der Vorwurf unzulänglicher Darlegung nicht haltbar ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits angedeutet, dass - wenn nicht § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO - so möglicherweise ein anderer Zulassungsgrund in Betracht käme. Dem ist zuzustimmen. Ist die Ablehnung des Beweisantrags kein Verfahrensfehler, so ergeben sich jedenfalls erhebliche Bedenken daran, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts vom Vorliegen einer reinen Rechtsfrage rechtlich haltbar ist. Damit wäre die Frage nach ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO eröffnet. Der Beschwerdeführer hätte auch im Hinblick auf diesen Berufungsgrund hinreichend vorgetragen. Seine Ausführungen machen sehr deutlich, dass seiner Meinung nach in dem betreffenden Punkt Tatsachen und nicht Rechtsfragen zu klären sind.

(2) Es spielte in dem Falle auch keine Rolle, dass der Beschwerdeführer mit § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO den dann falschen Berufungszulassungsgrund zitiert hätte. Das verfassungsrechtliche Verbot, den Rechtsweg nicht in unzumutbarer Weise zu erschweren, zwingt die Oberverwaltungsgerichte bei der Prüfung der Zulassungsgründe dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und ihm bei berufungswürdigen Sachen den Zugang zur zweiten Instanz nicht nur deswegen zu versagen, weil dieser sich nicht auf den nach Auffassung des Gerichts zutreffenden Zulassungsgrund bezogen hat (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar in Loseblattsammlung, Stand: September 2004, § 124 a Rn. 129).

c) Mit Blick darauf ist auch die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Beschwerdeführer seine auf den Prüfungsinhalt bezogene Rüge nicht in hinreichender Weise einzelnen Berufungsbegründungstatbeständen zugeordnet habe, verfassungsrechtlich bedenklich. Jedoch hat sich der Gerichtshof insoweit auch noch auf eine inhaltliche Auseinandersetzung eingelassen, so dass die angegriffene Entscheidung in diesen Punkten jedenfalls nicht auf einer Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG beruht.

d) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung weiterer Grundrechte, insbesondere des Art. 12 Abs. 1 GG, rügt, könnte die Verfassungsbeschwerde allenfalls im Hinblick auf die Bewertung des Aktenvortrags Erfolg haben. Insoweit kommt die Annahme der Verfassungsbeschwerde jedoch nicht in Betracht, weil es zur Bewertung des Aktenvortrags an einer abschließenden fachgerichtlichen Entscheidung bislang fehlt.

Für eine Verletzung der Grundrechte aufgrund des Unterlassens einer Hebung der Gesamtnote ergeben sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers keinerlei Anhaltspunkte. Die Ausführungen von Verwaltungsgericht wie Verwaltungsgerichtshof dazu sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34 a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Ende der Entscheidung

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