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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 07.10.2000
Aktenzeichen: 1 BvR 2646/95
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 a Abs. 2
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 2646/95 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

der Frau B...

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Björn Vogel und Koll., Zeil 65-69, Frankfurt am Main -

gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. November 1995 - 2/11 S 80/95 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richter Steiner, Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 7. Oktober 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage der Verwertbarkeit eines Sachverständigengutachtens über die ortsübliche Miete durch ein Landgericht im Rahmen einer Klage auf Einwilligung in eine Mieterhöhung.

Annahmegründe nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme - mangels Erfolgsaussichten - zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt.

Die von der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerfGE 91, 176). Danach ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, dass in einem Sachverständigengutachten zur ortsüblichen Miete auf eine Offenlegung von Mietpreis und Adressen der Vergleichswohnungen oder sonstigen Angaben über deren Beschaffenheit in aller Regel nicht verzichtet werden kann, soweit deren Kenntnis für eine Überprüfung des Gutachtens praktisch unentbehrlich ist (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 184). Allerdings bedeutet das nicht, dass der Sachverständige stets die Vergleichswohnungen offen legen muss, damit sein Gutachten verwertbar ist (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 16. Oktober 1996, NJW 1997, S. 311). Ob und inwieweit das Gericht und die Verfahrensbeteiligten die Kenntnis von Tatsachen, die ein Sachverständiger seinem Gutachten zugrunde gelegt hat, für eine kritische Würdigung des Gutachtens tatsächlich benötigen, lässt sich nicht generell entscheiden. Die Frage muss vom Richter unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entschieden werden (BVerfGE 91, 176 <182>). Grenzen können insbesondere dann gesetzt werden, wenn ein Beteiligter seine Zweifel nicht hinreichend substantiiert oder wenn bei vernünftiger Würdigung der Gesamtumstände nicht zu erwarten ist, dass durch eine Überprüfung das Gutachten in Frage gestellt wird (BVerfG, a.a.O., S. 183). Gegebenenfalls muss das Gericht versuchen, sich - etwa durch Befragung des Sachverständigen - Gewissheit darüber zu verschaffen, in welcher Weise dieser seine Daten erhoben hat (BVerfG, a.a.O., S. 184).

Das Landgericht ist diesen Anforderungen nachgekommen und hat den Sachverständigen aufgefordert, sein Gutachten zu erläutern. Die vom Sachverständigen vorgelegte Liste lässt erkennen, dass er die herangezogenen Vergleichswohnungen weiter gehend, nämlich durch Angabe der Straße, Wohnungsgröße, Zimmerzahl und sanitären Ausstattung, erläutert hat. Wie das Gericht im Urteil ausdrücklich festgestellt hat, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung keine Einwände dagegen erhoben. Dementsprechend sind die Ausführungen des Sachverständigen offenbar auch für die Beschwerdeführerin nachvollziehbar und schlüssig gewesen. Mit ihrem späteren Widerspruch gegen die Verwertung des Gutachtens hat die Beschwerdeführerin abstrakt die wegen fehlender Identifizierung der Vergleichswohnungen mangelnde Nachprüfbarkeit der Angaben im Gutachten behauptet. Inhaltliche Zweifel an der vom Sachverständigen ermittelten Höhe des ortsüblichen Mietzinses sind nicht substantiiert dargelegt. Die Beschwerdeführerin hat auch weder vorgetragen, einzelne oder mehrere der Vergleichswohnungen existierten nicht, noch hat sie ihrerseits vergleichbare Objekte mit niedrigerem Mietzins benannt (vgl. hierzu BVerfG, a.a.O., S. 185 und BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Oktober 1996, a.a.O.). Im Ergebnis war also der Beweiswert des Sachverständigengutachtens in keiner Weise erschüttert, so dass nicht ersichtlich ist, warum vom Sachverständigen die Offenlegung der Vergleichswohnungen hätte verlangt werden müssen.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese EEntscheidung ist unanfechtbar.



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